So viel sind Ihre Daumen in Zahlen wert: Einen Schnitt von 1,0 oder 96,6 Punkte.
Tausend Dank für Ihre Unterstützung! Sie waren ganz großartige Glücksbringer und haben mich durch die Prüfung „Medienkonzeption und -recherche“ förmlich schweben lassen.
Und bei der nächsten Prüfung schaffen wir die fehlenden 3,4 Punkte auch noch, oder?
Wir sind krank. Bis jetzt ist es nicht so schlimm wie die letzten Male – nur Schnupfen, Kopf, ein bisschen Hals. Außerdem sind die Heizung und das Warmwasser gestern Abend ausgefallen. Anscheinend muss das so sein und geht Hand in Hand mit unserem Krankenstand. Wenn Sie sich an die letzten Male erinnern.
Zu unserer großen Überraschung verkündete der Römer bereits am heutigen Morgen um 08:00 Uhr, dass die Heizung wieder gehen würde. Natürlich kontrollierte ich nochmals nach. Nicht, dass der Gatte am Ende Fieber hatte und bereits halluzinierte. Doch es war wahr. Nur ein kleiner Ausfall der Zentralheizung, was mir die Fahrt zum Baumarkt ersparte. Schließlich hätte mich die Aussicht auf eine eiskalte Wohnung zu dieser Fahrt gezwungen. Draußen hat es zwischen 0 und 4 Grad. Angenehm ist das wahrlich nicht. Immerhin Mann und Kind hätten sich in Arbeit und Kita aufwärmen können, aber da ich diese Woche bereits gearbeitet habe, hätte ich mich nur ins nahegelegenen Café begeben können. Und das macht erst um 10 Uhr auf. Glück im Unglück!
Aber wenn der Winter so weiter geht, werde ich den Blog von “Zwischen Tiber und Taunus” in “Zwischen Jammern und krank sein” umbenennen müssen, denn etwas anderes, so scheint mir, bekommt man momentan nicht von uns mit.
Sie sehen, die Heizung zeigt Stufe 5 ein. Was Sie nicht wissen: Die Heizung ist eiskalt.
Studium
Bis Ende November wollte ich eine komplett fertige, wissenschaftliche Arbeit abgeben. Da die Themenfindung sich anspruchsvoller als gedacht herausstellt und ich immer dann im „Flow“ bin, wenn das Kind wieder von der Kita abgeholt werden möchte, gestaltet sich die Fertigstellung schwierig. Meine ehemalige Deadline war für Ende November gesetzt. Ein Blick auf den Kalender hat es Ihnen sicher verraten: Ich konnte sie nicht einhalten. Meine neue Deadline lautet auf den 23.12.2021. Ich hoffe, das klappt. Momentan bewege ich mich in Zeitlupe vor, nehme zwei Schritte nach vorne und drei zurück. Es ist zum Mäusemelken!
Arbeit
Mein Arbeitgeber, also der zweite, denn beim ersten bin ich bis Dezember 2022 in Elternzeit, fragte an, ob ich mehr arbeiten möchte. Nach kurzer Überlegung und Absprache mit dem Römer, entschied ich mich für „Ja, ich will.“. Man verhandelt nur noch das Monetäre. Das zieht sich etwas, denn ich bin preiswert und somit meinen Preis wert. 😉 Wenn alles unter Dach und Fach ist, arbeite ich doppelt so viel wie vorher. Das muss ich nur noch meinem ersten Arbeitgeber mitteilen, aber ich vermute, er hat nichts dagegen, denn während der Elternzeit kann er mir aufgrund der schlechten, wirtschaftlichen Lage keine Beschäftigung anbieten.
