Die Albanienchroniken – Teil 5: Ein morgendlicher Disput, Nasenstreicheln im Krankenhaus und ein Rumpelstilzchen zwischen High Heels und Miniröcken

Meine Nachtruhe war um 07:15Uhr schlagartig vorbei. Wie Sie längst wissen, fällt diese Uhrzeit für mich unter die Kategorie „Mitten in der Nacht“, Unterkategorie „Körperverletzung“.

Wer meinen verdienten Schönheitsschlaf störte? Die albanischen Nachbarn, die neben unserer Ferienwohnung residierten. Dabei fing es harmlos, aber gleichzeitig unüberhörbar, an: Um 7:15 Uhr wurden, wie es schien, sämtliche Tassen, Teller und Pfannen aus den Schränken gezogen und gegeneinander geschlagen. Eventuell wurde auch gekocht und der Tisch gedeckt. So genau konnte ich es, schlaftrunken wie ich war, nicht eruieren. Selbst mit einem Kopfkissen, das ich auf das freiliegende Ohr gepresst hatte, konnte ich den Lärm noch immer hören. Um nicht nur meine auditive Wahrnehmung zu reizen, beschloss man in der Nachbarwohnung, auch eine penetrante, olfaktorischen Komponente einzusetzen. Ein Geruch von stark frittierten Eiern verbreitete sich über die Klimaanlage und ergoss sich in meinem Schlafgemach. Mir wurde etwas flau im Magen. Um 7:30 Uhr begaben sich alle Familienmitglieder der Nachbarwohnung an den Esstisch, der anscheinend direkt an der Wand, hinter der ich schlief, stand. Das Gespräch plänkelte lustlos dahin, bis es eine abrupte Wendung gab. Scheinbar aus dem Nichts wurde der Ton des weiblichen Parts zunehmend gereizter und aggressiver. Ich griff zu einem zweiten Kissen. Schnell merkte ich, dass ich mir auch noch die Bettdecke über den Kopf ziehen musste, um den schnell anschwellenden Geräuschpegel zu dämpfen. Da ich unter zwei Kissen und einer Decke nur schwerlich Luft bekam, war ich gezwungen wieder zurückzurudern und mit einem einzigen Kissen auszukommen.

Derweil begann Frau Nachbarin zu brüllen als würde sie auf einer geschäftigen Großbaustelle stehen und nicht neben ihrem Mann im Esszimmer sitzen. Und was sie ihrem Gatten nicht alles um die Ohren haute. Zugegeben, ich verstand nicht jedes Detail. Aber am Ende rief sie, dass sie keine Arbeitsstelle habe. Das tat mir einerseits sehr Leid, weil ich durchaus wusste, was das für Konsequenzen nach sich zog. Andererseits sah ich bei ihrer Stimmgewalt großes Potenzial für eine Stelle als Marktschreierin auf dem pazari i ri, dem neuen Markt Tiranas. Ihr Gegenüber, vermutlich ein Mann, schwieg die ganze Zeit über. Vielleicht äußerte er sich auch, aber wenn, hatte er eine sehr zarte Fistelstimme, die ich durch die Wand und aufgrund meines Kissens auf dem Ohr nicht vernehmen konnte. Da ich mir in meinem Kopf bereits einen bärtigen, schweigsamen Albaner um die 50 Jahre ausgemalt hatte, dessen Bauch mein Vater getrost als „Hendlfriedhof“ bezeichnen würde, passte die Fistelstimme für mich nicht in meine Vorstellung. Deswegen schloss ich daraus, dass er höchstwahrscheinlich einfach schwieg. Und darin war er ganz schön gut. Vermutlich auch ein Talent, dass man zu Geld machen konnte. Aber ich war hier, hinter meiner sicheren Schlafzimmerwand, nicht die albanische Berufsberatung, sondern nur die peinlich berührte Nachbarin, die zum damaligen Zeitpunkt bevorzugt hätte zu schlafen, anstatt diesem lärmintensiven Monolog zuzuhören. Nach weiteren zehn Minuten, in denen er schwieg und sie weiter brüllte, hörte man schwere, ruhige Männerschritte. Wenig später knallte die Wohnungstür ins Schloss. Er war wohl gegangen. Danach war es still in der anderen Wohnung. Nach weiteren fünf Minuten setzte ein aggressiver Abspülvorgang in der Nachbarwohnung ein. Dazu drehte meine temporäre Nachbarin albanische Liebeslieder auf, die lautstark die Irren und Wirren einer verlorenen Liebe besangen.

In meinem Bett war ich hingegen so aufgebracht ob diesem unerwarteten Streit, der so früh morgens stattfand, dass ich hellwach war. Gleichzeitig war es mir auch ein bisschen unangenehm, so hautnah in eine Ehestreitigkeit hineingeschlittert zu sein, die nicht die Meine war. Allein der Gedanke, dass die Nachbarn von meiner Existenz gar nichts wussten, beruhigte mich etwas. Wer würde auch eine Deutsche im Pyjama hinter der Küchenwand vermuten? Ich schälte mich aus dem Einzelbett und tappte in das Doppelzimmer des römischen Vater-Sohn-Duos. Auf dem Weg dorthin beschloss ich, nie wieder darauf zu bestehen, eine Signorino freie Nacht im anderen Schlafzimmer haben zu wollen. Dabei dachte ich doch tatsächlich, dass meine Nachtruhe durch die Abwesenheit Signorinos deutlich ausgeprägter wäre. Aber der Teufel ist ein Eichhörnchen!

Wie erwartet schliefen die beiden männlichen Familienmitglieder. Eng umklammernd – wie die Ertrinkenden – lagen sie im Bett. Der Große schnarchte leise, der Kleine atmete dafür etwas lauter. In einer fließenden Bewegung legte ich mich dazu. Doch von der Erschütterung meiner, vermutlich doch nicht so fließenden Bewegung erwachte Signorino. Keine zwei Minuten später rollte er zu mir hinüber und begrüßte mich mit „Mamamamama“. Ich gab ihm zu verstehen, dass unsere Nacht um 8 Uhr noch nicht vorbei sei. Das wiederum wollte der willensstarke Sohn nicht akzeptieren und unterhielt uns so lange, bis zumindest ich entnervt aufgab und aufstehen wollte. Der Römer wollte noch ein bisschen liegen bleiben. Signorino hielt das für keine gute Idee und drückte ihm immer wieder, laut lachend, den angespeichelten Schnuller gegen die Schläfe.

1:0 für Signorino. Wir standen alle drei auf, frühstückten gestrige Croissants und tranken Tee und Kaffee. Nach dem Frühstück erhob sich der Römer, griff zu seinem Telefon und kümmerte sich um den wichtigsten Punkt auf der Tagesagenda: Er rief beim deutschen Krankenhaus [Spitali Gjerman oder einfach German Hospital] an, um einen Termin zum PCR-Test, den wir für die Rückreise benötigten, auszumachen. Gewohnt höflich begrüßte er sein Gegenüber am Apparat und trug sein Anliegen vor. Ob die Information richtig sei, dass man den Test im deutschen Krankenhaus machen könne, wollte er wissen. „Po. [Ja.]“. antwortete die weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung knapp. Sehr schön, bemerkte der Römer, wir würden dann gegen 16 Uhr bei Ihnen sein. „Hmmmm….!“ machte die Stimme und wirkte nicht besonders glücklich mit diesem Vorschlag. Dann bediente sich die Krankenhausmitarbeiterin einer Taktik, die ich schon oft bei meiner albanischen Familie beobachten konnte. Aus Höflichkeit verneinte man nicht direkt, so wie ich es in Deutschland machen würde. Nein, vielmehr drückte man es deutlich diplomatischer aus. So sagte die Stimme also: „Ich empfehle Ihnen bis 14 Uhr im deutschen Krankenhaus zu sein. Danach wird es sehr, sehr schwierig einen solchen Test durchzuführen.“ Der Römer quittierte diese Empfehlung mit einem zweimaligen „Mire [Gut]“. Dann bedankte er sich, wünschte der Dame noch einen schönen Tag und verabschiedete sich freundlich.

