Römer vs. Geek: Wenn Amor auf Technik trifft

Er hat‘s nicht leicht, der Römer. Nicht nur, dass er ganz anders aufgewachsen ist, völlig anders sozialisiert wurde und auch ein anderes politisches System miterlebt hat, nein, er ist auch ein digital immigrant. So bezeichnet man Personen, die den technischen Umgang erst im Erwachsenenalter gelernt haben. Ich hingegen bin die erste Generation der digital natives. Als ich geboren wurde, war das Internet für die kommerzielle Nutzung bereits freigegeben. Noch im ersten Jahr des Gymnasiums hatte ich ein Mobiltelefon und mit 18 nannte ich ein Smartphone mein Eigen. Mit Computern bin ich aufgewachsen und mit Technik ohnehin.

Ich sehe technische Probleme nicht als Belastung, sondern als positive Herausforderung. Ganz nach dem Motto: Mal sehen, wie man dies und jenes wieder flott bekommt. Das ist im Informationszeitalter keine große Herausforderung mehr: Zu fast jedem Thema existieren Videos und Ideen – und notfalls eben die KI. Der Lösungsweg für jedes Problem ist nicht mehr „Marke Eigenbau“, sondern breit planiert und betoniert.

Der größte Unterschied besteht bei mir und dem Römer darin, dass ich ständig und unaufhörlich technische Neuerungen anschleppe, die unser Leben scheinbar leichter machen sollen. Jedes Mal seufzt er, gefolgt von einem Augenverdrehen.

Als wir in unsere aktuelle Wohnung gezogen sind, tauschte ich den Staubsauger aus. Ein todschickes, sehr leistungsstarkes und völlig überteuertes Gerät, das aber Milbendreck aus der Matratze zog, hielt bei uns Einzug. „Wie praktisch!”, sagte ich. “Inutile. Unnütz.”, kommentierte der Römer. Der Teppich war dennoch voller Milbengrütze, die sich fortan in unserem Staubsaugertank befand.

In den ersten Tag nach meinem Kauf saugte ich passioniert ab. Scheinbar nichts konnte mich aufhalten. Doch nach zwei Wochen ebbte mein Spaß an diesem Gerät ab. Ich hatte die Lust an meinem Spielzeug verloren.

Wenig später empfand ich digitale Heizthermostate als das Nonplusultra für unseren Haushalt und kaufte für den Großteil der Wohnung welche. Bei der technischen Einrichtung motzte und fluchte ich wie ein Bierkutscher, bekam ein “Tel’ho detto: È inutile!” [Ich hab’s dir gesagt: Es ist unnütz!] vom Römer zugerufen, während er die alten Thermostate abschraubte und die neuen auf die Ventile schraubte. Hochmotiviert stellte ich Zeitpläne ein und die Heizung gluckerte nur dann, wenn wir wirklich daheim waren. Das ging so lange gut bis das erste Thermostat der Meinung war: Temperaturen aus der Hölle im Kinderzimmer wären ein tolle Idee. Das Kind wurde beinahe gekocht und der Römer wurde richtig sauer. „Un’idea di merda! [Eine Scheißidee!]“, fluchte er während er mit Silikonhandschuhen aus der Küche das Thermostat von der kochenden Heizung entfernte und das alte Analoge installierte. “Und wie viel diese dämliche Idee kostet!”, maulte er weiter. Ich verdrehte die Augen. “Hallo?! Wir sparen ja wohl damit!”, schmetterte ich ihm entgegen. Als Thermostat Nummer 2 sich verabschiedete, schraubte der Römer kurzerhand alle Verbleidenden ab und ersetzte sie durch das Vorgängermodell. Seitdem hatten wir Ruhe. Die Thermostate liegen jetzt im Schrank und warten auf den nächsten Winter, wenn ich den Römer nochmal davon überzeuge, dass wir ihnen eine zweite Chance geben sollten.

Nach diesem Debakel war ich der Meinung, dass wir einen Polsterreiniger brauchen würden. Es war sehr viel Arbeit, aber Sie glauben gar nicht wie viel Dreck aus so einem Sofa und den Esszimmerstühlen kommt. Und wie die frisch gereinigten Polster dann erst duften! Klar, den nassen Hintern für drei Tage muss man in Kauf nehmen oder zumindest über ein so gutes Gedächtnis verfügen, dass man sich erinnert, erst vor kurzem die Polster gereinigt zu haben und dementsprechend vorher ein Handtuch unterzulegen, bevor man sich hinsetzt.

Den Duft bemerkte mein Mann auch positiv. Dennoch saß er schmollend auf seinem Esszimmerstuhl, unter ihm ein Sauna-Handtuch, dreifach gefaltet, und beschwerte sich, dass er sich fühlen würde als würde er im Schwimmbad zu Abend essen. “Mo metto il costume da bagno. [Jetzt ziehe ich mir die Badehose an.]“, kommentierte der Gatte und das Handtuch verfing sich in den Stuhlbeinen. Er seufzte.

Auch die Aktion an einem tristen Novembersamstag, an dem wir sechs Stunden lang den großen Wohnzimmerteppich mit dem Polsterreiniger reinigten, überzeugte ihn nicht von diesem Gerät.

