Kamelhöckerkrank

Wissen Sie, warum ich keine Thriller gucke? Weil ich mit Kind und Kegel regelmäßig in einem lebe. Deswegen brauche ich nicht mehr „thrill“ [engl. Nervenkitzel], denn meine Nerven sind so dermaßen durchgekitzelt, ich würde gerne ab und an rufen, dass man aufhören möge, meine Nerven so zu malträtieren.

Ende dieser Woche beginnt wieder meine Flug-Woche. Und so eine Flug-Woche will vorbereitet sein: So plane ich bei Dienstplanveröffentlichung (am 27. des Vormonats) meine Abwesenheit: Ich organisiere und instruiere den Römer, wo er wie seine Arbeitszeit umstellen soll, damit wir dieses wackelige Konstrukt aus meinen paar Tagen außer Haus irgendwie organisiert bekommen. Natürlich sind wir dabei auf das Wohlwollen seines und meines (anderen) Arbeitgebers angewiesen.

Der Februar ist noch ein wenig wackeliger als sonst, weil ich direkt nach meiner dreitägigen Flug-Abwesenheit zu meinem anderen Arbeitgeber nach Niederbayern reisen darf. Dort bleibe ich eine Nacht, reise wieder heim, habe zwei Tage zur Entspannung und dann geht es wieder aufs Flugzeug für einen Tag.

So der Plan. Meine Schwester Turtle wird diesen Monat auch eingespannt, denn der Montag ist der wackligste Tag von allen. An diesem Tag bat ich Turtle Signorino vom Kindergarten abzuholen. Da das ihr erstes Mal ist, instruiere ich sie seit Wochen und netterweise trabt sie mit mir alle Strecken und alle Schritte hinsichtlich der Kindergartenabholung ab. „Ah, der Türöffner ist also hier oben auf Kopfhöhe. Macht ja Sinn!“ und „Dann muss ich unbedingt einen Haustürschlüssel von euch mitnehmen“ sind einige Erkenntnisse, die wir ohne diese Testläufe nicht gehabt hätten. Ich bin froh und dankbar, dass meine Schwester ihren Neffen bereitwillig abholt, denn sonst wird die Luft (um beim Fliegerjargon zu bleiben) langsam dünn bei der Organisation dieser Achterbahnfahrt.

Diese Woche, um genau zu sein, vorgestern, sollte Generalprobe sein, aber Signorino ist krank.

Stillleben einer Krankheit: Ein Hausschuh auf dem Esstisch, Reste eines Taschentuchs, zwei Stück Apfel. ein Stiel von einem Eis, ein Fieberthermometer, dazwischen der Laptop.

Kamelhöckerkrank. Kennen Sie diese Form von krank? Dem Kind geht’s schlecht, das Fieber steigt und findet seinen Höhepunkt (das ist der erste Kamelhöcker), nur um dann endlich abzusinken. Sie wähnen sich als Eltern in Sicherheit und rechnen sich aus, wann das Kind wieder in den Kindergarten gehen kann, nur dass dann der zweite Höcker kommt: Das fieberfreie Kind wird wieder fiebrig. Die einen Symptome (Gliederschmerzen, Schnupfen) geben sich die Klinke in die Hand mit den anderen Symptomen (Reizhusten, Kopfweh, Halsweh nonstop) und ich stehe da, fassungslos, mit meinem Terminkalender in der Hand und stampfe schon mal alle Pläne in die Tonne.

Ein Kamel vor der EZB kann nur in Frankfurt bewundert werden und zwar im Zoo.

Dann wird der Römer, trotz kugelsicherer Grapefruit-Kur, auch noch krank. Er hustet, schnupft und verliert seine Stimme. Die Gliederschmerzen zwingen ihn zur Ruhe und er bekommt Fieber.

So bin ich die einzige Gesunde unter lauter Schniefenden, Schnäuzenden und Fiebernden. „Jetzt bloß nicht krank werden! Jetzt bloß nicht krank werden!“, rede ich mir ein und klammere mich zitternd an meinen Grapefruitsaft. Dann laufe ich zum Kiosk um die Ecke und organisiere mir indischen Samahan-Tee*. Er wird’s schon richten. Das wird schon gehen. Bitte nicht auf der Dreitagestour krank werden. Ich will nicht alleine und krank im Hotelzimmer irgendwo in Europa liegen.

Obwohl, besser wäre es. Lieber alleine etwas auskurieren als mit einem bis dahin genesenen und lebhaften Kind. Dann würde ich stundenlang Serien auf diversen Streamingdiensten gucken und mich in meinem Leid suhlen, um dann schniefend den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und mir ein Clubsandwich mit Pommes beim Roomservice zu bestellen. Die Spesen meines Arbeitgebers laufen weiter und irgendwas muss ich ja essen – in meinem Leid. Ich bin schließlich nicht daheim und irgendwann wird man mich dann heimfliegen lassen.