Quasselstrippe
Das Kind redet. Keine Sätze, aber Worte. Er benennt Sachen korrekt und kann in Büchern den fehlenden Text ergänzen. Außerdem liebt er es, neue Wörter zu wiederholen und lacht sich dabei scheckig. „Dreckig“ ist momentan eines seiner liebsten Worte. „Nass“ ist er auch, wenn er wieder mit Wasser spielt. Außerdem liebt er „sa-sa-su“, also sali su, was „steig hinauf“ bedeutet. Ab und an antwortet er mir mit „Si, si.“ und erinnert mich dabei stark an seinen Vater. Auch wenn die Primärsprache des Kindes Deutsch ist, so ist es umso lustiger wie er Italienisch spricht. Da wir italienische Literatur haben, die oft von Papa, als auch von Mama (mit starkem, deutschen Akzent) vorgelesen werden muss, werden auch Wörter wie tigre [Tiger], ciao ciao [Tschüss!], mami [ital. mani; dt. Hände] und plato [= ital. prato; dt. Wiese] gerne und oft gesagt. Signorino ist ein witziger, aufgeweckter Kerl, der uns viel Freude macht und manchmal in den Wahnsinn treibt. Gestern waren wir das erste Mal bei der Zahnärztin mit ihm, und sehr zu meinem Erstaunen dachte ich mir, dass wir schon viel früher herkommen hätten sollen. Alle meine Bedenken wurden aus dem Weg geräumt und meine Fragen detailliert beantwortet. Eine absolut empfehlenswerte Zahnarztpraxis mit einem tollen Team. Sollten Sie also eine Kinderzahnärztin in Frankfurt suchen, gebe ich Ihnen gerne die Adresse weiter. 😉
Italienische Bücher: Tigre ist im Italienischen übrigens weiblich und heißt „La tigre – die Tiger“.
In diesem Sinne: Starten Sie gut ins Wochenende, futtern oder backen Sie Plätzchen und denken Sie immer daran: Letztendlich haben wir’s echt gut. Wir sind nur an unseren Wohlstand und die Sozialleistungen gewohnt, da wir es nicht anders kennen. Aber was wir als selbstverständlich betrachten, ist der Traum eines anderen.
Ich weiß nicht, ob er Ihnen abgegangen ist, aber egal, ob Ihre Antwort „Ja“ oder „Nein“ gelautet hat, hier ist er wieder: Der Farniente’sche Freitagsrapport!
Glückwünsche zur Geburt von Dr. Markus Söder
Momentan sitze ich an einem Uni-Modell, dass sich mit dem wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigt. Die absolute Notwendigkeit erkenne ich dabei, aber besonders viel Spaß macht es mir nicht. Es ist mühsam zu lernen wie man richtig zitiert, wie man richtig recherchiert und besonders, welches fiktive Thema ich für eine Bachelorarbeit in meinem Bereich Journalismus wählen würde. Einzig eine Fallanalyse der politischen Krisenkommunikation des bayerischen Ministerpräsidenten kam mir in den Sinn. Dabei ist meine persönliche Motivation, dass ich seine Wortwahl fürchterlich finde. Da ich meine Forschungsmethodik angeben soll, machte ich mich daran, all seine Pressekonferenzen zur Corona Pandemie und Regierungserklärungen zur Pandemielage auszuzählen. 38 Stück (Stand: 13.11.2021) sind es seit der ersten Pressekonferenz 2020. 38 Mal König Markus und seine Schergen, die sagen, dass es ernst, sehr ernst, ist. Aber wissen Sie, welches Zitat mir am besten aus seiner ersten Pressekonferenz am 16.03.2020 gefallen hat? „Generell gilt, kann man nochmal sagen, Freizeit: Nichts mehr! Das ist der Bereich, der nicht unmittelbar notwendig ist.“ (Söder 2020, 42:39) Natürlich dürfen Sie nicht vergessen, dass dieser Satz aus dem Kontext geschnitten wurde. Die Frage eines Journalisten war, wie kleine Geschäfte wissen können, ob sie nun schließen müssen oder nicht. Darauf erklärte er, dass Geschäfte des täglichen Bedarfs offen bleiben, aber Geschäfte, die der Freizeit dienen, schließen müssen. Wenn Sie so wollen – und hier lehne ich mich weit aus dem Fenster – könnte man den Söder’schen Satz in eine schöne Glückwunschkarte zur Geburt an frisch gebackene Eltern verschenken. 😉
Vielleicht ein Motiv für die Babykarte? Wohl eher nicht – aber ein Symbolbild, was die werdenden Eltern erwartet.
