WMDEDGT – März 2022

Es ist der 5. und die arme Frau Brüllen, die einen Skiunfall hatte (Gute Besserung!!), fragt wie immer: “Was machst du eigentlich den ganzen Tag?” oder, etwas kürzer:WMDEDGT.

gegen 02 Uhr: Signorino schreit. Ich höre ihn und stelle mich tot. Der Römer wacht wenige Augenblicke nach mir auf und sprintet zu Signorino. Wie eine schnurrige Katze strecke ich mich in unserem Bett aus und döse wieder ein.

08:30 Uhr Der Römer kam nicht wieder. Signorino ist wach und kommt in mein (höhö! so fühlte es sich an) Schlafzimmer. Wir kuscheln, dann will er „Schokoku(chen)“. Leider haben wir keinen. Dafür Schnecken (Huhu! Valentin! 😄 Da musste ich an dich denken). Signorino hüpft aus dem Bett. Er isst wenig Apfel-Schnecke, will dann Joghurt, dann lieber doch nicht, dann will er Brot mit Marmelade. Dann doch nicht mehr. Dadurch, dass das Kind aber momentan so wenig isst, sind wir froh, wenn er irgendetwas isst. Am Ende verspeist er das Franzbrötchen des Römers und der Römer isst den Rest vom Joghurt, den Rest der Schnecke und den Rest des Marmeladenbrötchens. Ich esse nur Schnecke.

09:30 Uhr Wir ziehen uns an. Der Römer beschwert sich, dass ich immer seine Pullis anziehe. Meine sind alle in der Wäsche, außerdem hat er mir seinen grauen Pulli geschenkt. Ich erinnere ihn daran, dass ich sogar eine Katze darauf genäht habe, weil er so unansehnlich war. Ruhig erkläre ich, dass er de facto oftmals meinen Pulli trägt und nicht andersherum. Er gibt auf.

Fröhlicher Katzenaufnäher auf dem Pulli.

10:30 Uhr Endlich ist alles für den Waldspaziergang gepackt. Man möchte meinen, wir fahren in den Urlaub. Heute fühle ich mich danach, etwas neues auszuprobieren. Also fahren wir zur Oberschweinstiege. Dort liegen Baumstämme herum, die das Kind beklettern will. Der Römer hilft. Aber sehen Sie selbst in der Galerie! Das Kind geht heute sehr viel und will partout nicht getragen werden (Juhu!). Am Ende helfen noch zwei Bestechungsquetschies um am Auto anzukommen. Der Römer ist etwas genervt, weil das Kind am Ende im großen Stil ausflippt und er gleichzeitig hungrig ist, was der Gatte aber nicht einsehen möchte. Ich biete dem römischen Ehemann einen Schokoriegel aus meinem Süßigkeitenfach in der Mittelkonsole an und fahre uns nach Hause. Mit zunehmendem Blutzuckerspiegel hört der Gatte auf zu schmollen.

13:30 Uhr Wir sind daheim. Ich beschließe, dass heute Sandwich-Tag ist und grille Auberginen und Paprika im Ofen. Dann vermische ich diese Kreation mit Schafskäse und toaste Bauernbrot. Tada! Essen ist fertig. Das Kind will nur „Bot mit Butti“, Brot mit Butter. Danach vertilgt er eine Banane. Wir beschließen, dass das Kind heute auch ohne Mittagsschlaf durchhalten kann. Nach einer Stunde legt sich der Römer geschafft in Signorinos Bett. Es kann wohl nicht jedes Familienmitglied ohne Mittagsschlaf durchhalten. 😉

15:30 Uhr Wir reden über unseren Urlaub Ende März. Der Römer möchte nach Albanien. Ich gebe ehrlich zu, dass ich momentan so ausgebrannt bin, dass ich mir das nur ungern antun würde. Erholung ist das keineswegs. Ganz im Gegenteil! Wir haben schon eine Beschwerdeliste von Verwandten, die das Kind IMMER NOCH NICHT gesehen haben. Und er ist schließlich schon 2 Jahre alt!!! Dass dazwischen Corona war und wir nicht vier Mal im Jahr nach Albanien reisen konnten, fehlt anscheinend in der Erinnerung der Verwandtschaft. Ich schlage dem Römer vor, dass ich ihm ein Formular ausstelle und beglaubigen lasse, dass er alleine mit Signorino ins EU-Ausland reisen darf. Er winkt ab. So dringend sei es nicht, dass er nach Albanien müsse. Außerdem sei es abends ganz furchtbar kalt. Nicht, dass das Kind sich erkältet. 😄 Ob wir denn stattdessen nach Dubai könnten? „Klar!“, sage ich und frage nach dem Reisebudget. Der Römer überlegt kurz. „800 Euro.“, gibt er schließlich sein Budget preis. „Vielleicht eher Dietzenbach statt Dubai? Aber auch nur, wenn wir daheim schlafen?“, ziehe ich ihn auf. Er versucht‘s mit Südspanien. Wir gucken mal, ob und wenn ja, wohin wir fahren.

