WMDEDGT – Februar 2023

Heute fragt Frau Brüllen mal wieder, was wir denn den ganzen Tag über gemacht haben. Sie nennt das WMDEDGT. Na, dann wollen wir mal gucken:

07:30 Uhr Aufgewacht und über die Arbeit und den aktuellen Stress in eben dieser nachgedacht. Probleme hin- und hergeschoben und erwägt, zu kündigen. Schließlich habe ich zwei Jobs und die fliegerische Tätigkeit scheint mir aktuell nicht nur lukrativer, sondern auch stressfreier. Irgendwann schlief ich wieder ein.

10:30 Uhr Aufgestanden. Das Kind mussten wir wecken. Diesmal ist es unsere Schuld, dass Signorino nicht vor Mitternacht ins Bett gehen wird, aber immerhin durften wir selbst bestimmen und es wurde nicht von der Kita bestimmt.

11:00 Uhr Frühstück. Wir wälzen Probleme und Möglichkeiten, denn wir brauchen dringend einen Kindergartenplatz. Wenn möglich, nicht in der Walachei. Irgendwann sind wir nur noch genervt von allem, was daran liegt, dass wir nur noch arbeiten, keine Freizeit haben, die Kinderkrippe suboptimal ist und gleichzeitig Kindergartenwartelisten 150 Kinder zählen, die auch gerne einen Platz haben wollen würden (O-Ton einer Kita-Leitung mit der wir telefonisch sprachen). Ich schlage vor, nach Albanien auszuwandern. Immerhin hätten wir dann genügend Betreuungspersonen (dieses „Dorf“ von dem alle reden wäre genau dort) und ich könnte Beruf und Studium weiter ausüben. Der Römer ist Feuer und Flamme und sucht nach Wohnungen. Ich schlage vor, erst die Stadt Frankfurt wegen eines nicht vorhandenen Kitaplatzes zu verklagen, bevor wir nach Albanien umziehen. Der Römer willigt ein.

So sah das Frühstück leider nicht aus

12:00 Uhr Mittagessen. Pasta mit Kartoffeln und Bresaola. Das Kind isst lieber Joghurt und Butter mit Brot. Mit Nudeln kann er gar nichts anfangen, was seltsam ist, wo ich doch vor, während und nach der Schwangerschaft meist Nudeln gegessen habe.

13:00 Uhr Ich starte eines der Lehrvideos von Arbeitgeber 1. Es geht um Höhenstrahlung. Informativ – wie jedes Jahr.

Die große, weite Welt – sie geht mir ab.

14:00-17:00 Uhr Ein ruhiger Nachmittag. Spielen, snacken, fernsehen. Es regnet und wir wollen nicht raus. Dazwischen läuft die Waschmaschine.

17:00 Uhr Das Kind, das zweieinhalb Jahre baden hasste und jedesmal brüllte wie verrückt, hat seine Phobie überwunden. Er liebt nun baden – mit viel Schaum. Meist löst sich beim Kind alles in Wohlgefallen auf, wenn man ihm nur genug Zeit gibt.

18:00 Uhr Ich bin auch in der Badewanne. Man gönnt sich sonst nichts. Hunderte Male ruft das Kind „Wo ist Mama?“, aber Mama möchte ungestört die Badewanne genießen, deswegen mache ich mich unsichtbar.

19:00 Uhr Der Römer ist mäkelig. Alles, was ich essenstechnisch vorschlage, ist „Näääh!“. Am Ende will er Sushi bestellen. Machen wir, denn die Diskussion regt mich auf. Die Lieferzeiten an einem verregneten Sonntagabend sind vermutlich enorm, aber er will nicht hören.

20:35 Uhr Der Lieferant ist immer noch unterwegs mit unserem Essen. „Quod erat demonstrandum“, wie die alten Römer sagen würden. Die Laune des Römers sinkt weiter.

21:20 Uhr Mittlerweile war der Lieferant da. Wir aßen sehr leckeres Sushi. Das Restaurant probierten wir zum ersten Mal aus und es war wirklich empfehlenswert. Danach fragte ich den Römer, ob er die Titelmelodie von „Die Oktonauten“ als „Modern Dance“ interpretieren könne. Mein Mann, der sich diese Herausforderung nicht nehmen ließ, legte sofort los. Ich lachte Tränen, während er tanzte. 😄 Danach tanzte ich und war vollkommen außer Puste. Zum Glück existiert kein Video von unseren Tanzaufführungen.

To be continued

Römische Sonntage

Ich mag keine Sonntage in Deutschland. Sie sind überlaufen und ziehen sich wie Kaugummi. Beim sonntäglichen Spaziergang liefern sich Fußgänger und Radfahrer Schlachten in Parks und Grünanlagen und spätestens ab dem frühen Abend liegt der „Montagmorgen Blues“ in der Luft.