Wir beschlossen diesen Punkt der Tagesordnung sogleich vollständig zu erledigen. Zwanzig Minuten später verließen wir das Haus. Im Treppenhaus begegnete uns ein bärtiger Mann mit einem großen, runden Bauch, der auf unsere Etage zusteuerte. Er wirkte mürrisch. Mit seiner tiefen, basslastigen Stimme grüßte er uns. „Ha!“, rief ich aus, als er aus unserem Sichtfeld verschwunden war, „Er hat doch keine Fistelstimme! Er war einfach nur schweigsam. Genau so habe ich ihn mir vorgestellt.“ Dann grinste ich zufrieden in mich hinein. Der Römer guckte mich verwirrt an, sparte sich aber eine Rückfrage und überging meinen Kommentar galant.

Von dem gestrigen Spaziergang hatten wir anscheinend nichts gelernt und so nahmen wir abermals den Buggy mit. Schön blöd! Der Bürgersteig war nicht für Gegenstände mit Rollen geeignet. Wer transportiert werden möchte, soll seine Verwandtschaft bemühen oder zumindest einen charmanten Taxifahrer. Der Römer wollte Zweiteres vorschlagen, aber seine stoische Sparbrötchen-Gemahlin bestand darauf, „die paar Meter“ zu gehen. Nach einem fünfzehnminütigen Marsch, in denen man seinen Blick nicht eine Sekunde vom Boden abwenden konnte, wollte man keinen Knöchelbruch riskieren, kamen wir an. Schweißnass, mit einem 15 Kilo Kleinkind auf der Hüfte, musste ich mich kurz vor dem Krankenhaus sammeln, um wieder in meinen normalen Atemrhythmus zu finden. Der Römer grinste hämisch, hatte er doch nur den zusammenfaltbaren Buggy in der Hand. „Guarda che il taxi non avrebbe costato più di 3 euro. [Schau, das Taxi hätte nicht mehr als 3 Euro gekostet.]“ sprach er nun, als wir vor unserem Ziel standen. „Drei Euro?“ wollte ich fassungslos wissen. „Si! [Ja!] Aber du hast gleich abgewunken. Und ich weiß wie du bist, wenn ich insistiere.“ flötete er. Ein Glück legte sich mein Fokus recht schnell auf die Menschentraube, die vor dem Krankenhauseingang wartete. Eine Maske hatte selbstredend keiner auf. Der Römer versuchte indessen zu verstehen, ob der Menschenauflauf wartete, um eintreten zu dürfen oder einer anderweitigen Tätigkeit nachging, die sich uns nicht erschloss. Letztlich beschloss er, einfach zum Eingang zu stolzieren. Halbherzig entschuldigend bahnte er sich seinen Weg durch die Ansammlung, was mit einem nun ausgefalteten Buggy, erstaunlich schnell und effizient vonstatten ging. Signorino und ich folgten der Schneise, die er hinterließ. Kurz darauf stolperten wir ins Krankenhaus. Was sich hier für ein Anblick bot, lässt mich bis heute staunen:

Linkerhand war die große Rezeption. Primär aus Dekorationszwecken, wie es schien, hatte man eine Plexiglasscheibe installiert, die halb hoch den Plebs von den Krankenhausangestellten trennen sollte. Die Plexiglasabgrenzung endete auf Höhe meines Kinns. Nun muss ich sagen, dass ich als hochgewachsen in Albanien gelte, obwohl ich keine 1,70m groß bin. Für die meisten weiblichen und alternden Albaner endete diese Scheibe vermutlich auf Augenhöhe. Hinter dieser Coronaschutzmaßnahme saßen einige, junge, gut geföhnte Damen. Sehr adrett anzusehen! Nur verhinderte die akkurate Föhnfrisur vermutlich die richtige Trageordnung der Maske. Es war wie eine schlecht gemachte Werbung, in der die Bundesregierung darauf aufmerksam machte, wie die Maske nicht zu tragen wäre. Die orange-blondierte Außenwelle trug sie an einem Ohr. Der Rest hing schlaf nach unten, als wäre es ein übergroßer, sehr eigenwilliger Ohrring. Der kurze, lockige Bob klemmte die Maske kurzerhand unters Kinn, da sie beim Sprechen störte. Die hellbraunen Blocksträhnen waren schon etwas fortschrittlicher unterwegs. Unter der Nase, aber den Mund bedeckend. Fast richtig!

Der Römer meldete uns, mit Signorino auf dem Arm, an. Ich kniete mich kurz nieder, desinfizierte mir flink wie ein Wiesel die Hände, drückte noch einmal den Nasensteg meiner FFP2 Maske ordentlich zurecht und beschloss fortan nur noch selten, und wenn dann sehr flach, zu atmen. Mal wieder wurde nach unseren Pässen verlangt. Diese wurden kopiert und wieder an uns ausgehändigt. Während der Römer die Formalien klärte, schnappte ich mir Signorino und wir beobachteten die ankommenden und weggehenden Menschen. Es war wie eine sehr lustig anzuguckende Kleinkunstbühne, die sich vor uns auftat: Eine gut gestylte Frau um die 40 stöckelte ins Krankenhaus. Sie trug natürlich keine Maske, dafür einen feuerroten Lippenstift, der ihren mediterranen Teint vorzüglich unterstrich. Als sie schon fast an der Rezeption vorbei war, fiel ihr selbst (!) auf, dass wahrscheinlich das Tragen einer Maske in dieser Szenerie angebracht wäre. Flott tippelte sie zurück zur Rezeption und äußerte ihr Anliegen. „Ach, Sie haben keine Maske? Das ist mir gar nicht aufgefallen.“ bemerkte der kurze, lockige Bob. Was ironisch klingen mochte, war definitiv nicht so gemeint. Es war ihr und allen anderen tatsächlich nicht aufgefallen. Man gab der gut gestylten Krankenhausbesucherin eine OP-Maske. Diese bedankte sich und eilte in die Kardiologie.

Wenig später schlürfte ein Ehepaar herein. Man konnte mit einem Blick erkennen, dass nicht nur sie der Risikogruppe angehörten, sondern vermutlich auch schon ihre Kinder (und eventuell Kindeskinder). Tattrig steuerten sie Richtung Rezeption. Der Greis mit dunkler Schiebermütze hatte seine Gattin im schwarzen Kleid, der dunklen Strumpfhose und dem weißen Kopftuch untergehakt. Natürlich trug keiner von beiden eine Maske. Sie fragten auch nach keiner, dafür grüßten sie die Rezeptionskräfte sehr freundlich bevor sie in die Urologie einbogen. Die hellbraunen Blocksträhnen und die orange-blondierte Außenwelle grüßten freundlich zurück und widmeten sich sofort wieder ihrem Gespräch, das höchstwahrscheinlich private Motive hatte. An der Körperhaltung der beiden Damen und den fest umklammerten Kaffeebechern konnte man ablesen, dass es sich um Beziehungs-, wenn nicht sogar Eheprobleme, handelte. Die Lage war ernst. Wer würde in diesem fesselnden Gespräch schon auf eine Maskentragepflicht in Krankenhäusern bestehen wollen? Es gab schließlich dringlichere Probleme.

