Freitagsrapport | KW49

Topus, Topoi und König Markus

Ich bin ein entscheidendes Stück weiter mit meiner wissenschaftlichen Arbeit. Ich analysiere momentan die Argumentationstopoi politischer Reden nach dem Sprachwissenschaftler Josef Klein (Klein 2019., S. 338). Tja, sehen Sie mal, an was ich mich alles versuche, nur um nicht das Thema wechseln – und damit verbunden, nochmals eine komplette Einleitung schreibe zu müssen. Not und Faulheit macht den angehenden Journalisten auch mal zum Linguisten. Und wenn Sie sich jetzt fragen, was komplexe Topoi sind, dann ist das eine gute und berechtigte Frage. Ob ich allerdings in der Lage bin, Ihnen Topoi so schmackhaft zu machen, dass Sie sich fortan bei jeder politischen Rede denken „Hach, das waren jetzt aber viele Konsequenzen-Topoi in König Markus‘ Regierungserklärung.„, mag ich zu bezweifeln. Aber ich versuche es dennoch:

Kurz gesagt sind diese Argumentationstopoi rhetorische Muster, die Sie in jeder politischen Rede finden. Da eine politische Rede, je nach Typus, auf Konsens der Bevölkerung treffen sollte, versuchen uns Politiker*innen mit rhetorischen Strategien von ihrer Idee zu überzeugen. Es gibt diverse Topoi, wobei ich an dieser Stelle den Konsequenzentopus und Daten- und Valutationstopus anführen möchte.

Ein Konsequenzentopus würde beispielsweise so aussehen: „Wenn sich nicht mehr Menschen impfen lassen, braucht Deutschland eine Impfpflicht.“ Diese „wenn…dann“-Sätze sind typische Konsequenzentopoi. Ein Datentopus wäre z.B. gegeben, wenn Politiker*innen aktuelle Robert-Koch-Institutszahlen von Erkrankten mit in die Rede einbauen. Da nicht jeder Mensch gleich ist, reagieren manche eben mehr auf den Konsequenzentopus, andere mehr auf den Datentopus und wieder andere auf ganz andere Topoi. Natürlich gibt es auch Bevölkerungsgruppen, die gar nicht auf Topoi reagieren. Sie gelten dann entweder als Topoi-genesen oder dauerhaft immun gegen Topoi. Ob dies dann Fluch oder Segen ist, entscheiden ganz alleine Sie und Ihre Weltanschauung.

König Markus vielleicht? 😉

Apropos Weltanschauung

Die liebe Jeanette hat einen ganz wunderbaren Artikel über Brücken geschrieben. Uneingeschränkt kann ich Ihnen diesen empfehlen.

Eine Zugfahrt, die ist lustig

Dieses Wochenende steht wieder eine Reise für mich an. Mit der Bahn ins Alpenvorland, dort beherbergen mich netterweise Ova und ihre Familie, damit ich am nächsten Tag ein Mietauto übernehmen, einen engen Familienangehörigen einsammeln und mit ihm nach Frankfurt düsen kann. Dort feiern wir Signorinos zweiten Geburtstag. Durch meine Transferleistung habe ich keine Zeit, für das Kita-Geburtstagsfest zu backen. Ein Glück spielen mir die Corona-Restriktionen in die Hände: Man darf nur noch abgepacktes oder vom Bäcker gebackenes mitbringen. Hosanna! Und während der junge Mann in der Kita ist (ich nenne es liebevoll Arbeit, weil irgendwie ist es das ja auch), backe ich den Geburtstagskuchen für nachmittags. Natürlich könnte man diesen auch kaufen, aber ein selbstgebackener Kuchen ist mir ein dringendes Mutti-Bedürfnis. Am Dienstag bringt Turtle, die sich für die Autofahrt extra Kontaktlinsen anfertigen hat lassen, unseren Gast wieder nach Hause ins Voralpenland und verweilt noch ein paar Tage. Danach brauche ich etwas Erholung, um dann meine albanische Nichte in Frankfurt begrüßen zu dürfen. Sie kommt aus Mailand angereist und will ihren Cousin (1. Grades!) kennenlernen. Und danach habe ich zwei Wochen frei (die ich vermutlich auch brauche).

