„Jeder Jeck ist anders.“ sagt man so schön in Köln. Aber nicht nur jeder Jeck, auch ganze Kulturen sind anders.

Es geht mal wieder um das beliebte Thema Schwangerschaft. Sie sehen es mir nach, liebe Leser, aber mein Kosmos ist klein geworden. Seit sechs Monaten bin ich von der Arbeit befreit und außer dem beliebten Babythema und ab und an Themen des Römers, die ich an mich reiße, passiert hier nicht mehr viel.

In einem Kommentar hierzu erzählte ich, dass meine Mutter damals, nach jeder der vier Geburten, ein schönes Glas Sekt angeboten bekommen hat und natürlich, wie es damals Usus war, dankend angenommen hat. „Das erklärt einiges.“ sagte Turtle und knuffte mich in die Seite. „Ja, bei dir!!“ konterte ich zurück und knuffte sie zurück. Wir mussten kichern und sie streckte ihre Zunge raus. „Kinder, Kinder! Ich erklär euch auch warum: 1. Fällt man in ein hormonelles Tief nach der Geburt. Man hat es als Prävention zur Postnatalen Depression benutzt. 2. Es ist sehr nett, nach der harten Abend ein wohlverdientes Gläschen Sekt zu trinken. Auch zum Anstoßen mit eurem Papa war das nett. 3. Sekt steigert die Milchproduktion. So hat es uns die Hebamme gesagt. Sie wies uns sogar an, dass wir daheim öfter einmal ein Sektchen aufmachen. Denn letztens: Sekt beruhigt Nerven und Geist.“ Turtle musste lachen: „Na, wenn das so ist. Nun mal her mit dem guten Tropfen. Wir stoßen an.“ Unsere Mutter guckte empört: „Bist du wahnsinnig! Heute ist das nicht mehr denkbar.“

Doch kommen wir zu einem anderen Land und seinen Sitten – Italien. Meine Schwägerin, die Schwester der Römers, ist eine gertenschlanke Erscheinung. Hochgewachsen, dunkelblond und sportlich. Als sie ihrem Frauenarzt erzählte, dass sie plant schwanger zu werden, wies dieser sie an, dass sie jetzt nochmal im Fitnessstudio eine Schippe drauf legen soll. Sie sollte aktiv ihre Muskeln trainieren, damit sich der Körper (oder vielmehr sie) nach der Schwangerschaft an ihre alte Form erinnert. Als wir sie besuchten, als sie dann schwanger war, konnte ich beobachten wie sie ungefähr 3-4 Tassen Espresso am Tag trank. Ich fragte den Römer abends, ob das normal sei. „Klar, Espresso ist kein Problem. Du kannst soviel trinken wie du möchtest.“ Ich guckte irritiert und erklärte ihm wie es in Deutschland gehandhabt wird. „Aber bei uns trinken doch schon 3-jährige Cappuccino.“ Das stimmt! Ich erinnerte mich an die Zeit als Au Pair als der kleine Ricchi mit seinen 3 Jahren am Frühstückstisch saß und nach einem Cappuccino verlangte. Ich prustete damals los und schüttelte den Kopf. Er guckte mich empört an und ging zu seinem Vater – petzen. Der machte ihm – ganz selbstverständlich – einen Cappuccino. Ich guckte ihn entgeistert an. „Meno caffé, ma più latte per i bambini.“ [Weniger Espresso, aber mehr Milch für die Kinder] Ja, ja. Das hatte ich schon verstanden. Aber in meinem Kopf machte es immer noch keinen Sinn. Das sah er mir auch an. „Non fa nulla! I bambini si abituano piano piano. Con 6 anni può bere un cappuccino normale.“ [Das macht gar nichts! Die Kinder gewöhnen sich langsam daran. Mit 6 Jahren kann er einen richtigen Cappuccino trinken] Na, das beruhigte mich jetzt aber ungemein. Und es erklärt die ganze Kultur in einem Getränk.

Doch zurück zu meiner Schwägerin: Ich sah sie jeden Tag Salat essen. Auch Brot verbot sie sich. Etwas irritiert fragte ich den Römer auch hier nach. „Du wirst bei jeder Untersuchung gewogen. Und die Obergrenze sind 12 kg – je nach Größe. Sollte die Gewichtskurve zu einer höheren Zahl tendieren, dann werden die Mütter auf Diät gesetzt. Und bei meiner Schwester ist das wohl so.“ erklärte er. „Auf Diät? Na klar sollte man nicht 25 kg zunehmen, das verstehe ich. Aber 12 kg als Obergrenze?! Das kommt doch auch darauf an, was dein Ausgangsgewicht war. Sie wog ja vorher schon kaum was, da würden ihr ein paar Pfunde extra doch ganz gut tun.“ wendete ich ein. „Offiziell heißt es: Wegen der Gesundheit von Mutter und Kind. Aber wenn man sich einmal in das Thema einliest, dann geht es darum, dass die Frau auch nach der Geburt noch attraktiv wie zuvor sein soll. Und eben kein camion [LKW].“ gab er zu. Mein Unverständnis stand mir ins Gesicht geschrieben.