Papa und Kind Wochenende
Ein Wochenende war es nicht ganz. Vielmehr waren es etwas mehr als 24 Stunden, die ich im Münchner Umland verbrachte. Schön war das – und angenehm, so ganz ohne Kind und Mann. Stellen Sie sich vor: Ich saß einfach so im Zug. Ganz ruhig. Und hörte Musik, während ich die neu gewonnene Freizeit nutzte, um mich für die Uni zu engagieren. Keiner schrie, keiner brüllte, keiner lief wie irre durch die Gänge oder musste bespaßt werden. Ich konnte mich sogar über die Frau hinter mir aufregen, die im Ruheabteil 10 Minuten telefonierte. Mit Signorino hätte ich davon nie etwas mitbekommen. Aber wir wären vermutlich auch nicht im Ruheabteil gelandet. 😉 Daheim lief es gut, teilte mir der Römer mit. Wir telefonierten zwei Mal. Ein wenig gingen sie mir ab, die beiden Farnientes. Aber um ehrlich zu sein, genoss ich viel mehr die Ruhe, die sich mir nach Monaten bot. Als ich um 23:55 Uhr am Samstagabend in Frankfurt ankam, waren die beiden Männer im Bett. Am nächsten Morgen gestand mir der Römer, dass es schrecklich war. Alle 10 Minuten schrie das Kind, war traurig, wollte nicht so viel spielen, usw.. Ich fand, es war eine gute Übung, denn schließlich ist eine gewisse Selbstverständlichkeit eingekehrt, dass Mama alles macht. Mama ist omnipräsent, hat keinerlei Sozialkontakte mehr, plant ihre Arbeit so, dass Papa ungestört Vollzeit arbeiten kann, ohne dass er Kompromisse machen muss, usw.. Aber dazu gehören immer zwei: Eine, die es mit sich machen lässt und oft keine Kraft mehr für Diskussionen hat und einer, der die Situation als Gottgegeben ansieht. Doch piano, piano ziehen hier andere Seiten auf.
In diesem Sinne: Haben Sie’s fein und genießen Sie das Wochenende!
Des Römers liebste Nichte, Elda, beschloss, dass es nun an der Zeit ist, die erste, in Albanien groß gewordene Frau in der Familie zu sein, die allein im Ausland studierte. Ihren Bachelorabschluss hatte sie schon in der Tasche – jetzt war der Zeitpunkt gekommen, den Master zu machen.
Sie brachte die Idee zuerst beim Römer hervor. Ihren Onkel zu überzeugen, war nicht gerade schwer. Aufgewachsen in Rom, war er Feuer und Flamme, dass seine „kleine“ 22jährige Nichte im Ausland studieren sollte. Am Ende des Gesprächs presste sie ihre Lippen aufeinander und sagte: „Sag mal, dajë (Onkel – mütterlicherseits), könntest du es meinem Vater sagen?“ Sie guckte ihn mit großen, Adria blauen Augen an. Er lachte. „Ja, ich kann’s versuchen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass dein Vater seine einzige Tochter ins Ausland gehen lässt zum studieren…also… puh…die ist gering.“ antwortete er wahrheitsgemäß.
Am nächsten Tag traf er sich mit Besnik, Eldas Vater. Bei einem Espresso saß man in Besniks Bar und unterhielt sich. Ganz vorsichtig schnitt der Römer das Thema an. „Sag mal, Besnik, Elda sollte ihren Master machen. Ein Bachelor allein bringt ihr ja nun nichts.“ Besnik nickte. Ihm war die erstklassige Ausbildung seiner Tochter sehr wichtig. „Aber an der Universität von Tirana… du weißt ja wie es ist! Man bekommt nur die besten Posten, wenn man zufällig die Tochter des Dekans ist. Für die anderen bleiben auch nach einem Masterstudiengang wenig Perspektiven übrig.“ Besnik runzelte die Stirn, musste aber zustimmen. „Im Ausland wäre das anders. Dort hätte man mehr Möglichkeiten. Gerade wenn es um ihren Studiengang, Wirtschaft, geht. Und guck mal, wie sich das in einem Lebenslauf macht, wenn deine Tochter im Ausland studiert hat. Das wäre eine ganz andere Qualifikation. Du legst doch immer soviel Wert auf eine angemessene Ausbildung. Das wäre ihre Chance!“
Besnik starrte dem Römer lange in die Augen. Ich, als stiller Beisitzer, dachte nur: „Entweder er wirft jetzt den Tisch um und zieht wutentbrannt ab oder er fängt an zu weinen. Da sich letzteres als albanischer Mann nicht schickt, wird es wohl ersteres werden.“
Es kam nur ein Laut aus Besniks Mund: „Hm!“ Ja, man kann „Hm!“ mit einem empörten Ausrufezeichen am Ende intonieren. Es war auch kein grübelndes „Hmmm…“, vielmehr ein „Hm!“ das diesen abstrusen Gedanken wegzuwischen versuchte. Seine einzige Tochter! Im Ausland! Womöglich noch allein! Und überhaupt: Was sollen die Leute denken? Er schickt doch seine Tochter nicht ins Ausland. Nein, nein! Das kommt nicht in Frage! Das alles lag in seinem „Hm!“. Und seinem Blick. Durchdringende, braune Augen, die gar nicht mehr so warm lächelten wie sie es sonst immer tun.
