Geburtstage in Rom

Während Sie diese Zeilen lesen, überlege ich fieberhaft wie das alles weitergehen soll mit dem kaputten Auto* und dem Kita-Express auf die andere Seite der Stadt. Sobald ich näheres weiß, erzähle ich es Ihnen.

Doch von vorne:

Schön war unser Jahresurlaub, aber leider viel zu kurz. Als die Entspannung einsetzte, war der Urlaub schon wieder vorbei.

Doch beschweren möchte ich mich nicht. Ganz im Gegenteil. Die Erinnerungen tragen mich hoffentlich noch eine Weile durch die regnerisch-kalte Zeit. Im besten Fall reichen sie sogar aus, um den grauen November zu überstehen.

Und wie das bei guten Bekannten (wie wir es sind) so ist, zeige ich Ihnen all meine Urlaubsaufnahmen nach erfolgreich abgeschlossenen Urlaub. Keine Sorge, Sie müssen weder scheininteressiert nicken, noch lächeln, noch ein herzhaftes Gähnen tarnen. Alles kann, nichts muss.

Hier parkt ein Graffiti-bemalter Straßenputzwagen. Doch er stand nicht alleine herum. Seine Freunde standen brav aufgereiht hinter ihm. Doch er war der schillernde Paradiesvogel unter den Putzwagen.

Der Aufstieg zum Gianicolo war gut, wenn man danach zehn bis 15 Minuten Zeit hat, hechelnd und gierig Luft einzusaugen. Der Aufstieg kann in zwei Varianten gestaltet werden: Der schnelle Weg mit den vielen Stufen, der leider für Kinderwagen ungeeignet ist. Und die langgezogene Variante mit dem Gehsteig, der als durchaus herausfordernd mit Kinderwagen zu bezeichnen ist. Am Gianicolo erwartet Sie die spanische Botschaft, was vermutlich recht gut die Freundschaft zwischen Spanien und Italien beschreibt. So eine Aussicht gönnt man nur seinen engsten Freunden.

Da ist sie: Die Fontana dell’Acqua Paola – der Traum jedes römischen Brautpaares. Wenn Sie hier kein Brautpaar in freier Laufbahn sehen, na, dann weiß ich auch nicht.

Natürlich ist Gianicolo nicht nur für die Fontana, an der im Sommer fantastische Konzerte zum Besten gegeben werden, bekannt. Vielmehr begeistert die Aussicht auf der anderen Seite. Die ganze Stadt erstreckt sich lasziv vor den touristischen und nicht touristischen Augen. Und ja, auch nach etlichen Malen hier oben, ist es immer noch berauschend. Nur der Römer ist nach 20 Jahren in der ewigen Stadt ein wenig abgestumpft und will weiter.

Roma o Morte. Rom oder der Tod. Na, da fällt die Wahl doch einfach, oder?

Das da oben ist das garibaldinische Mausoleum. Die Tourismusseite von Rom schreibt dazu:

Das garibaldinische Mausoleum und Beinhaus befindet sich auf dem Hügel Gianicolo in einer Ortschaft namens Colle del Pino, wo zwischen dem 30. April und den ersten Tagen des Juli 1849 die letzte Verteidigung der römischen Republik unter der Führung von Giuseppe Garibaldi stattfand, die am 9. Februar desselben Jahres verkündigt wurde. (Quelle: Turismoroma.it)” In dem Mausoleum befinden sich noch heute sterbliche Überreste der Gefallenen in den Schlachten um die Hauptstadt Rom im 19. Jahrhundert.

Dazwischen genießen wir die Aussicht, denn wir setzen unseren Aufstieg fort.

Nach dieser kulturellen und historischen Untermalung geht der Aufstieg weiter. Mein Sauerstoffzelt ist geschnürt. Der Rucksack hängt wie Blei an meinen Schultern. Kurzum: Es kann also weitergehen. Die nächste, etwas höhere Aussichtsterrasse wartet. Es ist Sonntag, beinahe 12 Uhr, die Sonne scheint, alle sind auf den Beinen und ja, das sieht man auch. Gespannt warten alle auf’s 12 Uhr-Läuten, möchte man meinen. Aber mitnichten. Man wartet auf den lauten Knall! Die Kanonen des Gianicolo böllern pünktlich um 12 Uhr. Was für ein Spektakel!