17:00 Uhr Nachdem der Römer seit Wochen erwähnt, dass er heute aber ganz unbedingt das Auto innen putzen will, erinnere ich ihn daran, dass er auch heute ganz unbedingt das Auto innen putzen wollte. Er murmelt unverständliches. Ich bringe ihm den Staubsauger. Wir gehen in den Keller, um den neuen Kindersitz zu holen. Dort finden wir auch ein Laufrad, leider unaufgepumpt. Die Ballpumpe hilft auch nicht weiter. Wir nehmen den Auto-Aufzug und ich bekommen nur ein ganz klein bisschen Panik als er laut kracht. Dennoch: Wir kommen oben heil an. Dann putzen wir das Auto, während Signorino auf dem Parkplatz hin- und herläuft. Das Auto ist in einem desaströsen Zustand. 30 Minuten später, Signorinos neuer Kindersitz wurde gerade installiert, ist das Auto sauber. Das Kind, das zu Testzwecken in den neuen Kindersitz gesetzt wurde, weigert sich vehement auszusteigen. Also bringt der Römer den Kindersitz in den Keller und ich warte mit Signorino im Auto. Der Gatte kommt zurück, wir fahren los. Bei den Spritpreisen ist eine Spritztour in der Stadt ziemlich dämlich. Wir düsen ins Westend, dann wieder zurück. Ein Transporter steht in unserer Einfahrt, also fahren wir noch eine kleine Runde. Unglücklicherweise schläft das Kind ein. Nach 15 Minuten sind wir wieder daheim. Das Kind betrachtet es als Affront, ihn aus dem Schlaf gerissen zu haben. Die Laune ist katastrophal, aber noch katastrophaler wäre es, das Kind nicht zu wecken und bis weit nach Mitternacht zu bespaßen. So ist er hoffentlich nur bis 22 Uhr wach.

19:00 Uhr Der Mann macht Pesto. Da das Kind momentan ein schwieriger Esser ist, hoffen wir, damit punkten zu können. Es klappt. Gnocchi mit Pesto werden vom kleinsten Farniente verschlungen. Ich habe heute den festen Plan, dass das Kind vom Mann ins Bett gebracht wird, nachdem ich das seit Wochen und Monaten mache. „Volentieri. [Gerne.]“, sagt der Mann und wir wissen beide, dass das auch heute wieder nichts wird.

21:30 Uhr Das Kind scheint ausreichend müde zu sein. Ich verstecke mich im Bad. Der Mann putzt mit dem Nachwuchs Zähne. Dann legen sie sich ins Bett. Und natürlich flippt der Kleine komplett aus. Komplett. Ich wiederhole im Geiste, dass er auch ohne mich auskommt, zumindest ein „Ins-Bett-bringen“ in drei Monaten. Er lässt sich nicht beruhigen. Ich gehe genervt in sein Zimmer und bringe ihn ins Bett.

Let‘s call it a day!

Weihnachten bei den Farnientes

Ich glaube, der weihnachtlichste Moment in diesen Festtagen war, als das Kind darauf bestand mit einer Rentier-Geschenkpapierrolle einzuschlafen. Es war der 23. Dezember und mein Plan war es, die unverpackten Geschenke abends, wenn das Kind schläft, einzupacken.

Den Plan vereitelte Signorino, in dem er die Geschenkpapierrolle fand und fortan als seinen Intimus betrachtete. Den ganzen Abend verbrachten die beiden miteinander. Dabei sollte nicht unerwähnt bleiben, dass diese Freundschaft nur so lange Bestand hielt, weil die Rolle noch in ihrer dünnen Plastikfolie eingewickelt war. Das Zähneputzen fand selbstverständlich mit der Geschenkpapierrolle in der rechten Hand statt. Ein riesen Gekreische schrillte durchs Wohnzimmer als er die Rolle für den Bruchteil einer Sekunde aus der Hand legen musste, weil wir ihn in den Pyjama steckten. Man hätte meinen können, wir würden das Kind abstechen. „Nimm ihm doch jetzt die blöde Rolle weg! Ich brauche die eh gleich, weil ich die Geschenke noch einpacken muss.“, wies ich den Römer an. „Ma che? Non ci dobbiamo stressare. [Ach was! Wir müssen uns nicht stressen.] Wir nehmen sie ihm gleich weg, wenn er schläft.“, antwortete der römische Gatte. Ein guter Plan, der leider am Faktor Kind scheiterte.

Wir brachten Signorino und seine Geschenkpapierrolle ins Bett. Er lag in der Mitte, flankiert vom Römer und mir. Wenn Sie sich jetzt fragen, warum man zwei Elternteile braucht, um ein Kind ins Bett zu bringen, ist das eine überaus berechtigte Frage. Die Antwort ist eine sehr einfache. Es ist (momentan) der schnellste und effizienteste Weg, das Kind ins Bett zu bringen. Fehlt ein Elternteil, wird dieser solange von Signorino gesucht bis er sich schließlich auch ins Bett begibt. Wenn man Signorino nicht aus dem Bett oder gar aus dem Schlafzimmer entlassen will, damit er den abwesenden Elternteil suchen kann, kreischt er ebenfalls solange bis er suchen gehen darf. Deswegen dauert der Einschlafprozess 15 Minuten, wenn wir beide zusammen anwesend sind – oder 2,5 Stunden, wenn nur ein Elternteil Signorino ins Bett bringen darf. Sie können sich denken, für welchen Weg wir uns regelmäßig entscheiden.