Aber halt! Moment! Ich schieb den Gedanken lieber weg. Denn ich darf jetzt nicht krank werden! Sie kennen das aus einem meiner letzten Beiträge: Flugtage sind nicht in Stein gemeißelt. Fliege ich am Samstag nicht, dann fliege ich eben dann, wenn ich gesund gemeldet bin. Und das organisieren Sie mal! Mit einem Kindergartenplatz bis 14:30 Uhr und einem Mann, der Patiententermine hat, die seit 2 Monaten gebucht sind.

Jetzt hoffen wir also, dass ich verschont bleibe von all den Viren, dem Husten, den Gliederschmerzen und was nicht alles. Dass ich meinen Plan so abfahren und abfliegen kann, wie geplant.

Drücken Sie mir die Daumen! Ich kann sie gebrauchen.

Abspann: Was hat es eigentlich mit diesem Samahan-Tee* auf sich? All meine Flugbegleiter-Kolleg:innen schwören auf diesen Tee. Bei sämtlichen Indien-Aufenthalten wird er in rauen Mengen eingekauft. So mancher Langstreckenflug kann damit noch durchgeführt werden, wenn man bereits angeschlagen ist. Ich nehme ihn beim ersten Halskratzen. Meist 2-3 Tassen am Tag – mit Honig, da er doch recht scharf ist. Man kann ihn optional auch mit Milch genießen. Ein Beutelchen wird mit heißem Wasser aufgegossen und dann in kleinen Schlucken getrunken. Er besteht nur aus natürlichen Gewürzen (Ingwer, Langer Pfeffer, Schwarzer Pfeffer, etc.). Sie bekommen ihn im Internet, aber auch in gut sortierten Asia-Läden. In Frankfurt wäre das z.B. Spicelands* im Bahnhofsviertel.

22 Kommentare

  1. Ich drücke auch alle Daumen, so fest es geht.
    Neulich im Flieger habe ich wieder an dich gedacht. Sogar zweimal. Als es hieß „All Doors in Flight“, nickte ich wissend mit dem Kopf, und als eine Flugbegleiterin der anderen von ihren Kindern erzählte, dachte ich: Wie macht man das eigentlich?
    Ich wünsche den Patienten schnelle Genesung und dir eine starke Immunabwehr! LG Anke

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    • Danke dir, liebe Anke. Je mehr Daumen, desto besser. 😃
      Wie klasse! Du wusstest ja bereits, dass jetzt die Rutschen beim Umstellen der Tür „aktiv“ bei einer Türöffnung sind.

      Das frage ich mich auch, liebe Anke. Aktuell mehr denn je! Ich vermute, die Geheimzutat ist „sehr flexibler Mann“ oder „sehr flexible Großeltern“ oder „sehr flexibler Babysitter und gutes Gehalt“. 😄
      Bleib(t) gesund und viele, liebe Grüße, Eva

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  2. Du schaffst das! ( Hab ich das jetzt wirklich geschrieben?) Aber im Ernst- Seit Jahren nehme ich beim ersten Nieser Aflubin-Grippetropfen. (Homoöp.). Seit Jahren helfen sie mir und Freunden Epedemien erfolgreich zu umschiffen. 10 Tropfen, 3 Mal täglich, (oder auch mehr, je nach Gefühl )- sobald du spürst da kommt was, oder du bist umzingelt. Hilft. Schwöre. Komme mir schon vor, wie eine Aflubin- Vertreterin, erhalte aber leider keine Provision 😅. Komm gut durch. Womit auch immer. LGLore

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  3. Alles Gute, ich drücke meine Daumen mit, damit Du gesund bleibst!!! Dieser Tee klingt sehr interessant, das werde ich ausprobieren (beim Achtzehnjährigen ist reichlich Scharlach in der Kita und der Hannoverliebsten hat irgendeinen bösen Wald-und-Wiesen-Infekt… ich kann etwas Stärkung auch gut brauchen) Liebe Grüße!

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  4. Der Samahan – Tee, wir kennen ihn in Pulverform – ist als wahres Wundermittel in der WG und im Freundeskreis bekannt, egal ob bei Erkältungssymptomen, Nebenhöhlenproblemen, Brechdurchfall oder Magengeschichten.

    Wir drücken sämtliche verfügbare Daumen.

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    • Wie wunderbar zu hören! Noch ein paar Samahan-Fans. 😃 Und ich habe wieder etwas gelernt: Dass man ihn auch bei Magendarmgeschichten einsetzen kann. Dankeschön und danke für all die verfügbaren Daumen!
      Viele, liebe Grüße, Eva

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