Seitdem staubt das arme Teil vor sich hin.

Aber er ist ja nicht alleine. Denn einige Monate später kaufte ich einen Waschsauger.

Sowas von genial! Er saugt und wischt. Wie für mich gemach! Ich bin nämlich kein großer Fan vom herkömmlichen Bodenwischen mit Eimer und Mopp. Wie gut, dass es eine technische Erfindung gibt, die es etwas angenehmer für mich macht. Sie glauben gar nicht, wie dreckig das Abwasser in diesem Waschsauger wird! Wahnsinn! Es ist mindestens so dreckig wie das Dreckwasser im herkömmlichen Putzeimer.

Aber es macht natürlich deutlich mehr Spaß mit diesem Ding durch die Wohnung zu kurven. Dass es so laut ist wie eine startende Boeing 747 lassen wir jetzt mal außen vor. Wichtig ist: Der Boden ist gewischt.

Danach baue ich das Teil auseinander und wasche alle gerade entfernten Teile in der Badewanne aus. Da der Trocknungsprozess etwas langsam ist, blockieren all diese Einzelteile die Badewanne für mindestens zwei Tage. Meist ist es der Römer, der sie schnaubend aus der Badewanne auf den Badewannenrand drapiert. Irgendwann, meist nach einer Woche, baue ich das Ding wieder zusammen und stelle es neben den Waschsauger. Solange, bis ich eben wieder den Boden wischen muss.

Vergessen darf man übrigens nicht, dass man das Ding nach der Reinigung auseinander bauen muss, sonst riecht es sehr schnell, sehr muffig. “Was stinkt denn hier so widerlich?”, fragte der Römer zum Beispiel und mir fiel siedend heiß ein, dass es mein Bodenwischerassistent sein musste, der diesen üblen Geruch verbreitete. Mit einer Wäscheklammer auf der Nase reinigte ich meinen muffigen Freund und stellte ihn in die Badewanne zum Trocknen. Eben so lange bis der Römer mit spitzen Fingern mal wieder die Einzelteile am Badewannenrand drapierte. Mir scheint, die beiden werden keine Freunde mehr.

Meine neueste Errungenschaft ist übrigens ein Saugroboter. Ich las mich ein bisschen ein und entschied mich für einen Weißen mir beutellosem Auffangbehälter. Mensch und was ist das erst für ein tolles Teil! Seit gestern fährt er pausenlos durch die Wohnung und saugt Signorinos Sandgestöber vom Spielplatz oder seine Kuchenkrümel ein. Ich möchte fast behaupten, dass er der bis jetzt beste Kauf an technischem Klimbim ist. Während ich in der Früh Signorino zum Kindergarten brachte, saugte er schon mal die Wohnung durch. Klar, er schleifte den Wäscheständer in die Mitte der Wohnzimmers, aber ich hätte ihn ja auch mal wegstellen können. Selbst mein Gatte war angetan. “Non sembra così male. [Er scheint nicht so schlecht.]”, kommentierte der Römer und das sehe ich durchaus als Erfolg. “Popolani”, wie Signorino unseren neuen Freund genannt hat, macht groß Reine und die Wartung ist minimal. Zumindest glaube ich das. So genau habe ich die Bedienungsanleitung noch nicht gelesen. Aber ich setze mich zeitnah an dieses Thema. Wirklich!

Polsterstuhl – frisch gereinigt – ohne Handtuch und Saugroboter Popolani

Wischen kann Popilani übrigens auch. Aber das braucht er nicht. Schließlich habe ich ja meinen Waschsauger – und für die Polster den Polsterreiniger.

19 Kommentare

  1. Mein Saugroboter heißt Schnuffel, wir kommunizieren über das Smartphone und ich möchte ihn nicht mehr missen 🥰

    Ansonsten kommt mir dein Bericht sehr bekannt vor. Im Laufe unserer Ehe haben wir (besonders mein Mann) einigen technischen Schnickschnack angesammelt. Und ich ich selbst danach noch ergänzt.

    Ich muss mal sortieren, was ich wirklich noch brauche / benutze. Steht irgendwo auf meiner langen Liste 😉

    😘😎

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    • Das kann ich so gut verstehen, liebe Trude. Der Saugroboter ist bis jetzt der technische Gegenstand, der mir am meisten Freude macht. Während ich arbeite, saugt er schon mal die Wohnung. 😃

      Jetzt musste ich sehr lachen: Meistens sind‘s die Männer, die technische Spielereien anschleppen. Es gibt einfach zu viel auf dem Markt, dass einem scheinbar das Leben erleichtert. Manchmal stimmt‘s und manchmal eben nicht. 😄

      Ich bin gespannt, was bei dir aussortiert wird. 😄
      Hab ein schönes Wochenende und liebe Grüße, Eva

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    • Danke dir, liebe Gerda. So ehrlich muss man mit sich sein, das viel eben nur Schnickschnack ist. 😄
      Genau, mit Microsoft Image Creator von Designer habe ich die Bilder generiert. Sie sind gar nicht schlecht geworden und haben kein Copyright (noch, wer weiß, wann sich das ändert).