Doch der Römer wäre nicht der Römer, wenn er hier aufgeben würde. „Erinnerst du dich noch als ich klein war und du meine Schwester getroffen hast? Ihr habt mich als Alibi benutzt, dass ihr euch heimlich sehen könnt. All die Jahre habe ich dieses Geheimnis für mich behalten. 35 lange, lange Jahre…. Niemand weiß davon. Vielleicht solltest du dir das mit Elda nochmal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen.“ Oha. Der Römer griff zu einer richtigen Granate. Der Kampf ist eröffnet, dachte ich nur.
Besnik starrte ihn an. Schockiert. Klar, er war seit 30 Jahren mit der Schwester der Römers verheiratet, sie hatten zwei Kinder, doch wäre es unschön, wenn seine hochgeschätzten Schwiegereltern das nun herausfinden würden. Was würden sie von ihm denken? Von ihrer Tochter?
„Ich überleg’s mir….“ sagte er. „Sprich mich in zwei, drei Tagen nochmal darauf an. Aber währenddessen behältst du Stillschweigen. Über alles! Besonders über deine verrückte Idee und diese Geschichte von damals!“
Sprachlos – anders kann ich es nicht nennen. Ja, sprachlos trifft’s am ehesten. Oder „sono rimasta senza parole“.
Der Römer hat einen Job. Also, seinen Job.
Seit 1 1/2 Jahren arbeitet er – mal mehr, mal weniger zufrieden – in der Pizzeria seines (mittlerweile) guten Freundes „il capo“[Der Chef]. Erst wurde er als Pizzabäcker eingestellt, dann wurde er als Kellner gebraucht, was ihm gut gefiel, da er gerne ein Schwätzchen mit den Gästen hält. Gäste wurden zu Stammgästen, charmant und unterhaltsam wurde er zum Stellvertreter von il capo, wenn dieser nicht da war. Und das war er nicht oft, da er noch eine andere Pizzeria hat um die er sich kümmern muss. Als der Koch kündigte, wurde neu gewürfelt in der Pizzeria und da man einen Kellner einfacher fand als einen Pizzabäcker, wurde der Römer wieder zum Pizzabäcker. Er akzeptierte es, aber „soddisfazione“ [Zufriedenheit] sieht anders aus.
Dennoch: Es war nicht sein Traumberuf, den er jahrelang eifrig studiert und in Rom praktiziert hatte. Wer denkt, dass es für medizinische Berufe reicht, in der EU studiert zu haben, irrt sich leider. Jedes Bundesland Deutschlands hat ein anderes Anerkennungsverfahren mit viel Bürokratie. Im Dezember, als absehbar war, dass der Römer schon ein ordentliches Deutsch-Level (auch so ein Anerkennungskriterium) vorweisen konnte, begannen wir sämtliche Unterlagen in Rom anzufordern. Und das dauerte. Und dauerte. „Si fa le cose con calma“ [Man macht die Dinge in Ruhe] war die Divise in Rom. Im März holten wir die Unterlagen ab. Dann mussten sie übersetzt und beglaubigt werden. Wir schickten sie ein, doch das Sprachzertifikat fehlte noch. Das holen wir im August nach, da der Römer beim letzten Mal nicht bestand. Solange wird auch der Antrag nicht bearbeitet. Deutsche Bürokratie.
Letzte Woche passierte es dann. Es kam zu einem Zerwürfnis in der Pizzeria, das sehr unschön war. Der Koch rastete komplett aus, beschimpfte und bedrohte den Römer, seine Familie und alles, was ihm lieb war. Er, der Koch, war sowohl den Drogen als auch dem Alkohol mehr als zugeneigt und es eskalierte so, dass der Römer entschied, die Pizzeria an diesem Tag zu schließen. Er verständigte il capo, der sofort von der anderen Pizzeria angebraust kam. Die Pizzeria wurde zwei Stunden später wieder geöffnet und der Betrieb ging weiter. Diesmal ohne Koch. Doch ein bitterer Geschmack blieb. Und der Römer wollte, aus gutem Grund, mit dem Koch, der sich nicht das erste Mal so benahm, nie wieder zusammenarbeiten. Das teilte er auch il capo mit. Anstatt dem Koch fristlos zu kündigen (Gründe dafür hätte es einige gegeben), behielt il capo den Koch [Lui è un poveraccio, non ha una lira – Er ist ein armer Kerl, er hat keine müde Mark] und der Römer hielt sein Wort und erschien, mit Vorankündigung, nicht zur Arbeit.