Mein Baby ist weicher als deins

Ob das wirklich so war, kann ich zwar nicht beweisen, aber Signorino war ein extrem weiches Baby. Woran das lag? An dem genialen Tipp der Hebamme, doch ein paar Tropfen Mandelöl ins Badewasser zu geben. Was soll ich sagen? Es war kein Eincremen nach dem Baden notwendig. Warum ich Ihnen das überhaupt erzähle? Weil ich mir diesen Trick zu Nutze gemacht habe im Winter. Seit diesem Jahr leide ich unter extrem trockener Winterhaut. Mangels Bodylotion versuchte ich es mit dem Hebammentrick und siehe da – kein Kratzen, kein Jucken, kein Schuppen. Ich habe babyweiche Haut. Auch wer lieber duscht, kann sich mit diesem Trick behelfen: Einfach nach dem Duschen, aber vorm Abtrocknen ein paar Tropfen Mandelöl verreiben und siehe da – trockene Haut hat keine Chance. Und keine Sorge: Das Handtuch trieft nicht vor Öl – Sie benutzen nur ein paar Tropfen, die schnell einziehen.

Mandelöl, bevor Sie lange suchen ( so wie ich), finden Sie in der Baby-Abteilung Ihres Drogeriemarktes bei den Cremes und Badesachen.

In diesem Sinne: Kopf hoch – auch wenn der Hals dreckig ist! Starten Sie gut ins Wochenende und denken Sie immer an die Worte von Nina Ruge: „Alles wird gut.“

Literaturquelle: Klein, J. (2019): Redegattungen/Textsorten der politischen Rhetorik und ihre Charakteristika. Ein Überblick. In: Burkhardt, A. (Hrsg.): Handbuch Politische Rhetorik. De Gruyter, Berlin/Boston, S. 338.

Pizzaphasen!

Pizzaphasen heißen sie, die Phasen, die bei uns kommen und gehen wie Ebbe und Flut. In Pizzaphasen kochen wir nicht. Nicht etwa, weil wir nicht wollen, nein, eher weil wir nicht können. Signorino ist in Pizzaphasen so anstrengend, dass wir ihn zu zweit mit Müh und Not bändigen können. Schlecht gelaunt, weinerlich, absetzen vom Arm ist ein Affront, der einem Weltuntergang gleicht.

In Pizzaphasen essen wir nicht nur Pizza, denn Abwechslung im Speiseplan ist wichtig und gesund. Wir essen auch Döner, Hühnchen, Burger, Thailändisch, Koreanisch, Georgisch, Schnitzel,… was unsere Nachbarschaft eben so hergibt.

Manchmal, wenn wir besonders müde und geschafft sind und nicht einmal mehr zur Dönerbude um die Ecke gehen können, dann tut es auch der mediterrane Mikrowellenreis, der mit mediterran so wenig gemeinsam hat wie der Römer mit einem kühlen Norweger. In Pizzaphasen scheint uns selbst eine pasta in bianco [Pasta mit Öl und Parmesan] unerreichbar wie eine momentane Übernachtung im Wellnesshotel.

Sie werden es schon an meiner detailverliebten Beschreibung erkannt haben: Wir sind wieder in einer Pizzaphase. Denn ein so großes Fachwissen gespickt mit Verzweiflung und Hoffnung auf ein Ende dieses Zeitabschnitts, gibt es nur in Pizzaphasen.

Zugegeben, der Name ist etwas irreführend, suchen wir doch meist nur noch Zuflucht und Zuspruch bei Reza, dem netten Besitzer des Dönerladens.

Er sieht uns schon weitem, wie wir müde mit dem endlich schlafenden Signorino die Straße entlang schlappen. Mein unordentlicher Dutt und des Römers wilde Lockenpracht manifestieren diesen Eindruck, sollten die dunklen Augenringe und der fahle Teint nicht ausreichen. Wir öffnen die große Glastüre und Reza schenkt uns ein Lächeln. „Zähne?“ ist das erste, was er sagt und wir nicken stumm.

„Vergeht. Schafft ihr.“ versucht er uns zu beruhigen und fängt an unsere Döner vorzubereiten, ohne dass wir auch nur ein Wörtchen sagen müssen wie wir sie gerne hätten. Er kennt uns – und wir ihn. Jemand, der fünf Kinder ganz allein mit seiner Frau groß gezogen hat, ohne jegliche Hilfe und unter schwersten Bedingungen, der kann in drei Wörtern ausdrücken, was andere nicht in breit angelegten Monologen schaffen.

