Zurück zum Schreiben

Wissen Sie wie mein Tag aussieht? Natürlich wissen Sie es. Oder Sie können es sich zumindest vorstellen. „Kind. Haushalt. Mann.“ würden Sie jetzt in knackigen Stichpunkten aufzählen. Und ich würde Ihnen Recht geben. Dann würden wir 20 Minuten darüber reden wie anstrengend Kinder sein können, ich würde „Schon der dritte Kaffee heute“ stöhnen und Sie würden mitleidig nicken. Damit wäre die Frage beantwortet.

Aber wissen Sie, wie ich eigentlich meine Zeit verdinge? (Ich schreibe bewusst „verdinge“, nicht „verbringe“)

Soziale Netzwerke – Aktienkurse – Emails – Zeitung.

In dieser Reihenfolge und mit einer deutlichen Gewichtung auf „soziale Netzwerke“. So schaue ich mir also tagein tagaus „Stories“ von bekannten und weniger bekannten Gesichtern an. Sie reden über ihren Alltag und ich lausche. Ich, die ich doch selber einen Alltag habe. Und so verbringe ich die Stunden und Minuten in denen Signorino schläft, damit.

Und – dafür schäme ich mich ein bisschen – auch ein paar Minuten, in denen Signorino wach ist und spielt. Neben seinem Spielebogen sitzend, klicke ich durch die Leben der anderen, obwohl ich doch gerade in meinem Leben bin und dort teilnehmen sollte.

Warum ich das mache? Weil es mich entspannt. Dieses berieselnde Gefühl des „nicht-denken-müssens“, des „Mutti-ist-mal-kurz-gedanklich-in-Panama-am-Strand“. Bis ich an einen Punkt kam, an dem ich dachte: Halt! Stop! Was habe ich denn früher gemacht?

Ich habe geschrieben. Mein allererster Blog (indubioprosecco) befüllte du regelmäßig mit Gedanken und diese Gedanken befühlten mein Herz, machten Dinge klarer, ordneten meine Gefühle und Überlegungen, die vergleichbar waren mit einem überfüllten Mülleimer an einem sonnigen Sonntagnachmittag im Park.

Das Schreiben bereicherte mein Leben.

Und dahin gilt es nun zurückzufinden. Zum Schreiben.

In diesem Sinne: Ich hoffe, wir lesen uns.

Der Weg ist das Ziel!

Du machst deins und ich mach meins

„Ich möchte keine Latte-Macchiato-Mutter werden.“ ist mein Leitsatz. Immer noch. Und ausgeprägter denn je.

Ich sehne nicht den Moment herbei, ein viel zu enges Streifenshirt anzuziehen, nur damit mich Bekannte oder gar Fremde darauf ansprechen, ob ich wohl schwanger sei. Ich trage gerne luftige Sachen. Und so können es die meisten nicht erahnen und wenn, dann sieht es jetzt im fünften Monat eher nach Blähbauch als nach Schwangerschaftsbauch aus.

Auch beim Schwangerschafts-Yoga wird man mich nicht finden. Ich werde keine von den gertenschlanken Hafermilch-Decaff-Latte Muttis sein, die sich seelig über das viel zu enge Yogaoberteil streicheln und seit dem Ersttrimester Screening und der DNA Analyse wissen, dass es eine Lina Sophie anstatt eines Ben Collin wird. Zumal wir kein Ersttrimester-Screening wollten. Wir nehmen unser Kind genauso wie es uns gegeben wird. Und wenn es an Trisomie 21 erkrankt ist, so ist es immer noch unser Kind. Egal wie es geboren wird.

Man findet mich auch nicht vor Glück seufzend in Babygeschäften, wo ich Strampler für 30 Euro kaufe und mir vorstelle wie Lina Sophie oder Ben Collin darin aussehen. Stattdessen kaufe ich Bekleidungspakete für Neugeborene bei einem bekannten deutschen Online Aktionshaus. Die gebrauchten Strampler haben mehrere Vorteile: 1. Sie sind meistens Topware, die kaum getragen worden sind, weil Babies nun mal schnell wachsen. 2. Frei von Chemiespuren, die sich nach dem Kauf meistens noch in der Kleidung befinden. Durch das häufige waschen, verschwinden sie aber komplett. 3. Sie schonen den Geldbeutel und 4. Man kann sie danach noch weiterverkaufen.

Gegen die Vorstellung eines Geburtsvorbereitungskurses wehrte ich mich auch. „Seit Millionen von Jahren gebären Frauen Kinder. Warum sollte ich mich denn mit einem 10-stündigen Kurs darauf vorbereiten?“ erwiderte ich, wenn mich jemand danach fragte. Der Andere guckte schockiert und sagte, dass das wohl das mindeste ist, wenn ich mich schon dem Schwangerschafts-Yoga und einer Babyshower-Party verweigere.

Also suchte ich heute danach und was soll ich sagen? So wie ich denken wohl sehr wenige. Im Oktober sind alle Kurse ausgebucht (außer der englischsprachige) und im November ist’s schon zu spät für mich. Ich werde nochmals recherchieren müssen, ob sich nicht doch einer auftut. Oder aber ich gehe in den englischsprachigen. Das wäre auch ok, finde ich!

Ich bin und werde keine schlechte Mutter, nur weil ich mich verweigere in großen Müttertrauben zu fünft, sechst oder siebt, Kinderwagen am Fluss entlang schiebend, meinen Latte Macchiatto zu schlürfen und über den Stuhlgang der Babies zu diskutieren. Meine Schwangerschaft ist kein Event.

In neun Monaten entsteht ein wunderbarer, kleiner Mensch, den wir fest in unsere Arme schließen und nie wieder hergeben. Aber wir müssen kein mehrtägiges Fest daraus veranstalten. Alles, was für mich zählt, ist unsere kleine Familie. Das muss ich auch nicht bei den gängigen sozialen Medien publizieren – mit Ultraschallbildern und Herzchen-Smileys.

Auch unser kleiner Bambino hat ein Recht auf Privatsphäre. Allein deswegen wird es keine Bilder bei Messenger-Diensten und sozialen Netzwerken geben. Auch nicht von hinten und auch keine Hand oder ein Fuß. Wir sind zum Schutz und zum Wohlergehen unseres Kindes da und nicht zur Selbstvermarktung.

Wer sich dafür oder dagegen entscheidet, hat meine vollste Unterstützung. Oder wie meine Oma zu sagen pflegte: „Du machst deins und ich mach meins. So mach ma’s dann, gell?“