Der kurze, lockige Bob schob dem Römer den Patientenkugelschreiber zu, der vermutlich seit langem kein Desinfektionsmittel mehr gesehen hatte. Der Römer guckte pikiert, zog seinen silber-schwarzen Kugelschreiber aus der Innentasche seiner Lederjacke und unterschrieb damit. „So ist es doch schon gleich viel sicherer.“ kommentierte er seine Geste und zwinkerte dem braunen, lockigen Bob zu. Dieser guckte ihn an wie ein Auto. Die orange-gefärbte Außenwelle, die sich offensichtlich aus der Diskussion der Beziehungsprobleme gelöst hatte, bat uns, auf der Sitzbank am Ende des Ganges Platz zu nehmen und dort zu warten. Wir würden dann aufgerufen werden.

Dem war auch so. Nach zwei Minuten wurde der Römer zum PCR-Test gebeten. Nach einer weiteren Minute kam er heraus und flüsterte mir ins Ohr, dass er die Dame schon vorgewarnt hatte, dass ich nur Englisch sprechen würde. Ich bedankte mich und eilte in den Testraum. Freundlich grüßend wurde ich auf einen Stuhl platziert. Ich nahm meine Maske ab. Die junge Dame streichelte mit einem Wattestäbchen sanft meinen inneren Nasenflügel, bevor sie es in einem durchsichtigen Röhrchen versenkte. Dann holte sie sich ein neues Wattestäbchen und kraulte damit liebevoll meine Mandeln. Ich wunderte mich etwas über die Sanftheit des Testverfahrens, hatte doch Turtle mir vorab mitgeteilt, dass das medizinische Fachpersonal normalerweise mit den Wattestäbchen bis zum Gehirn durchbohren würde. Doch ich hinterfragte die Situation nicht weiter. Ich bedankte mich und wünschte der Dame noch einen schönen Tag.

Beim Rausgehen erklärte ich dem Römer, dass der Abstrich überhaupt nicht unangenehm war. Er grinste und lieferte postwendend die Erläuterung zu meinem Eindruck. Das habe die Dame extra so gemacht, habe sie ihm erklärt. Denn schließlich wusste sie vom Römer, dass wir in Frankfurt wohnen und dahin zurück wollten. Und deswegen touchierte sie unsere Nasenschleimhäute und Mandeln nur leicht, denn wenn wir nur Überträger seien, aber keinerlei Symptome hätten, so wäre der Test negativ. Wäre die Corona-Erkrankung aber fortgeschritten, so würde der Test positiv resultieren. „Im Ernst?!“ presste ich aufgebracht heraus. „Das geht doch nicht!“ Der Römer tätschelte mir die Schulter. „Seh’s doch positiv. Wenigstens können wir noch zurückreisen, sollten wir positiv sein.“ erwiderte der Römer. Ich verstummte und beschloss, dass wir uns in fünftägige Quarantäne begeben würden, auch wenn Familienbesuche im Ausland nicht als quarantänepflichtig im Bundesland Hessen angesehen werden. Danach würden wir uns einem echten Test unterziehen, der über das liebkosen der Nasenschleimhäute hinausging.

Nach unserem kurzweiligen Krankenhausaufenthalt gingen wir zurück zum Sheshi Skënderbej, dem Hauptplatz Tiranas. Da unser Ziel nur wenige hundert Meter entfernt lag, beschlossen wir, auf eine Taxifahrt verzichten zu können. Der Römer trug Signorino, ich schulterte dafür den zusammengefalteten Buggy, der spätestens auf dem großen, tadellos gepflasterten Hauptplatz wieder zum Einsatz kommen würde. Von weitem konnte ich bereits eine kleine Zeltstadt erahnen, die an einem Ende des Platzes aufgebaut war. Davor standen sehr elegante, gold-blaue Wartestühle, die vermutlich eine Leihgabe der angrenzenden Oper waren. Die Zeltstadt stellte sich als Impfzentrum heraus, das zwar wenig besucht schien, aber dafür umso besser organisiert war. Der Römer verriet mir, dass Albanien ganz schön Tempo in Sachen Impfung machte, denn es wird jeder, verfügbare Impfstoff verimpft. Darunter auch chinesische und russische Fabrikate. Während wir das Impfzentrum mit einigen Metern Abstand beobachteten, düste Signorino über die Steinplatten. Immer wieder hielt er an, als müsste er eigenhändig die Fliesen nachjustieren und klopfte mit dem Hammer mehrmals prüfend darauf. Dann stand er lachend auf und lief vor Freude jauchzend davon. So ging das eine ganze Stunde lang.

Nachdem uns das Kind einigermaßen ausgepowert erschien, beschlossen wir beim Restaurant Panevino* gegenüber des prächtigen Maritim* Hotels vorbeizuflanieren. Es war Zeit zum Mittagessen und hier würden wir sicher fündig werden. Als wir an diesem italienischen Restaurant ankamen, fragte der Römer den jungen Kellner, ob sie die Option „zum Mitnehmen“ anbieten würden. „Zum Mitnehmen? Klar! S’ka problem. [Kein Problem.]“ Wir bestellten Spargelrisotto für den kleinen Farniente, Steak und Gemüse für uns Großen. Währenddessen war der Außenbereich des Restaurants gut besucht. Auch Innen saßen einige, illustre Gäste aus dem albanischen Funk und Fernsehen. Es dauerte ca. 20 Minuten, in denen wir abwechselnd Signorino hinterherjagten, während der andere Erziehungsberechtigte gemütlich seinen caffè trinken konnte. Das Kind, das wir vor wenigen Minuten noch als „ausgepowert“ bezeichnet hatten, war nun wie durch Zauberhand putzmunter. Es heizte durch den Außenbereich, einer von uns immer in seinem Windschatten. Alles war aufregend und neu. Insbesondere die Treppen kurz vor der großen Straße, wo wir ihn mehrmals vor Schlimmeren bewahren mussten. Beim Zahlen entschuldigten wir uns für das aufgedrehte Kind. „Ach woher!“ winkte der junge Kellner ab. „So ein liebes Kind. Sie wissen gar nicht, was hier alles für Kinder ankommen.

Auf dem Nachhauseweg fotografierte ich ein paar riesige Ostereier. Man sah, dass der (mittlerweile wiedergewählte) Premierminister Edi Rama nicht nur vormaliger Bürgermeister von Tirana, sondern auch ein begnadeter Künstler war. Erst als ich die Fotos auf meinem Handy kontrollierte, erinnerte ich mich daran, dass gerade Ostern war. Weitab von allem konnte man das schon einmal vergessen.

Daheim angekommen erfreuten wir uns an der wunderbaren Küche des Panevino. Das Fleisch, trotz eines 15minütigen Transportweges, verlor nicht ein My an Geschmack. Es war auf den Punkt gebraten. Die dazugehörende Soße, sowie das Gemüse, das man getrost als al dente bezeichnen konnte, rundeten unser Menü ab. Das Kind flitzte immer wieder um den Esstisch unserer Ferienwohnung und holte sich sein Spargelrisotto löffelweise ab. Doch dann, von einem Moment auf den anderen, hatte irgendwer schlagartig den Stecker des Kindes gezogen und zack – lehnte es seinen schwer gewordenen Kopf an mein Knie und schloss stehend die Augen. Ich schlang das letzte Stück Fleisch herunter und brachte den bereits dösenden Signorino sogleich ins Bett.