Flink packt Reza uns noch 2 bis 4 Stücke Baklava ein. „Es muss immer eine gerade Zahl sein. In solchen Phasen kann die kleinste Unebenheit zur Explosion führen, wenn Eltern müde sind. Außerdem beruhigt die Süße des Baklavas und die Nüsse geben Kraft. Du kannst alles durchstehen mit genug Baklava – sogar fünf Kinder.“ Dann lacht Reza laut und steckt uns damit an. Signorino öffnet kurz seine Augen, schläft aber wie durch ein Wunder wieder ein.

Der Römer lehnt sich kraftlos an der Theke an. Reza klopft ihm aufmunternd auf die Schulter und lächelt wieder sein Reza Lächeln. Dann erklärt er: “Erstes Kind ist immer anstrengend. Wäre gut, wenn man mit zweitem Kind starten könnte. Aber beim zweiten Kind hat man das erste noch. Also wieder anstrengend. Aber 5. Kind ist gut. 1. und 2. Kind kann auf 5. Kind aufpassen.” Er grinst nun und packt unsere Döner feinsäuberlich in Alufolie ein. Wir lächeln und malen uns aus, wie es wohl mit fünf Kindern wäre. „Da pazzi! [Verrückt!] rutscht es dem Römer raus. “Soweit wird’s nicht kommen.” seufze ich geschafft und ziehe das Verdeck des Kinderwagens noch etwas weiter zu, damit Signorino ja nicht aufwacht. “Doch, doch. Ist Evolution. Kann man nicht aufhalten. Bist du mit dem Gröbsten durch bei Nummer 1, fehlt dir der Babygeruch, die kleinen Füße und Hände, das Kuscheln, Kiwikleiner Kopf mit Babyhaaren. Also machst du noch eins…und dann wieder eins. Und so weiter, und so weiter.” begründet Reza sehr überzeugend.

Nun lächelt der Römer müde. “Bist du guter Vater. Seh ich! Guckt dich Kind dauernd an, wenn mal wach. Ihr verbringt viel Zeit, oder?” fragt Reza den Römer. Der Römer nickt eifrig und grinst bei diesen schönen Reza-Sätzen wie ein Honigkuchenpferd.

Als wir zahlen wollen, macht uns Reza einen Elternpreis. “Kinder sind teuer und fressen einem alle Haare vom Kopf.“, er zeigt auf seine Halbglatze, „Frag mich!” sagt er zum Römer und schiebt ihm den Schein wieder über den Tresen. “Aber sie machen großen Spaß. Und bald werde ich Opa. Ist wie ElternPlus. Alle Vorteile, keine Nachteile. Freu ich mich schon sehr! Wird eine kleine Prinzessin.” Wir gucken ganz entzückt und der werdende Opa lächelt stolz.

Wir wünschen ihm alles Gute und er uns viele Nerven! „Tschüssi! Bis in zwei Wochen.“ verabschiedet Reza sich von uns und winkt. Er kennt uns. Denn Pizzaphasen kommen nicht selten, auch wenn sie von nun an Dönerphasen heißen sollte.

[Der Römer, der die Bedeutung des Namens Reza gegoogelt hat, ist ganz entzückt. Er bedeutet soviel wie „Zufriedenheit“ – und das passt wirklich sehr gut zu unserem Reza]

Kreißsaaltasche – was ich dachte und wie es wirklich war

Was ich dachte, was ich im Kreißsaal brauche:

Was ich davon wirklich im Kreißsaal brauchte:

Einen Strohhalm – mehr brauchte ich nicht. Und für mehr war auch keine Zeit. Aber dieser eine Strohhalm war Gold wert! Ich dachte, ich müsse verdursten. Alles andere (außer die üblichen Utensilien wie Mutterpass und Krankenversicherungskarte) kann man sich getrost sparen. Man hat im Kreißsaal anderes zu tun als während dem Geburtsvorgang an Duftkerzen zu schnuppern oder den Klängen von John Legend zu lauschen.

(Jede Geburt ist einzigartig u. dies ist nur meine “Erfahrung”)

Aus Bambino wird…

…Signorino! Ein kleiner Signore sozusagen.