Als Signorino langsam ins Reich der Träume glitt, streckte ich im Halbdunkeln meine Hand nach oben, darauf bedacht, den Abkömmling nicht zu wecken, aber gleichzeitig die Aufmerksamkeit des Römers zu gewinnen. Der Römer reckte seinen Kopf. Ich flüsterte „Geschenkpapierrolle!!“. Er kuschelte sich an das Kind heran, löste den kindlichen Daumen und wollte dann die restlichen Finger von der Rolle lösen, doch das Kind schrie bereits los. Mist! Der kleine Kerl hatte noch nicht richtig geschlafen. Der Römer ließ von seiner Hand und der Geschenkpapierrolle ab, um ihn dann sofort mit beruhigenden „Sssch’s“ zu besänftigen. Ein paar Mal nuckelte Signorino empört am Schnuller, um dann wieder einzuschlafen. „Nochmal?“, flüsterte ich nach 5 Minuten, in denen der Römer und ich unbeweglich wie zwei Eisblöcke neben dem Kind lagen. „Bloß nicht wecken!“ war die Devise. Der Römer schüttelte den Kopf und zeigte Richtung Tür. Wir schlichen uns aus dem Zimmer. Im Flur besprachen wir die Taktik. „Wenn die Entspannungsphase im Schlaf einsetzt, dann wird Signorino ganz von alleine von der Rolle ablassen und wir können sie mühelos und ohne Geschrei entfernen. Notfalls packst du erst morgen die Geschenke ein.“, erklärte mir der Römer seinen Plan. Ich stimmte zu. Als wir gegen Mitternacht ins Bett gingen, lag unser Sprössling mit seiner Geschenkpapierrolle im Klammergriff tief schlafend im Bett. „Und jetzt?“, flüsterte ich. „Ich schlaf doch nicht neben einer Geschenkpapierrolle?!“ Der Römer musste sich bei diesem Gedanken ein Lachen verkneifen und hielt sich den Mund zu, um das Kind nicht zu wecken. „Dai! Non ti preoccupare. [Komm schon! Mach dir keine Sorgen.] Jetzt kann man ihm die Rolle einfach wegnehmen.“ Sie ahnen es: Man konnte nicht. So schliefen wir also zu viert im Bett: Der Römer, Signorino, die Geschenkpapierrolle und ich. Wann immer sich das Kind drehte, und das tat es oft und viel, hatte man entweder einen kleinen Fuß im Bauch, eine Geschenkpapierrolle im Gesicht oder eine Hand auf dem Kopf. Irgendwann wurde es mir zu bunt. Ich quartierte mich aus. „Es wird Zeit, dass das Kind alleine schläft.“, dachte ich noch. Dann schlief ich ein.

Am nächsten Tag verbrachten Signorino und die Geschenkpapierrolle den Tag miteinander. Als die junge Freundschaft zur Mittagsschläfchenzeit immer noch nicht vorbei war, beschloss ich, die Geschenke in Geschenkpapier mit der Aufschrift „Happy Birthday!!“ zu verpacken. Anderes Papier hatte ich nicht zur Verfügung. Das Kind kann nicht lesen und in 30 Jahren werden wir bei der PowerPoint-Präsentation (oder was auch immer es dann geben wird) anlässlich seiner Hochzeit alle etwas zu lachen haben, sofern er denn überhaupt heiraten will. Nachdem alle Geschenke eingepackt waren, das Kind wieder wach und fit für die zweite Tageshälfte, verlor er, wie sollte es anders sein, sein Interesse an der Geschenkpapierrolle.

Der 24. Dezember war ansonsten recht unspektakulär. Es gab in unserer Wohnung keinerlei Weihnachtsdeko, was der mangelnden Zeit im Dezember geschuldet war. Das Kind riss seine Geschenke gegen 19 Uhr auf und wollte ansonsten gerne „Bobo Siebenschläfer*“ gucken. Der zweite Weihnachtsfeiertag plätscherte so vor sich hin. Morgens nieselte es, nachmittags schneite es, aber es war auch vollkommen egal, welches Wetter vor unseren Fenstern tobte. Wir hatten eh nicht vor, heute das Haus zu verlassen. Selbst der Knirps wollte nicht raus, trotz mehrmaligem Anbieten eines Spielplatz-Besuches. „No’malBoboJA?! [Nochmal Bobo Siebenschläfer, ja?]“, war seine Antwort. Dabei muss ich hervorheben, dass seine Satzstruktur mich stark an unseren neuen, überaus freundlichen Kebab-Dealer Cetin erinnert. „ZweiMalDönerMitAllesScharf,JA?!“, sagt Cetin, wenn die Schlange vor seinem Laden sich mal wieder um die nächste Straßenecke schlängelt. Da Cetin nicht nur überaus freundlich und schnell ist, sondern, hier lege ich mich fest, einen der besten Döner Frankfurts anbietet, ist seine Satzstruktur aufgrund des hohen Aufkommens an hungrigen Gästen oft auf das Nötigste reduziert. Er kann aber auch ganz normal sprechen, wenn nicht Horden von hungrigen Frankfurtern vor seinem Laden warten. Dennoch weiß ich nicht, ob es für uns als Eltern spricht, dass das Kind nun diese Satzstruktur aufweist. Zu unserer Verteidigung möchte ich trotzdem erwähnen: Wir hatten im Dezember echt viel zu tun und haben nur deswegen so oft bei Cetin bestellt. Immerhin sagt das Kind noch nicht „NächsteBitteHalloMeinFreundWasDarfsSein?“.

