WMDEDGT – Februar 2023

Heute fragt Frau Brüllen mal wieder, was wir denn den ganzen Tag über gemacht haben. Sie nennt das WMDEDGT. Na, dann wollen wir mal gucken:

07:30 Uhr Aufgewacht und über die Arbeit und den aktuellen Stress in eben dieser nachgedacht. Probleme hin- und hergeschoben und erwägt, zu kündigen. Schließlich habe ich zwei Jobs und die fliegerische Tätigkeit scheint mir aktuell nicht nur lukrativer, sondern auch stressfreier. Irgendwann schlief ich wieder ein.

10:30 Uhr Aufgestanden. Das Kind mussten wir wecken. Diesmal ist es unsere Schuld, dass Signorino nicht vor Mitternacht ins Bett gehen wird, aber immerhin durften wir selbst bestimmen und es wurde nicht von der Kita bestimmt.

11:00 Uhr Frühstück. Wir wälzen Probleme und Möglichkeiten, denn wir brauchen dringend einen Kindergartenplatz. Wenn möglich, nicht in der Walachei. Irgendwann sind wir nur noch genervt von allem, was daran liegt, dass wir nur noch arbeiten, keine Freizeit haben, die Kinderkrippe suboptimal ist und gleichzeitig Kindergartenwartelisten 150 Kinder zählen, die auch gerne einen Platz haben wollen würden (O-Ton einer Kita-Leitung mit der wir telefonisch sprachen). Ich schlage vor, nach Albanien auszuwandern. Immerhin hätten wir dann genügend Betreuungspersonen (dieses „Dorf“ von dem alle reden wäre genau dort) und ich könnte Beruf und Studium weiter ausüben. Der Römer ist Feuer und Flamme und sucht nach Wohnungen. Ich schlage vor, erst die Stadt Frankfurt wegen eines nicht vorhandenen Kitaplatzes zu verklagen, bevor wir nach Albanien umziehen. Der Römer willigt ein.

So sah das Frühstück leider nicht aus

12:00 Uhr Mittagessen. Pasta mit Kartoffeln und Bresaola. Das Kind isst lieber Joghurt und Butter mit Brot. Mit Nudeln kann er gar nichts anfangen, was seltsam ist, wo ich doch vor, während und nach der Schwangerschaft meist Nudeln gegessen habe.

13:00 Uhr Ich starte eines der Lehrvideos von Arbeitgeber 1. Es geht um Höhenstrahlung. Informativ – wie jedes Jahr.

Die große, weite Welt – sie geht mir ab.

14:00-17:00 Uhr Ein ruhiger Nachmittag. Spielen, snacken, fernsehen. Es regnet und wir wollen nicht raus. Dazwischen läuft die Waschmaschine.

17:00 Uhr Das Kind, das zweieinhalb Jahre baden hasste und jedesmal brüllte wie verrückt, hat seine Phobie überwunden. Er liebt nun baden – mit viel Schaum. Meist löst sich beim Kind alles in Wohlgefallen auf, wenn man ihm nur genug Zeit gibt.

18:00 Uhr Ich bin auch in der Badewanne. Man gönnt sich sonst nichts. Hunderte Male ruft das Kind „Wo ist Mama?“, aber Mama möchte ungestört die Badewanne genießen, deswegen mache ich mich unsichtbar.

19:00 Uhr Der Römer ist mäkelig. Alles, was ich essenstechnisch vorschlage, ist „Näääh!“. Am Ende will er Sushi bestellen. Machen wir, denn die Diskussion regt mich auf. Die Lieferzeiten an einem verregneten Sonntagabend sind vermutlich enorm, aber er will nicht hören.

20:35 Uhr Der Lieferant ist immer noch unterwegs mit unserem Essen. „Quod erat demonstrandum“, wie die alten Römer sagen würden. Die Laune des Römers sinkt weiter.

21:20 Uhr Mittlerweile war der Lieferant da. Wir aßen sehr leckeres Sushi. Das Restaurant probierten wir zum ersten Mal aus und es war wirklich empfehlenswert. Danach fragte ich den Römer, ob er die Titelmelodie von „Die Oktonauten“ als „Modern Dance“ interpretieren könne. Mein Mann, der sich diese Herausforderung nicht nehmen ließ, legte sofort los. Ich lachte Tränen, während er tanzte. 😄 Danach tanzte ich und war vollkommen außer Puste. Zum Glück existiert kein Video von unseren Tanzaufführungen.

To be continued

WMDEDGT – Januar 2023

Das neue Jahr ist so taufrisch, die Schutzfolie haftet fast noch daran. Und so fragt Frau Brüllen, wie an jedem Fünften, was wir denn den ganzen Tag über gemacht haben. Sie nennt das WMDEDGT. Na, dann wollen wir mal gucken:

05:54 Uhr Irgendein Gegenstand (vermutlich aus Plastik) ist abgestürzt. Ich überlege, ob ich es geträumt habe oder der Römer es auch gehört hat. Als ich beschließe, weiterzuschlafen, fragt der Römer, woher das Geräusch kam. Leider weiß ich ebenso wenig wie er. Er geht nachsehen und kehrt nach 15 Sekunden, ahnungslos wie zuvor auch, zurück.

07:00 Uhr Der Wecker klingelt. „Ich würde am liebsten liegen bleiben.“, sage ich zum Römer. „Dann mach das doch! Intanto e‘ il tuo giorno libero [Es ist ja dein freier Tag]. Ich rufe bei der Kita an, dass Signorino heute nicht kommt.“, antwortet der Gatte und setzt nach, dass er erst eine Stunde später anfangen muss. Der erste Patient hat abgesagt. Dann dösen wir wieder ein.

09:30 Uhr Der Mann ist unterwegs. Das Kind ruft nach mir. Wir kuscheln im Kinderbett und Signorino tut so als ob auf meiner Stirn Feuerameisen sind. Seine kleinen Finger krabbeln dabei über meinen gesamten Kopf und er kreischt hocherfreut „Ooooh Feuerameisen!“. Scheinbar hektisch wische ich sie weg und Signorino amüsiert sich königlich. Danach gibt’s Frühstück. Das Kind läuft sofort zu seinen magnetischen Bausteinen. Sein Frühstück muss anscheinend auf ihn warten. Ich trinke in Ruhe meinen Tee. Diese freien Mutter-Sohn-Tage genieße ich sehr, was nicht heißt, dass es keine Trotzanfälle oder Unstimmigkeiten gibt. Aber alleine der Zeitdruck, der fehlt, macht es so viel einfacher. Niemand muss pünktlich in Kita oder Arbeit sein, keine Diskussionen über Schuhe, kein morgendliches Theater. Für mich gilt wie immer: Die Mischung macht’s. Ich arbeite gerne, ich bin gerne mit Signorino daheim, aber ich bin froh, dass ich beides machen kann.

11:00 Uhr Signorino möchte „Butter mit Breze“. Das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Er isst sehr gerne Butter. Nach dreimaliger Ermahnung beißt er schließlich doch noch von der Breze ab und lutscht nicht nur die Butter ab.

12:30 Uhr Die Küche ist komplett geputzt und geschrubbt, da kommt Signorino* an und will Waffeln backen. Waffeln hat er erst gestern mit Papa gemacht. Also machen wir Marmorkuchen. Er hilft ganz toll mit. Ein paar Eierschalen landen im Teig. Ich versuche, sie zu bergen. Jedesmal, wenn ich ein weiteres Stück Eierschale geborgen habe, jubelt das Kind und ruft „Juhuuuu! Noch eine.“. Nur beim Kakao passe ich ganz genau auf. Blöderweise nicht genau genug, denn ich siebe das Kakaopulver über Signorinos Hände, die er unter das Sieb und über den Teig geschmuggelt hat. Danach wasche ich das Kind. Dann geht es weiter. Endlich ist der Teig in der Kuchenform gelandet, ich schiebe die Form in den Ofen, da manifestiert das Kind „Okay. Kuchen essen.“. Auch mehrmalige Erklärungsversuche scheitern, dass der Kuchen erst noch gebacken werden muss. Ein riesengroßer Trotzanfall schmettert durch die Küche. Ich spüle derweil ab und bestücke die Spülmaschine. Danach wische ich die Küche ein zweites Mal. Nach dem Trotzanfall erinnert mich Signorino im 30 Sekundenrhythmus daran, dass er Kuchen essen will.

*Signorino backt für sein Leben gern und spielt es auch mit seinen Bausteinen nach. Dazu steckt er z.B. zwei Bausteine zusammen, schlägt sie an den Rand einer Schüssel und trennt anschließend das „Ei“.