Seit Mitte Dezember gibt es ihn nun auch live und in Farbe, mit diversen Geräuschmodulen, die einem kleinen Nagetier ähneln und zauberhaften 3D Effekten. Mit stellenweise Bauchweh, viel Kuscheln, großen blauen Augen und schwarzen Haaren, die sich bei Feuchtigkeit zu hübschen, südländischen Locken verwandeln. Mit einem zuckersüßen Lächeln, Grübelfalten, vollen Lippen (Lieber Signorino, du kannst dich in 20 Jahre bei Oma und Mama für die Lippen bedanken!) und des Römers Imperatoren Nase.

Der ein oder andere Leser fragt sich nun: (Hallo Fine und Saxhida 🙋🏼‍♀️) War’s das Rizinusöl?

Und die Antwort ist: Soweit kamen wir gar nicht. Ich wollte es am nächsten Tag kaufen, aber innerhalb von 1,5h (ab Ankunft Krankenhaus) war der junge Mann da. Das war vielleicht eine Überraschung!

Um Mitternacht waren wir im Krankenhaus. Man wollte mich schon wieder heimschicken, aber das CTG läuft ja gut mit. Also schloss man mich an. Leichtes Lächeln der Hebamme auf den Lippen. Man konnte ihre Gedanken lesen. “Ach Mädchen, die paar Wehen, das wird nach Stunden noch schlimmer! Da fehlen noch 9cm bis der Muttermund offen ist und das daaaauert!” schien sie zu denken.

Guess what? Es dauerte eine Stunde und dann zogen wir in den Kreissaal um. Und tadaaa! Signorino war geboren. (Details erspare ich meinen Lesern…die Mamas, Papas, Ärzte und Hebammen wissen ja: Man schreit um sein Leben!)

Und da war er also: ein schreiendes Bündel voll Glück. Der Römer schnitt die Nabelschnur durch (ich nötigte ihn…) und badete den Kleinen (auch hier nötigte ich ihn…). Danach hielt er Signorino während ich versorgt wurde. Und das war der Moment, wo er sich unsterblich verliebte. Ich verliebte mich schon sehr viel früher als der kleine Mann auf meine Brust gelegt wurde.

(Wie es dann im Krankenhaus weiterging – kannste dir nicht ausdenken – dazu ein gesonderter Artikel)

Nun sind wir also daheim und machen das, was alle Eltern machen: Wir unterhalten uns über Ausscheidungen, Bauchweh, Babykotze, volle Windeln und halten uns mit “Schichtarbeit”* und viel Kaffee wach.

[*Schichtarbeit: Einer kriegt die Nachtschicht, der andere die Tagschicht… so kann jeder mal schlafen]

Die ersten zwei Wochen war ich mehr als limitiert. Die Geburtsverletzungen brauch(t)en Zeit und ich konnte kaum eine Minute stehen. Wieder was gelernt: Eine schnelle Geburt geht zwar schnell vorbei, aber die Verletzungen danach dienen wohl als ausgleichende Gerechtigkeit. Autsch!

Die ersten Tage und Wochen brachten in des Römers und meine Beziehung auch ein gehöriges Ungleichgewicht – der Schlafmangel und die Hormone taten ihr übriges. Aber langsam, langsam stabilisiert sich auch diese Phase wieder.

Es fühlte sich an wie eine Atlantiküberquerung im Segelboot – nur, dass keiner wusste wie man das Ding steuerte. Wenn das Meer spiegelglatt war, der Tag sonnig und der Himmel blau, war alles in Ordnung. Wir waren im Glücksrausch! „Wow, ist das einfach dieses Boot zu steuern. Ich weiß gar nicht, was die anderen Eltern haben.“

Aber Gewitterwolken im Form von Bauchweh, allgemeiner Unzufriedenheit oder „Leg mich bloß nicht ab – ich war 9 Monate in deinem Bauch und möchte den ganzen Tag auf deinem Arm sein“ zogen genauso schnell auf wie sie auch wieder verschwanden. Wir? Verzweifelt am Steuer des Schiffs, dass extrem hohe Wellen zu bewältigen hatte. Es stürmte, es regnete, wir drohten über Bord zu gehen und man wusste nicht, was man zu erst tun sollte.