Am Abend des 25. Dezembers machten wir etwas total verrücktes: Wir buchten unseren Sommerurlaub. Das taten wir noch nie so früh, was einerseits daran lag, dass wir ein sehr unstetes Leben hatten und nicht länger als zwei Wochen im Voraus planen konnten. Andererseits lag es an der ständigen Ungewissheit, wann wir überhaupt Urlaub nehmen können, ob und wann wir einen Kitaplatz finden, ob und wann wir umziehen, usw.. Doch dieses Jahr haben wir bereits alle Unwägbarkeiten, von denen wir zum heutigen Zeitpunkt wissen können, abgeklärt. Dazu sind wir dieses Jahr umgezogen, haben eine Kita gefunden und werden unseren Urlaub rechtzeitig beantragen.

Dazu wussten wir: Die Kita schließt in den letzten zwei Augustwochen. Irgendjemand muss das Kind betreuen. Wir arbeiten beide und somit ist es klar, dass wir uns in dieser Zeit frei nehmen werden. Zuerst buchten wir fünf Nächte in Rom in dem Reihenhäuschen, dass wir 2020 kennen und lieben gelernt hatten. Dann dachten wir daran, dass wir danach den Zug nach Bari nehmen könnten und in Polignano a Mare eine Woche bei einem römischen Freund verbringen könnten. Die Züge waren noch nicht buchbar, was wenig verwunderte, denn DB Tickets* kann man auch erst drei Monate vorher buchen. Der Römer und ich redeten etwas über Albanien und über Gjiri i Lalzit, die Lalzit Bucht. etwas oberhalb von Durrës. Hier waren wir das erste und letzte Mal am Meer als ich mit Signorino schwanger war. Furchtbar langweilig, wenn man als Paar dort ist. Mit Kind sieht das aber ganz anders aus: Es gibt einen langen Strand, zwei Restaurants, drei Spielplätze, viele Kinder, ein Café, fertig. Dazu ist die Wohnanlage von langen Wohngebietsstraßen durchzogen, die zu allen heiligen Zeiten von einem Auto befahren werden. Davor und danach gehört die Straße den Kindern mit Laufrädern, Bobby Cars und Fahrrädern. „Ach, ich weiß nicht.“, stöhnte der Römer bei der Vorstellung. „Warum in den Norden schweifen, wenn wir im Süden die besten Strände des Landes haben?“ Ich bat ihn, mir noch ein Mal die Bilder von Orten wie Dhermi, Ksamil, Palasë und Himar zu zeigen. Hübsch sah es dort aus. Wir suchten nach Unterkünften. Der Haupttenor des Römers war bei jeder Unterkunft “Ma che cos’è? [Aber was ist das denn?] Das würde ich nicht mal an den Mann** meiner Schwester vermieten.“ Irgendwann, durch eine göttliche Fügung, fanden wir eine Unterkunft die dem Römer genehm war. Der Preis im August sprach aber auch für sich. Gleichzeitig glänzten die römischen Augen. „Okay, können wir machen. Dann wird aber Rom storniert. Wir sind doch nicht Graf Koks!“, erklärte ich dem Römer. „Okay, kein Problem.“, sprach der Gatte und stornierte in zwei Klicks den Besuch in Rom. „Dann nehmen wir am besten ein Taxi bis dorthin.“, schlug er vor. „Ne, ne, ne, ne, ne! Sicher nicht. Das kenne ich schon. Vergiss es!“, insistierte ich blitzschnell. „Ma perché no? [Aber warum nicht?]“, wollte der Römer wissen. Ich hatte meine innere Kontra-Liste schon seit 2019 fertig in meiner virtuellen Albanien-Schublade und feuerte ein Argument nach dem anderen ab: „1. Mir ist bis jetzt kein albanischer Taxifahrer begegnet, der nicht die ganze Zeit durchgeredet hat. Natürlich in einem undefinierbaren, albanischen Dialekt. Mit dir. Die Fahrt dauert mindestens vier Stunden. Ne, danke. 2. Entweder Taxis haben keine Klimaanlage und ich fühle mich wie ein Grillhähnchen. Oder aber es gibt eine Klimaanlage. Dann ist die Einstellung immer auf „Winter in Jakutsk“. 3. Die Blicke! Jedes Mal, wenn ich den Kindersitz für Signorino installiere, werde ich angeguckt als hätte ich sie nicht alle. Das reicht mir schon, wenn dein Bruder mich so anguckt. 4. Gespräche über Deutschland. J-E-D-E-S einzelne Mal. Es scheint, als wärst du ein Gesandter der albanischen Botschaft in Berlin. Der Fahrer feuert also ein unbestätigtes Gerücht über Deutschland ab und du übertreibst es entweder mit deinen Lobeshymnen oder du machst Deutschland so schlecht, dass man denkt, man wohnt in einem seelenlosen Land voller dysfunktionaler Menschen. 5….“ Der Römer unterbrach mich: „Ist ja schon gut. Was willst du stattdessen machen?“ Ich grinste. Auch hier hatte ich bereits meine Lösung feinsäuberlich vorbereitet: „Ich buche einen Mietwagen. Bei Firma X – am Flughafen. Nicht wieder bei einer Mietwagenplattform, wo ich irgendeine Schrottbrasse in der Stadt abholen darf und wenn ich ankomme, sagt man mir: ‚Oh, da haben Sie aber Glück, dass sie fünf Minuten zu früh dran sind. Denn das ist unser letzter Mietwagen. Na ja, dann hat das Paar nach Ihnen eben Pech.‘ Wenn ich einen Mietwagen vier Monate vorher gebucht und bezahlt habe, brauche ich kein „Glück“. Der Mietwagen steht dort, wie vertraglich vereinbart, und wartet darauf von mir übernommen zu werden. Außerdem will ich die Mietwagenkategorie „Panzer“. Nie wieder fahre ich mit einer halbkaputten Coladose auf den Straßen Albaniens. Ich bin doch nicht lebensmüde. Wir haben teure Fracht an Bord, unseren Signorino.“ Ich drehte den Bildschirm zum Römer, um ihm zu zeigen, was ich mir genau vorstellte. „So viel Geld? Bist du irre! Sollen wir nicht lieber meinen Schwager Besim fragen, ob wir seinen Hyundai*** in der Zeit haben dürfen?“, wollte der Römer wissen. „Ne, danke. Auch das kenne ich schon. Natürlich sagt er sofort Ja, weil er zum heutigen Zeitpunkt denkt, dass er es schon irgendwie hinbekommt seinen Hyundai*** zu verleihen. Wenn wir dann Mitte August mit Kind und Koffer vor seiner Tür stehen, ist er so überrascht, dass er uns den Kleinstwagen seines Sohnes anbietet, denn der Hyundai*** sei angeblich in der Werkstatt. Zu dritt quetschen wir uns dann in den alten Opel Corsa*** und tuckern nach Dhermi. Ne, ne, mein Lieber! Entweder das – zu meinen Konditionen oder wir fahren an die Nordsee.“, machte ich dem Römer klar. „Gut, dann fahren wir an die Nordsee.“, trotzte er und verschränkte die Arme. Ich zeigte ihm wortlos die Wassertemperaturkurve der Insel Amrum. „Okay, und du meinst, dass ein Taxi vom Flughafen Tirana nach Dhermi wirklich keine Option darstellt?“, wollte der Gatte noch einmal wissen. „NEIN!“, sprach ich. „MamaPapaBoboJa? [Mama, Papa, darf ich Bobo Siebenschläfer gucken?]“, sagte eine leise Stimme. Signorino hatte sich unbemerkt aus dem Bett ins Wohnzimmer geschlichen. „Nein, Schatz. Du gehst jetzt wieder ins Bett.“, erklärte ich unserem Ableger. „TschuTschuWaJa? [Das Lied TschuTschuWa wäre auch in Ordnung für mich, Mutter.]“, versuchte es der Nachwuchs weiter. „Nein, auch das nicht. Komm, wir gehen zusammen ins Bett.“, schlug ich ihm vor. Seine kleine, warme Hand nahm meine und ich brachte ihn wieder ins Bett. Diesmal klappte es auch ohne römische Verstärkung. Als ich nochmals aufstand, buchte ich die Mietwagenkategorie „Panzer“ zum Preis einer halben Niere. „Freiheit kostet Geld.“, pflegt mein Vater immer zu sagen. Recht hat er.

