Der Frühling ist da!

Und wissen Sie, wie ich zu dieser Erkenntnis gekommen bin? Nicht etwa durch die Schwärme an fröhlich zwitschernden Singvögeln, die sich hier und dort niederlassen. Auch nicht durch die ersten, zarten Maiglöckchen und Krokusse, die sich unbeirrt durchs Dickicht kämpfen.

Nein, nein. Es war ein so unverwechselbares Zeichen, dass es keinen Zweifel mehr an der Ankunft des Frühlings gab:

Wir kamen gerade von unserem Spaziergang am frühen Mittag. Just daheim angekommen, packte uns der Hunger. Ich setzte Nudelwasser auf, ließ eine Kinderhand voll Meersalz hineinrieseln und wartete bis sich das Wasser dazu bequemte, den Siedepunkt zu erreichen. Währenddessen guckte der Römer im Kühlschrank, welches Beiwerk der pasta integrale [Vollkorn Pasta] gerecht werden würde. „Mozzarella, basilico, pomodorini,….[Mozzarella, Basilikum, Kirschtomaten,…]“ zählte er nachdenklich auf. Dann drehte er sich mit einem breiten Grinsen zu mir um: „È arrivata la primavera. [Der Frühling ist da.]“Wie man das mit einem Blick in den Kühlschrank feststellen könne, fragte ich ihn. „Guarda! [Schau!]“ sagte er und zeigte entzückt auf die eben aufgezählten Nahrungsmittel. Ich konnte keinen Frühling in unserem Kühlschrank erkennen – und ich gab mir wirklich größte Mühe. Stattdessen schlug mir eine gähnende Leere und die damit verbundene Dringlichkeit, heute unbedingt noch einkaufen zu gehen, aufs Gemüt. „Ich seh‘ nix. Besonders keinen Frühling.“ antwortete ich trotzig. Ich fühlte mich vom Römer mehr als verspottet. „Als ob der Frühling sich plötzlich in unseren Kühlschrank breit macht. Das ist doch lächerlich.“ keifte ich, während ich die rohen Nudeln ins Wasser kippte.

„Amore! Non lo vedi? [Liebling! Siehst du das nicht?]“ fragte der Römer nun etwas bestimmter. Ehrlich gesagt, hielt ich ihn langsam, aber sicher für verrückt. Ich starrte ihn ausdruckslos an. „Abbiamo tutti gli ingredienti a casa per fare una pasta fredda! Altro non c’è.“[Wir haben alle Zutaten für eine pasta fredda zu Hause! Es gibt nichts anderes.]“ strahlte er mich fröhlich an. „E questo vuol dire che è arrivata la….[Und das bedeutet, dass er angekommen ist, der…]“

PRIMAVERA!!! [Frühling!!!]“ schrie ich auf als endlich der Groschen fiel. Aber natürlich! Wie konnte ich nur so blind sein, wenn der Frühling sich mir doch förmlich ins Gesicht sprang. Die pasta-fredda-Saison (kalte Pasta mit Tomaten und Mozzarella) hat begonnen. Und ich habe es nicht einmal erkannt. Als ob es ein eindeutigeres Zeichen für den Frühling gäbe!

Während die Germanen, wie der Römer uns nennt, die Grills und Smoker aus dem Keller schleppen, sie abdecken, reinigen und in großen Mengen Würstchen und Koteletts kaufen, so ist es in unserem italbanischen Haushalt die Zubereitungsart der Pasta, die sich den Jahreszeiten anpasst.

Die Erklärung dafür ist eine ganz einfache: Stellen Sie sich vor, Sie sind in Italien. Das Thermometer kratzt an der 35 Grad Marke. Die Stadt ist stickig und die Hitze ist drückend. Erst am späten Nachmittag setzt der frische Meereswind ein und bringt etwas Erleichterung. Doch es ist erst Mittag. Denken Sie in dieser Szenerie nun an einen dampfenden Teller Pasta vor sich. Würde Ihnen bei diesem Anblick das Wasser im Mund zusammenlaufen? Wohl eher nicht. Sie würden sich nach einer Abkühlung sehnen. Vielleicht aber auch nach einer Mahlzeit, die über ein paar Scheiben Wassermelone hinausgeht. Und tadaaaa! Hier kommt die pasta fredda ins Spiel. Doch machen Sie niemals den Fehler, die pasta fredda als italienischen Nudelsalat zu bezeichnen. Es sei denn, Sie ersehnen sich nach dem Status des „ospite non grata“*.

Sie sehen, noch eindeutiger als heute könnte sich der Frühling gar nicht nicht zeigen.

*ein nicht erwünschter Gast

14 Antworten zu „Was kalt gewordene Nudeln mit dem Frühling zu tun haben”.

  1. Avatar von coffeenewstom

    Gilt im übertragenen Sinne übrigens auch für Kaffee!

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    1. Avatar von signorafarniente

      Ein super Punkt. Wie recht du hast. Aus dem winterlichen Bicerin wird im Sommer flux ein caffè Shakerato. 🤩

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  2. Avatar von geschichtenundmeer
    geschichtenundmeer

    Ich war wohl immer zur falschen Jahreszeit in Italien, denn die pasta fredda war mir bis jetzt unbekannt. Bei mir gibt es heute noch warme pasta, aber hier haben heute schon zwei Damen in der Isar gebadet – die spinnen, die Bayern – während das Publikum zum Teil noch Wintermantel trug.