In Rom war das anders. Römische Sonntage habe ich geliebt. Ich träume immer noch heimlich, an einem normalen Sonntag auf meiner Couch, von den Sonntagen in Rom. Man stand spät auf und die Sonne schien, das konnte man durch die geschlossenen Fensterläden bereits erahnen. Dennoch wusste man eindeutig: Es war Sonntag, denn es waren viel weniger Geräusche auf der Straße.

Als Römer packt man am Sonntag (Samstag muss man oft noch arbeiten) seine Sachen und fährt ans Meer oder zu „i suoi“ [den Seinigen – die Familie] um sich dort mit der gesamten Familie zum pranzo [Mittagessen] zu treffen. Das heißt im Umkehrschluss: Die Stadt ist leer.

Sonntag ist außerdem der Abreisetag der Wochenendtouristen. Vor 12 Uhr sieht man sie langsam durch die Gassen Roms ziehen mit ihren kleinen Rollkoffern, die auf den Kopfsteinpflaster auf- und abhüpfen und auch gerne mal ein Rad verlieren oder sich einen Riss holen. Sie suchen die Trambahnen und Busse, die sie zum nächsten (Bus-)Bahnhof bringen, der sie Richtung Ciampino oder Fiumicino [die beiden römischen Flughäfen] verschickt.

Sonntage in Rom begannen spät. Um 10 oder 11 Uhr kletterten wir aus dem Bett. Der Römer war meist eine halbe Stunde damit beschäftigt seine kurzen Locken zu adjustieren, sich mit prüfendem Blick dem Kleiderschrank zu widmen und sich am Ende doch für seine typische Kombi aus Lederjacke, Polo Shirt und Jeans zu entscheiden. Die Sonnenbrille setzte er als I-Tüpfelchen kurz vorm Verlassen des Hauses auf, nur um sich im stockdunklen Flur zu finden. Durch geschicktes Vorbeischielen links und rechts von der Sonnenbrille fand er den Liftknopf, der uns nach unten brachte. Die Sonnenbrille noch einmal kurz absetzen? Ma che! [Aber was!]

Wir spazierten die 400 Meter zu unserem Stammcafé. Matteo, der immer die Mittelschicht hatte, winkte uns schon von weitem, und wir nahmen „il solito“: Un brioche integrale con miele [Ein Vollkorn Croissant mit Honig gefüllt], un brioche con la crema [ein Croissant mit einer Vanille-Puddingcreme], due caffé [zwei Espressos] und due centrifughe numero uno [zwei „Smoothies Nr. 1“ würde man wohl auf Neudeutsch sagen]

Römisches Frühstück in Trastevere

Dann frühstückten wir im schattigen Innenbereich, während all die Butterstückchen und Iced Cappuccinos der Touristen in der Sonne ihren ursprünglich angedachten Aggregatzustand verloren.

Meist gingen wir danach durch Trastevere, schlängelten uns aber durch die weniger überlaufenen vicoli [Gassen] und überquerten -mit einem kurzen Stop auf der Brücke – die Ponte Sisto, auf der wir uns verlobt haben.

Nachdem wir ein kleines Pläuschchen mit Cristian vor seinem Restaurant am Campo de‘ Fiori hielten, gingen wir weiter zur Piazza Navona, wo wir meist Andrea trafen, der versuchte Touristen in sein Restaurant zu locken. Da der Job auf der Piazza Navona nicht allzu schwierig ist, hatte auch er immer Zeit für una chiacchierata [ein Pläuschchen].

Meist war es dann schon wieder Zeit für’s Mittagessen und wir aßen Pizza am Largo Argentina. Frisch gestärkt musste noch ein caffé her, denn ohne geht’s ja nun auch nicht. Den nahmen wir meistens bei meiner sizilianischen Lieblingsbäckerei in der Via dell’Arco del Monte ein. Diese befindet sich wiederum ein paar Schritte von der Ponte Sisto entfernt, die nach Trastevere führt. Pappsatt war es dann erst einmal Zeit nach Hause zurückzukehren und ein Mittagsschläfchen zu halten.

Als der Sonnenuntergang nahte, war es meist schon Zeit für aperitivo in der Nähe der Piazza Trilussa. Gabriele stand meist draußen und rauchte, während die anderen ragazzi [Jungs und Mädeln in diesem Fall] fleißig am arbeiten hinter der Bar waren. Nach ein, zwei Stunden gingen wir gemütlich nach Hause, meist trafen wir noch irgend wen, der auch gerade nach Hause ging und verquatschten uns noch einmal für 30 Minuten. Abends ließen wir dann den Sonntag Sonntag sein und gingen etwas früher ins Bett, da der Römer am nächsten Tag arbeiten musste.

Sonntage in Rom – ich vermisse sie. Aber wie ich immer so schön sage: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Irgendwann kehren wir zurück.