Ein Schokotörtchen gab’s auch noch. Die Fenster sind ungeputzt, aber das fällt bei dem Vordergrund und dem schrecklichen Wetter kaum auf. 😉

*Eine Fernsehsendung der Öffentlich-Rechtlichen. Werbung, unbezahlt und unbeauftragt

**Man akzeptiert ihn, mag ihn aber nicht besonders, weil er so dickköpfig ist

***Werbung, unbezahlt und unbeauftragt

WMDEDGT – Dezember 21

Es ist der 5. und Frau Brüllen fragt wie immer: “Was machst du eigentlich den ganzen Tag?” oder, etwas kürzer: WMDEDGT.

09:00 Uhr Das Kind tappst in das Kinderzimmer, wo ich alleine schlief und immer noch schlafen möchte. Wir einigen uns auf kuscheln. Der Mann tappst hinterher, gibt mir einen Kuss und hört sich immer noch angeschlagen an. Dennoch fühlt er sich im Stande, Croissants in den Ofen zu legen und für das Kind Haferbrei zuzubereiten. Schlussendlich lässt er noch zwei Espressi aus der Maschine und setzt das Teewasser auf. Ich lese die Signorino’schen Kinderbuchklassiker, die der Nachwuchs mittlerweile (zum Teil) mitsprechen kann. Es geht in etwa so:

Ich: Lea stößt sich ihren Zeh. Das tut richtig, richtig…

Kind: WEH!!!

Ich: Tröstet sie der Schnuller?

Kind: NEIN!!!

Ich: Oma muss jetzt bei ihr sein.

10:00 Uhr Die Wohnung muss geputzt werden. Wir sortieren, räumen auf, saugen und wischen. Das Kind ist mehr oder weniger hilfreich. Am Ende putze ich das Bad, während Signorino seine Spielküche im großen Stil unter Wasser setzt. Selbst die Kinderzimmerwand ist nass. Zweisprachiges Schimpfen prasselt auf Signorino nieder. Der kleine Kerl lacht und will weiter Quatsch machen. Wir machen ihm deutlich, dass das großer, großer Sche*ß (O-Ton) ist. Er läuft durch die Wohnung und schreit „Sch*iß“. Heute sind wir wirklich wieder ganz tolle Eltern. Am Ende saugt er mit dem Staubsauger den Esstisch ab und fegt fast alles vom Tisch. Da ich wieder ins Bad zurückgegangen bin, um den Spiegel zu putzen, gibt es viel Geschrei zwischen dem Römer und Signorino. Am Ende kommt das heulende Kind ins Bad und will mir verständlich machen, dass Papa ihm den Staubsauger weggenommen hat. Ich tröste und beteuere, dass Papa das schon ganz richtig gemacht hat und Staubsauger nichts für Kinder sind – besonders, wenn er damit die Obstschale vom Tisch schleudern will.