Als ich aus dem Schlafzimmer kam, zog der Römer gerade seinen zweiten Schuh an. Er müsse auf Streifzug, begründete er seine Ausgehwilligkeit. „Aha.“ gab ich kurz zurück und wartete amüsiert auf den Grund seines Streifzuges. Nun, er brauche ein Antibiotika, für das er in Deutschland erst mühsam zum Arzt müsse, um sich ein Rezept ausstellen zu lassen. Hier in Albanien sei es nur eventuell rezeptpflichtig, eventuell aber auch nicht. „Hast du mal wieder eine, deiner berühmten Selbstdiagnosen gestellt?“ wollte ich schelmisch grinsend wissen. Er nickte bestätigend. Außerdem würde sich unser minimaler Vorrat an Windeln und Feuchttücher dem Ende zu neigen. Aha, bemerkte ich wieder. Ich vermutete hinter seinem plötzlichen Tatendrang weder die Apotheke, noch die beinahe aufgebrauchten Hygieneartikel des Kindes. Vielmehr spekulierte ich auf einen Universitätsdekan, der zufällig einer seiner engsten Freunde war und sicher zum caffè in ruhiger Atmosphäre bat. Noch einmal wies ich darauf hin, dass Freunde nicht zur Familie 1. und 2. Grades gehörten und somit, laut Gesetz, eine Quarantäne in Deutschland anstünde. Von meinem Plan, so oder so, eine fünftägige Quarantäne einzuschieben, erwähnte ich nichts. Nein, nein! Ich würde mich täuschen. Er kann mir versichern, dass er nur zur Apotheke und zum Supermarkt gehen würde. Jetzt müsse er aber wirklich los. Ciao, amore! Und schon war er aus der Haustür.

Nach dreißig Minuten war er zurück. In der Hand hielt er eine kleine Plastiktüte, die mit einem Firmenemblem einer Apotheke bedrückt war. Hinter dieser Plastiktüte war eine viel größere Plastiktüte zu erkennen, aus der ein Päckchen Feuchttücher ragte. Er hatte nicht gelogen. Denn in 30 Minuten schaffte es selbst der Römer nicht, noch einen Espresso mit seinem guten Freund Eli zu trinken.

Und? War die Packung Antibiotika rezeptpflichtig?“ wollte ich vom Römer wissen. „Si e no. [Ja und nein.]“ gab der Römer zurück. „Eigentlich schon, aber die nette Apothekerin und ich unterhielten uns über dieses Medikament und wir waren uns beide einig, das es so ein schwacher Allrounder war, dass man damit nichts schlimmes anstellen könne. Deswegen gab sie mir das Schächtelchen auch ohne Rezept. Sie erkannte an meinen fachspezifischen Ausführungen, dass ich wusste, was ich da tun würde.“ Ich sagte nichts. Was hätte ich auch sagen sollen? Er wird schon wissen, was er tut. Außerdem schaffte er es, bis zu unserem Kennenlernen vor einigen Jahren, ohne meine klugen Ratschläge zu überleben.

Am späten Nachmittag beschlossen wir einen Ausflug in den städtischen Park zu machen. Was für eine dämliche Idee! Wir mussten dazu das Ausgehviertel Blloku durchqueren. Bässe wummerten aus den Boxen diverser Shisha-Bars. Viele top gestylte Damen und Herren standen vor den Bars und Cafés auf dem Gehsteig, der zwar diesmal kinderwagenfreundlich war, aber wir dennoch unsere liebe Mühe hatten, den ganzen High Heels und Sportschuhen auszuweichen. Eine Maske zählte, Sie ahnen es, wie immer nicht zu den Accessoires, mit denen sich die Damen und Herren schmückten. Als wir endlich den Park erreichten, witterte Signorino seine Chance und gebot auszusteigen. In aller Ruhe setzte er sich auf den Steinboden und klopfte passioniert darauf herum. Sofort wollten wir ihn wegzerren, denn nur wenige Meter von uns entfernt endete der Radweg. Doch Signorino weigerte sich lautstark und schaltete gekonnt in die Einstellung „Zementsack“. Kreischend und um sich tretend, trugen wir ihn die Anhöhe hoch, was sehr schweißtreibend und nervenaufreibend war. „Er wird sich schon beruhigen.“ redeten wir uns gegenseitig Mut zu und sollten uns damit sehr irren. Auf dem Hügel angekommen, klopfte er wieder Steinfliesen. Da es keine Radfahrer gab, setzten wir uns auf die Holzbank neben Signorinos Arbeitsstelle. Dies nahm er zum Anlass, ruckartig aufzustehen und wegzulaufen. Der Römer hetzte hinterher, packte Signorino, setzte ihn wieder neben der Bank ab, nur dass er dann wieder einige Minuten später außer Sichtweite gelangte. Es war ein überaus anstrengendes Spiel bis wir beschlossen heimzukehren. Das wiederum gefiel Signorino gar nicht. Unter lautem Geschrei gab er uns zu verstehen, dass er weder getragen werden wollte, noch bereit war, in den Kinderwagen zu steigen. Er steigerte sich so in seinen Wutanfall hinein, dass wir ein kreischendes, unhandliches Kleinkind durch das Ausgehviertel trugen. Der Vorteil war, dass die Damen und Herren vor den Bars auswichen, was mich wunderte, denn das Geschrei konnte man bei den lauten Bässen leicht überhören. Ungefähr auf der Hälfte der Strecke drehte er so durch, dass er es schaffte, sich zu Füßen einer High Heels Trägerin im knappen Minirock zu setzen und neben ihr Steine zu klopfen. Wir ließen ihn eine Minute gewähren, so dass er sich beruhigen konnte, um ihn dann weiter nach Hause zu tragen. Natürlich flippte er wieder aus. So ging das fortan weiter, bis wir nach 40 Minuten schweißgebadet zu Hause waren. Dort beruhigt er sich und schaltete wieder in die „lebhaftes, aber weitestgehend zufriedenes Kleinkind“-Einstellung. Es war 19:55 Uhr. In 5 Minuten setzte, wie jeden Abend, die Ausgangssperre ein. Was für ein Tag!

Der nächste Tag ist bereits der letzte Teil dieser Albanienchroniken. Für mich war das persönlich der anstrengendste Tag, an dem ich die Stunden bis zu unserer Abreise zählte. Seien Sie gespannt auf Teil 6, wie ich meine Ehe anzweifle und die albanische Gelassenheit nicht mehr ertrage. 😉

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Das zehnte Türchen des germanoitalbanischen Adventskalenders

[Die Auflösung von Tag 9 finden Sie wie immer am Ende]

Fakt Nummer 10

Haben Sie sich schon einmal den Fuß gebrochen? Eine unschöne Geschichte, oder?

Auch mir ist es passiert. Wie ich es angestellt habe, erkläre ich Ihnen hier:

Ich hatte ein schönes WG Zimmer im Zentrum Frankfurts. Da ich meist beim Römer in Rom war, reichte mir das kleine Zimmer, falls ich doch einmal eine Schulung oder Frühdienst hatte.