13:00 Uhr Kurze Serienpause. Es wird nur noch alle 5 Minuten nach dem Kuchen gefragt. Ich genieße meinen Kaffee. Mit dem Wäschekorb auf dem Weg ins Schlafzimmer bemerke ich den Gegenstand, der heute Nacht mit einem lauten Knall heruntergefallen ist: Es war das Hygrometer, das bis heute, 05:54 Uhr, am Schrank klebte.

14:00 Uhr Der Kuchen ist endlich fertig. Signorino kann‘s kaum erwarten, so dass ich das Gebäck noch heiß stürze. Leider trägt die linke Ecke Schaden davon. Aber das stört Signorino nicht. Er isst das angedätschte Stück mit großer Leidenschaft, um danach noch ein zweites zu essen.

16:00 Uhr Ich sortiere in Bad und Küche aus, schmeiße weg oder lege alles in einen Karton, der auf die Straße gestellt wird, damit die vorbeigehenden Passanten sich bedienen können. Signorino entdeckt den Karton und sortiert Kuchentransportbox und Spätzlereibe wieder ein. Zum Glück fand er die Onigiri-Form langweilig, sonst müsste ich diese auch noch aus dem Kinderzimmer befreien.

17:10 Uhr Der Römer steht eine Stunde zu früh vor der Türe und hält ein Brot in der Hand. Die letzte Patientin habe abgesagt, deswegen sei er schon da. Er macht sich einen caffè und isst ein Stück Marmorkuchen. Nachdem Signorino drölfzig Mal durch seine Legos gestapft ist, wir ihn drölfzig Mal darauf hingewiesen haben, dass es zu laut ist und er ein weiteres Mal durch die Legos stapft, hat er sich ein Timeout im Zimmer erspielt. Nach zwei Ausbruchsversuchen innerhalb einer Minute, bei denen er wieder in sein Zimmer geschickt wird, bleibt er dort und wird nach 5 Minuten erlöst. Durch Legos stapft er jetzt nicht mehr. Stattdessen räumen wir alle zusammen auf. Dann bestelle ich die Einkäufe. Noch vor 18 Uhr kommen sie an.

18-21 Uhr Kochen, essen, das übliche. Da das Kind heute nicht in der Kita war und keinen Mittagsschlaf machen musste, haben wir die leise Hoffnung, dass er schon vor 22 Uhr schläft. Mit dem unsäglichen Kita-Mittagsschlaf schläft das Kind mittlerweile nicht mehr vor 23:45 Uhr ein. Fragen Sie mal, wie ich mich darauf freue, wenn das Kind eeeendlich einen Kindergartenplatz hat.

22:54 Uhr Nach langem Theater schläft das Kind endlich. Immerhin vor 23 Uhr. Ich packe noch mein Mittagessen für den morgigen Arbeitstag ein und gehe ins Bett.

Let‘s call it a day.

WMDEDGT – November 2022

Es ist November. Es ist der Fünfte. Der Römer ist in Albanien und Turtle hat Geburtstag. Und so fragt Frau Brüllen mit was wir nun den ganzen Tag verbringt. Sie nennt das WMDEDGT. Na, dann wollen wir mal gucken:

Bis 1 Uhr schreibe ich an meiner Hausarbeit zum Thema Typographie und erkläre aktuelle Trends und Strömungen: Aufgrund der epidemischen Lage der letzten Jahre sehnen wir uns in der Typographie nach Nostalgie. Besonders bei einer so verpixelten, technisierten Welt wollen wir einer Gegenströmung folgen und sehen uns nach dem warmen Gefühl aus Trost und Vertrautheit. Diese Erkenntnis verpacke ich mit viel Blabla in 2000 Zeichen.

08:30 Uhr “Maaaamaaa! Mama? Mama! Maaaaama!” Signorino ist wach. Ich versuche ihn zu mir ins Schlafzimmer zu leiten, ohne dass ich dabei aufstehen muss. Es klappt nach viel Zureden erstaunlich gut – bis er ins Wohnzimmer abbiegt. Um den Römer würdig zu vertreten, macht er in jedem Raum Licht an und lässt es brennen bis er an der Küche angekommen ist. Als ich etwas abstürzen höre, springe ich auf und laufe in die Küche. Dort gable ich Signorino auf wie er gerade Kekse fürs Frühstück aussucht. Müde mache ich mir einen Espresso und einen Tee und gedenke dem Römer, der in Albanien sicher königlich bewirtet wird. Nur die Heizsituation ist hier angenehmer und konstanter.

10:30 Uhr “OH NEIN! Wie ist das passiert?”, ruft das Kind und kommt empört in die Küche, die ich gerade putze. Ich habe ihm vorhin den Sauger des Schnullers abgeschnitten in der Hoffnung, dass er versteht, dass es jetzt vorbei ist mit dem Schnuller. Das Kind drückt diese Überraschung mehrmals sprachlich so lustig aus, dass ich mich von ihm wegdrehen muss, damit er mich nicht lachen sieht. Ich bin ebenfalls mehr als empört. Wie konnte das nur geschehen? Ich lege den Schnullet auf die Arbeitsplatte der Küche. Signorino wünscht nach diesem Schreck Croissants oder Cro-soße wie er es ausdrückt und so backe ich welche auf. Der Gefrierschrank muss eh bald abgetaut werden. Danach frage ich Signorino, was wir mit dem Schnuller tun sollen: wegschmeißen oder behalten? Selbstbewusst schmeißt er ihn weg. “Okay, kaputt!”, sagt er und versenkt ihn im Mülleimer. Ich freue mich schon auf das Einschlafdrama.

13:00 Uhr Signorino und ich dekorieren für Turtles Geburtstag. Ich falte die Deko auf, klebe alles an die Wand und versuche auf den Drehstühlen nicht über Bord zu gehen. Es klappt erstaunlich gut. Dann dekoriere ich den Tisch, was beinahe und trotz Schimpfen unmöglich ist, weil Signorino die ganze Tischdeko wieder abräumen will. Pädagogisch wertvoll biete ich ein Eis an, damit er abgelenkt ist. Dann ruft Turtle an, ob sie gleich vorbeikommen darf. Aber natürlich, sie ist schließlich das Geburtstagskind.

14:00 Uhr Tante Turtle kommt. Sie und der Kuchen werden bereits von Signorino erwartet. Wir essen Kuchen, alles ist ruhig. Irgendwann muss ich eine schnelle Knete für das Kind anrühren. Turtle ist erstaunt wie unkompliziert das geht. Gegen 16 Uhr beginnt Signorinos erster, heftiger Wutanfall, gleich gefolgt von einem nächsten: Der Grund ist schnell gefunden – der fehlende Schnuller. So rastet er alle 10 Minuten RICHTIG aus,eben wie eine süchtige Person auf Entzug. Turtle und ich kämpfen uns tapfer zu zweit durch seine enormen Gefühlsausbrüche.

18:00 Uhr Ich frage Tante Turtle, ob sie Kürbiscurry essen möchte. Sie bejaht. Rasch erwärme ich das schon fertig gekochte Curry und mache Reis dazu. Sie spielt währenddessen im Kinderzimmer mit Signorino

18:30 Uhr Während wir essen, legt Signorino eine Schippe drauf auf seinen kalten Entzug. Er stellt alles an, was irgendwie möglich ist. Schimpfen verhallt, Konsequenzen verhallen, es ist wirklich eine Farce. Gegen 19:15 Uhr beherzige ich den Rat meiner Mutter: “Wenn du dich vom Balkon werfen willst, weil der Entzug so schlimm ist, gib ihm lieber vorher den Schnuller.” Das tue ich. Turtle warnt mich davor und erwähnt, wie weit wir schon gekommen sind. Aber noch 2-3 Stunden mit einem Kind, das im großen Stil ausrastet und die Wohnung auseinander nimmt, schaffe ich nicht. Wirklich nicht. Ich gebe ihm den Schnuller zurück. Aus einem wilden Werwolf wird ein zahmes Lämmchen, das sich an mich schmiegt und zufrieden an seinem Schnuller nuckelt. Turtle ist ebenso erstaunt, was für eine Transformation Signorino durchgemacht hat.

20:00 Uhr Turtle verabschiedet sich und ich frage sie, ob sie die Schildkröte und den Seestern der Deko mitnehmen möchte. Sie freut sich sehr und wir packen die Deko vorsichtig in ihren Rucksack.

