Ein ganz normaler Donnerstag

Ein ganz normaler Donnerstag

Das Auto ist in der Werkstatt zum Service. Bereits um 07:30 Uhr erreicht mich eine SMS der Werkstatt mit einem verlinkten Video. Mir erscheint es seltsam und ich lasse online erst den Link überprüfen, ob es nicht doch eine Phishing Nachricht ist. Ist es nicht und so klicke ich selbstbewusst auf den Link. Mein Auto steht in der Werkstatt und wird gefilmt. Die Tonspur, gesprochen von Chefmechaniker Sven Schmitz, verrät mir, dass die Reifen, die Bremsen, die Scheibenwischer und was nicht alles in Topform sind. Dann nähert sich die Kamera zu dem Übergang zwischen Frontscheibe und Motorhaube. “Hier hat sich Laub gesammelt. Ganz normal für die Jahreszeit! Nur müssen wir das jetzt entfernen. Wie Sie sehen, steht das Wasser hier bis oben. Nicht, dass das noch in den Innenraum läuft. Wir putzen Ihnen das und stechen den Ablauf nochmal frei. Ich denke, wir werden heute Nachmittag damit fertig. Gesamtkostenpunkt: eine halbe Frankfurter Wohnungsmiete.”

Puh! Teures Laub.

Ich bringe das Kind in die Kita und fahre weiter zu meinem ärztlichen Service-Termin. An der Anmeldung flüstert eine junge Frau sehr laut und trotz angemessenem Diskretionsabstand, dass sie bitte auch auf Chlamydien getestet werden müsste. Eine ältere Frau, die auch an der Anmeldung wartet, mustert die junge Frau sehr interessiert. „Lieber lässt sie sich früher als später testen.“, denke ich.

Bei meiner Routineuntersuchung (ohne Extrawünsche) ist alles in Ordnung, alles unauffällig. „Hier bitte, die jährliche Überweisung ins Brustzentrum.“, spricht Frau Dr. Dingens. „Tschüss, bis in einem halben Jahr!“

Danach traf ich meinen guten Freund, den Anderen, in einem Frankfurter Café. Es hat relativ neu aufgemacht und ich las davon in einer Zeitung. Sehr nettes Personal, total voll, die Speisen, Getränke und das Interior sind sehr für das sozialmedial-affine Publikum gemacht. Ich komme mir ziemlich alt und ziemlich unhip vor, aber mir schmeckt‘s trotzdem und mir gefallen die Gespräche mit dem Anderen. Mehr erwarte ich nicht von meinem Café-Besuch. Wir treffen uns so selten, was primär an mir und meinem straffen Zeitplan liegt, dass es eine willkommene Abwechslung ist, ihn live und in Farbe zu sehen. Während wir dort sitzen, ruft mich Chefmechaniker Sven Schmitz an. Das Auto ist fertig und darf noch einmal durch die Waschanlage. Ich bedanke mich (und fahre auf dem Rückweg vielleicht beim Hauptbahnhof vorbei, um meine linke Niere zu verkaufen).

Der Andere will noch in die Innenstadt, da er etwas bestellt hat. Ich komme mit und kaufe Hausschuhe. Der Mann klaut grundsätzlich meine Hausschuhe und langsam wird es mir zu kühl an den Füßen. Ich kaufe furchtbar kitschige Hundehausschuhe, auf dass er sie nicht klauen möchte. Obwohl, aktuell trägt er mit Vorliebe auch meine mintgrünen Hausschuhe mit den auffälligen Sternen. Das scheint ihn nicht zu schrecken.

Danach sammle ich Signorino von der Kita ein. Er spielt mit seinem italienischen Freund L. und seinem deutschen Freund H.. Sie bauen zu dritt und äußerst vergnügt einen Turm und ich frage mich, warum ich ihn immer so früh abhole. Nächste Woche frage ich nach einer späteren Abholzeit.

Daheim angekommen wasche ich Wäsche, da ich übers Wochenende alleine nach München fahren werde. Gleichzeitig hoffe ich darauf, meine Hausarbeit im Zug fertigstellen zu können, denn ich würde gerne mit dem nächsten Thema „PR Interview“ weitermachen. Ja, das ist wirklich ein Thema. Soviel zum Medienkodex des Netzwerks Recherche: Journalist:innen machen keine PR. Angehende Journalist:innen anscheinend schon – im Studium. 😉

Haben Sie einen entspannten Abend und halten Sie die Ohren steif!