Es war Februar, grau in grau. Gleich sollte meine Schwester Turtle vorbeikommen und wir wollten einen Kaffee zusammen trinken gehen. Ich saß in der großen Wohnküche unserer Wohnung. Wie schon seit meiner Jugend hockte ich im Fersensitz auf einem Stuhl, weil das meine Lieblingsposition war. Leider schliefen dabei ab und zu meine Füße und Beine ein. Heute hatte ich Glück: Nur der linke Fuß schlief tief und fest. Der rechte war quietschfidel. Ich hatte keine Zeit zu verlieren, denn Turtle wollte in 5 Minuten da sein. Warten bis Fuß und Bein aufwachen? Ach ne! Ich ging also schnell Richtung Küchentür, stolperte über meinen Fuß und hörte ein Geräusch als würde ein Ast durchbrechen. Sofort wurde mir schwarz vor Augen und ich fühlte mich als müsste ich mich übergeben. Ich stützte mich an der Wand ab und ließ mich langsam auf den Boden gleiten. „Das wird doch jetzt nichts Ernstes sein, oder?“ fragte ich mich am Boden sitzend. Ich kramte nach meinem Telefon in meiner Hosentasche. Letzter Anruf, Turtle. Ich klickte drauf. „Turtle, ich glaube, ich habe mir weh getan.“ jammerte ich und war zwischen Lachen und Weinen. „Okay, in einer Minute steh ich vor deiner Tür.“ Ich stand auf, hangelte mich an der Wand entlang und wartete an der Wohnungstür. Außer mir war niemand zu Hause. Turtle klingelte, ich machte auf und ihr Blick fiel auf meinen Fuß. „Oh.“ war ihre knappe Antwort. „Das ist ja recht geschwollen. Kannst du auftreten?“ fragte sie mich. „Ganz schlecht. Was meinst du? Muss ich ins Krankenhaus?“ wollte ich ihre Meinung wissen. „Ja, besser ist das.“ gab sie zurück.

Wir fuhren ins Krankenhaus, ich wurde geröntgt und man sah recht deutlich, dass der 5. Mittelfußknochen glatt durchgebrochen und Nummer 4 angebrochen war. Sofort bekam ich einen Gips, Schmerzmittel und Thrombosespritzen. Operiert musste es glücklicherweise nicht werden.

Der Römer konnte am Telefon gar nicht fassen, dass ich mir daheim, in der Küche, auf geradem, trockenen Boden den Fuß gebrochen habe.

Tja, was meinen Sie? Bin ich so ein Genie oder war es doch nur eine erfundene Geschichte?

Fortsetzung der großen Albanienreise von Tag Nummer 9

Reiseland: Albanien – Mentalität und Erfahrungen aus meiner Sicht

Getränke

Um Gottes Willen, bitte trinken Sie kein Wasser, wenn Sie eingeladen werden. Ich habe es (mal wieder), ausprobiert und hätte dem Gastgeber auch ebenso gut ins Gesicht spucken können. Red Bull* – it is! Dieser pappsüße Energiedrink sollte das Getränk Ihrer Wahl sein. Das liegt daran, dass es das teuerste, nicht alkoholische Getränk in Albanien ist und wie wir gelernt haben: Für den Gast nur das Beste und Teuerste! Wer den Gastgeber nur dezent beleidigen will, der trinkt einen Espresso (der geht bekanntlich immer) oder einen Softdrink. Aber bitte niemals, niemals Wasser!

Küsschen links, Küsschen rechts

Die junge Generation können Sie getrost mit Küsschen links und Küsschen rechts oder einer Umarmung begrüßen. Die ältere, männliche Generation bitte nicht. Geben Sie artig die Hand und fallen Sie dem 55jährigen Schwager bei einer Hochzeit nicht um den Hals. Auch nicht, wenn Sie schon mehrere Urlaube mit ihm und seiner Familie verbracht haben. Das Erdloch, in das Sie versinken möchten, weil fortan auf dieser Veranstaltung getuschelt und gelacht wird, kann gar nicht so schnell ausgehoben werden wie Sie es sich in diesem Moment wünschen würden.

Religion

Erwähnen Sie beim Römer nicht, dass er nur Moslem ist, weil seine Vorfahren Steuern sparen wollten. Auch wenn Sie eventuell Recht haben, man muss auch wissen, wann man schweigen muss. Bis zum Ende des Kommunismus war jede Art von Religion untersagt. Kirchen und Moscheen wurden zu Lagerhallen und Ställen umfunktioniert. Man betete heimlich und unbemerkt im Keller und brachte seinen Enkeln leise flüsternd bei Kerzenschein bei wie man betet. Mittlerweile darf jeder seinen Glauben ausleben wie er möchte. Das spiegelt sich auch in den Moscheen und Kirchen wieder, die friedlich nebeneinander stehen. Sowohl muslimische als auch christliche Feste sind Feiertage in Albanien. Man respektiert und achtet sich. Wichtiger als die Religion ist für die Albaner, dass ein Albaner eine Albanerin heiratet. Welche Konfession sie/er nun hat, ist Nebensache.

Kopftuch

Ja, Kopftücher werden getragen. Doch eher selten aus religiösen Gründen. Viel mehr aus Tradition. Ihnen werden in Albanien meist ältere Frauen mit schwarzen oder weißen Kopftüchern begegnen. Die Farben wiederum sind dann doch Religionen zugeordnet: Schwarz tragen die Christen, weiß die Muslime. Meine Schwiegermutter sieht zum Beispiel ganz entzückend aus mit ihrem weißen Kopftuch, dass den langen silbergrauen, französischen Zopf verbirgt. Es rutscht ihr immer wieder etwas herunter und sie bindet es stündlich drei Mal neu.

Albanistan

Ja, die Albaner wissen, was die meisten von ihnen denken: „Diebe, Drogenschmuggler, Autoschieber, Frauenhändler, Kriminelle.“ Einmal sagte der Römer nach der x-ten Job-Absage: „Ich mag nicht mehr. Die denken doch eh alle, ich komme aus Albanistan.“ Und genau dieser Satz brachte es, zum Leidwesen der -stan-Länder, auf den Punkt. Ja, viele denken und dachten (mich eingeschlossen), dass dieses Land hochgradig kriminell ist. Sie erwarten zahnlose Bettler oder Mafiosi mit schweren Goldkettchen, wenn sie am Flughafen ankommen. Aber glauben Sie mir: Dieses Land ist wahnsinnig facettenreich, offen, herrlich lustig (vielleicht auch nur für mich), gastfreundlich und interessant, weil es diese wunderbaren Einwohner hat, die es eben zu dem machen, was es ist. Albanien ist nicht Albanistan – es ist eine Perle am Mittelmeer, die nur von einigen, wenigen Angeheirateten und ein paar Abenteurern entdeckt wurde. Einerseits würde ich mir wünschen, dass es so bleibt. Andererseits würde ich den Albaner einen nachhaltigen Tourismus wünschen, der vielleicht dem ein oder anderen Wohlstand erlaubt. Verstehen Sie mich richtig: Es gibt Arme und Reiche in diesem Land, aber die Schere geht zu weit auseinander. Und das ist sehr schade!

Die Küche

Fleisch! Fleisch! Ach, und Fleisch! Vegetarier werden liebevoll toleriert. Für sie findet man schließlich Schafskäse, Börek, Reis, Gemüse und Obst aus dem Garten, auch gekochte Eier und was der Kühlschrank sonst noch so hergibt. Veganer werden freundlich in der Wildnis ausgesetzt. Sie könnte man es wohl zusammenfassen. Das Land am Mittelmeer bietet neben Fleisch auch Fisch, der besonders im Charli Max Marina Restaurant* in Durres herausragend schmeckt.

Lebensmittelvergiftung

Ja, auch in Albanien sollte „peel it, boil it, cook it or forget it!“ gelten. Besonders im Hinterland kann es einem passieren, dass einen Skanderbegs Fluch ereilt.

Ein befreundeter Italiener, der eine Albanerin geheiratet hat, sagte mir einmal: „Weißt du, ich bin weitgereist. Von Südamerika über Asien bis nach Australien. Aber nie in meinem Leben hatte ich so eine Lebensmittelvergiftung wie in Albanien.“

Und das kann ich so unterschreiben.

