Sommerferien mit Kindern: Wenn die Arbeit plötzlich Erholung ist

Die hessischen Sommerferien haben angefangen. Dieses Jahr betreffen uns „nur“ drei von sechs Wochen, in denen der Kindergarten geschlossen ist.

„Sind wir einfach nur furchtbar blöd oder unglaublich schlau, dass wir nicht wegfahren, sondern arbeiten und Kinder bespaßen?“, frage ich den Römer. „Die Wahrheit wird irgendwo dazwischen liegen.“, antwortet er müde.

Er hat die ersten beiden Ferientage mit beiden Kindern gewonnen.

Am vergangenen Montag war mein letzter Termin bei der Rückbildungsgymnastik. Am Nachmittag frischte ich meine Reiseimpfungen auf und am Dienstag durfte ich arbeiten.

Ich schreibe bewusst „durfte“: Es fühlte sich sehr entspannt an. Eine Stunde lang guckte ich die Aufzeichnung des Comany Jour Fix an und hatte die müden Beine auf dem Schreibtisch gelagert, während ich im Hintergrund das Chaos der drei Herren hörte. Zum Glück nicht mein Chaos, denn ich arbeitete ja.

Einer schrie eigentlich immer. Der Römer seufzte viel, er diskutierte viel, er versuchte den übergroßen Drogeriekarton zu entsorgen, aber Signorino musste noch etwas daraus basteln.

„Wer den wegschmeißt, muss irre sein!“ Signorino, 5 Jahre alt

Bianco war weitestgehend gut gelaunt. Es glich dennoch einem durchgehenden Tauziehen an den Nerven des Römers. Zwei Kinder gegen einen Vater. Irgendwie fies.

Ich hingegen kümmerte mich in aller Ruhe um meine Arbeit: Ich tippte, ich telefonierte, ich recherchierte und klärte ab. Ein Mal guckte ich zwei Minuten den sich sanft wiegenden Baumwipfeln zu. Schön, dieses satte Grün. Es bildete einen tollen Kontrast zum Himmel, der an diesem Tag sehr wechselhaft war: Mal grau, mal blau.

Es war ein überaus meditativer Moment, wie ich da am Fenster stand: Kaffeetasse in der Hand, mal eben das Gehirn stretchen, damit es gleich wieder weiterarbeiten konnte.

Beim Römer wurden nur die Nerven gestrecht. Er kochte mit Baby auf dem Arm. Signorino nahm währenddessen das Kinderzimmer auseinander. Der Erstgeborene bastelte, schnitt, klebte, malte und verstreute alles in der Wohnung.

Das Kinderzimmer ist dank Ergotherapie mittlerweile mehr Atelier als Kinderzimmer.

Mama durfte eine Guppy S von den Oktonauten basteln

Durchgehend findet seine Fantasie Ausdruck in seinen Bastel- und Malarbeiten. Und wo gebastelt wird, sieht‘s aus wie Sau. Zumindest bei Signorino: Papierschnipsel überall. Farbe, Kleber, offene Stifte, Kartons – reihenweise Kartons.

Mittags, nach einem Teammeeting, bekam ich dann einen Teller Pasta vom Römer, eilig hingestellt. Böse Zungen würden „hingeklatscht“ sagen. Das Baby wollte bereits während seines Kochvorgangs schlafen und war nörgelig. Mein Mann bat mich darum, es ihm kurz abzunehmen. Er müsse mal ganz kurz auf Toilette. Den ganzen Vormittag hatte er keine Zeit dafür.

Und wissen Sie was? Die Aufgabenverteilung tut uns gut!

Dieses „hinter die Kulissen gucken“ des Römers – das ist eine tolle Erfahrung für uns.

Für mich, weil sich meine Arbeit wie eine Oase der Ruhe anfühlt.

Für ihn, weil er merkt, dass die eigentliche Arbeit das mit den Kindern ist. Langsam versteht er meinen erhöhten Cortisolspiegel der letzten Jahren.

Ob er sich auf die Arbeit freue, fragte ich ihn am Abend des zweiten Schließtages der Kita. „Aber wie!“, kam wie aus der Pistole geschossen, während er überfahren auf der Couch lag. „Il lavoro sembra una passeggiata. Die Arbeit scheint ein Spaziergang zu sein.“, setzt er mit müden Blick nach. „Ma qui, c‘è la guerra. Aber hier ist Krieg.“, ergänzt er noch.

Dann steht er auf und verabschiedet sich ins Bett.

Ich bleibe noch ein bisschen sitzen. Alleine.

Genug Energie habe ich ja.

Und morgen bin ich dran mit Kinder hüten.

Auf in den Kampf!

Fragen Sie nicht, wie viele Nerven der „Rohbau“ gekostet hat. Mittlerweile ist das Ding bekleistert und wir warten auf die Farbe, um es zu bemalen.

Tägliche Einblicke gibt es auch bei Instagram, wer bei der Entstehung der Guppy S zugucken will und möchte.

22 Kommentare

  1. Oh ja, ich genieße es auch zu arbeiten, ganz in Ruhe am Schreibtisch mit einem Kaffee.

    Ich beneide Dich darum, dass dein Mann es durchzieht auch mal das volle Programm zu übernehmen. Da kann ich machen was ich will, da ist meiner meilenweit von entfernt. Aber so hat jeder seine Stärken und Schwächen.

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    • Mit einem warmen Kaffee am Schreibtisch zu arbeiten, ist wahrer Luxus, der oft unterschätzt wird. 😄

      Ich verstehe dich so gut… Bei uns war es auch ein langer Weg, viele Gespräche (teilweise auch heftige Diskussionen), bis sich wirklich etwas verändert hat. Es ist oft frustrierend, wenn man das Gefühl hat, alles allein stemmen zu müssen.

      Aber du hast so recht – jeder hat seine Stärken und Schwächen. Und es ist so wichtig, dass man gemeinsam Wege findet, damit sich keiner allein gelassen fühlt.
      Viele Grüße, Eva

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  2. Toll, dass dein Erstgeborener so kreativ ist. Bei uns schwirren auch die verschiedensten Bastel-Dinge im ganzen Haus rum. Auch wenn es grundsätzlich unordentlich bei uns ist und auch schon mal Wände, Schränke und Parkett „ausversehen“ etwas abbekommen. Es ist aus meiner Sicht viel wichtiger, dass die Kinder kreativ sein können.

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    • Das ist hier auch so. Aber Fantasie und Kreativität ist so wichtig! Du hast absolut recht. Das Chaos wird langfristig verschwinden, aber der Spaß am Erschaffen wird in jungen Jahren gefördert. Ich bastel heute noch gerne. 😄

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  3. So hat jeder sein Päckchen zu tragen, nicht? 🙂 Beneidenswert jedoch ist, dass du das Chaos so ausblenden kannst, während du ein Zimmer weiter arbeiten musst … oder sollte ich sagen erstaunlich? Kann sicher nicht jeder, liebe Eva.
    😜
    Viele Grüße Bea

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  4. Dein Sohn hat recht, wer den Karton wegwirft ist irre.
    Wir hatten gerade einen fast 2 Meter Side by Side-Kühlschrank Karton hier.
    Da dachte ich unsere Katzen/Kater hätten sich gefreut und ich mich als Kind auch.
    Die Guppy S sieht super aus.

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