Die Schildkröte wohnt jetzt bei Turtle

Auch ein Stück Sachertorte folgt. Danach räume ich das Kinderzimmer auf, denn hier hat der Werwolf gewütet. Noch schnell den Esstisch, das Wohnzimmer und die Küche ordnen, die trockene Wäsche aus dem Trockner entnehmen und diese falten und aufräumen. Das Kind nuckelt derweil zufrieden und vollkommen ruhig an seinem Schnuller. Nach all diesen Wutanfällen und Gefühlsstürmen kann ich nur mühsam die Tränen unterdrücken. Ich fühle mich als absolute Versagerin. “Nicht mal den Schnuller kannst du ihm abgewöhnen. Das Kind rastet sicher so aus, weil das deine Schuld ist! Wärst du eine bessere Mutter, wäre das Kind auch entspannter. Es ist alles nur deine Schuld!” Selbstvorwürfe am laufenden Band. Ich schlucke die Tränen runter und mache weiter.

21:00 Uhr Signorino scheint mir so müde, dass ich sein Zimmer bettfertig mache. Dann fängt das Drama an. Nein, er möchte nicht ins Bett. Ich sage ihm klar, dass es hier keine Wahl gibt. Dann legt er sich ins Bett, steht wieder auf, robbt zum Fußende, steht wieder auf, legt sich quer. Mir reißt das letzte Fitzelchen Nervenstrang. Ich muss aus dem Raum gehen. Auf der Toilette beruhige ich mich und höre gleichzeitig “Mama? Mamaaaa!”. Ich atme zehn Mal tief ein und aus. Nach eineinhalb Wochen krankes Kind, meinem Job, den ich irgendwie außenrum gebastelt habe, ein Mann, der das Kind die ganze Zeit in meiner Homeoffice-Zeit ins Schlafzimmer/Arbeitszimmer rennen ließ und der mantraartig wiederholte “Also, da kann ich wirklich nichts machen, wenn er dauernd in dein Arbeitszimmer reinkommen will. Ich kann ihn ja nicht einsperren.”, sind meine Nerven so dermaßen blank, so dermaßen zerrissen, dass ich gar nicht genug atmen kann. Nach fünf Minuten kehre ich zurück, das Kind will wieder Quatsch machen und ich rede im Bundeswehr-Feldwebel-Ton mit ihm. “Signorino! Ab ins Bett! Sofort! JETZT! Kopf auf’s Kissen! Auf’s Kissen habe ich gesagt. Zudecken! Jetzt! Neeein! JETZT! Signorino! BASTA! BASTA!”. Signorino tut irgendwann, was ich ihm sage. Dann strampelt er sich wieder von der Decke frei. Ich wartet geduldig bis er einschläft, starre die dunkle Zimmerdecke an und denke immer wieder “Ich schaff das alles nicht mehr. Ich will auch einfach nicht mehr. Ich habe so, sooo keinen Bock mehr auf den Affenzirkus.”.

Um 21:38 Uhr schläft das Kind. Ich gehe ins Wohnzimmer, ignoriere meine Hausarbeit für die Uni, an der ich arbeiten wollte und tippe diese Zeilen. Schokolade und ein Film, dazu die leise Hoffnung, dass Signorino durchschläft, mehr kann und will ich gerade nicht.

Let’s call it a (sch€!ß) day! Aber: Happiest birthday, dear Turtle!

WMDEDGT – Oktober 2022

Es ist Oktober. Es ist der Fünfte. Der Römer und ich sind daheim, da wir Urlaub haben und etwas Paar-Zeit verbringen wollten. Signorino ist pünktlich zu unserem Urlaub krank geworden. Und so fragt Frau Brüllen mit was wir nun den ganzen Tag verbringt. Sie nennt das WMDEDGT. Na, dann wollen wir mal gucken:

Kurz vor Mitternacht: Signorino weint. Der Römer übernimmt die frühe Nachtschicht wie gestern.

Zw. 00-04:00 Uhr: Immer wieder weint das kranke Kind, kann aber durch kuscheln beruhigt werden. Alle drei schlafen nicht bis gar nicht.

04:22 Uhr Schichtwechsel. Ich übernehme die späte Krankenschicht neben Signorino. In unser großes Bett will er auf gar keinen Fall. Also quetsche auch ich mich ins 90 Zentimeter Kinderbett.

08:00 Uhr Zeit für ein neues Fieberzäpfchen. Der Römer legt sich zu Signorino. Ich mache mir Frühstück und bereite mich darauf vor, beim Kinderarzt anzurufen. An sich ist der Kinderarzt klasse, aber erreichbar ist er nicht. Gestern riefen wir 7(!) Mal an. Es hob keiner ab. Gleichzeitig soll/darf man nicht in der Praxis ohne Termin vorbeikommen. Wenn heute keiner ans Telefon geht, ist mir das egal. Dann stehen wir um 10 Uhr ohne Termin und Telefonat auf der Matte.

08:30 Uhr Heute hat der Kinderarzt eine Bandansage, dass er gestern und heute im Urlaub sei. Der Römer hat den Auftrag, nachher bei unserer alten Kinderärztin anzurufen.

09:00 Uhr Er hat angerufen und kommt ins Bad mit der Info „09:30 Uhr.“. Mehr sagt er nicht. Ich rege mich auf, denn es ist vollkommen unmöglich, dass wir in 30 Minuten alle angezogen sind und auf der anderen Seite der Stadt, um den Termin wahrzunehmen. „Tranquilla [Beruhige dich]. Ich wollte dir nur sagen, dass der Kinderarzt ab 09:30 Uhr telefonisch erreichbar ist.“ Mein „Dann sprich in ganzen Sätzen, Mensch!“ schlucke ich runter. Wir sind aufgrund der angespannten Lage und des Schlafmangels bereits sehr dünnhäutig.

09:30 Uhr Alle Leitungen beim Kinderarzt sind frei und wir kommen durch. „Um 10:10 Uhr kommen Sie bitte vorbei.“, säuselt die Sprechstundenhilfe ins Telefon. Der Römer erklärt, dass Signorno, nachdem er die ganze Nacht wach war, noch schläft und wir zudem auf der anderen Seite der Stadt wohnen. „10:30 Uhr, dann. Aber das ist eine Ausnahme.“, spricht die Arzthelferin. Was der Römer nicht erwähnt hat, ist, dass wir ebenfalls noch im Pyjama sind. Wie die Irren machen wir uns fertig, wecken das Kind, lassen es frühstücken, ziehen es zeitgleich an und sind um 10:02 Uhr auf dem Weg zum Kinderarzt. Ich starte den Motor und gondle in den Osten. Zum Glück ist der Mainkai offen für den Autoverkehr.

10:30 Uhr Wir schaffen es pünktlich und dürfen noch 30 Minuten im überfüllten Wartezimmer warten. Dann sind wir endlich dran. Im Nebensatz erwähnt die Dottoressa, dass das Kind einen viralen Infekt hat und dazu eine Entzündung. Dann stellt sie fest, dass die Kinderzahnstellung eine KA-TA-STRO-PHE sei. Einen zehnminütigen Vortrag hält sie mir, dass das gar nicht geht und der Schnuller SOFORT weg muss. Ich sage nur „Ja.“. Mehr nicht. Natürlich hat sie recht. Aber den Ton finde ich mehr als kurios. Ein Gespräch ist nicht möglich, da sie einfach nur ein Standpauke halten möchte. „Gründe für den Schnuller findet man immer.“, beendet sie ihren Vortrag. Am Ende gibt sie mir noch ein Notfall-Zäpfchen, falls sich Signorinos Luftröhre aufgrund der Kehlkopfentzündung zu sehr verengen sollte und den Tipp, dass der Kleine morgen wunderbar wieder in die Kita gehen kann. Ich bedanke mich und denke „Ganz sicher nicht.“. Das Kind ist müde, hat keine Stimme, weint bei jedem Husten. Ich will das weder dem Kind, noch den Erzieher*innen, noch den anderen Kindern zumuten und finde es unverantwortlich, das Kind in diesem Zustand zu schicken. Ich würde so auch nicht in die Arbeit gehen, warum sollte ich Signorino so in die Kita gehen lassen?

11:15 Uhr Wir fahren nach Hause. Passend zu diesem miserablen Tag ist die Brücke kurz vor unserem Zuhause gesperrt. Die Umleitung führt uns 9km durch den Frankfurter Westen.

Immerhin hat der Römer einen riesen Spaß, die Einfahrt nach Frankfurt von der Autobahn aus zu fotografieren. Wir bestellen Pizza als wir daheim sind.

15:30 Uhr Wir sind alle müde, aber dennoch schläft keiner. Es wird viel gekuschelt und wir reden wenig, damit unser heiserer Signorino auch nicht reden muss. Dazwischen ruft Turtle an und fragt, wie es uns geht. Dann bricht der Römer zum Zahnarzt auf.