12:00 Uhr Wir gehen an die frische Luft. Die große Tour de Paket wartet auf uns. Erst zur gelben Packstation, denn zwei Pakete müssen auf den Weg gebracht werden. Blöderweise, oder in Signorinos Fall, praktischerweise liegt diese in einer Bahnstation. Und Bahnstation bedeutet, Rolltreppen und Rolltreppen bedeuten grenzenloser Spaß. Wir geben die Pakete ab und nehmen den Weg von einer Seite des Bahnhofes auf die andere – hoch oben, immer dem Bahnsteig entlang. Davor und danach kann Signorino Rolltreppe fahren, was dazu führt, dass er nicht im großen Stil ausrastet. Win-Win sozusagen. Auf der anderen Seite des Bahnhofes liegt die schwarze Packstation. Ich hole ein Paket ab. Der Römer will wissen, was darin ist. Als ich mit „Silikon-Plätzchenunterlage“ antworte, lacht der sehr charmante Mann: „Die wird eh nur bei uns daheim herumliegen. Tu uns einen Gefallen und schick sie gleich zurück.“ Pff! Wird er schon sehen wie oft ich sie benutzen werde. Notfalls bekommt er sie nächstes Jahr zu Weihnachten. 😉 Wir schlendern heim. Dort angekommen mutiert Signorino zu einer unkontrollierbaren Katze. Er klettert auf den Stuhl und reißt die Orchidee vom Fensterbrett. Das macht er natürlich heimlich während wir uns die Jacken ausziehen. Als ich das römische „Ma che ca**o stai facendo?“, höre, weiß ich Bescheid. Hier ist mindestens eine mittelgroße Katastrophe in Gange. Signorino wird in sein Zimmer geschickt. Wir räumen alles auf und saugen nochmals durch. Immerhin sehe ich, dass der Topf viel, viel zu klein für die Orchidee ist. Deswegen werde ich nächste Woche wohl zum Baumarkt fahren müssen und ihr einen neuen Topf spendieren.

13:30 Uhr Wir haben zu Mittag gegessen. Das Kind gehört ins Bett. Ich übertrage dem Römer diese Aufgabe und mache mich daran, die Nikolaus-Aufmerksamkeiten einzupacken. Dieses Jahr bringt er eine Kleinigkeit für Turtle und Signorino. Wir sind leider leer ausgegangen. Vielleicht sind wir nächstes Jahr artiger. 🙂 Wenn es dämmert, wird es auf dem Balkon versteckt.

15:00 Uhr Als ich Turtle zum verfrühten Nikolaus-Fest eingeladen habe, habe ich nicht bedacht, dass wir weder Kuchen noch Plätzchen daheim haben. Der Römer schlägt Apple Crumble vor. Guter Mann! Geht schnell – und noch wichtiger: Wir haben alle Zutaten daheim. Selbst Vanilleeis hätten wir daheim. Und wer kennt ihn nicht, den typischen Nikolaus-Crumble. Eine alte, bayerische Tradition… oder ist es doch eine römische? 😉

15:40 Uhr Das Kind wird von uns geweckt. Der Römer düst ins Bad ab. Seinen Bart müsste er stutzen, gibt er an. Er hat vermutlich nur keine Lust, ein gewecktes und nöliges Kind zu bespaßen. Wenig später klingelt es. Ich vermute, es ist Turtle. Sie wäre aber 40 Minuten zu früh. Das ist normalerweise nicht ihr Stil. Letztendlich ist es der Nachbar mit dem ähnlichen, aber arabischen Nachnamen, der immer unsere Post bekommt (und umgekehrt). Schön ein Gesicht zum Namen zu haben.*

16:40 Uhr Tante Turtle kommt vorbei. Der Apple Crumble wird serviert und wir essen. Der Kleine findet erst Apple Crumble blöd, dann doch gut, dann findet er am besten Turtles Apple Crumble auf Turtles Teller. Als alle gegessen haben, was für eine Überraschung, entdecke ich doch tatsächlich zwei gefüllte Stiefel auf dem Balkon. Der Kleine findet Bausteine klasse, aber dass das ein Pizzeria Set ist, ist ihm total egal. Hauptsache Legosteine. Turtle freut sich, dass der Nikolaus an sich gedacht hat. Wir lesen Ausschnitte aus ihrem Buch. Etwas später bestellen wir Pizza.

18:30 Uhr Die Pizza kommt an. Sie ist okay. Der Römer findet sie schrecklich, obwohl wir schon das dritte Mal dort bestellt haben. Mein Lieblingsladen war das eh nie.

20:00 Uhr Turtle bricht auf. Der Römer bringt sie zur Bahn. Jetzt geht’s für den Mini gleich in die Badewanne. Das wird wieder der Brüller – im wahrsten Sinne des Wortes. Baden führt hier immer zu großem Geschrei.

22:00 Uhr Das Kind ist im Bett! Hallelujah! Let’s call it a day.

Gleich geht’s weiter….

*Da kommt meine innere Frau Keifflinger raus.

Opa!

Dieser Pfingstsonntag war ein holpriger. Und er hatte so gar nichts mit meinem eigentlichen Plan zu tun. Ja, ich erdreiste mir, als Elternteil eines Kleinkindes immer noch Pläne zu machen. Wie dämlich das ist, kann sich vermutlich jeder ausmalen.