In Tirana hatte ich nie Probleme. Egal, wo wir gegessen haben, es war immer gut und an meinen mitteleuropäischen Verdauungstrakt angepasst. Aber im Hinterland, in Korça, sah ich dem Tod ins Auge nach einer Pizza mit viel Käse. Nur durch die großzügige Bakshish Gabe meines Schwagers an der Rezeption des Krankenhauses, bekam ich eine lebenserweckende Infusion. Die Fischsuppe danach, die mir mein Schwager aufschwatzte, war dann wiederum kontraproduktiv, aber irgendwie schafften wir es nach Tirana. (Die Geschichte tippe ich ihnen mal extra ab)

Krankenversorgung

Die gute Nachricht zu erst: Jeder, egal ob Tourist oder Staatsbürger, wird kostenlos medizinisch behandelt. Die schlechte Nachricht ist: Die Qualität ist nicht immer die gewohnte Mitteleuropäische. Wenn man einen gebrochenen Fuß hat, ist man sicher auch dort gut aufgehoben, solange der Bruch nicht zu kompliziert ist. Tirana verfügt unter anderem über gute Privatkrankenhäuser wie das American Hospital mit vielen, meist italienischen Ärzten. Und hier ist das Problem: Wer genug Geld hat, kann sich diesen Luxus leisten. Auch wer eine Auslandskrankenversicherung hat, wird dort bestens behandelt. Die einfache Bevölkerung kann nur beten und hoffen, dass es schon irgendwie klappen wird.

Krankenhäuser außerhalb der Hauptstadt können schon sehr in die Jahre gekommen sein. Dazu sind sie auch sehr überlastet mit Patienten.

Ich denke, es spricht für sich, wenn der albanische Premierminister sich bei einem Herzproblem lieber in die Charité nach Berlin* ausfliegen lässt.

Autofahren

Wer sich wirklich einen Mietwagen nehmen will (so wie ich!), der sollte besser auf der Hut sein. Auf einem kurzen Abschnitt von Gjiri i Lalzit zur nächstgelegenen, größeren Hauptstraße liefen mir vor’s Auto: Zwei Hunde, eine rollende Wassermelone vom Fruchtstand, eine Schafherde hinter einer Kurve, Badegäste mit lebensgroßen Gummikrokodil auf dem Weg zum Strand und ein betrunkener Greis auf einem Fahrrad. Wer sich das Fahrtraining nach dem Führerschein sparen will, sollte definitiv einen Mietwagen in Albanien buchen und am lebenden Objekt üben. Wer in Tirana Auto fahren will, der sollte tiefenentspannt sein. Wie Sie wissen, bin ich weit davon entfernt und bahnte mir fluchend, kreischend, hupend und betend den Weg durch diese Stadt. Der Römer bremste entweder imaginär mit, kommentierte mit „madre mia!“ oder drohte mit Scheidung und sofortigem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung. Als er dann noch „Amore, go with the flow!“ kommentierte, hielt ich am Skanderbeg Platz an, warf ihn aus dem Auto, drehte eine extra Runde bis ich mich beruhigt hatte und holte ihn wieder ab.

Hochzeiten

Wer das Glück hat auf einer albanischen Hochzeit eingeladen zu sein, sollte grelle Farben mit viel Glitzer tragen. Hohe Plateau Schühchen sind kein Vergehen, sondern gern gesehen. Der Friseurbesuch gehört zum guten Ton, das Make-Up sollte von einem Make-Up-Artist gemacht werden, der Sie so verwandelt, dass Sie sich hinterher nicht mehr erkennen. Und: Bitte am Schmuck nicht sparen!

Da ich weder zum Friseur gehe, noch zum Make-Up-Artist, bekomme ich einen „Ausländerbonus“.

Wer nicht tanzt, wird solange aufgefordert bis er sich zähneknirschend dazu bereit erklärt. Wer nicht freiwillig will, der wird auf die Tanzfläche gezogen. Und dann wird der Pogonishte Tanz getanzt bis die Hochzeit für beendet erklärt ist.

Ein Garant für gute Laune ist bei meiner Familie übrigens der Napoloni Song. Auch wenn die Stimmung zu einer Talfahrt anzusetzen scheint, wird mit diesem Lied die Partyrakete gezündet und die Laune der Gäste geht steil bergauf!

Auch bei privaten, innerdeutschen Autofahrten kann man damit dem eingeschnappten Römer eine Freude machen. Er würde es nie zugeben, aber er entspannt sich sofort und summt fröhlich mit.

Hier kommen meine Geheimtipps für albanische Hochzeiten:

  1. Wer, wie ich, bei der Schrittfolge Schwierigkeiten hat, den Rhythmus aber gut halten kann, der trägt ein extra langes Kleid. Vorteil: Keiner sieht die Füße, die wirr durch die Gegend stolpern. Es hat mich drei albanische Hochzeiten gekostet, diesen Trick für Sie herauszufinden!
  2. Nehmen Sie sich hautfarbene Ohrenstöpsel mit. Die Musik ist so laut, dass ich selbst in meinen wildesten Diskozeiten weniger Ohrensausen hatte. Noch zwei Tage danach werden Sie ein lautes, penetrantes Summen hören.
  3. Wer das große Glück hat einen noch sehr kleinen Signorino zu haben, darf gänzlich daheim bleiben. Die Lautstärke und der Trubel sind zu viel für die Kleinsten.

Auflösung von Tag 9

Na, wer hat’s gewusst? Die Geschichte ist tatsächlich passiert – nur leider nicht mir, sondern meiner Lehrgangskollegin. Sie können sich nicht ausmalen wie neidisch wir, der Andere und ich, waren. Und sie bestätigte mehrmals, dass sie namentlich von ihm angesprochen wurde. Hach!

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Das neunte Türchen im germanoitalbanischen Adventskalender

[Die Auflösung von Tag 8 finden Sie wie immer am Ende]

Fakt Nummer 9

Es war einer meiner ersten Flüge auf Kurzstrecke. Obwohl ich bereits vier Monate auf einem Langstreckenflugzeug flog, war ich dennoch aufgeregt, da die Kurzstrecke für mich komplettes Neuland war. Wir flogen an Tag 2 meiner Tour nach Mailand Malpensa. Die Gäste stiegen aus, die netten Damen und Herren vom Putztrupp machten das Flugzeug wieder ansehnlich und der Co-Pilot holte caffè für die ganze Crew irgendwo in der Nähe unseres Gates. Nach einem kurzen Turnaround sollten wir wieder zurück nach Frankfurt, um dann weiter nach Warschau zu fliegen und dort zu nächtigen.

Kurz bevor das Cleaning Personal fertig war, kam ein äußerst aufgeregter Stationsmanager an Bord: „Ragazze! [Mädels] Heute ist euer Glückstag!“ posaunte er heraus. „Auf 1C wird gleich ein berühmter US-Schauspieler einsteigen, der hier in der Nähe ein Haus hat.“ Mir fiel die Kinnlade herunter und ich brachte keinen Ton mehr heraus. Die Purserette nickte selig. „Na, dann schick ihn mal zu uns oder steigt er als letzter Gast ein?“ Der Stationsmanager lächelte: „Esatto! [Genau] Herr X steigt mit seinen beiden Bodyguards am Ende ein um den Einsteigevorgang nicht zu behindern.“

Ich zitterte vor Aufregung. Die Kabinenchefin bemerkte es sofort und schenkte mir ein Glas Wasser ein. „Alles gut. Er ist ein Gast – wie jeder andere auch.“ Das beruhigte mich nicht wirklich.

Die Gäste stiegen ein. Wir begrüßten jeden sehr freundlich. Da die Passagiere nicht wenig Handgepäck dabei hatten, musste ich zusammen mit den Passagieren ab dem letzten Drittel des Einsteigevorgangs Koffer-Tetris in der Kabine spielen. Letztendlich passte irgendwie dann doch alles. „Boarding completed.“ schalltes es durch den Metallvogel. Ich ging nach vorne Richtung Cockpit. Fragend guckte ich die Purserette an. Sie verwies mit ihrem Blick auf Sitzplatz 1C.