17:00 Uhr Der Gatte kommt zurück. Er habe „nur“ 200 Euro gezahlt für all die Vermessungen und Abdrücke für seine Zahnschiene. Ich schlucke. „Also gibt es heute wohl Ofengemüse. Irgendwo muss man ja sparen.“, denke ich noch so und schlürfe in die Küche. Ich schnipple das Gemüse und höre ein aufgeregtes und vollkommen hilfloses „Amore, si sta per addormentare. [Liebling, er ist gerade dabei einzuschlafen.] Was soll ich jetzt tun?“. Ich gebe zurück, dass ich ihn in den Schlafanzug stecken würde und zwar möglichst schnell. Irgendein Problem sieht der Römer dabei und fängt schon wieder an zu diskutieren. „Schatz, mach doch bitte ein Mal was ich sage. Nur ein einziges Mal. Bitte!“, gebe ich zurück und er steckt das Kind tatsächlich in Schlafanzug und Schlafsack. Ich bereite das Kinderzimmer schlaftauglich vor und der müde Signorino legt sich freiwillig ins Bett. Nach 30 Sekunden döst er. Da er normalerweise 3-4 Stunden später ins Bett geht, stellen wir uns auf eine lange Nacht ein, denn er wird um 22 Uhr sicher fit sein.

20:00 Uhr Zu denken, dass Signorino bis 22 Uhr schläft, war schon sehr optimistisch. Er ist wach und heiser, dazu weint er und vermutlich tut ihm alles weh. Wir Eltern leiden mit und versuchen, die Situation erträglich zu machen.

21:00 Uhr Über und stampft mal wieder eine Elefantenherde oder die Nachbarn, so genau weiß man das nicht. Ich lese etwas und gehe ins Bett. Die Nacht wird vermutlich nicht existent.

Let‘s call it a day.

WMDEDGT – September 2022

Es ist September. Irgendwie riecht die Luft nach Herbst und heute ist mein erster Arbeitstag nach den großen Ferien. So fragt Frau Brüllen mit was man den ganzen Tag so seine Zeit verbringt. Sie nennt das WMDEDGT. Na, dann wollen wir mal gucken:

03:00 Uhr „Mama? Mama?“ fragt ein leises Stimmchen aus dem Kinderzimmer. Ich setze mich in unserem Bett auf und warte, ob es sich wiederholt. Vielleicht war es nur Teil eines Signorino’schen Traumes? Nach einer halben Minute fragt das Stimmchen wieder „Mama?“. Also stehe ich auf und tapse im Dunkeln in Signorinos Kinderzimmer. Das Kind ist ziemlich schwitzig, aber nicht fiebrig. Ich habe es schlichtweg zu gut gemeint, als ich ihn für die Nacht angezogen habe. Nochmal umziehen im Halbschlaf und damit riskieren, dass die kleine Motte ganz aufwacht oder doch so lassen? Ich entscheide mich für Option 2 und mache den Reissverschluss vom Schlafsack ganz auf. Dann kuschele ich mich zu ihm. Wie immer huschen seine nervösen Hände rastlos über meine. „So kann kein Mensch schlafen.“, denke ich noch und nicke anscheinend kurze Zeit später weg.

04:30 Uhr Signorino schläft tief und fest neben mir. Ich taste mich wieder zurück ins Schlafzimmer. Der Römer okkupiert das ganze Bett und ich verweise ihn mit leichten Schüben auf seine Seite. Im Schlaf seufzend dreht er sich nach links und macht Platz.

07:00 Uhr Guten Morgen ohne Sorgen. Aufstehzeit! Ich will liegen bleiben, aber damit kann ich am Ende des Monats leider nicht meine Rechnungen bezahlen. So stehe ich auf, Kaffee, Kekse, Anziehen, den Römer aus dem großen Bad scheuchen und los geht‘s mit der S-Bahn.

08:40 Uhr Ich komme in der Arbeit an und beginne damit, mein E-Mail Postfach aufzuräumen. Erst lösche ich die Quatsch-E-Mails, dann markiere ich die wichtigen E-Mails bis mir mein Chef schreibt, ob ich noch etwas für den heutigen, extrem wichtigen Termin benötigen würde. Ich werde stutzig. Bis eben bin ich davon ausgegangen, dass er den Termin leitet und mir, falls nicht, nicht in allerletzter Minute am ersten Tag nach meinem Urlaub Bescheid gibt. Ich frage nach. Kurzes Telefonat, dann löse ich das Problem mit einigen, weiteren Telefonaten und informiere alle Beteiligten. Was für ein Start nach den Ferien. Der restliche Tag verläuft gut. Ich buche eine Geschäftsreise in die Zentrale. Nennen Sie mich überheblich, aber ich bin berufsbedingt so oft gereist, ich möchte nirgends mehr hin.

12:30 Uhr Mittagspause. Ich kläre die Kollegen (alle männlich) über mein geballtes Wissen über Pasta auf, welches ich im Taxi zum Flughafen Rom-Fiumicino erwarb. Erstaunte Ahs und Ohs. Ein Kollege schreibt mit. Das ist kein Witz,

14:30 Uhr Ab zur Kita. Blöderweise entschied ich mich heute für die neuen Turnschuhe. Glück im Unglück habe ich noch Blasenpflaster in den Rucksack geworfen, bevor ich heute morgen das Haus verließ. Meine Fersen brauchen alle beide. Autsch!

14:45 Uhr Es gibt einen neuen Erzieher in Signorinos Kita. Er wirkt sehr nett. Ansonsten das Übliche. Wir gehen nach Hause und ich merke, wie toll Signorino schon sprechen kann. „Andiamo S-Bahn.“, sagt er zu mir und er hat recht. Wir gehen tatsächlich zur S-Bahn.

15:30 Uhr Endlich daheim. Ich tische den Nachmittagssnack auf. Dann rufe ich Turtle an. Während wir telefonieren, rollen auf der gegenüberliegenden Allee 4(!) große Feuerwehrautos und ein Krankenwagen an. In Windeseile werden Schläuche ausgerollt, die Liege des Krankenwages steht bereit, 5 Feuerwehrmänner stehen mit Rauchschutzhauben und vollständiger Montur bereit, die anderen wuseln durch die Gegend und rufen Kommandos. Ich drücke mir die Nase an der Fensterscheibe platt. Mein Gott, manchmal bin ich echt so ein Gaffer. Nach fünf Minuten werden die Schläuche wieder eingerollt, die Transportliege zum Krankenwagen zurückgeschoben. Die Feuerwehrmänner schälen sich aus ihrer Montur. Ein Glück war es vermutlich nur ein Fehlalarm.

18:00 Uhr In einer Stunde kommt der Mann heim. Ich überlege, was das Kind essen möchte. Es gestaltet sich schwierig, weil alles (außer Süßkram) NEIN! Ist.

19:00 Uhr Mann ist da. Die Kartoffeln habe ich bereits in den Ofen geschoben. Der Römer kocht Kabeljau dazu. Das Kind hat in der Zwischenzeit drei Butterbrote verdrückt. Während wir essen, will Signorino kneten und animiert uns mit immer neuen Knetvorschlägen dazu, mitzukneten. „Jetzt Schildkröte! Jetzt Elefant! Jetzt Schuhe! Jetzt S-Bahn!“. Der Römer knetet nach dem Abendessen alles, was Signorino angibt. Sagen wir so: Das Kind ist mit jeglichen Gebilden zufrieden, Hauptsache der Titel stimmt.

Kneten – ein Riesenspaß für Signorino

20:00 Uhr Heute ist der 32. Geburtstag meines besten Freundes. Ich rufe ihn in Schweden an, wo er beruflich ist. Wir tauschen uns aus und Signorino quakt immer wieder ins Telefon. Es gestaltet sich schwierig. Am Ende muss der Römer den Nachwuchs abtransportieren. Als ich auflege, höre ich Tigergeräusche vom Römer aus dem Wohnzimmer. Dazu lautes Kichern von Signorino.

22 Uhr Das Kind kämpft noch immer mit dem Schlaf und will und will nicht einschlafen. Dank des Mittagsschlafes in der Kita kommt das Kind hier oft nicht vor 23 Uhr zur Ruhe. Juhu! Der Römer ist bei ihm und übernimmt den letzten Teil der Einschlafbegleitung, bei der die Hände des Kindes rastlos durch die Gegend flattern, während es versucht, den Kampf gegen den Schlaf zu gewinnen.

Let‘s call it a day.