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  2. Wieder mal ein sehr humoristische Beitrag, liebe Eva. Ich musste beim Lesen an diversen Stellen laut lachen. Erst recht aber darüber, was es so alles zu geben scheint, was die Welt nicht braucht. :-)))
    Da wische ich lieber mit meinem Wischmopp, werfe den Bezug anschließend innerhalb von Sekunden in die Waschmaschine, und bin fertig. 🙂 LG Bea

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    • Das freut mich sehr, liebe Bea. 😃

      Und all die unnützen Dinge scheinen „Hier!“ zu schreien, wenn sie mir begegnen. 😄
      Der Wischmop scheint mir auch die einfachere Lösung – praktisch und ab in die Waschmaschine. Aber warum einfach, wenn ich es mir auch kompliziert machen kann? 😄😉
      Einen schönen Restsonntag und liebe Grüße, Eva

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      • Oh nein, bitte nicht missverstehen. Für MICH ist es unnütz. Für viele andere jedoch sehr hilfreich und der Umgang damit bequem. 🙂
        Danke und komm du gut in die neue Woche, Eva.
        🌤
        Sommerliche Grüße Bea

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      • Keine Sorge, Bea. 😄 So selbstreflektiert bin ich, dass der meiste Technikklamauk für mich auch nur eine Spielerei ist. Und hinterher denk ich mir dann: Na, ein Mop hätte es auch getan.
        Aber zugeben (vor dem Römer) kann ich es nicht. 😄
        Danke dir, liebe Bea und sommerliche Grüße zurück!

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  3. So vieles von dem Kram ist einfach nicht genügend durchdacht und dadurch unnütz. Auf meinen Saug/Wisch-Roboter (Trudi) möchte ich allerdings nicht mehr verzichten. Ich lasse ihn auch feucht über die Teppiche wischen. Schadet ihnen nicht. LGLore🦾

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    • Da schreibst du was: Genau, es ist nicht ausreichend durchdacht.
      Auf unseren Saugroboter möchte ich auch nicht mehr verzichten – und dank dir, versuche ich nächste Woche mal die Wischfunktion. 😃 Danke dir, liebe Lore & liebe Grüße!

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    • Küchen-Gadgets sind auch noch eine so ergiebige Sparte! Man kann nie genug haben. 😃 Bei uns ist es genau andersherum: Der Mann ist für die Küchen-Helfer zuständig und ich für all den restlichen Technikkram. Die Ideen gehen uns nie aus. 😄

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  4. Hier ist tatsächlich mein Mann für alles was mit Technik zu tun hat zuständig.
    Wenn es nach mir ginge hätten wir nicht mal nen Fernseher.
    Ich hab einen der nicht angeschlossen ist.
    Hier stehen 5 Alexas rum fur jedes Zimmer eine, wir haben hier keinen Radioempfang also war das die Lösung. Unsere Lampen in der ganzen Wohnung werden über Alexa gesteuert, im Flur geht das Licht an, wenn man Ihn betritt.
    Unser Sauger Roboter war nicht sehr hilfreich. Hier steht zu viel im Weg als das er hier wirklich gut arbeiten könnte. Der war eh irgendwann kaputt. Dafur gab es nen neuen Staubsauger.
    Hier ist fur den Computernerd an meiner Seite seit Jahren das größte sein 3-D-DRUCKER.
    Ich frag ob und Er zeichnet und druckt aus.🤣

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    • Wow, das klingt hochmodern. 😃 Klasse, dass er so engagiert ist! Ich muss nach einer Woche sagen: Auf den Saugroboter möchte ich nicht mehr verzichten. Er ist genial! Gerade mit Kind, das ständig und überall krümelt. 😃

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      • Unseren hattest Du nicht haben wollen.
        Der konnte nix und war als Spielzeug gedacht.
        Manche Männer haben merkwürdige Marotten.
        Gerade so Technikfreaks wie meiner.
        Was mich aber mal interessiert hätte was unsere 2 Katzen und der Hind zu dem Teil gesagt hätten.
        Da es hier aber keinerlei Tiere mehr geben wird wird man dieses nimmer raus finden. Eher gibts irgendwann mal nen neuen Saugroboter wenn hier weniger mitten im Weg steht.
        Ja, Er hat definitiv ein Hobby gefunden.🙃

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  5. Herrlich! Bei uns ist es andersrum. Ich mag alles simpel, ob Küchen- oder Putzutensilien. Allein das von dir so anschaulich beschriebene, umständliche Reinigen der Gerätschaften hält mich von ihnen ab. Der technikaffine, obwohl nur zwei Jahre jüngere Gatte ist da interessierter an Anschaffungen. Vedrai che è una figata! 😆

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    • Die simplen Utensilien sind bei weitem auch nicht so fehleranfällig wie die hochtechnisierten Sachen. Ich glaube, es ist der Spieldrang, dass man sich gerne scheinbare Technik-Helfer kauft, liebe Anke. 😄 Und am Ende sind die Helfer meistens keine Figata. Nur am Anfang schien es so. 😄

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