Doch nicht für uns. Wir fahren weiter und navigieren hin und her, um einen halbwegs tauglichen Kinderwagenweg zu finden. Das ist mehr als herausfordernd!

Hier standen wir einige Zeit!

An diesem Punkt spielte Signorino Steinchen auf die Bank werfen, die er danach genauestens untersuchte. Der Römer kletterte derweil auf die Mauer, balancierte darauf herum und suchte den perfekten Foto-Spot. Ich sah ihn bereits abstürzen und überlegte wie nochmal die Nummer für den Notfall in Italien ging (118, falls Sie sich das ebenso fragen) oder ob ich gleich “Aiuto! Aiuto! Hilfe! Hilfe!” schreien soll. Doch er überlebte und meine Nerven beruhigten sich langsam wieder. Solange bis Signorino anfing die “Kiesel” in den Mund zu stecken. Einzig stellten sich die Kiesel als Zigarettenstümmel heraus. “Ausspucken! Sofort ausspucken!”, wies ich harsch an. Das Kind war angesichts meiner doch sehr strikten Reaktion so verwundert, dass der Mund geschlossen blieb. Der Römer drückte kurzerhand die Signorino’schen Backen zusammen und heraus kam der angelutschte Zigarettenstümmel. Mit den beiden männlichen Farnientes hat man wirklich viel Spiel, Spaß und Abenteuer!

Endlich angekommen! Die Villa Doria Pamphili.

Endlich angekommen. Wir pflegen das ungeschriebene Elterngesetz, dass der Römer den Kinderwagen bei Berganfahrten übernehmen darf. Ich bin auf Flachland und Bergabfahrten spezialisiert. In diesem Fall durfte der Römer nach oben schieben, bevor wir den Nachwuchs frei laufen ließen. Hier war kein Verkehr. Nur ein paar vereinzelte Radfahrer, also Bahn frei für Signorino. Er flitzte wie verrückt die Anhöhe nach oben.

Dort befand sich der kopflose Reiter. Natürlich war er kein Reiter. Kopflos war der Gute aber allemal.

Wir schlenderten weiter. Also, einer rannte, die andere schlenderte. Dann wechselten wir durch. Das Kind sauste über Stock und Stein ohne zu fallen. Und das, wo mir seine Erzieherin erst letzte Woche erklärte, dass Signorino motorisch und lauftechnisch noch nicht auf dem altersgerechten Stand sei (Ja, so hab’ ich auch geguckt 🙄). In Rom hatte er keinerlei Probleme. Ganz im Gegenteil. Vielleicht lag es auch am Wetter? Wer läuft schon gerne altersgerecht bei 3 Grad und Nieselregen durch die Gegend? 😉

Die Villa Doria Pamphili bei herrlichem Sonnenschein.

An der Villa Doria Pamphili passierte es dann: Signorino fand einen Stock, der in etwa so groß war wie er und vermutlich genau so schwer. Aber Kinder und Ameisen können das Vierzigfache ihres eigenen Körpergewichts tragen und deswegen musste der Stock mit. Die Parkbesucher freute es: “Guarda questo bambino! [Schau dir das Kind an!] Hihi der Stock ist so groß wie er.” Als Helikopter-Mutter findet man es eher weniger “Hihi”, dafür mehr “Hui! Aufpassen! Vorsichtig! Nicht so schnell mit dem Stock. Signorino, du spießt dich auf!” Vor meinem inneren Auge sind wir bereits unterwegs zum Kinderkrankenhaus Bambino Gesù, aber es geht nochmal alles gut und ich entspanne mich langsam.

Ein harmloser Brunnen, werden Sie denken. Doch er führte eine Wende herbei.