WMDEDGT – August 22

Der Monatsfünfte und Frau Brüllen fragt mal wieder, mit was man seine Zeit verbringt. WMDEDGT nennt sie das und hier sieht das so aus:

03:00 Uhr „Oh Gott, meine neue Leinenbluse!“, schrecke ich aus meinem Halbschlaf aus Fresskoma und Erschöpfung hoch. Es stürmt in Frankfurt und in Gedanken sehe ich meine neue Oberbekleidung schon zusammengekrümmt als nasses, trauriges Etwas in irgendeiner Straßenecke liegen. Ich tapse im Dunkeln durch den Gang, durchquere das Wohnzimmer und finde sie am Balkonstuhl hängend. Rasch pflücke ich sie vom Stuhl, lege sie auf die Couch und trinke ein Glas Wasser, um dann wieder ins Bett zu huschen. Der Römer fragt im Dunkeln, was los sei. „Ich habe gerade meine Bluse…“, doch da schnarcht er schon wieder.

07:30 Uhr Ich stehe auf und bin vom gestrigen Geburtstagsessen noch so voll gefressen, dass ich nur Tee und Kaffee trinke. Dann dusche ich mich fix ab, wecke das Kind, bügle meine heute Nacht vom Balkon gepflückte Leinenbluse, wecke das Kind wieder, befülle die Wasserflasche mit frischem Wasser, tische das Frühstück auf und wecke das Kind nochmal. Irgendwann steht er auf. Er isst und trinkt sehr müde, ich mache mich fertig. Danach ziehe ich Signorino an. Er will nicht in die Kita. Ich schlage ihm vor, dass er das rote Zoo-Auto mitnehmen dsrf. Der Vorschlag kommt an! Leider finde ich das Auto nicht. So brüllt das Kind und ich suche panisch und wenig konstruktiv, während die Zeit uns gleichzeitig hämisch im Nacken sitzt. Irgendwann finde ich es – in der Mitte des Wohnzimmers auf dem Teppich. Wir können los. Auf dem Weg zum Auto umgehen wir viele Pfützen bis Signorino doch noch einen Moment findet, in dem er reinspringen kann. Ich habe eine blütenweiße Hose an und versuche diese mit Feuchttüchern im Auto zu reinigen. Für mehr ist keine Zeit. Es tröpfelt. Wir fahren los. Kaum aus der Ausfahrt raus, schüttet es in Strömen. Fußgänger:innen und Rad:fahrer halten sich schützend Jacken, Zeitschriften und Ordner über den Kopf. An einen Regenschirm denkt in diesem saharaheißen Sommer offensichtlich niemand.

09:15 Uhr Angekommen an der Kita, ruft das Kind herzzerreißend und Rotz und Wasser heulend „Mama! Mama!“. Es will auf meinen Arm. Seine Erzieherin steht auf und wir lösen ihn von meinem Bein. Ich fühle mich (mal wieder) wie die schlechteste Mutter der Welt. Im Auto angekommen, atme ich zwei, drei Mal durch und fahre nach Hause.

10:50 Uhr Ich gehe zur S-Bahn. Irgendetwas Oberleitungsmäßiges müsse zwar repariert werden, verrät mir die App, aber ich versuche mein Glück. Es beginnt zu tröpfeln. Folgerichtig habe ich natürlich keinen Schirm mitgenommen. Anscheinend bin ich ein Typus Mensch, der aus vorher getätigten Beobachtungen zwar urteilt („Jetzt haben die alle keinen Schirm dabei, obwohl die Wetter-App doch sagte, dass es regnen wird!“) , aber keine logischen Schlüsse für sich daraus zieht („Heute sollte ich auf alle Fälle einen Schirm mitnehmen.“). Nun denn, wie gut, dass ich eine weiße Hose anhabe. Das macht die Geschichte gleich doppelt spannend. Vielleicht verzichtet der Hausarzt, zu dem ich gleich will, darauf, dass ich mich ausziehen muss. Durch die durchsichtig gewordene Hose sieht er eh gleich alles.

11:50 Uhr Wenn Sie mit einem dringenden Anliegen zum Hautarzt wollen, müssen Sie früh aufstehen. Vor 9 Uhr werden die unangemeldeten Fälle abgearbeitet. Auch wenn Sie „ja eigentlich gar net komme wollde“ und dann doch noch um 11:50 Uhr auftauchen. Man schiebt Sie „ausnahmsweise“ ein, aber auch nur, weil bald Wochenende ist. Sie sehen, im halb offenen Wartebereich erfährt man so einiges Nützliches.

12:40 Uhr Beim Arzt war alles in Ordnung. Ich buche gleich noch den Termin für‘s Hautkrebsscreening (im Februar dann…) und gehe in den japanischen Laden nebenan. Signorino und ich schmissen jeweils einen Creme-Pumpspender herunter und nun verweigern die Spender ihre Pumpleistung. Also habe ich zwei neue, leere Pumpspender gekauft und pumpe nun um.

13:00-14:40 Uhr Wieder daheim. Ich gönne mir Zeit für mich und lese Blogs. Dann rufe ich den Einen an und wir quatschen über den gestrigen, zusammen verbrachten Abend. Zeitgleich ruft der Römer an. Er würde mich gerne an der Kita treffen. Ich willige ein. Erst im Auto frage ich mich, warum er das Kind nicht alleine abholen kann. Aber nun sitze ich schon im Gefährt. Der Römer winkt mir zu, wir gehen in die Kita und holen das verwirrte Kind ab: „Mamaaa! Papaaaa! Maaapa!“

15:00 Uhr Wieder zu Hause. Der Mann hat eingekauft. Bucatini („Conosci bucatini?“ Kennst du Bucatini?), italienische Kekse, Bresaola (ähnlich Bündnerfleisch), noch mehr italienische Kekse, irgendwelche italienischen Cracker. Ich habe den leisen Eindruck, ihm fehlt Italien? 🤔

16:00 Uhr Die Gallensteine des Mannes sind zurückgekehrt. Er jammert so vor sich hin, will aber nicht zum Arzt, dann doch, dann ist er zu müde für einen zweiten Bluttest, heute ist’s wieder extra schlimm. Ins Krankenhaus will er dann doch nicht und am besten soll das Problem sich in Luft auflösen. Aber wie damals bei der Gallenblase, löst sie sich leider nicht auf, sondern musste heraus operiert werden. Er baut erstmal Zug mit dem Kind und jammert, und fühlt sich schlapp und hat Krämpfe…. Wie kann man nur so stur sein? Die einzige Lösung liegt doch auf der Hand 🏥? Lieber jetzt als im Urlaub, fernab der Zivilisation und damit fernab von Krankenhäusern .

17 Uhr Nächster Halt: Drogeriemarkt. Der Mann deckt sich mit Gallenstein-Hausmitteln ein: Apfelessig, Kurkuma, Löwenzahntee, usw.. Das Kind macht gut mit beim Einkaufen. Daheim kriegt er dennoch einen Anfall, dass er zum Spielplatz wollte und will. Also gehen wir zum Spielplatz. Ich bestelle noch rasch Pizza vor, denn unsere Lieblingspizzeria machte eine dreiwöchige (!) Pause und heute ist sie wieder da.

Sieht nach (zugegeben sehr dreckigem) Strand aus. Ist aber ein Spielplatz. Aber meine weiße Hose ist noch weiß. Das ist doch auch etwas.

18:40 Uhr Vom Spielplatz zurück warten wir auf die Pizza. Das Kind kann nicht mehr warten und isst ein Marmeladenbrötchen als Vorspeise.

19:30 Uhr Die Nachbarn von oben bohren. Das Kind hat neuerdings Angst vor Bohrgeräuschen und so hängt ein ängstliches Kind auf mir wie ein Koala an einem Ast. Ich frage mich, wann deren Bohrprojekt beendet ist. Seit Tagen geht das schon so. Aber vielleicht bauen sie ab… und nicht auf. Das wäre mir sehr lieb.

20:45 Uhr Meine Schwiegermutter wünscht mit ihrem Enkelkind zu reden. Da weder Enkelkind, noch Schwiegermutter über ein Handy verfügen, ruft der Römer seinen Bruder an, der das Videotelefonat an seine Mutter weiterreicht. Nur Signorino guckt lieber „Tan“. Dann bequemt sich das Kind, drei Sekunden ins Telefon zu starren, nur um dann wieder „Tan“ zu gucken.

23:00 Uhr Das Kind schläft endlich. Let‘s call it a day!