Angefangen hat es mit einer sehr unangenehmen Nacht. Nun bin ich ein Mensch, der zwar durchaus in der Lage ist, ein Doppelbett mit einem anderen Menschen teilen zu können, der aber im Verlauf der Nachtruhe nicht berührt werden möchte. Gelebtes, nächtliches Social Distancing ist das, wenn Sie so wollen. Es liegt hauptsächlich daran, dass ich bei jeder Berührung aufschrecke. Dazu brauche ich ein Minimum an Platz, Abstand und Ruhe, wenn ich schlafe. Heute Nacht empfand es Signorino aber als dringend notwendig, die ganze Nacht über physischen Kontakt zu seiner Mutter zu haben. Und sobald dieser Kontakt abbrach, schrie er empört auf. Es war, als wären wir nach 17 Monaten wieder über eine Nabelschnur verbunden. Besonders wichtig für das Kind schien es dabei zu sein, nicht etwa ruhig vor sich hinzuschlafen. Wo denken Sie hin! Viel mehr wollte er, der da schlief, konstant meine Hand patschen, streicheln, zuppeln, zupfen und mal im Gesicht, mal auf der Brust, mal an den Beinen spüren. Nur, um dann die Hand wieder zum Gesicht zu delegieren. Dabei möchte ich behaupten, dass eine Mutter gar nicht so müde sein kann, als dass Sie dabei einschlafen könne. Vorausgesetzt, Sie ticken so wie ich – und es handelt sich nicht um ein neugeborenes Baby. Den Römer schien diese Problematik wenig zu beeindrucken. Schließlich hat dieser die wunderbare Gabe, auch während eines Gesprächs wegzunicken. Er fängt dann an, mit offenen Augen zu schnarchen. Blöderweise verlangte unser Kind nur nach seiner Mutter und auch nur diese durfte das Bett mit ihm teilen.

Als diese Nacht endlich vorbei war, und das war heute um 9:00 Uhr der Fall, fing Signorino an, sein neues Lieblingswort zu schreien. Richtig! Zu schreien! Ein einfaches Flüstern wäre deutlich sanfter und schonender für meine Nerven gewesen. Aber ein kleiner Germano-Italbaner, der immer wieder „opa!“ durch die Gegend brüllte, war auch sehr unterhaltsam. Dabei meinte er nicht den Großvater. Viel mehr benutzte er das Wort im griechischen Sinn. Woher er es aufgeschnappt hatte oder ob es ein kindlich ausgesprochenes „Hoppla!“ war, wissen wir nicht. Auf alle Fälle war es hauptsächlich laut und wurde von kreiselnden Bewegungen im Bett unterstrichen.

Wir frühstückten. Die Herren Brot mit Butter und Marmelade. Ich machte mich über die restlichen und gestrigen Zimtschnecken her, die Turtle uns mitgebracht hatte. Durch den hohen Zuckergehalt bäumte sich so etwas wie meine letzte Lebenskraft auf und ich war bereit, das Kind zu bespielen. Ein bisschen Bausteine, ein bisschen Bücher, ein bisschen Wasserflaschen aufeinander bauen waren bei diesem gewittrig-wolkigen Wetter ein schönes Unterhaltungsprogramm.

Als Signorino die Legosteine nur noch durch die Gegend warf, beschlossen wir, dass die Spielstunde jetzt vorbei ist. Doch das wollte Signorino nicht gelten lassen. Stattdessen besuchte er seinen Vater im Badezimmer, der gerade eine Gesichtscreme auf der anspruchsvollen Männerhaut verteilte. Signorino, bewaffnet mit zwei Legosteinen, rot und gelb, stiefelte am Römer vorbei und steuerte auf die Toilette zu, deren Deckel offenstand. Mit voller Wucht versenkte er seine zwei Bausteine und rief sein griechisches „OPA!“. Der Römer antwortete mit einem „Ma che cavolo stai facendo? [Was zum Teufel machst du da?]“ und starrte in das weiße Keramik-WC. Da lagen sie: Zwei Legosteine. Am Grund der Schüssel wie ein sehr farbiges, versunkenes Schiff. „Amore!!! [Liebling!!!]“ schrie er ins Wohnzimmer, wo ich entspannt einen Fingerhut voll ungezuckerten Espresso trank. Ich überlegte, ob ich seinen Ruf noch ignorieren könnte, doch er setzte ein weiteres, deutlich lauteres „Amoooore!!“ nach. „Jaaahaaaa!“ tönte es aus mir. „Wie viele Legosteine hatte Signorino in der Hand?“ brüllte der Römer fragend ins Wohnzimmer. Sie wissen, ich bin durchaus eine (über)besorgte und stets um das Wohl des Kindes bemühte Mutter, aber mein Helikopter-Eltern-Dasein hört auf, wenn es darum geht, ob das Kind nun zwei oder drei Legosteine in der Hand hatte, als es den Raum verließ und Richtung Badezimmer steuerte. Ich stand auf, stellte meine leere Espressotasse auf dem Esstisch ab und schlenderte zum Badezimmer. Dort angekommen, lehnte ich mich mit verschränkten Armen in den Türrahmen. „Keine Ahnung. Zwei vielleicht?“ antwortete ich dem Römer. Signorino stand neben der Badewanne und beobachtete die Szene aufgeregt. Der Römer zog sich die gelben Gummihandschuhe an und tauchte damit ins WC ein. „Che schifo! [Wie eklig!] „, stöhnte er, gefolgt von einem „Ich spüre nur zwei Steine.“ Da der Römer sich meistens vehement wehrt, das Badezimmer zu putzen, sah ich durch Signorinos klugen Schachzug meine Chance gekommen. Er fischte die Legosteine aus der Kloschüssel und beförderte sie nach draußen. Ich stand mittlerweile mit einem Lappen und WC-Gel neben dem Römer. „Wenn du schon dabei bist, dann mach das WC doch gleich richtig sauber. So sparen wir uns einen Arbeitsschritt.“ flötete ich und der Römer funkelte mich an. „Ma mi prendete tutti in giro o…? [Wollt ihr mich alle verarschen oder….?]“ patzte er zurück. „Aber nein! Wir wollen nur keine Synergien ungenutzt lassen.“ erwiderte ich grinsend, schnappte mir Signorino und steuerte aus dem Bad. „Opa?“ fragte mich unser Sprössling. „Ja, aber nächstes Mal lieber mit einem Blatt Klopapier als mit zwei Legosteinen.“ gab ich zurück.