Die Gastronomie ist nicht für jedermann

Was würde man wohl eher bevorzugen, wenn man keine andere Wahl hätte? Ein Café mit schlechtem Service, aber guten Produkten oder ein Café mit gutem Service, aber schlechten Produkten?

Es gibt ein Café in unserer Stadt, das tolle, qualitativ hochwertige Produkte hat. Ich lernte es vor drei Jahren kennen und lieben. Der Service war flott, freundlich und charmant. Jede Woche ging ich gerne hin und freute mich auf „mein Café“. Denn irgendwann wird aus einem Café das eigene Wohnzimmer, in dem man sich wohl und – soweit würde ich gehen – geborgen fühlt.

Doch irgendwann verschlechterte sich der Service. Nicht nur ein bisschen, sondern eklatant. Ständig gab es neue Servicekräfte und ständig schien einer lustloser als der andere. Es schien als würden sie einem einen Gefallen tun, wenn sie einen halbherzig bedienten.

Da ich das Café nicht aufgeben will, weil ich wirklich, wirklich überzeugt war, gehe ich alle 4-5 Monate hin und versuche auf’s Neue mein Glück.

Was soll ich sagen? Es war wie immer. Schlechter, lustloser Service. Gute Produkte. Der Andere, der mich begleitete, raunte mir zu: „Ich ahne schon wieder wo das hinführt.“ als wir nicht zurück gegrüßt worden sind beim Reinkommen. Wir wurden ignoriert. Frei übersetzt heißt das: „Sie sind nicht willkommen hier.“

Vielleicht schulde ich euch/Ihnen eine kurze Erklärung. Der Andere und ich lernten uns in der Luftfahrtbranche kennen, in der wir immer noch tätig sind. Der Andere, ein Service Genie, ging bald darauf auf eigenen Wunsch in die erste Klasse und lieferte einen tollen Service ab. Er war flink, charmant, las jeden Wunsch von den Augen ab und lies jeden Gast spüren, dass er mehr als willkommen ist. Das selbe tat er sowohl in der Geschäftsklasse als auch in der Touristenklasse. Man sah eindeutig auf welcher Seite des Flugzeuges er arbeitete und auf welcher die mürrische Kollegin arbeitete.

Ich bin keine geborene Servicekraft, wandte aber die Regeln an, die ich selber in einem Restaurant für richtig und wichtig erachte. Dazu gehört: Ich möchte mich willkommen fühlen und zwar von Anfang bis Ende. Meine Fragen sollten höflich und kompetent aufgenommen und beantwortet werden. Leere Teller, vor denen ich mehr als fünf Minuten sitzen muss, machen mich nicht glücklich. Ich möchte kein leeres Glas haben: Entweder es wird abgeräumt, weil ich keinen Durst mehr habe oder es wird mir aufgefüllt. Es ist gar kein Problem, wenn etwas nicht vorrätig ist oder daneben geht. Darüber kann man hinweg sehen, wenn man charmant und freundlich bedient wurde und wird.

Es ist auch nicht jeder für den Service geboren. Ich würde durchaus behaupten, dass es eine Kunst ist. Das merkt man auch, wenn man in der Schweiz ist. Das kleine Nachbarland ist uns Lichtjahre voraus, wenn es um exzellenten Service geht. Nie war ein Service charmanter, diskreter, weder aufdringlich, noch nachlässig. Man kannte seine Produkte, man begleitete das Essen mit allergrößtem Engagement und Motivation. Man fühlte sich willkommen – vom ersten Moment der Erscheinens bis zum letzten Moment des Verabschiedens. Man war in erster Linie Gast und in zweiter Linie zahlender Kunde.

Selbst wenn das Produkt an einem Tag nicht optimal ist, kann man darüber hinwegsehen. Man merkt es an, es wird höflich entgegen genommen und versucht, das Problem zu beheben und dem Gast einen schönen Abend zu bereiten. Denn der Gast wird sich an das Beschwerdemanagement weitaus besser erinnern als an die versalzene Suppe. Und so gewinnt man Stammkunden. Warum sollte ich an einem Ort mein Geld lassen, an dem ich nicht willkommen bin?

Ein herzlicher (und nicht halbherziger) Service zeichnet wahre Gastfreundschaft aus. Und darum geht’s doch bei jedem Job: Mit Herzblut dabei zu sein. Auch bei einem Studentenjob. Denn es gibt sicher noch unzählige, andere Ideen wie man Geld verdienen kann. Es muss nicht immer der Job im Café oder im Restaurant sein.

Ramen Nudelsuppe in Nagano, Japan. Der Service war – wie in Japan üblich – erstklassig.