Gleich geht’s weiter

WMDEDGT – Juli 22

Der Monatsfünfte und Frau Brüllen fragt mal wieder, mit was man seine Zeit (oder Ferien) verbringt. WMDEDGT nennt sie das und hier sieht das so aus:

Ein absolut ereignisloser Tag – und los geht’s um…

07:30 Uhr Jetzt aber wirklich! Ich stehe auf. Heute ist mein Homeoffice-Tag, also brauche ich mich nicht übermäßig beeilen. Der Arbeitsweg fällt ja weg. Die erste Besprechung ist um 10 Uhr.

08:10 Uhr Der Römer weckt das Kind. Ich verstecke* mich, wie immer, im Schlafzimmer und fange an zu arbeiten. Mein Postfach ist semi-voll, eine wichtige Broschüre wurde mir zugeschickt, jedoch finde ich die Antwort meiner Frage nicht darin. Tja, nun.

*Wenn ich mich nicht verstecke, gibt es so lange Drama bis ich das Kind höchstpersönlich in die Kita bringen darf, weil das Kind Papa nicht mehr als Kita-Bring-Person akzeptieren möchte. Dann brauche ich aber kein Homeoffice machen, weil ich dann schon in der Innenstadt bin…

08:50 Uhr „Ciiiiao! Noi andiamo! [Tschühüüss! Wir gehen!]“, ruft der Römer Richtung Schlafzimmer. Dann gehen sie tatsächlich. Seltsamerweise fragt sich das Kind nie, warum Papa sich bei der Schlafzimmer-Tür verabschiedet, wenn er geht. Vermutlich verbucht Signorino diese Angewohnheit seines Papas unter „Jeder hat so seinen Tick. Lass den Alten sich mal bei der Türe verabschieden, wenn ihn das glücklich macht.“.

Bis 14:00 Uhr Verschiedene Meetings, Jour Fixe, dazwischen Recherche, Tabellen ausfüllen, englische Info-Texte fabrizieren, für was man eben so bezahlt wird. Dazwischen zwei Onigiris (danke an unseren heimlichen Foodblogger Valentin fürs Lust darauf machen in den letzten Wochen).

14:10 Uhr Ich starte den Motor und düse zur Kita. Es ist so wenig in der Stadt los, dass ich mich beim Auto fahren gar nicht aufregen muss. Ob schon alle im Urlaub sind? Selbst Radfahrer:innen mit klobigen Fahrradanhängern sind kaum vertreten. Es sind doch noch gar keine Ferien in Hessen?

14:45 Uhr Ich hole Signorino ab. Er isst einen Honigmelonenschnitz. Seine Erzieherin erzählt mir, dass er einen tollen Tag hatte. Klar, heute standen Wasserspiele auf dem Kita-Plan. Das ist Signorinos liebstes Element.

15:30 Uhr Der Römer ruft an. Das Kind will lieber Zeichentrick-Serie gucken und begrüßt Papa mit einem halbherzigen „Hallo Papa!“. Ich unterhalte mich mit dem Römer und find’s schön, ihn zu sehen. Dann muss der Römer weiterarbeiten. „Ciao Papa!“, wünscht das Kind und ist froh, dass er wieder in Ruhe seine Serie gucken kann.

16:00 Uhr Wir bauen Pizza aus Legosteinen. Ich weiß nicht, wie dieses Spiel aufkam, aber wir bauen seit gestern Lego-Pizza am laufenden Band. Fließband-Arbeit sozusagen. Ich finde die generelle Idee einer Pizza so inspirierend, dass wie just zwei Pizzen vorbestellen. Ich nehme „il solito“, also wie immer. Der Römer äußert sich nicht welche er wünscht, also nimmt er auch „il solito“. Turtle ruft mit einer interessanten Frage an: „Wie sagt man nochmal ‚einfach‘ auf Bayerisch?“ Wir reden so selten bayerisch, da ist das eine durchaus berichtigte Frage. Ich schreibe unserer Mutter, ob man tatsächlich „oafach“ für „einfach“ sagt. Es hört sich sehr falsch an… Wenn Sie die Lösung wissen, gerne auf ober- oder niederbayerisch, zögern Sie nicht und teilen Sie diese gerne mit uns.

18:40 Uhr Die Pizza verspätet sich. Dann gehe ich eben nochmal auf den Balkon. Signorino kommt mit. Er erklärt mir, welche Pflanzen wir auf dem Balkon haben. Laut Signorino haben wir sieben Erdbeer-Pflanzen, die aber in der Realität Tomaten sind. Dazu kommt noch die Gurke, die in Wahrheit ein Feigenbaum ist, und die andere Gurke, die ein Granatapfel-Gewächs ist. Und dann sind da noch die echten Gurken, die für Signorino aber „Blumen“ sind. Thymian und Rosmarin laufen unter dem Namen „Grün“ und damit ist der Balkon-Anbau auch vollständig erklärt. Das Gießen mit Kind ist wie immer ein Disaster: Die Pflanzen haben wenig Wasser abbekommen, aber das Kind ist nun gut gegossen und sehr fröhlich.

Viele Erdbeeren, Gurken und Grün.

19:30 Uhr Der Römer ist da, kurz danach kommt die Pizza an. Signorino freut sich und läuft „Pizza! Pizza!“ schreiend durchs Wohnzimmer. Dann verdrückt er zwei Stück Pizza, steht auf und baut sich mal wieder eine Lego-Pizza nach seinen Wünschen zusammen. Der Römer erzählt mir so dies und das. Unter anderem wie viel ein Patient für den Urlaub ausgibt und dass seine Kolleg*innen nicht wissen, was ein Goniometer ist. Ich habe auch keine Ahnung, bin aber auch nicht in dem Beruf tätig. Immerhin erweitere ich mein Wissen und weiß nun, dass das Gerät irgendwelche Winkel messen kann. Was es nicht alles gibt!

23:10 Uhr Das Kind schläft seit 10(!) Minuten und das nach einem Marathon des Zubettgehens. Etwas lustiges ist noch passiert. Nachdem das Kind nur Quatsch im Bett machte und den Römer und mich unterhielt, psch-te ich ihn an und sagte “SCHLAF JETZT, SIGNORINO!!!”. Er drehte sich darauf zum Römer und sprach “SCHLAF JETZT, PAPA!”. Und das tun wir jetzt auch. Let’s call it a day.

WMDEDGT – Juni 22

WMDEDGT – Juni 22

Der Monatsfünfte und Frau Brüllen fragt mal wieder, mit was man seine Zeit verbringt. WMDEDGT nennt sie das und hier sieht das so aus:

09:00 Uhr Ich werde von den Kirchenglocken geweckt und drehe mich nochmal um. Keine Ahnung wie viel Uhr es ist. Das rekonstruiere ich erst um…

…09:20 Uhr als ich höre wie sich die Türe zum Wohnzimmer öffnet. Signorino ist auf den Beinen. Ich wecke den Mann, er soll mal gucken gehen. Im Wohnzimmer steht ein ziemlich müder Signorino und dreht sich mit halb geschlossenen Augen umher. Der Römer nimmt ihn und trägt ihn in unser Bett. Man muss es ja nicht gleich übertreiben und aus den Betten springen. Wir kuscheln ausgiebig. Irgendwann steht der Mann auf und macht uns Frühstück.

10:00 Uhr Es sieht bei uns aus wie der Frankfurter Ostpark nach einem langen Grill-Wochenende, also räumen wir auf, schmeißen die Waschmaschine an, die Spülmaschine ebenso, dann saugen wir Staub, aber der Staubsauger macht schlapp und möchte erst geladen werden. Der Römer nimmt dies zum Anlass, seinen Körper zu stählen (die Strandsaison steht vor der Tür!) und macht Liegestützen. Signorino wirft sich auf seinen Rücken, was den Trainingseffekt mindestens verdreifacht.

12:00 Uhr Heute ist Pinsatag. Wir bestellen bei unserer liebsten Pinseria und ich entscheide mich für Lachs, Spinat und Käse. Mario Monti nennt der Römer diese Pinsa und lacht über seinen eigenen Witz laut und schallend. Eigentlich heißt die Pinsa Mare e Monti, Meer und Berge und nicht wie ein italienischer Politiker. Der Römer bestellt eine Pizza mit viel Gemüse (die Strandsaison!) und Signorino bekommt eine Margherita. Wir warten auf den Lieferdienst. Er kommt früher als geplant. Essen, Espresso und für mich ab in die Dusche, da ich immer noch im Hausanzug bin.