Nach fünfzehn Minuten kam der Römer aus dem Badezimmer. „È tutto pulito. [Es ist alles sauber.]“ erklärter er mir. Ich nickte fröhlich. Dann schnappte ich mir Signorino und trottete mit ihm ins Schlafzimmer. Leider leidet das Kind heute unter einem „müder Geist, wacher Körper“-Syndrom. Dreißig Minuten tollte er im Bett umher, fiel dabei beinahe dreimal von Selbigem und kommentierte es – mal wieder – mit seinem Universalwort „opa!“. Dann brach ich das Experiment, ihn zu einem Mittagsschläfchen zu bewegen, ab.

Da wir nicht wussten, ob ein Spaziergang mit müdem Kleinkind Sinn machte oder nicht, blieben wir daheim. Nach einer Stunde hatte der Römer genug und versuchte abermals den Ableger ins Bett zu bringen. Vermutlich war der Versuch schon zum Scheitern verurteilt, als er ihm Kinderlieder-Videos auf dem Handy vorspielte. Selbst ich würde bei einem gut gemachten „La Le Lu, nur der Mann im Mond schaut zu“ eher mitsingen und -klatschen, als an einen Mittagsschlaf zu denken. Und genau so kam es auch. Daraufhin stritten sich die beiden Herren, weil der Große wollte, dass der Kleine endlich schläft. Der Kleine aber wollte Kinderlieder-Videos sehen. Warum auch nicht? Der Große hatte schließlich damit angefangen. Am Ende motzte der eine auf Italienisch und der andere schmetterte ihm ein zu tiefst verärgertes „OPAAAAAA!!!“ entgegen.

Ich eilte ins Schlafzimmer und trennte die beiden Dickköpfe voneinander, als der Einjährige dem Einundvierzigjährigen gerade mit seiner Patschehand auf die Erwachsenen Hand schlagen wollte. Rasch griff ich mir den kleinen Querulanten, der nun in meinen Armen versuchte, dem Großen nachzutreten. „Niemand sagt dir, dass das mit einem Kind so kompliziert ist.“ seufzte der Römer. Dann packte ich den Satz aus, an den sich alle Eltern tröstend klammern: „Es ist nur eine Phase, Schatz!“ Er schüttelte resigniert den Kopf. „Und wie lange dauert diese Phase?“ wollte er von mir wissen. Ich prustete los und gab augenzwinkernd zurück: „18 Jahre mindestens.“ Der Römer stöhnte, griff sich an den Kopf und sprach geschafft: „Spero di no. [Ich hoffe nicht!]“

„Opa!“ unterbrach der kleine Pseudo-Grieche Signorino unser Gespräch und riss fröhlich die Arme nach oben. Dann lachte er laut. Wir stimmten müde mit ein.

P.S.: Weiterhin hoffen wir, dass es tatsächlich nur zwei Legosteine waren, die Signorino versenkt hat. Aber das werden wir ganz sicher herausfinden. Zum Beispiel, wenn uns morgen das WC überläuft und wir den Klempner rufen müssen.

P.P.S.: Falls Sie sich fragen, wie mein Plan für heute gelautet hätte: Die kurze, so wie hoffentlich wohlschmeckende Antwort hätte „Profiteroles“ geheißen. Nun denn, vielleicht morgen? Vielleicht nächste Woche? Vielleicht zu Signorinos 30. Geburtstag? Wer weiß das schon. Ich lasse mich auf alle Fälle überraschen.

Kleinkind – Level 4

Wir spielen gerade das Kleinkind Level 4 durch, in dem man als erwachsene Aufsichtsperson nur kurz aus dem Raum geht, um das Geschirr vom Esstisch abzuräumen und das Kind währenddessen in der Küche randaliert.

Gestern zum Beispiel schmiss das Kind (trotz römischer Aufsichtsperson) die Klobürste um, klaute die halb volle Rolle Klopapier und zerfledderte sie in der Küche. Ein Glück war ich nur schnell telefonieren, so konnte der Römer unter lautem Fluchen die Klopapierschnipsel zusammenkehren, während ich das nasse Kind abduschte und in den Schlafanzug steckte.

Jetzt weiß ich, was Sie mit „Genieß es, solange er noch so klein ist“ meinten.

Ich geh‘ dann mal aufräumen während das Kind ganz sicher einen neuen, genialen Einfall hat.

Starten Sie gut ins Wochenende!