3-4 Tage saß er also daheim, enttäuscht von seinem Chef, vom Leben, von allem. Und er vermisste seinen „richtigen“ Job – seine Berufung.
„Vielleicht ist das jetzt der blödeste Zeitpunkt oder aber der beste…“ fing ich an. „Es gibt da diese Stellenanzeige, die perfekt auf dich passen würde. Ja, ich weiß, du darfst noch nicht offiziell arbeiten.“ versuchte ich ihm gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Aber was spricht denn gegen ein Praktikum?“
Er hörte sich alles stirnrunzelnd an und schwieg. Das war zumindest ein gutes Zeichen, insofern es ein Zeichen dafür war, dass er darüber nachdachte. Ein langgezogenes „Okaaaaay.“ verließ seinen Mund. „Io dico di sì!“ [Ich sage ja!] antwortete er und lächelte. Wir schrieben zusammen ein Anschreiben, einen Lebenslauf, scannten seine Unterlagen, ließen Bewerbungsfotos machen und sendeten alles per Email an die Praxis. Das war der kleinste und leichteste Teil des Prozesses.
Zwei Tage später meldeten sie sich. Sie würden ihn gerne kennen lernen. In zwei Tagen. Das heißt, wir hatten zwei Tage Zeit um uns auf ein deutsches Vorstellungsgespräch vorzubereiten. Wir gingen häufige Fragen, ihre Bedeutung und ihre Antwort durch. Wir lernten neue Vokabeln. Tagelang hörte man den Römer nur Wörter wie „Dehnen“ und „Ganzheitlich“ murmeln. Gefolgt von „Können Sie sich bitte aufrecht hinsetzen?“, „Was haben Sie für Beschwerden?“ und „Sagen Sie mir, wenn das unangenehm ist!“. Um das Wissen besser wiederholen zu können, übte er diese Sätze mit Karteikarten.
Dann stand das Bewerbungsgespräch an. Man unterhielt sich über die Konditionen und am liebsten, so der Römer, hätten sie ihn morgen anfangen lassen, da es soviel Arbeit gibt. „Morgen“ konnte der Römer nicht anbieten, dafür aber Anfang September.
Als der Römer daheim war, fragte ich ihn, wie sie verblieben sind. Er konnte sich nicht erinnern, er wusste nur, dass er ein sehr positives Gefühl hatte. Das war natürlich ein bisschen wenig Information.
Deswegen schlug ich vor, am nächsten Tag eine Email zu schreiben um noch einmal sein Interesse zu bekunden. Wir formulierten eine sehr nette Email, die offenkundig zeigte, dass er sehr angetan ist. Wenig später kam eine positive Email der beiden Chefs zurück. Sie würden ihn gerne als Praktikant einstellen (zu überaus fairen Konditionen) und er solle sich kurz zurückmelden, dann würde man einen Termin finden um alle Details zu besprechen. Der Römer grinste von einer Backe zur anderen. „Ho capito bene? Mi prendono?!?!?!?“ [Habe ich das richtig verstanden? Die nehmen mich?!?!?!?!] fragte er vollkommen euphorisch und entgeistert. „Esatto!“ [Genau] antwortete ich. Er umarmte mich stürmisch. Dann klopfte er an meinen Bauch: „Hai sentito?! Prendono il tuo papà a lavorare!“ [Hast du das gehört? Sie nehmen deine Papa!] Er konnte sein Glück kaum fassen. „Oggi, pizza per tutti!“ [Heute, Pizza für alle] verkündete er. Ich musste lachen. Er verschwand mit einem „Inizio subito di preparare tutto.“ [Ich fange sofort an, alles vorzubereiten] in die Küche.
Zwei Stunden später saßen wir zufrieden kauend am Esstisch. „Che fortuna che ho!“ [Was für ein Glück ich doch habe] sprach er und konnte immer noch nicht aufhören zu grinsen. „C’è sempre un lato positivo diceva mia nonna. Ed è vero!“ [Es gibt immer auch eine gute Seite sagte meine Oma immer. Und das ist wahr!]