Raten Sie, liebe Leser, was ganz wunderbar geklappt hat? Die von mir geforderten Cannoli wurden mir überreicht und ich könnte nicht glücklicher sein.
[Der folgende Text besteht aus Erzählungen vom Römer, die ich geschickt zusammengefasst habe. ]
Frisch aus Rom flog man sie ein. Um die Cannoli transportfähig zu machen, bestellte der Römer sie vor und sagte sogleich, dass sie im Flugzeug transportiert werden müssen. „Non c’è problema!“ [Kein Problem] hieß es. „Wir sagen in der Backstube Bescheid, dass die Cannoli innen mit Schokolade ausgehöhlt werden. Dann wird der knusprige Teig nicht matschig.“
Am Flughafen muss man sich in Rom auch keine Gedanken machen, ob das denn mit den Flüssigkeitsregelungen funktioniert oder nicht. Jeder hat Verständnis für so eine kostbare Lieferung. Kurzerhand wurden die Cannoli vorsichtig in eine eigene Box gepackt und durch den Gepäckscanner gefahren. „Tutto a posto con i cannoli?“ [Alles in Ordnung mit den Cannoli?] fragte die nette Dame der Sicherheitskontrolle den Herrn hinter dem Gepäckscanner-Bildschirm. „Maaaa si!!!“ [Aber ja doch] winkte der ab und der Römer durfte passieren.
Im Flugzeug sprach die nette Chef-Stewardess [Purserette] am Eingang den Römer mit dem Satz „Oh, das wäre doch nicht nötig gewesen!“ an und lachte herzlich. Der Römer, ganz charmant, antwortete: „Das nächste Mal gerne! Aber die muss ich meiner Gattin mitbringen.“
Hinter ihm sagte eine Frau zu ihrem Mann: „Muss Liebe schön sein! Du bringst mir nie was mit.“ und knuffte ihren Mann in die Seite. Der guckte verträumt durch den Spalt zwischen Flugzeugtreppe und Flugzeug um noch einmal „la dolce vita“ einzuatmen. Schwierig am Flughafen mit dem Kerosingeruch, aber nicht unmöglich.
Während dem Flug behielt der Römer die Cannoli auf seinem Schoss, damit ihnen ja nichts passierte. Und siehe da: Als ich ihn am Flughafen abholte waren sie alle unversehrt. Sowohl der Römer, als auch die Cannoli.
Jetzt ist es also soweit. Auf den Moment haben wir zwei Jahre hingearbeitet:
Morgen fliegt der Römer nach Rom und macht seine Deutschprüfung. Warum er sie nicht in Deutschland macht, was viel naheliegender wäre? Vielleicht kann ich es mit einem kleinen Dialog, der vor Monaten stattfand, aufklären:
Der Römer beim Verben lernen in der Bibliothek
„Amore, die Schule hat mir diesen Anmeldebogen zur Deutschprüfung mitgegeben. Im März wäre diese Prüfung. Aber ich glaube, dass ich im März noch nicht bereit bin. Ich brauche noch ein Monat mehr. Im April – da bin ich aber sowas von bereit.“ versucht der Römer mich zu überzeugen.
„Na gut, dann machst du sie halt im April. Der eine Monat hin oder her – das ist ja kein Problem. Und wo in unserer Stadt findet die Prüfung statt?“ fragte ich interessiert.
„Ah… giusto! [richtig] Darüber wollte ich mit dir reden. In Rom findet die Deutschprüfung für mich statt!“ antwortete er mit einem gewinnenden Grinsen.
„In Rom?!?!? Warum das denn?“ Mir fiel alles aus dem Gesicht.
„Allora, è così: [Also, es ist so] Ich habe mir überlegt, dass ich die Prüfung natüüürlich in unserer Stadt machen könnte, ABER die Prüfer sind ja alle Deutsch. Aber in Rom sind die Prüfer nicht alle aus Deutschland, sondern Italiener, die gut Deutsch sprechen. Genau wie ich! Deswegen sollte es da doch viel einfacher sein.“ versuchte er mich zu überzeugen.
„Hm… lass mich das noch einmal zusammen fassen. Punkt Nummer eins: Du bräuchtest also ein Flugticket um nach Rom zu fliegen, anstatt einfach mit dem Fahrrad zur Prüfung zu fahren? Punkt Nummer zwei: Dazu möchtest du die DEUTSCH-Prüfung – und hier betone ich das Wort DEUTSCH – in Italien machen, weil es da einfacher ist, obwohl die Prüfung weltweit genormt ist – italienische Prüfer hin oder her. Ich verstehe.“ fasste ich unverständnisvoll zusammen.
„Si, è cosi! [Ja, so ist es] Die Signora vom Institut hat mir auch schon geschrieben – sie freuen sich sehr mich Anfang April bei der Prüfung zu begrüßen.“ erwiderte er ganz selbstbewusst.
„Bitte was?! Du bist schon angemeldet?! Du führst hier dieses Drama auf mit dem Anmeldebogen deiner Schule, nur um mir am Ende zu sagen, dass du schon längst im April in Rom angemeldet bist?“ Meine Stimme überschlug sich förmlich und mir platzte der Kragen.
Der Römer fühlte sich einen Moment ertappt. Dann sah er seine Chance und fing ganz charmant an: „Aber Amoooore! Ich mach‘ das doch nur zu deinem Schutz. Du musst dich nicht stressen, ich habe ein besseres Gefühl und somit bestehe ich doch auf alle Fälle. Ganz sicher. Das ist doch eine ganz einfache Geschichte in Rom. Heimspiel sozusagen. Und – es ist alles schon geregelt. Du sagst doch immer, ich soll mich um mehr Sachen kümmern. Ecco! [Schau] Ich habe mich darum gekümmert und schon ist es dir wieder nicht recht. Was willst du eigentlich?!“ Der Römer zuckte mit den Achseln und klappte seine Unterlippe um.
„Mo-moment mal! Bitte verdrehe nicht die Tatsachen. Ich wollte, dass du mehr Sachen übernimmst – ja. Aber denk‘ doch bitte ab und zu rational!“ bemerkte ich aufgebracht.
„Aooooo! [Römischer Ausruf] Aber das ist rational. Ich habe mich selbstständig zur Deutschprüfung angemeldet, schlafe bei Giovanni und zufällig ist am letzten Tag der Prüfung auch noch der Geburtstag von Paolo. Io prendo due piccioni con una fava. [Ich schlage zwei Fliegen mit einer Klappe] Taaaaack!“ versuchte er mich zu überzeugen.
„Mach einfach was du willst, aber versuche die Prüfung zu bestehen. Und egal was ist: Wenn du nicht mindestens fünf Cannoli (zwei mit Ricotta, zwei mit Mandeln und eins mit Pistazie) bei meiner sizilianischen Lieblingsbäckerei mitnimmst, dann brauchst du gar nicht zurückzukommen.“ knurrte ich.
„Aber die Cannoli muss man vorbestellen!“ versuchte sich der Römer aufzuregen.
„Ja, du bist doch jetzt so gut im selbstständig Organisieren. Dann sollte das doch ein Leichtes sein!“ grinste ich nun siegessicher an. „Allora, in bocca al lupo!“ [Na dann viel Glück]
„Crepi il lupo.“ antwortete der Römer zerknirscht und griff zum Telefon um meine Cannoli vorzubestellen.