Doch nun zu einem anderen Land: Albanien. Hier gibt es nicht viel zu erzählen. Die meisten der römischen Geschwister wurden per Hausgeburt auf die Welt gebracht. Ultraschall gab es nicht und Vorsorgeuntersuchungen auch nicht. „Es wird schon gut gehen.“ und das traf bei meiner Schwiegermutter in sieben von sieben Fällen zu. Sie hatte Glück – und Gottvertrauen. Als wir ihr die Ultraschallbilder zeigten, war sie ganz entzückt. Von ihren Töchtern und Schwiegertöchtern war ich die einzige, die eine ganze Kollektion hatte. Sie streichelte die Bilder und murmelte: „So ein schöner Junge.“ Zugegeben, mehr als seine Silhouette konnte man nicht erkennen, aber sie war blitzverliebt.

Als ich wenig später Wasser mit Kohlensäure bestellte, hefteten sich drei irritierte Augenpaare an mich. Meine Schwiegereltern und der Kellner guckten als hätte ich sie mit dem Tod bedroht. „Aber sie sind doch schwanger.“ stammelte der Kellner. „Ähm ja…“ ich guckte den Römer hilfesuchend an. Vielleicht war meine Aussprache doch nicht so gut wie ich dachte und ich hatte versehentlich etwas alkoholisches bestellt. Aber dem war nicht so. Der Römer bestellte mir stilles Wasser um diese unangenehme Situation zu beenden. Er flüsterte mir ins Ohr: „Erklär ich dir später.“ Na, auf die Erklärung war ich gespannt! Nach dem Essen erzählte er, dass schwangere Frauen in Albanien kein Wasser mit Kohlensäure trinken sollten. Das könnte zu Fehlbildungen, Abgängen oder einer schwierigen Geburt führen. Aha. Aber es ist doch nur Wasser. „Ich bestell dir nächstes Mal einfach heimlich Wasser mit Kohlensäure.“ sagte er und zwinkerte mir zu. „Ich kann’s kaum erwarten.“ gab ich zurück und musste lachen.

6 Antworten zu „Andere Zeiten, andere Sitten. Andere Länder, andere Sitten.”.

  1. Avatar von Jeanette Djellouli
    Jeanette Djellouli

    Oh Mann, klingt das alles furchtbar anstrengend mit den anderen Sitten.

    Ja, mein Algerische Mann hat auch immer geschimpft, dass ich Wasser mit Kohlensäure trank. Nach der Geburt im Krankenhaus wurde es zwar nicht direkt verboten, aber nicht gern gesehen. Wegen des Stillens. So gewöhnte ich mich an das Stille Wasser und ist bis heute geblieben, obgleich meine Stillversuche spärlich waren.

    Aber sonst mache ich als Mama mein Ding. Araber haben als Antwort auf alle möglichen Krankheiten immer Olivenöl. Auch wenn du dir ein Bein gebrochen hast 😂

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    1. Avatar von signorafarniente

      Absolut! Und das waren nur zwei Länder. Vielleicht ist das mit der Kohlensäure aus der arabischen Welt oder etwa etwas islamisches? Meine Schwiegerfamilie besteht ja aus (mal mehr, mal weniger) gläubigen Moslems. Kann das damit zu tun haben? 😄

      Da wurdest du kurzerhand umgewöhnt. Meine Mutter, ihrerseits Ernährungsberaterin, verteufelt ja Kohlensäure. Viel zu ungesund! 😄

      😂😂 Das heisst, in jeder guten Hausapotheke findest du Olivenöl?
      Glaubt man auch an die desinfizierende Wirkung von Zwiebeln und Knoblauch? Der Römer, wenn er krank ist, “würzt” seine Speisen extrem mit Zwiebeln und Knoblauch, da es desinfizierend ist. 😄

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  2. Avatar von Jeanette Djellouli
    Jeanette Djellouli

    Ich wüsste nicht, dass Sprudelwasser etwas Islamisches sei, sie sind es einfach nicht gewohnt und verteufeln mehr oder weniger was sie nicht kennen. Mülltrennung ist zwar ein anderes Thema, gehört aber irgendwie dazu.

    Sprudelwasser wollte ich mir eh abgewöhnen, dass es den Körper übersäuert.

    Ja, Olivenöl ist ein Zaubermittel. Und genau, Zwiebeln sind total in, je mehr desto besser, aber Honig darf auch dazu. Vielleicht gibt es ja noch mehr? Das käme dann einem Gesundheitseintopf gleich 😂

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    1. Avatar von signorafarniente

      Ach, das klingt logisch. Es ist nur gegen die Gewohnheit u. wird deswegen verteufelt. 😃

      Stimmt, das war der Grund, warum meine Mutter Sprudel verteufelt. Der Körper übersäuert.

      Zwiebelsud hat mich damals von einem gemeinen Husten befreit. Alle anderen Medikamente versagten damals. Aber das war ein Allheilmittel. 😄

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  3. Avatar von Anhora

    Das ist ja interessant, was du alles erzählst! Dass Kohlensäure problematisch sein soll, hab ich noch nie gehört. Ich hab immer viel Mineralwasser getrunken, sparkling, auch während der Schwangerschaften. Hat niemandem geschadet. 😉

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    1. Avatar von signorafarniente

      Ich greife auch immer noch gern -ab und zu- zu Sprudelwasser. Es schadet vllt nur albanischen Kindern (😉)- da unseres ein bunter Mix wird, sind wir da fein raus. 😄

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Ich bin Eva

Herzlich Willkommen auf meinem Familienblog zwischen den Kulturen! Hier geht es um all die Themen rund um die täglichen Herausforderungen als germano_it_albanische Kleinfamilie mitten in Frankfurt am Main.

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