Die hämmern wie verrückt!

Sie erinnern sich an Parkwächter Krause? Heute folgt Episode 2 meines neuen Lieblingsnachbarn, die sich am Anfang dieser Woche zutrug.

Rasch fahre ich in den Innenhof und lasse das Auto gemütlich auf den letzten Metern in die Parklücke rollen. Signorino sitzt, ein Stück Brezel kauend, auf der Rücksitzbank in seinem Kindersitz. Seine dunkelblaue Mütze liegt auf seinem Schoß. Er muss sie wohl während der wilden Heimfahrt von der Kita ausgezogen haben. Gleich wollen wir einkaufen gehen. Davor winkt eine richtige Brotzeit und nicht nur eine schnelle Brezel im Fond des Autos.

Ich stelle den Motor ab. Mein Blick streift die Mülltonnen linkerhand. Etwas schwarz-weißes steht dort. Ich gucke noch einmal genauer hin: Ja, kein Zweifel – es ist Parkwächter Krause in seinem Ringelshirt. Ich trinke noch einen Schluck Wasser, nehme meine Handtasche vom Beifahrersitz und öffne die Tür. Flott steige ich aus, blicke zu ihm, doch er starrt verwundert und kopfschüttelnd auf den geteerten Boden des Mülltonnen-Eckes im Innenhof. Ich murmle ein leicht zu überhörendes „Hallo“. Dann gehe ich zum Kofferraum, um den Kinderwagen herauszuheben. Plötzlich ertönt seine Stimme aus dem nichts.

[Lesehinweis: Diesmal habe ich es etwas hessischer geschrieben, denn so babbelt (=redet) Parkwächter Krause nunmal. Da mein Hessisch wahrlich kein Juwel ist, sehen Sie es mir nach, wenn ich es falsch wiedergegeben habe.]

Parkwächter Krause [PK]: „Entschuldigen Sie, wisse Sie, wer hier nasse Kaiserbrötche im Innehof verteilt hat?“

Ich: „Äh…nein. Das ist ja seltsam. Wer macht denn sowas?“

PK: „Des weiß ich ebbe net. Deswegen frag‘ ich Sie, weil viellecht wisse Sie des.“

Ich: „Nein, tut mir Leid. Da muss ich passen. Seltsam!“

PK: „Seltsam… und gfährlich! Wisse Sie, was passiert, wenn hier nasse Brötche verteilt werde?“

Ich: „Ähm… das ruft sicher allerhand Getier auf den Plan!“

PK [hält, mir recht gebend, die geöffneten Handfläche nach oben, parallel zum Boden]: „Ebe! Getier und besonders Ratten. Wisse Sie, was passiert, wenn Sie so a gwöhnliche Stadttaube in Frankfurt füttern? Ham’Sie des amal gmacht?“

Ich: „Nein…auch hier muss ich passen. Eine gewöhnliche Stadttaube habe ich in Frankfurt noch nie gefüttert.“

PK: „Besser so! Denn jetzt sag ich Ihne, was da passiert, wenn Sie des mache. 800 EURO! 800 Euro zahle Sie, wenn Sie a Stadttaube in Frankfurt füttern und des Ordnungsamt Sie erwischt.“

Ich: „Puh… aber das macht man ja nicht, eine gewöhnliche Stadttaube zu füttern. Leute gibt‘s…“

PK: „Des sage Sie jetzt. Wir sin ja alle vernünftige Leud! Aber es gibt Leud, des könne Sie sich gar net vorstelle.“

Ich nicke ernst und klappe den Kinderwagen vollständig auf. Signorino scheint noch guter Laune zu sein, während er wartet, dass ich das Gespräch mit unserem Parkwächter Krause beende.

PK: „Wisse Sie, was passiert, wenn hier Ratte sin?“

Ich: „Ähm…die kriegen wir vermutlich nur schwer los?“

PK: „Richtich! Nie wieder kriege Sie die los! Und jetzt sag ich Ihne was, aber entschuldige Se vorab. Ich sag des jetzt ganz direkt auf Altdeutsch. Ganz direkt auf Altdeutsch sag ich Ihne des jetzt. Sie sin‘ ja a Dame – aber ich sag’s einfach frei raus: DIE RATTE HÄMMERN WIE VERRÜCKT!! Heute ham Sie 10 – morge 100 von de Biester.“

Ich (unterdrücke ein Lachen, da das Thema durchaus ernst ist): „Ja…die kriegen Sie nie wieder los. Ich bin auf dem Land aufgewachsen… wir hatten mal Ratten. Das sind schlaue Tiere. Mit allen Tricks arbeiten die. Mit allen!“

PK (nickt zustimmend und zufrieden): „Als kleiner Stift bin ich in da Rhön aufgwachse. Auffä Bauernhof. Wir vom Land verstehe des. Aber sage Se des amal de Frankfurter Stadtfutzis. Is ja lieb gmeint mit de nasse Brötche – aber danach habe wir ehrliche Leut die Arbeit. Sie verstehe mich da. [Ich nicke] Aber eines sage ich Ihne: Wir komme de Brötchen-Fütterer scho auffä Schlich!“

Ich (sehr ernst): „Ja, ich werde definitiv ein Auge darauf haben.“

PK: „Sehr gud! Jetzt will ich Sie nimma länger aufhalte. Sie haben ja Ihren Stift [Signorino] noch in Ihrer Kutsch. Bis dahin – isch mach weidda!“

„Was soll man machen?“ steht auf dieser Wand am Mainufer. Gute Frage! m

Frankfurter Impressionen #5

Täglich gehe ich vier Mal an der Wahlwerbung einer deutschen Partei vorbei und jeden Tag denke ich bei dem Spruch „Nie gab es mehr zu tun.“ an unseren Umzug und muss schmunzeln. Deswegen habe ich mir erlaubt, das Plakat etwas umzugestalten. Doch sehen Sie selbst:

Starten Sie gut in die Woche!