14:00 Uhr In den Wald oder nicht? Das Kind ist müde und quengelig. Wir entscheiden uns dagegen, da er auf der Rückfahrt sicher einschlafen würde und wir auf einen frühen Feierabend hoffen. Der Römer wegen seines Doktorat-Projekts und ich, weil ich am Mittwoch zur Prüfung antreten will. Wir gehen Richtung Stammspielplatz, biegen aber kurz vorher ab, da der kleine Spielplatz komplett leer gefegt ist. Viel Rutschen, Wippen, Feuerwehrauto fahren und Tauben jagen steht auf dem Programm.

Signorino fährt das Feuerwehrauto wie ein Profi.

15:00 Uhr Ich entdecke den Römer auf dem Südbalkon. Er guckt sich meine Pflanzen an, die er meist als „belle ma inutili“, schön aber unnütz, bezeichnet. Dazu tröpfelt ein leichter Sommerregen vom grauen Himmel herunter. Es ist eine wahre Freude hier draußen zu sein. Ich setze mich neben ihn. Kurz mal durchatmen und ins Grüne gucken.

7 Tomaten und eine Chilli stehen auf dieser Seite des Balkons. Gurken, der Feigenbaum und der Granatapfelbaum stehen auf der anderen Seite.

17:00 Uhr Eine kleine Eispause. Ich verabschiede mich zum Lernen und bleibe doch bei WordPress hängen. Nur kurz lesen, nur kurz liken, alleine beim Kommentieren – Sie merken es selber – hinke ich hinterher. Die Privatspielplätze hinter unserem Haus sind gut besucht. Ich hole mir die Kopfhörer aus dem Wohnzimmer und stelle „White Noise – 3 hours“ ein. Dann quäle ich mich durch die 64 Karteikarten, die ich auswendig lernen muss und die bis Mittwoch sitzen müssen.

19:00 Uhr Es gibt heute sehr früh Essen. Der Römer hat genauso gekocht wie dieser Tag war: Völlig schnörkellos, aber sehr angenehm. Es gibt grünen Spargel, Spiegelei und eine Scheibe Brot. Das Kind will nur Butter(brot), was sich darin zeigt, dass es die Butter ableckt und wenig Brot ist. Danach isst er einen Joghurt. Alle satt, alle glücklich und für einen Bewohner heißt es: Schlafanzug an. Der Römer telefoniert derweil nach Albanien. Wir dürfen auch in die Kamera winken.

21:00 Uhr Das Kind ist im Bett, der Pflaumenkuchen im Backofen, ich widme mich meinen Karteikarten und dann heißt es: Let’s call it a day! Heute war seit langem ein sehr, sehr entspannter Tag.

WMDEDGT – Mai 2022

Der Monatsfünfte und Frau Brüllen vergisst erstmal fragt mal wieder, mit was man seine Zeit verbringt. WMDEDGT nennt sie das und hier sieht das so aus:

07:20 Uhr Ich darf heute meinen gestrigen, verpassten Arbeitstag nachholen. Da die Kita wie jede Woche (in der kein Feiertag ist) gestreikt hat, freue ich mich darauf, in Präsenz zu arbeiten, da zwei Kolleginnen meine Anwesenheit vor Ort benötigen. Es regnet, ich muss einen 2jährigen zur S-Bahn schleppen, Sie können sich meine Stimmung vorstellen.

07:40 Uhr Kurzer Knatsch zwischen dem Römer und mir, da er sein Vorfahrtsrecht im Bad als gottgegeben betrachtet. Da ich gerade dabei bin Tabula rasa zu machen, sage ich ihm auch gleich, dass er mir donnerstags nie hilft, das Kind kitafein zu machen.

08;00 Uhr Mein Vortrag hat sofort gewirkt. Er weckt das Kind. Das dauert ein bisschen. Mit Blick auf die Uhr übernehme ich schlussendlich. Er fängt vor mir an zu arbeiten. Das Kind steht auf, geht in die Küche, ruft “Kissen! Kissen!”, geht aus der Küche und legt sich schnurstracks wieder zurück ins Bett – auf sein Kissen. So ein Tag ist das also. Ich persönlich finde die Idee genial und würde auch gerne “Kissen! Kissen!” machen, aber irgendjemand muss die verlorenen Stunden durch den Kita-Streik wieder reinarbeiten. Letztendlich schlage ich vor, dass er Peppa Wutz gucken kann, während er frühstückt. Es scheint zu wirken. Da das Kind beschäftigt wirkt, lege ich mein Büro-Make-Up auf. Diesmal sogar mir rotem Lippenstift. Wir haben heute Kundenbesuch und ich möchte nicht, dass sie immer meine Turnschuhe mustern. Deswegen lenke ich den Blick geschickt auf meine tiefroten Lippen. Für diese und weitere geniale Beauty-Tipps zögern Sie nicht, mir zu folgen. 😉

08:40 Uhr Das Kind ist frisch bezogen. Obwohl, so ganz wahr ist das nicht. Es hat noch sein Pyjama-Oberteil an, dass ich raffiniert mit einer Zip-Jacke kombiniert habe. Wir können los. Freude!

09:25 Uhr Die Erzieherinnen von Signorinos Gruppe sind nicht da. D.h. er hat irgendeine Vertretung. Fröhlich geht er ins Gruppenzimmer, nur um zu merken, dass seine Bezugspersonen fehlen. Tränen! Mit schlechtem Gewissen muss ich ihn dennoch dort lassen, da ich arbeiten muss. Das ewige Zermürbnis von Eltern eben. Ich hetze zur Arbeit.

09:40 -14:20 Uhr Ich bin in der Arbeit. Vorbereitung Kundentermin. Mehrere Anrufe. Organsieren, koordinieren, an den Chef delegieren, das Übliche eben. Dazwischen eine zehnminütige Mittagspause mit den Kolleg*innen.

14:20 Uhr Der Laptop ist in meinem Rucksack. Ich wünsche dem Kollegen ein schönes Wochenende. Er guckt irritiert. Ich hetze durchs Treppenhaus nach unten. Im zweiten Stock steht ein Konsulatsmitarbeiter (oder der Konsul himself?!) und übergibt etwas Kleines an einem Herrn im Trainingsanzug. Der Konsul guckt irritiert als er mich sieht. Ich auch, aber nur weil der Herr im Trainingsanzug dem Konsul des Konsulats einen Liter Sonnenblumenöl mitgebracht hat. Anscheinend wird das Öl nun offiziell als Währung in verschiedenen Ländern akzeptiert. Und wir Volltrottel horten nur Olivenöl im großen Stil…. So ist das eben, wenn man auf das falsche Öl setzt. Nach dieser irritierenden Szene geht’s zur Kita und ich sammle das Kind ein. “Heute hat er nicht geschlafen.”, flötet die Erzieherin. Ich grinse unter der Maske, denn das heißt früher Feierabend als Eltern. Am Dienstag hat er zwei Stunden geschlafen und das bedeutete: Um 23 Uhr schlief er endlich ein. Wir gehen zur Straßenbahn.

Hätten wir nur auf das richtige Öl gesetzt.

14:40 Uhr Die Straßenbahn hat eine neue Route. Bumsfallera, wir bekommen die ganz große Frankfurt-Tour über Sachsenhausen. Ein Rentner-Ehepaar steigt ein. Sie foppen sich gegenseitig. Immerhin haben sie sich noch etwas zu sagen. Nach 25 Minuten zahle ich den Preis für Signorinos ausgefallenes Mittagsschläfchen. Er schläft in der Tram ein. Ich trage das schlaffe Kind nach Hause. Mir fällt dabei beinahe der Arm ab. Einige Frankfurter Fußball-Fans kommen mir entgegen. Anscheinend geht es heute um etwas. Ich muss mal den Mann fragen. Der wird das wissen.

18:00 Uhr Der Römer kommt heim, snackt Signorinos Schüssel mit Blaubeeren weg und gibt dann an, Hunger zu haben. Bevor er sich seine kleine Wohlfühl-Platte aus lauwarmen Brot, Tomaten und einer feinen Auswahl an verschiedenen Käsesorten zubereitet, teile ich ihm mit, dass wir nachher “aber schon noch” (O-Ton) essen und dieses Nachher hoffentlich bald ist. Am Ende isst er ein Stück Brot mit einer kleinen Käseauswahl. Signorino schreit aus dem Kinderzimmer nach uns. Ich bleibe wie festgetackert sitzen, da ich heute genau 10 Minuten Mittagspause hatte und nur gerannt bin. Der Mann scrollt seelenruhig durch sein Handy. Ich räuspere mich. Signorino fordert Hilfe beim Lego-Aufzug ein. Der Mann, immer noch tiefentspannt, ignoriert uns. “Maaaaamaaaa! Aufzug!!!”, wird nun eindeutig aus dem Kinderzimmer gebrüllt. “Signorino meint dich.”, säusle ich. Der Mann guckt auf, seufzt, geht ins Kinderzimmer. Bei aller Liebe, aber ab und an darf sich der Gatte auch erheben.