Ich folgte ihrem Blick und sah ihn. Wow! Ein Bild von einem Mann im dunklen Rollkragenpullover und gut sitzender Anzughose. Er las gerade. „Jetzt habe ich alles erlebt, was ich jemals erleben wollte. Von mir aus kann ich jetzt glücklich sterben.“ murmelte ich gedankenverloren. „Ne, ne, du! Erst beendest du noch die 5 Tagestour mit mir.“ scherzte meine Chefin.

Da wir eine sehr kleine Businessclass mit einer Hand voll Passagieren hatten, durfte ich direkt in der Economy Class anfangen zu arbeiten. Das wiederum war mir sehr recht, denn ich war äußerst nervös.

Als ich in der Touristenklasse fertig war, zog ich meinen Getränkewagen zurück in die Bordküche. Gerade wollte ich alles abbauen, da nahm mir meine Vorgesetzte die zu verstauende Flasche aus der Hand. „Ne, ne, lass mal. Räum du mal lieber in der Businessclass ab.“ Ich lief rot an. „Im ernst?“ stotterte ich. „Warum? Habt ihr das nicht im Grundlehrgang gelernt?“ zog mich die Purserette auf und zwinkerte. „Doch, aber ohne US-Schauspieler.“ flüsterte ich peinlich berührt. „Ja, dann machst du jetzt genau das, was du gelernt hast. Nur eben mit Schauspieler!“ antwortete sie mir und schob mich in die Kabine.

Verdammt! Herr Schauspieler hatte fertig gegessen. Ich näherte mich und fragte höflich und stotternd, ob ich abräumen darf. „Oh, thank you, Miss Farniente. It was delicious!“ Ich lächelte und völlig diffuse Gedanken rasten durch meinen Kopf: „Nicht umfallen! Nicht ohnmächtig werden! Er hat mich gerade mit Namen angesprochen. (KREISCH!!) Kann mich mal jemand kneifen? Ah, ich sterbe! Nicht ohnmächtig werden! Nicht stolpern!“

In der Küche musste ich mich erst einmal setzen. „Und?“ fragte die Purserette belustigt. Ich grinste wie ein Honigkuchenpferd. „Er hat mich mit Namen angesprochen.“ säuselte ich. „So machen das echte Gentlemen. Und er, my dear, ist einer der alten Schule.“

Der restliche Flug verlief ereignislos. Immer wieder erhaschte ich einen Blick auf den Schauspieler durch den geschlossenen Vorhang und drehte mich schnell weg. Er sollte sich schließlich nicht beobachtet fühlen. (Hihi!)

Als wir in Frankfurt am Gate ankamen, gab er sowohl meiner Chefin als auch mir die Hand: „Miss Langer, Miss Farniente! Thank you for the excellent service you provided on this flight. Have a wonderful day!“ [Frau Langer, Frau Farniente! Vielen Dank für den exzellenten Service auf diesem Flug. Ihnen einen wundervollen Tag!]

Die Purserette antwortete höflich für uns beide. Ich hingegen grinste dämlich. Was für ein Flug!

Was meinen Sie? War das ein Höhenflug meiner Fantasie? Oder doch ein wahres Märchen?

Reise Nummer 9

Auch heute geht es noch ohne Hilfe des Einen in Sachen Reisen.

Es geht in den Südosten Europas: Nach Albanien.

Flugzeit (ab Frankfurt): 2 Stunden

Taxikosten: Vom Flughafen Nene Tereza (Mutter Teresa) ins Stadtzentrum kostet ein Taxi 20 Euro. Man kann natürlich in der Landeswährung Lek zahlen, aber auch Euros (oder US Dollar) sind gern gesehen.

Währung: In einigen Restaurants und Geschäften kann man in Euro zahlen, da es eine stabile Währung ist. Dennoch empfiehlt es sich, sich Lek am Geldautomaten zu holen, da der Europreis immer etwas höher als der Lek Preis ist.

Bevor wir zu den Sehenswürdigkeiten, den Hotels und Restaurants übergehen, wollte ich mit Ihnen über meine Erfahrungen des Exoten am Balkan sprechen.

Gastfreundschaft und Service

Ich habe selten ein so gastfreundliches und hilfsbereites Volk wie das albanische kennengelernt. Sie sind authentisch herzlich und geben ihr letztes Hemd. Wenn man Hilfe braucht, kennen sie immer irgendeinen, der irgendeinen kennt, der einem helfen kann. Die Gastfreundschaft ist tief im Kanun, dem Gewohnheitsrecht der Albaner, verankert. Tatsächlich gibt es diverse Geschichten während des 2. Weltkrieges, in denen Albaner lieber ihr Leben gaben, als dass sie einen jüdischen Gast auslieferten.

Nun trifft diese Eigenschaft auf Albaner im Privatleben definitiv zu. Nicht aber auf den Service in Hotels und Gaststätten. Dieser mag oft arg reserviert, äußerst schüchtern und manchmal auch arrogant wirken. Meist sind es junge Burschen, die in Restaurants arbeiten. Es wirkt wie „gewollt, aber nicht gekonnt“. Wer mit einem Schweizer Servicestandard (Sie merken, mein Lieblingsland, wenn es um ausgezeichneten Service geht) nach Albanien kommt, sollte besser beide Augen zudrücken.

Die Sprache

Bitte, bitte, bitte erwähnen Sie nie vor einem Albaner, dass er eine slawische Sprache spricht. Sie könnten genauso gut seine Mutter beleidigen und seine Schwester als „hässliche Kuh“ betiteln. Die Albaner betonen immer und immer wieder, dass sie vom edlen Volk der Illyrer abstammen. Sie sind definitiv keine Slawen! Und somit haben sie im indogermanischen Sprachenbaum einen eigenen Ast, der albanisch heißt. Wenn Sie nun behaupten möchten, dass Albanisch Einflüsse aus dem Italienischen und dem Alt-Griechischen hat, so wird Ihnen ein Albaner höflich (aber bestimmt!) antworten, dass die eben genannten Sprachen wohl eher Einflüsse aus dem Albanischen haben. Ich habe es für sie ausprobiert! Vertrauen Sie mir ruhig. Loben Sie stattdessen die Einzigartigkeit dieser Sprache mit dem amerikanisch anmutenden R. Wer in der Lage ist in seiner Aussprache ein dh von einem th zu unterscheiden, verdient ein großes Lob. Und wer qen (Hund) fehlerfrei aussprechen kann, verdient die sofortige Ehreneinbürgerung in Albanien. Und nein, das q wird nicht als qu ausgesprochen. Das wäre auch zu einfach.

Der Nationalheld

Sie kommen nicht um ihn rum: Gjergj Kastrioti oder den meisten unter dem Namen Skanderbeg bekannt. Er war ein albanischer Fürst, der sich den Osmanen entgegenstellte und mutig gegen sie kämpfte. Nebenbei war er auch ein Sprachtalent und konnte sechs Sprachen fließend. Viele Sprachen sprechen zu können ist wohl eine albanische Krankheit.

Geboren ist Skanderbeg in Kruje, einer Stadt unweit von Tirana. Dort kann man noch heute in der Festung (mit Blick auf’s Meer, aber nur wenn Sie ganz genau gucken) viel über ihn lernen und erfahren. Wenn Sie Glück haben, können Sie auch alle 100 Meter einen Cousin des 4.-15. Grades des Römers kennenlernen. Wir hatten 2018 dieses Glück und begegneten 5(!) Cousins allein beim Aufstieg zur Festung.

