Der
Römer ist gestresst. Das liegt daran, dass der Römer nächste Woche seine
Deutschprüfung schreibt. Zwei Jahre haben wir nun auf den Moment hingearbeitet
und nun ist der Tag also gekommen. Er wird sprachlich flügge sozusagen.
Als
Muttersprachler hörte ich immer wieder wie schwierig Deutsch wohl sein mag,
aber dass es so kompliziert ist, wollte ich nicht glauben. Am Anfang hielt ich
noch locker mit: Adjektiv? Klar kenn ich das. Possesivpronomen? Facile.
[Einfach] Trennbare Verben? Mein Spezialgebiet.
Doch
nach und nach, je höher der Römer den europäischen Referenzrahmen hinaufstieg,
desto mehr kam ich außer Puste. Plötzlich fragte er nach Temporal und Kausal
Konnektoren. Er löcherte mich, warum ich in diesem oder jenem Satz ein
Plusquamperfekt benutzte, wo doch ein Perfekt gereicht hätte. Er analysierte
jeden Satz und fragte, warum ich „Das könnt‘ ich schon machen…“
sage, obwohl „Das könnte ich schon machen…“ korrekter wäre.
Verbesserte
er mich im Italienischen, nahm ich das gerne an. Aber das kam so selten vor,
weil er mich irgendwie immer verstand. Auch wenn es ein grober Verstoß gegen
die italienische Grammatik war, war er meist zu faul mich in seiner
Muttersprache zu verbessern.
Aber
in meiner Muttersprache blühte er auf wie ich es vorher noch nie an ihm gesehen
habe: Er war nicht nur die Grammatikpolizei, auch Wortschatz und Aussprache
fielen in seine eigens gegebene Zuständigkeit. Mit der Neugier eines Kinder
fragte er mich, warum man „Das Nudelwasser abgießen“ sagt, wo gießen
doch eher eine Tätigkeit ist, die er mit Pflanzen in Verbindung bringt. Er
fragte mich, warum ich Chemie (mit K ausgesprochen) sage und nicht, wie
eigentlich korrekt CHemie (mit CH).
Jede
bayerische Eigenheit, die ich mir über die Jahre behielt oder die mir mit der
Zeit im Exil hier in Mitteldeutschland nicht mehr auffiel, mäkelte er an. Der
Tisch wird bei ihm nicht zamgwischt, weil dieses Wort für ihn gar keinen Sinn ergibt. Der Tisch wird
gesäubert – mit einem Lappen. Es wird auch keine Brezn beim Bäcker bestellt,
sondern eine Brezl. Darauf legt er penibel wert, denn er möchte es ja korrekt lernen. Da darf
ich mir keinen Fehler erlauben.
So
kämpfen wir uns also Tag für Tag durch den Tag. Ich, die jegliche
Grammatikregeln, die er penibel in seinem Kopf sortiert hat, ab und zu missachte
und es wage ein Plusquamperfekt zu benutzen, wo es doch gar keinen Sinn ergibt
und er, der er wie ein Kriminalkommissar jedes Verbrechen meinerseits gegen die
deutsche Sprache verfolgt und mich sofort zur Strecke bringt.
Aber
eines hab ich ihm voraus: Ich kenne alle Artikel und nutze sie in jedem der
vier Fälle selbstsicher und bestimmt. Außer vielleicht morgens, wenn ich mir mit dem Butter eine Semmel schmiere und dabei vergesse,
den Radio anzumachen… da nicht..
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