Doch bereits am Brunnen geschah es: Der Stock (oder Ast?) wurde uninteressant. Signorino fand den Brunnen viel anziehender. Kurzerhand pfefferte unser Nachwuchs den Ast vor die mehr schlecht als recht abgesperrte Bank (links im Bild), nahm sich ein leichteres Astmodell (lang und schlank) und stocherte damit im Wasser herum. Das war sehr nett zu beobachten bis er herausfand, dass man durch den sehr ästhetischen Zaun durchschlüpfen konnte. Bevor Signorino unfreiwillig baden ging (Anmerkung der Redaktion: freiwillig geht das Kind eh nie baden ), zogen wir ihn unter lautem Protest weg. Der Römer versuchte die mögliche Gefahr noch zu erklären, aber Signorino fand alles doof und hatte für lange, italienische Erklärungen keinen Nerv. Nur am Brunnen spielen schien das einzig Wahre in diesem Moment zu sein.

Doch wir Rabeneltern zogen ihn weiter. Ein Baum entledigte sich derweil seiner orangen, walnussgroßen Früchte. Die Früchte beschlossen, dass ein Gärprozess eine willkommene Abwechslung wäre und es stank erbärmlich. Wenn Sie in Ihrer Jugend in einer Disko waren und am Ende, kurz bevor Sie mit den anderen, verlorenen Seelen aus dem Etablissement herausgekehrt wurden, noch über der Theke hingen, dann wissen Sie wie es in dieser Ecke des Parkes roch.

Signorino wurde derweil in den Kinderwagen verfrachtet. Wir beschlossen, dass dieser Ausflug sehr schön war, aber eine Mittagspause mir Pizza wäre tatsächlich noch erstrebenswerter.

Noch einmal der Villa Pamphili winken

Wieder vorbei an der Villa Pamphili grüßten wir die kopflose Frau, um schlussendlich wieder abzusteigen Richtung Trastevere und Massimos Pizzeria.

Kopflos aber mit eigenem Whirlpool. Man muss Prioritäten setzen.
Sehen Sie denn Mann zwischen dem silbernen und dem weißen Auto?

Dieser Mann auf dem Bild war ziemlich genervt, dass die dummen Touris (=wir) seufzend und Fotos machend den Gehsteig blockierten, während der Ärmste vermutlich nur nach Hause watscheln wollte. Es ist nicht einfach an dieser fantastischen Straße zu wohnen, wenn der atemberaubende Ausblick den Touris (und ehemaligen Einheimischen) den Verstand raubt und dem Anwohner den Gehsteig versperrt. Vermutlich hat er über die Jahre sein murmelndes Gefluche perfektioniert.

Nicht so oft aufs Handy starren

Wieder “unten” in Trastevere angekommen, lernten wir anhand einer Zeichnung noch fix, dass man nicht so oft aufs Handy starren sollte, denn es hält dich wie einen Stacheldraht fest. Und ja, das leuchtete mir ein.

In diesem Sinne: Schön war’s! Auf bald im nächsten Jahr.

*Während wir im Urlaub waren, verbrachte die Familienkutsche einen Aufenthalt in der Werkstatt. Ein einfacher Service sollte von Nöten sein und am Montag, nach dem Rückflug würde ich die Kutsche abholen. Dachte ich. Tim dachte anders, denn Tim ist der Mechanikermeister mit dem ich zwischen Piazza Navona und Campo de’ Fiori diverse Male telefonierte. So oft, bis der Römer genervt bemerkte “Ancora questo Tim! (Schon wieder dieser Tim)”. Tim teilte mir mit, dass das Problemchen an der hinteren Achse ein ausgewachsenes Problem war, sie Ersatzteile aus der Zentrale anfordern müssten und am Ende stellte er mir die Frage aller Fragen: “Wann brauchen Sie das Auto denn wieder?” Meine Antwort “So schnell wie möglich.” quittierte er mit einem langgezogenen Okay und wünschte mir danach noch einen sehr schönen Urlaub. Na ja, dachte ich, so schön ein Urlaub eben werden kann, wenn man am Bahnhof Roma Termini versuchen muss, seine linke Niere zu verkaufen, um die Werkstatt Rechnung zu begleichen. 😄