In Rom gibt es übrigens eine große Skanderbeg Statue. Sie steht auf der Piazza Albania in Testaccio. Unweit davon entfernt, lebte der Römer. Ob er sich aus Heimweh oder aus Nationalstolz die Wohnung in unmittelbarer Nähe zur Piazza Albania gesucht hat, ist nicht überliefert.

Ich – auf der Festung Skanderbegs.

Die Mentatlität

Nun, sagen wir es wie es ist: Nicht nur einmal habe ich mich mit albanischen Freunden vom Römer angelegt, weil Emanzipation zwar ein schönes Wort ist, jedoch wird am Ende des Tages gemacht, was der Herr des Hauses sagt. Bei weitem sind nicht alle Albaner so, aber ich konnte feststellen, dass besonders die Albaner, die niemals Albanien verlassen haben, weit weg vom Thema Emanzipation sind. Geheiratet wird früh, meist mit Anfang 20. Das liegt auch daran, dass Beziehungen zwischen jungen Leuten offiziell nur existieren dürfen, wenn sie verlobt sind. Ansonsten sind sie vor den Eltern geheim zu halten. Wer sich dem frühen Heiraten widersetzt, wird komisch beäugt, so wie meine Nichte Elda, die lieber in ihre Bildung investiert und in Mailand studiert.

Familie

Wer nun glaubt, dass albanische Frauen zwar früh heiraten und dementsprechend früh Kinder bekommen, dafür aber recht ungebildet sind, der täuscht sich. Das Kind hat eine Legion an Betreuungspersonen: Von der Oma (der Mutter der jungen, albanischen Frau) über Tanten, Schwestern, Uromas und nicht selten Ur-Uromas. Die junge Mutter studiert einfach weiter, denn für den Sprössling ist, auch ganz ohne Kitas, gesorgt. Erziehung ist ein generationsübergreifendes Projekt. Das Paar, das weit weg von der Familie in einer Großstadt lebt und das Kind in die Kita geben muss? Undenkbar!

Genauso undenkbar sind Altenheime. Es wird als Schande angesehen, wenn Sie Ihre Mutter oder Ihren Vater im Heim betreuen lassen. Die alte Regel in Albanien besagt: Der jüngste Sohn (mit seiner Familie) betreut Mama und Papa, die bei ihm im Haus wohnen. Da die Töchter der alternden Eltern zu ihren Ehemännern ziehen, können sie sich zwar um ihre Eltern kümmern, nicht jedoch mit ihnen zusammen wohnen. Natürlich ist es mittlerweile nicht mehr so engstirnig wie damals. Auch Eltern ziehen zu ihren Töchtern. Oder der zweitjüngste Sohn wohnt mit seiner Familie und den Eltern zusammen, weil der jüngste Sohn lieber mit seiner deutschen Frau in Frankfurt wohnt. Aber prinzipiell besteht dieses ungeschriebene Gesetz.

Familien sind hier, besonders bis Ende des Kommunismus, extrem groß. Cousins und Cousinen werden in Grade unterteilt. Der erste Grad wird behandelt wie ein eigener Bruder oder eine eigene Schwester. Cousins und Cousinen gibt es in allen Altersklassen: Vom gestandenen Mann/Von der gestandenen Frau bis zum Säugling.

Signorino (mit seinem knappen Jahr) ist beispielsweise der jüngste Sprössling der römisch-albanischen Familie. Sein ältester Cousin 1. Grades ist 45 Jahre alt. Sie können sich folglich ausmalen, dass die römische Schwester mit 40 Jahren bereits Oma ist und die römische Mutter mit knackigen 70 Jahren bereits Uroma.

Verwandte im Ausland

Es gibt kaum eine Familie, die keinen Verwandten im Ausland hat: Meist in Italien, den USA oder der Schweiz. Aber auch in Deutschland oder Österreich gibt es sie: Die Auslandsalbaner. Man erkennt sie häufig schon am Nachnamen: Die Endung -(a)j oder -i verrät sie, sowie die Verwendung von -xh und-gj. (Istrefi, Prelaj, Xhiaj, Gjokaj). Wenn Sie mit dem Nachnamen Xhiaj (Aussprache: Schi-ai) übrigens in ein römisches Krankenhaus eingeliefert werden, ruft das Personal „Signor Xiai?! Signor Xiai?!“ durch’s Zimmer und erwartet eher einen schmächtigen Asiaten als einen bärtigen, grummeligen Albaner.

Die albanischen Männer

Jemand trug mir einmal diesen Satz zu und ich fand ihn, besonders im Bezug auf den Römer und seine weitläufige Familie, sehr passend: „Die deutschen Männer möge es als Angestellte zu arbeiten, da sie wie Hunde sind. Aber wir Albaner, wir sind Katzen. Wir müssen unser eigener Chef sein.“ Natürlich ist der Satz mit einem gewissen Augenzwinkern zu betrachten, aber es ist sicherlich ein wahrer Kern an dieser Geschichte. Die Albaner sind ungern angestellt. Lieber sind sie ihr eigener Chef und treffen ihre eigenen Entscheidungen. Was noch hinzu kommt: Die wahnsinnige Dickköpfigkeit. Nein, ein Albaner weicht keinen Millimeter von seiner bereits getroffenen Meinung ab. Eher schläft er im Kartoffelkeller als dass er seine Meinung ändert. Sollte er nach Wochen doch seine Meinung ändern, kann er sich entweder nicht mehr daran erinnern oder er verkauft Ihnen Ihre Meinung als seine Meinung.

Albanische Autos

Der deutsche Automobilhersteller mit dem Stern ist ein Garant für Qualität und Langlebigkeit. Heiß begehrt ist diese Automarke im Land der blutroten Fahne. Da die Autos nicht so viel Elektronik vorweisen wie die, der anderen Marken, ist es ein leichtes Ersatzteile zu bekommen. Bei anderen Marken kann es zu einer mehrwöchigen Wartezeit kommen. Übrigens: So viele Luxuskarossen wie in Tirana habe ich selten in meinem Leben gesehen. Sie sehen die neuesten Modelle durch Albaniens Städte düsen. Meist sind die Autos importiert aus Deutschland oder Österreich.

Es sei günstiger, so hat es mir mein angeheirateter Neffe erklärt, die Autos in Deutschland zu kaufen, abzuholen und damit bis nach Albanien zu düsen, dort dann noch einmal Zollgebühren und Einfuhrsteuern zu zahlen, als dass Sie das gleiche Auto in Albanien kaufen.

Auflösung von Tag 8

Sie haben ja Recht und haben super Argumente geliefert:

Sonja sagte, dass jemand mit medizinischen Fachkenntnissen so etwas bemerken würde. Anke bemerkte, dass ein Sportler nun wirklich nicht die Risikogruppe sei. Miss to Bee glaubt die Geschichte (und liegt damit richtig), aber nicht am Hochzeitstag (düdüm). Doch genau so war’s. Die römische Gallenblase verstopfte uns auch den Hochzeitstag. Nachdem der Römer aus dem Krankenhaus entlassen wurde, sollte er einen Termin zum Entfernen ausmachen. Das fand er „schwachsinnig“. Sie können sich denken, was darauf folgte: Ein Versuch der Selbstmedikation, der absolut daneben ging. Dann ein erneuter Besuch im Krankenhaus und schließlich eine Hau-Ruck-Operation. Man sagt, dass medizinisches Fachpersonal die schwierigsten Patienten seien. Beim Römer kann ich das bestätigen.

Ich war damals schon ein Trendsetter und trug Maske. Man vermutete einen Norovirus beim römischen Patienten, deswegen musste man mit Schutzanzug und Maske in sein Zimmer.