20:00 Uhr Das Kind liegt im Bett. Hallelujah! Wie immer durfte ich ihn bringen, weil er mit mir in wenigen Minuten einschläft. Mit seinem Vater will er lieber „T(r)eppen“ aus Lego bauen. Der Mann ist so fertig vom „Nicht-ins-Bett-bringen“, dass er erstmal ein Eis braucht. Ich setze mich hin und fange an, meine Karteikarten fürs Studium zu lernen.

Let‘s call it a day!

WMDEDGT – März 2022

Es ist der 5. und die arme Frau Brüllen, die einen Skiunfall hatte (Gute Besserung!!), fragt wie immer: “Was machst du eigentlich den ganzen Tag?” oder, etwas kürzer:WMDEDGT.

gegen 02 Uhr: Signorino schreit. Ich höre ihn und stelle mich tot. Der Römer wacht wenige Augenblicke nach mir auf und sprintet zu Signorino. Wie eine schnurrige Katze strecke ich mich in unserem Bett aus und döse wieder ein.

08:30 Uhr Der Römer kam nicht wieder. Signorino ist wach und kommt in mein (höhö! so fühlte es sich an) Schlafzimmer. Wir kuscheln, dann will er „Schokoku(chen)“. Leider haben wir keinen. Dafür Schnecken (Huhu! Valentin! 😄 Da musste ich an dich denken). Signorino hüpft aus dem Bett. Er isst wenig Apfel-Schnecke, will dann Joghurt, dann lieber doch nicht, dann will er Brot mit Marmelade. Dann doch nicht mehr. Dadurch, dass das Kind aber momentan so wenig isst, sind wir froh, wenn er irgendetwas isst. Am Ende verspeist er das Franzbrötchen des Römers und der Römer isst den Rest vom Joghurt, den Rest der Schnecke und den Rest des Marmeladenbrötchens. Ich esse nur Schnecke.

09:30 Uhr Wir ziehen uns an. Der Römer beschwert sich, dass ich immer seine Pullis anziehe. Meine sind alle in der Wäsche, außerdem hat er mir seinen grauen Pulli geschenkt. Ich erinnere ihn daran, dass ich sogar eine Katze darauf genäht habe, weil er so unansehnlich war. Ruhig erkläre ich, dass er de facto oftmals meinen Pulli trägt und nicht andersherum. Er gibt auf.

Fröhlicher Katzenaufnäher auf dem Pulli.

10:30 Uhr Endlich ist alles für den Waldspaziergang gepackt. Man möchte meinen, wir fahren in den Urlaub. Heute fühle ich mich danach, etwas neues auszuprobieren. Also fahren wir zur Oberschweinstiege. Dort liegen Baumstämme herum, die das Kind beklettern will. Der Römer hilft. Aber sehen Sie selbst in der Galerie! Das Kind geht heute sehr viel und will partout nicht getragen werden (Juhu!). Am Ende helfen noch zwei Bestechungsquetschies um am Auto anzukommen. Der Römer ist etwas genervt, weil das Kind am Ende im großen Stil ausflippt und er gleichzeitig hungrig ist, was der Gatte aber nicht einsehen möchte. Ich biete dem römischen Ehemann einen Schokoriegel aus meinem Süßigkeitenfach in der Mittelkonsole an und fahre uns nach Hause. Mit zunehmendem Blutzuckerspiegel hört der Gatte auf zu schmollen.

13:30 Uhr Wir sind daheim. Ich beschließe, dass heute Sandwich-Tag ist und grille Auberginen und Paprika im Ofen. Dann vermische ich diese Kreation mit Schafskäse und toaste Bauernbrot. Tada! Essen ist fertig. Das Kind will nur „Bot mit Butti“, Brot mit Butter. Danach vertilgt er eine Banane. Wir beschließen, dass das Kind heute auch ohne Mittagsschlaf durchhalten kann. Nach einer Stunde legt sich der Römer geschafft in Signorinos Bett. Es kann wohl nicht jedes Familienmitglied ohne Mittagsschlaf durchhalten. 😉

15:30 Uhr Wir reden über unseren Urlaub Ende März. Der Römer möchte nach Albanien. Ich gebe ehrlich zu, dass ich momentan so ausgebrannt bin, dass ich mir das nur ungern antun würde. Erholung ist das keineswegs. Ganz im Gegenteil! Wir haben schon eine Beschwerdeliste von Verwandten, die das Kind IMMER NOCH NICHT gesehen haben. Und er ist schließlich schon 2 Jahre alt!!! Dass dazwischen Corona war und wir nicht vier Mal im Jahr nach Albanien reisen konnten, fehlt anscheinend in der Erinnerung der Verwandtschaft. Ich schlage dem Römer vor, dass ich ihm ein Formular ausstelle und beglaubigen lasse, dass er alleine mit Signorino ins EU-Ausland reisen darf. Er winkt ab. So dringend sei es nicht, dass er nach Albanien müsse. Außerdem sei es abends ganz furchtbar kalt. Nicht, dass das Kind sich erkältet. 😄 Ob wir denn stattdessen nach Dubai könnten? „Klar!“, sage ich und frage nach dem Reisebudget. Der Römer überlegt kurz. „800 Euro.“, gibt er schließlich sein Budget preis. „Vielleicht eher Dietzenbach statt Dubai? Aber auch nur, wenn wir daheim schlafen?“, ziehe ich ihn auf. Er versucht‘s mit Südspanien. Wir gucken mal, ob und wenn ja, wohin wir fahren.

17:00 Uhr Nachdem der Römer seit Wochen erwähnt, dass er heute aber ganz unbedingt das Auto innen putzen will, erinnere ich ihn daran, dass er auch heute ganz unbedingt das Auto innen putzen wollte. Er murmelt unverständliches. Ich bringe ihm den Staubsauger. Wir gehen in den Keller, um den neuen Kindersitz zu holen. Dort finden wir auch ein Laufrad, leider unaufgepumpt. Die Ballpumpe hilft auch nicht weiter. Wir nehmen den Auto-Aufzug und ich bekommen nur ein ganz klein bisschen Panik als er laut kracht. Dennoch: Wir kommen oben heil an. Dann putzen wir das Auto, während Signorino auf dem Parkplatz hin- und herläuft. Das Auto ist in einem desaströsen Zustand. 30 Minuten später, Signorinos neuer Kindersitz wurde gerade installiert, ist das Auto sauber. Das Kind, das zu Testzwecken in den neuen Kindersitz gesetzt wurde, weigert sich vehement auszusteigen. Also bringt der Römer den Kindersitz in den Keller und ich warte mit Signorino im Auto. Der Gatte kommt zurück, wir fahren los. Bei den Spritpreisen ist eine Spritztour in der Stadt ziemlich dämlich. Wir düsen ins Westend, dann wieder zurück. Ein Transporter steht in unserer Einfahrt, also fahren wir noch eine kleine Runde. Unglücklicherweise schläft das Kind ein. Nach 15 Minuten sind wir wieder daheim. Das Kind betrachtet es als Affront, ihn aus dem Schlaf gerissen zu haben. Die Laune ist katastrophal, aber noch katastrophaler wäre es, das Kind nicht zu wecken und bis weit nach Mitternacht zu bespaßen. So ist er hoffentlich nur bis 22 Uhr wach.

19:00 Uhr Der Mann macht Pesto. Da das Kind momentan ein schwieriger Esser ist, hoffen wir, damit punkten zu können. Es klappt. Gnocchi mit Pesto werden vom kleinsten Farniente verschlungen. Ich habe heute den festen Plan, dass das Kind vom Mann ins Bett gebracht wird, nachdem ich das seit Wochen und Monaten mache. „Volentieri. [Gerne.]“, sagt der Mann und wir wissen beide, dass das auch heute wieder nichts wird.

21:30 Uhr Das Kind scheint ausreichend müde zu sein. Ich verstecke mich im Bad. Der Mann putzt mit dem Nachwuchs Zähne. Dann legen sie sich ins Bett. Und natürlich flippt der Kleine komplett aus. Komplett. Ich wiederhole im Geiste, dass er auch ohne mich auskommt, zumindest ein „Ins-Bett-bringen“ in drei Monaten. Er lässt sich nicht beruhigen. Ich gehe genervt in sein Zimmer und bringe ihn ins Bett.

Let‘s call it a day!