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    1. Avatar von signorafarniente

      Ich kann sie sehr empfehlen. Natürlich nur, wenn die Jahreszeit mitspielt. 😉 Man braucht auch nur kurze Pasta, die mit Olivenöl nach dem Kochen abgeschreckt wird, gewürfelten Mozzarella, gewürfelte Kirschtomaten, Basilikum und eine Knoblauchzehe, die man vor dem Essen wieder herausfischt. Etwas Salz, Pfeffer und noch einen guten EL Olivenöl. Schon ist das Sommergericht fertig.

      Brrr! 🥶 Da wollten die beiden Damen wohl beweisen, dass die Badesaison in München eröffnet ist. 🥶

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  3. Avatar von Anke

    Primavera in anticipo! 😋 Ihr seid uns in Deutschland mal wieder voraus. 😎 Nicht nur mit den frühlingswarmen Temperaturen, auch mit dem Speiseplan. Wir hatten heut im Restaurant noch mal herbstlich-/winterlichen Rehrücken (Sella di capriolo Baden-Baden) … der war sicher lockdownbedingt „liegen“ geblieben.😉

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    1. Avatar von signorafarniente

      Kulinarisch steckt ihr ja noch im tiefsten Winter fest. 😋 Aber für einen herrlichen Rehrücken, würde ich im Februar die pasta fredda noch einmal beiseite schieben. 🤩 Che bontà! 😋

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  4. Avatar von Saxhida (Sonja)
    Saxhida (Sonja)

    Na dann lasst es euch schmecken. Ich kannte nur kalten asiatischen Nudelsalat, aber euren werde ich mal ausprobieren.
    Liebe Grüße 🌹

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    1. Avatar von signorafarniente

      Danke dir. ☺️ Kalter, asiatischer Nudelsalat hört sich fantastisch an. 😍 Ist das mit einem schwierigen, albanischen Esser machbar?
      Liebe Grüße 💛

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      1. Avatar von Saxhida (Sonja)
        Saxhida (Sonja)

        Grins, nein den mampfe ich natürlich allein. Meine Kinder würden den aber mal probieren.
        Meine Schwägerinnen sind übrigens noch schlimmer. Da habe ich wirklich viele Jahre gebraucht, bist die mal wenigstens was VORSICHTIG gekostet haben.
        LG🌹

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      2. Avatar von signorafarniente

        😄 Danke dir, dann weiß ich, dass ich weniger mache. Da sagst du was. Ich fühle absolut mit!
        Wir sind mit meinem Schwager und seiner Frau ins beste Restaurant in Tirana gegangen. Sie schob alles nur angewidert weg. Ich hätte (damals schwanger) morden können für ein Thunfisch Tartar mit Avocado. Stattdessen saß ich vor meiner Tortellini Suppe. 😔
        Schafskäse, Gurken, Tomaten, Börek und Fleisch in rauen Mengen – und schon sind 99% der Schwägerinnen glücklich. 😄
        Liebe Grüße 💛

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      3. Avatar von Saxhida (Sonja)
        Saxhida (Sonja)

        Ja, dass kenne ich. Sag mal sind die Albaner in Albanien auch so verrückt nach Brot? Die aus Mazedonien auf jeden Fall. Es gibt sogar eine Spezialität in Skopje und zwar ein sehr öliger Blätterteig (ohne Füllung) verstaut in einer Brottasche (so wie beim Döner). Man isst also Brot mit Brot. Na ja, wer’s mag. 🙂

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      4. Avatar von signorafarniente

        😂 Der Brotdöner ist mir in Albanien noch nie begegnet, hört sich aber interessant an.
        ABER die hohe Brot Abhängigkeit – oh ja. Ohne bukë läuft nix. Pasta mit Tomatensoße – aber bitte mit Brot. Fleisch mit Gemüse und Kartoffeln? Wo ist das Brot?
        Selbst der kleine Albaner in unserem Haushalt mampft am liebsten Brot. 😄

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      5. Avatar von Saxhida (Sonja)
        Saxhida (Sonja)

        Aha! Deswegen möchte mein Mann unbedingt mit mir Urlaub in Albanien machen. Wenn die da auch dem Brot so zugetan sind, muss er sich ja nicht umstellen. 😉
        Die Brottasche nennt sich Simit Pogaca und kommt ursprünglich aus der türkischen Küche. Da ist es aber einfach nur ein Sesambrot oder Brötchen. Die Albaner stopfen dann noch mal Brot rein. Doppelt hält besser. Hier habe ich dir einen Link kopiert, wo du ein Foto sehen kannst.

        http://www.gercekhayat.com.tr/uskupten-mektuplar/gelin-simit-pogaca-yiyelim-uskupte/

        Liebe Grüße 🌹

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      6. Avatar von signorafarniente

        Albanien ist ein Königreich für einen Brotliebhaber. 😄 Aber tatsächlich kann ich es uneingeschränkt empfehlen. Es ist tatsächlich sehr schön dort.
        Danke für die Info. 🤩 Das sieht ja abgefahren aus. Der Römer hat das Bild gesehen und besteht nun darauf, dass wir den nächsten Urlaub in Skopje verbringen. 😄
        Liebe Grüße 💛

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Ich bin Eva

Herzlich Willkommen auf meinem Familienblog zwischen den Kulturen! Hier geht es um all die Themen rund um die täglichen Herausforderungen als germano_it_albanische Kleinfamilie mitten in Frankfurt am Main.

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