
Als ich noch nicht schwanger war, hätte ich es nicht für möglich gehalten.
Die Schwangerschaft wird zum öffentlichen Event.
Jeder – und zwar wirklich jeder – hat eine Meinung zu meiner Schwangerschaft. Das würde mich auch wenig stören, wenn mein Gegenüber es für sich behalten könnte.
Da fragt die Verkäuferin im hiesigen Supermarkt wie „weit ich bin“. „Im 6. Monat.“ antworte ich freudig. „Aaaaaach! Da stimmt aber was nicht?! Ihr Bauch ist ja viiiiiiel zu klein. Haben Sie das mal mit dem Frauenarzt besprochen?“ antwortet sie belehrend.
Nein, gute Frau, habe ich nicht. Denn, wenn etwas nicht in Ordnung wäre, bin ich mir sicher, dass mein Frauenarzt mir das in den letzten, monatlichen Untersuchungen ganz sicher mitgeteilt hätte.
Eine Kollegin des Römers begrüßt mich letztens fröhlich in der Arbeit. Ihr Blick wandert automatisch auf meinen Bauch. An diesem Tag trage ich ein weites, langes Sommerkleid. Darin fühle ich mich wohl und nichts klebt an meinem Körper. „Ooooch Menno!“ sagt sie. „Jedesmal trägst du weite Sachen! Man kann überhaupt keinen richtigen Blick auf deinen Bauch erhaschen. Das finde ich echt doof.“ Ich starre sie an und hebe eine Augenbraue. Das hält sie anscheinend nicht davon ab weiterzumachen. „Ich finde das so toll, wenn Schwangere enge T-Shirts tragen. Seine Kugel kann man doch mit stolz zeigen. Du brauchst dich nicht schämen.“
Oh wow. Da ist es wieder. Jemand, der mein weites Sommerkleid bei 38 Grad interpretiert. Ich beschließe mich nicht zu rechtfertigen (warum auch?) und lächle nur müde.
„Das wird sicher ein Junge. Das sehe ich an der Bauchform. Deine Schwester ist sich auch sicher, dass es ein Junge wird. Es kann nichts anderes sein.“ äußert meine Mutter bei ihrem Besuch letzte Woche. „Aha.“ antworte ich, denn ich bin zu müde um diese Theorien zu diskutieren. „Frauen, die mit einem Mädchen schwanger sind, werden zu einer Tonne. Die kriegen einen richtigen Schwimmreifen. Aber bei dir wächst alles nach vorne und du hast einen ganz kleinen Bauch.“ fährt sie fort. „Na ja, Mama, das liegt vielleicht 1. an der Genetik und 2. daran, dass ich generell nicht besonders viel auf die Waage bringe.“ rechtfertige ich mich dann doch. „Ne, ne. Das ist 100% ein Junge. Ich habe vier Kinder und bei allen konnte ich es an der Bauchform sehen.“ entgegnet sie mir. Na dann, wenn das 100% so ist, kann ich mir ja die Ultraschall-Untersuchungen sparen, wenn jeder schon alles weiß.
Am nächsten Tag sind wir in der italienischen Tagesbar von Giovanni. Auf der Karte stehen Ravioli mit Meeresfrüchten gefüllt. Wir kennen Giovanni seit Jahren und er ist ein guter Freund vom Römer und mir geworden. Nicht zum ersten Mal bestelle ich die Ravioli mit Meeresfrüchten. Ich blicke in das entsetzte Gesicht meiner Mutter. „Bist du dir sicher, dass du Meeresfrüchte essen darfst?“ sagt sie schockiert und ihre Stimme überschlägt sich fast. „Äh… ja. Es ist ja alles gekocht. Die Meeresfrüchte kommen aus dem Tiefkühler und nicht aus einem Tümpel. Ich sehe da kein Problem.“ antworte ich – bemüht ruhig zu bleiben. „Na, wenn du da so viel Gottvertrauen hast….“ erwidert sie. „Ja, habe ich.“ gebe ich kurz zurück. Innerlich verdrehe ich die Augen. 🙄
Gestern im Supermarkt, ich vor dem Käseregal flanierend und nach Feta und Mozzarella Ausschau haltend, finde die beiden Sachen schlussendlich. Neben mir eine Frau um die 50 Jahre. Wir haben uns – da bin ich mir sicher – noch nie gesehen. Ich greife beherzt zwei Packungen Feta und drei Packungen Mozzarella. Sie guckt erst mich, dann meine „Teufelsware“ und dann meinen Bauch an. Und dann wieder mich. Und meinen Bauch. „Sie wissen schon, was Sie da gerade in der Hand haben?“ bennent sie das Unmögliche. „Äääh… Moment – ach, hier stets: Feta und Mozzarella.“ antworte ich, gefasst auf eine dämliche Antwort. „ABER SIE SIND DOCH SCHWANGER!!!“ stößt sie aufgeregt und entgeistert hervor. „Wissen Sie denn nicht, dass Sie das gar nicht essen dürfen? Das ist eine riesen Gefahr für Ihr Kind!!“ Ich überlege kurz. Bevor ich ihr erkläre, dass diese Käsesorten pasteurisiert sind und keinerlei Gefahr davon ausgeht, beschließe ich einen anderen Weg einzuschlagen. „Ich bin nicht schwanger – ich bin nur dick geworden. Und jetzt entschuldigen Sie mich!“ antworte ich knapp – in mich hineinlachend. „Oh…oh….“ stammelt sie. „Ääähm.. also, es sah aber aus als wären Sie schwanger.“ Sie läuft hochrot an. „Danke, Ihnen auch einen schönen Tag!“ gebe ich ihr entgegen – mit gespielter Tragik. Ich gehe und verstecke mich bei den Haushaltswaren – wo ich erstmal beherzt lache.
Tja, 1:0 für mich!