Flott fahre ich durch die Toreinfahrt in unseren lang gezogenen Innenhof, der sich an unseren neuen Wohnkomplex schmiegt. Vorbei an den Kombis und Kleinwagen, parke ich in meinem eigenen Winkel, der locker für zwei Autos reichen würde. Dieser Parkplatz, linker Hand begrenzt vom Zaun zu den Nachbar-Mülltonnen und rechter Hand von der Tiefgarageneinfahrt umschlossen, ist ein wahrer Glückstreffer. Schwungvoll steige ich aus. Der Römer, mindestens genauso schwungvoll, schnallt bereits Signorino ab. Neben mir, auf Höhe der Knie, taucht ein kahl geschorener, birnenförmiger Kopf auf. Ich gucke nach unten, denn das Grundstück der Nachbar-Wohnanlage liegt etwas tiefer. “Guten Tag.”, grüße ich den mich musternden Kopf und schnappe mir rasch meine Handtasche. “Morsche! [Guten Morgen!]”, antwortet der glatzköpfige Mitfünfziger auf Hessisch, dessen enges, schwarz-weißes Leibchen sich um seinen ausladenden Bauch dehnt und streckt.
Ein Hinweis vorab: Gerne können Sie den Dialog auch auf dem Dialekt Ihrer Wahl, der am besten zu einem Parkplatz-Hilfssheriff passen würde, lesen. Im Original spielte er sich auf Hessisch ab, wobei mein Teil auf Hochdeutsch gesprochen wurde:
Parkwächter Krause (PK): Wohnen Sie hier?
Ich: Ja.
PK: Ist das Ihr Parkplatz?
Ich: Ja.
PK: Haben Sie den gemietet?
Ich: Ja.
PK: Das heißt, Sie zahlen dafür?
Ich (mittlerweile etwas verwirrt von diesem überraschenden Verhör): Ähm… ja.
PK: Gut, weil ich würde Ihnen raten, dass Sie an der vorderen Wand Ihres Parkplatzes so ein KFZ-Schildchen anbringen, dass das auch wirklich Ihrer ist. Sonst parkt jemand anderes auf Ihrem Parkplatz und dann gibt’s sicher ein großes Geschrei.
Ich: Ein Nummernschild meinen Sie?
Er: Ja, genau.
Ich: Ok, danke. Heute ist unser erster Tag hier. Aber ich erledige das gerne in den nächsten Tagen.
PK: Ja, nur, weil Ihre… also die [sucht das passende Wort] Vor… die Vormenschen, die Ihren Parkplatz vorher hatten, also die, mit dem metallic-blauen Mazda Mx3* mit dem Kennzeichen MG – AB 1234 , die haben ein Mal den Ärger gehabt und deswegen sind wir hier alle vorsichtig geworden!
Ich (erstaunt, dass er das Autokennzeichen der Vormieter, den Autotyp und die Farbe auswendig weiß, während ich mehrere Minuten und absolute Ruhe brauche, um mich an all diese Details meines eigenen Autos zu erinnern – ich nicke langsam): Ja… das verstehe ich.
PK: Ja, nicht dass sie mit Ihrer 5 Meter Kutsch’ keinen Parkplatz finden. Dann ist das Geschrei groß.
Ich (lächle gequält): Das stimmt.
PK: Ich will Sie auch zu nichts nötigen. Weil MIR ist das vollkommen egal (zeigt auf sich und winkt ab), ob Sie jetzt ein Schildchen dranschrauben oder nicht. Aber es kann passieren, dass jemand anderes ansonsten auf Ihrem Parkplatz parkt, weil der das nicht weiß und dann denkt “Ah, der ist frei!”, weil Sie eben kein Schildchen angebracht haben!
Ich: Ja, da haben Sie recht.
PK: Wie gesagt, MIR ist das ganz egal. Ich sag’s Ihnen nur.
Ich: (schaut sich auf der Parkfläche um; jeder einzelne Parkplatz ist mit Schildern markiert) Ja… ähm…danke.
Wir entfernen uns vom Auto. Der Römer zeigt auf die Schilder-Allee und lacht: “Die Predigt hält der wohl jedem neuen Mieter.”
*keine Werbung, aber Sie ahnen es: Ich muss es als solche kennzeichnen.
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