Frankfurter Impressionen #4

Ein schnell aufgenommener Schnappschuss. Der Römer hatte schon sein Päckchen „canna“ (zucchero di canna = Rohrzucker) in seinen Cappuccino geleert. Und doch ist dieses Bild so viel mehr:

Angefangen hat es mit einem glücklichen Zufall. Die Sekretärin informierte den Römer heute früh darüber, dass die ersten zwei Patienten abgesagt hatten. Somit brauche er nicht vor 11:30 Uhr in die Praxis kommen. Signorino war zu diesem Zeitpunkt schon fertig angezogen und ignorierte gekonnt sein Frühstück. „Bringst du ihn jetzt trotzdem in die Kita?„, fragte ich hoffnungsvoll. Schließlich befand ich mich noch im Nachtgewand und ein „Nein“ des Römers hätte zu erheblichem Stress meinerseits geführt. „Aber klar doch! Und danach gehen wir einen Kaffee trinken.“, schlug der Römer vor. „Nur wir beide?„, wollte ich ungläubig wissen, denn das kommt in etwa so häufig vor, als würde Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen. Der Römer lachte. Ja, nur wir beide.

30 Minuten später war er wieder daheim, hatte das gut gelaunte Kind abgeliefert und war etwas traurig, dass Signorino ihn zum Schluss nicht umarmt hat. Der kleine Kerl war einfach zu beschäftigt.

Wir fuhren in die Innenstadt und der Römer zeigte mir sein neues Stammcafé. „Questo è amico mio. [Das ist mein Freund.]„, sprach er und zeigte auf einen Herren mit schneeweißen Haaren und schneeweißer Uniform. Seine haselnussbraune Haut bildete einen schönen Kontrast zu all den weißen Akzenten. „Buongiorno Signori! [Guten Morgen, die Herrschaften!]“, begrüßte er uns mit einem spitzbübischen Lächeln. Man merkte schnell: Hier wohnte ein junger, schelmischer Geist in einem nicht mehr ganz taufrischen Körper. Ohne Zweifel, er ist die Seele des MONZA Caffè & Bar in der Fressgasse. Charmant, höflich, nie aufdringlich, dabei immer einen wohl dosierten Schalk im Nacken.

Wir verbrachten hier eine knappe Stunde mit Blick auf die Fressgasse. Die Zeit verflog wie der Wind. Das Angenehmste daran war, dass wir nach Monaten (oder Jahren?) für einen Moment einfach nur ein Pärchen waren und nicht Mama und Papa. Das war bitter nötig, denn seit geraumer Zeit leben wir nebeneinander her. Ohne Großeltern oder anderweitige Betreuungspersonen mit einem Kind, dass vor 22 Uhr nicht ins Bett geht, bleibt keine Zeit als Pärchen. Man funktioniert neben der Arbeit, dem Studium, Haushalt, Kind und Umzug einfach nur.

Aber diese eine Stunde für uns wog viele „Nur Mama und Papa“-Monate auf.

Oh, und das Monza ist wirklich empfehlenswert. Es gibt zwei Dependancen:

MONZA Caffè & Bar*

Große Bockenheimer Straße 43 | Innenstadt | Frankfurt am Main

oder

Schweizer Straße 73 | Sachsenhausen | Frankfurt am Main

*Werbung, aus reiner Überzeugung, unbezahlt und unbeauftragt

Frankfurter Impressionen #3

Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Und mit Kaffeetassen schon gleich gar nicht.” Dieser Spruch wird im Café „Elaine’s Greenhouse*“ wahr. Aber keine Sorge, in Elaine’s Greenhouse ist der Service so exzellent und aufmerksam und der Ort so idyllisch und geschmackvoll gestaltet, dass man seine Kaffeetasse lieber verträumt umklammert, als dass man damit wirft.

Das Schöne an diesem Ort ist, dass er mitten in der Stadt liegt. Nur wenige Schritte von der gut besuchten Goethestraße entfernt, findet man ihn etwas versteckt in der Nähe der Rothofstraße. [Einfach am Hugo’s vorbei, schon sind Sie da.] Eine wahrlich grüne Oase in der atemlosen Stadt.

Elaine’s Greenhouse | Junghofstraße 28 | Frankfurt am Main | Öffnungszeiten: So.-Mi. 10:00 – 22:00 Uhr, Do.-Sa. 10:00 – 02:00 Uhr [Stand: 30.06.2021]

Website: Elaine’s Greenhouse*

*Werbung, unbezahlt und unbeauftragt

Frankfurter Impressionen #2

Ein Friedhof? Ja. Und zwar der jüdische Friedhof Battonnstraße. Zentraler geht es nicht!

Für mich ein neu entdeckter Frankfurter Ort, der gut beschützt hinter hohen Mauern liegt. Er strahlt eine unglaubliche Ruhe aus und das schönste ist, dass er meistens menschenleer ist. Darin war ich noch nie, erfuhr aber, dass ein Besuch gegen Hinterlegung des eigenen Ausweises im jüdischen Museum möglich ist. Das werde ich aber noch genauer eruieren.

Starten Sie gut in die Woche!

P.S.: Wer mehr über den jüdischen Friedhof erfahren will, der findet hier alle Infos: klick