Es ist der 5. und Frau Brüllen fragt, was wir denn den Tag über gemacht haben. Sie nennt das WMDEDGT. Na, dann wollen wir mal gucken:
07:30 Uhr Signorino ist wach. Wir versuchen nochmal einzuschlafen, aber der Zug ist abgefahren. Im Wohnzimmer erwartet der Römer uns bereits mit Frühstück. Mittelschnelle Katzenwäsche und ab in den Kindergarten.
09:00 Uhr Ich räume die Spülmaschine aus und wieder ein, stelle eine Waschmaschine an und setze mich um
09:45 Uhr an den Rechner. Am Donnerstag und Freitag ist Bahnstreik, dessen Auswirkungen auch die Mitarbeiter:innen meines anderen Arbeitgebers betreffen. Ich filtere in der Suchmaske des Reisetools, wer davon betroffen ist und gebe hier und da Hilfestellungen. Dadurch, dass ich zusätzlich letzte Woche krank war, wird mir heute definitiv nicht langweilig in der Arbeit.
Um 12:15 Uhr mache ich eine Mittagspause und bin um
12:45 Uhr wieder zurück am Homeoffice-Platz. Die Wege sind kurz in so einer Frankfurter Stadtwohnung für Normalsterbliche. Das hat auch große Vorteile. Weniger Fläche zu putzen und kurze Wege.
13:00 Uhr Es geht in den Jour Fixe, der heute erstaunlich lange dauert. Fix ist an diesem Jour Fix(e) gar nichts. Ich schweife gedanklich etwas ab und beantworte E-Mails. Das geht solange gut bis ich etwas gefragt werde. Peinlich berührt muss ich nochmal nachfragen, wie die Frage lautete. Das Meeting geht bis
14:20 Uhr. Ich spurte zum Kindergarten mit Schirm und Regenjacke des Kindes bewaffnet. Die Kindergartenkinder sind alle an der Wand sitzend in der Bau-Ecke aufgereiht. Vor jedem Kind ein Rucksack. Das Warum erschließt sich mir nicht. Aber das muss es auch nicht.
14:30 Uhr Signorino und ich gehen zum Supermarkt. Das Kind muss hoch und heilig versprechen, dass es keine Dramen geben wird und auch keinen Kaufrausch. Am Pfefferminz-Eis-Regal gibt es kurze Diskussionen. Es wäre so schön grün. „Aber das schmeckt nicht gut. Keiner von uns wird das essen.“ Es geht hin und her. Schliesslich schaffen wir es nur mit Äpfeln, Aufbackbrezen und Pfeffer aus dem Supermarkt. Beim Ü-Ei an der Kasse gebe ich schließlich kontrolliert nach. Dann rollern wir nach Hause. Das Kind hat Hunger und so machen wir erstmal Brotzeit. Dann lesen wir Signorinos Lieblingsbuch, dass er von Tante Turtle bekommen hat. Signorino ist so ein großer Meerestier-Fan und so lernen wir viel über Muränen, Erdbeerkalmare und Vampir-Tintenfische. Seit Signorino 3,5 Jahre alt ist, lerne ich Gebiete kennen, in denen ich mich als ungebildet bezeichnen würde. Dank Signorino kann ich – ohne nachzudenken – 10 Dinosaurier aufzählen und kenne allerlei Meeresgetier. Kinder bilden!
15:00 Uhr Ich will eine kurze Kaffeepause einlegen, aber der Kaffeesatzbehälter ist voll. Also reinige ich ihn und probiere gleich etwas neues aus, das ich in den sozialen Netzwerken gesehen habe: Man soll ein wenig Küchenpapier in den Auffangbehälter legen, dann würde nichts mehr ankleben. Also bastel ich ein kleines Nest und falte es dort hinein. Vermutlich ist es Quatsch, aber ich wollte es ausprobieren. Sobald ich den Auffangbehälter eingesetzt habe, leuchtet das Bohnen-Fenster auf. Also fülle ich Bohnen auf und mache mir eine gedankliche Notiz, dass wir Bohnen brauchen.
16:00 Uhr Ich mache den Haushalt und falte Wäsche. Die blaue Kinderhose präsentiert sich mir mit einem Loch am Knie. Also sucht sich Signorino einen Planeten-Flicken aus. „Die Erde, Mama! Die Erde! Aber es ist keine momale Erde. Es ist die Dinosaurier-Erde.“ Also bügle ich den Dinosaurier-Erdflicken auf die Hose und nähe ihn danach noch fest. Das Kind ist glücklich und wir brauchen vorerst keine neue Hose kaufen.
17:40 Uhr Ich überlege mir, was wir heute Abend essen möchten. Am liebsten wäre mir pasta e fagioli, ein Nudel-Bohnen-Eintopf. Seeehr lecker, aber leider kriegt ihn nur der Römer so gut hin. Blöderweise kommt der erst um 19 Uhr heim. Also überlege ich weiter.
18:30 Uhr Der Römer ist etwas früher als sonst daheim und zum Glück hab ich noch nicht angefangen zu kochen. 😉 Faulheit zahlt sich gerne mal aus. Und so gibt es pasta e fagioli. Während dem Kochen erzählt mir der Römer von einer Frankfurter Freundin, Albanerin, deren Mutter im Heimatland im Sterben liegt, aber sie will partout nicht hinfahren und die Mutter in diesem Zustand sehen. Ich kann das nachvollziehen, aber ich kann ihr Brief und Siegel geben, dass das, was man nicht getan hat, heftiger an einem nagt, als den Anblick des sich auflösenden Elternteils. Wir diskutieren etwas über den Fall. Als 93jährige Mutter, die im Sterben liegt, würde ich diese Erde nicht verlassen, nicht ehe mein Kind sich auf die Socken gemacht hat, um mich nochmal zu sehen. Aber ich verstehe den Schmerz dieser Freundin. Erwachsenwerden ist ein schmerzhafter und grausamer Prozess, besonders wenn man bemerkt, dass Eltern nicht ewig leben.
19:50 Uhr Das Kind, das schon längst fertig war mit essen, bemängelt, dass sein Teller leer ist. Papa hat nach seiner pasta e fagioli Portion den Rest aufgegessen, aber „ich habe noch etwas Hunger“. Natürlich! Also gibt‘s eine Scheibe Brot und Butter. Signorino stellt sich einen Schokoriegel vor. Diskussionen. Das Tagesendziel („Ins Bett bringen“) ist zum Greifen nahe. Ich atme sehr tief ein und aus.
21:30 Uhr Wunderbar! Das Kind schläft – der Mann auch. Wobei, die richtige Version ist: Das Kind brachte den Mann ins Bett, der zuerst einschlief. Danach legte sich das Kind schlafen. Wie dem auch sei, ich hole mir einen Schokoladen-Lolli in Hasenform aus der Küche und stöbere etwas durchs Internet.
Let‘s call it a day und gute Nacht!
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