Der Eine hat einen neuen Partner. Seit seiner komplizierten und kostenintensiven Trennung vor vier Jahren, habe ich besonders ihm einen neuen, passenden Partner gewünscht.
[Der Einfachheit halber heißt der neue Partner vom Einen einfach nur der Partner]
Im Dezember schien es so, als wäre er nach besagten vier Jahren fündig geworden. Er lernte jemanden kennen, der seit dem ersten Tag bei ihm wohnte. Aus einer Übernachtung wurden zwei, dann drei, dann vier… Selbst als der Eine auf Geschäftsreise war, blieb sein Partner in seiner Wohnung, obwohl er nur zwei Kilometer entfernt wohnte. Ich wurde gebeten, meinen Zweitschlüssel abzugeben, damit der Partner ihn haben konnte. Mir kam es nur seltsam vor, dass der Partner ab dem ersten Tag bei ihm zu wohnen scheinte. Mehr Zweifel hatte ich allerdings nicht. Die einen beginnen ihre Beziehung eben stürmisch, die anderen lassen es langsam angehen.
Im Juni, nach einem Streit, packte der Partner seine Koffer (mittlerweile hatte er fünf [!!] Koffer bei dem Einen) und verschwand in seine Wohnung. „Ich brauche Zeit für mich.“ gab er an. So plötzlich wie er selbstbestimmt eingezogen war, so plötzlich zog er aus.
Schon am Anfang kristallisierten sich viele Probleme bei ihm heraus: abgebrochene und wieder aufgenommene Psychotherapien, Drogen und Alkoholprobleme. Gleichzeitig war er beruflich äußerst erfolgreich und gefragt, hatte seine Finanzen im Griff und wirkte, von Außen betrachtet, sehr aufgeräumt.
Der Eine stellte nach und nach jedem seiner Freunde den Partner vor. Sein bester Freund (neben mir), obwohl sehr harmoniebedürftig und angenehm, stritt sich mit dem Partner. Ich fand es komisch, dachte mir aber nichts weiter dabei. Auch die harmonischte Person trifft vielleicht irgendwann mal auf jemanden, den er/sie nicht mag. Weitere Freunde lernten den Partner kennen. Ich hielt mich in der Zwischenzeit hinsichtlich eines Termins für das Kennenlernen sehr zurück, empfing den Einen trotzdem weiterhin bei mir zu Hause, wenn er seine Ruhe wollte. In seiner Wohnung konnte er damals vor dem abprupten Auszug des Partners nicht ungestört sein. Nachdem er sich regelmäßig über den Partner ausließ (keine drei Monate zusammenlebend und -liebend), fragte ich ihn ganz direkt: „Denkst du denn, das hat Zukunft?“ Er druckste herum, wollte sich aber auch nicht gegen den Partner entscheiden. Er ist eine treue Person und gibt ungern Sachen auf.
Irgendwann wollte ich diesen ominösen Partner kennenlernen, nachdem ihn schon alle anderen Freunde vom Einen kennengelernt hatten. Es war ein netter Abend, wir aßen auswärts, der Partner wirkte wie ein ernsthafter, junger Mann. Als ich danach noch einen kleinen Spaziergang vorschlug, druckste er herum und ich baute ihm eine Brücke: „Ich verstehe es total, wenn du müde bist. Du kommst ja gerade von der Arbeit.“
Dankend nahm er die „Hilfe“ zur Ausrede an und ich ging mit dem Einen allein spazieren. Nach 30 Minuten kam eine Nachricht bei dem Einen an: „Wann kommst du endlich nach Hause?!“ war darauf zu lesen – geschrieben natürlich von dem Partner. Ich machte mir meine Gedanken, behielt sie aber für mich. Nach weiteren 15 Minuten kam eine weitere Nachricht: „Ich will heute feiern gehen. Looos!“ stand auf dem Display des Einen. So müde war er also doch nicht. Der Eine fragte, ob es okay sei, wenn er nun langsam zum Partner zurückkehre und ich bejahte die Frage.
Am selben Abend gab es noch einen Streit, dass er so lange Zeit mit mir (45 Minuten) verbracht hatte. Am nächsten Tag wollte der Partner wieder seine Ruhe und zog sich zurück. Feiern ging man an diesem Abend übrigens auch nicht, weil es keine geeigneten Partys gab.
Gestern sollte ich den Hausschlüssel vom Einen zurückbekommen, da die beiden ein paar Tage in den Urlaub fahren und ich Blumen gießen sollte. Da wir beste Freunde sind, komme ich nicht nur schnell vorbei um den Schlüssel abzuholen, sondern bringe meist noch -je nach Tageszeit- Brötchen für ein spätes Frühstück mit. So auch gestern.
Während wir aßen und plauderten, guckte der Eine immer wieder entnervt auf sein Handy und tippte hektisch darauf herum. Ich wusste, dass der Partner gleich vorbeikommen sollte, sodass die beiden dann zwei Stunden später in den Urlaub konnten. Nach einer Weile fragte ich ihn, was los sei und er hielt mir sein Handy entgegen. Es wäre besser gewesen, es nicht zu lesen. Der Eine erzählte, dass ich hier sei und wir noch einen Kaffee zusammen trinken. Daraufhin kam: „Oh ok.“ vom Partner zurück.
„Ist etwas nicht in Ordnung?“ fragte der Eine.
„Ach nichts. Ich hab nur keine Lust heute mit Leuten abzuhängen. (wie er es ausdrückte) Wenn ich ankomme, sage ich kurz <<Hallo>> und verziehe mich dann ins Schlafzimmer bis sie weg ist.“
Ich las den Text und musste schlucken. „Bin ich denn so schrecklich?“ fragte ich den Einen bedrückt. „Nein, ganz im Gegenteil.“ erwiderte er. (Ich war sichtlich erleichtert) „Es ist nur so, wenn du den Partner nicht tagelang vorher vorbereitest, dass da noch jemand anderes ist, kann er auf diese -für ihn- spontanen Besuche nicht richtig reagieren.“ Aha. Ich sehe mich als durchaus empathischen Menschen und machte das, was ich in der Situation für richtig hielt. Ich sagte dem Einen, dass ich dann lieber gehen würde, nachdem ich den Partner begrüßt hatte. So muss er sich nicht im Schlafzimmer verstecken. Drei Minuten später klingelte es, ich sagte <<Hallo>> und <<Tschüss>> und war weg. Der Eine bedauerte es und sagte: „Du musst doch noch nicht gehen.“ Aber ich wollte auch nicht, dass die den Urlaub streitend beginnen.
Sein Freundeskreis (inklusive mir) sieht, dass er nicht besonders glücklich ist in dieser Partnerschaft. Der Eine sieht auch, dass er nicht glücklich ist, aber das Leid ist noch nicht groß genug als dass er es beenden möchte.
Wir schauen mal, wo das alles hinführt.
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