Und nun? Es ist genauso wie vorher mit dem Kleinen, aber mit dem entscheidenden Unterschied, dass wir nicht bei jedem „drohenden Sturm“ komplett aus dem Häuschen geraten. Wir wissen: Okay, jetzt kommt eine schwierige Phase/Nacht/Stunde oder auch schwierige Tage. Arschbacken (entschuldigt den Ausdruck) zusammenkneifen und ab geht die Lutzi!

Man wächst mit seinen Aufgaben und gefühlt wachsen wir jeden Tag ein gutes Stück mehr. Man wird resistenter und vieles ist einem auch wirklich egal. (Vor der Geburt suchte ich jeden Tag nach 3-Zimmer-Wohnungen – jetzt bin ich froh, dass wir nur zwei Zimmer putzen, aufräumen und in Ordnung halten müssen; die Wege sind kurz und Signorino schläft eh auf/neben/bei uns)

Alles in allem sind wir sehr glücklich mit Signorino – er übertraf und übertrifft all unsere Vorstellungen und Erwartungen bei weitem.

Von finsteren Gedanken und Ungeduld

Und die Nerven liegen blank. Eine Woche über Termin. Ich habe keine Lust mehr. Ab heute wird jeden Tag im Krankenhaus kontrolliert.

Und ich habe alles durch: Ich hab dem Bambino gedroht, ich hab gebettelt, gefleht, geweint und gezetert. Doch es passiert nichts. 0,0. Nada. Niente.

Jeden Tag gehe ich auf Gewaltmärsche, trinke Tees und Pülverchen, mach Kniebeugen, putze wie eine Bekloppte, aber… keine Wehen, wenig, aber noch genug Fruchtwasser. Die Plazenta arbeitet ohne Probleme.

Wer mich versteht? Alle Mütter, die schon einmal über Termin gegangen sind. Und die meisten anderen Mütter.

Der Rest gibt dumme Tipps. Und ich kann es nicht mehr ertragen. Betroffen ist davon auch der Römer, der mir zur Geduld rät und sagt “Er kann das nachvollziehen.”

Nein, kannst du nicht. Denn du hast nicht seit Monaten Sodbrennen, egal was du isst, du schläfst tief und fest nachts und hast keine Probleme eine Schlafposition zu finden. Dich vertröstet man nicht jeden Tag. Du hast keine Probleme irgendwo am Körper Haare zu entfernen, du hast kein Nasenbluten, kein ständiges Rippentreten und auch keinen Drang ständig auf Toilettchen zu müssen.

Klar wird er gefragt, wann es soweit ist. Aber er ist nicht der Hauptakt, der ungeduldig daheim sitzt. Während meine Gebärmutter abgetastet wird und das äußerst schmerzhaft ist, sitzt er auf dem Stuhl und sucht in seinem Handy nach Winterjacken. Während ich nach Luft ringe bei kleinen Spaziergängen, läuft er locker flockig neben mir her. Während ich -wie es scheint- sämtliche Yoga Übungen durchturne um ein Paar Socken anzuziehen, ist er in 3 Minuten ausgehfertig.

Und dann tut es mir Leid, aber es tauchen finstere Gedanken auf wie “Es wäre besser gewesen nie schwanger geworden zu sein. Was hab ich mir eigentlich dabei gedacht? Es war doch alles gut so wie’s war! Warum tu ich mir das alles an?!”

Immer noch in der Warteposition. Die Farbgebung unterstreicht meine Laune.

#Blockiert

[Achtung! Hier wird sich kurz mal ausgekotzt. Wer heute einen happy peppy Tag hat, bitte weiterscrollen]

Der Andere wird blockiert. Ich habe nun wirklich keine Geduld mehr für tägliche Kommentare wie “Kann man ab dem ZY.12. nicht theoretisch einleiten?” Warum sollte man, wenn es medizinisch keinen Grund dafür gibt? Weil der Andere das besser findet?

Heute auch ein schöner Kommentar, bei dem ich ihm klar seine Grenzen aufgezeigt habe. Er schrieb: “…und Anfang Januar fahre ich dann in den Skiurlaub. Bis dahin wäre ich gerne Onkel.”

Man braucht eine Schwangere nicht mit solchen dummen Kommentaren belasten. Sie wird sich schon alleine ihre Gedanken machen. Keine Sorge!

Ich schrieb ihm klipp und klar, dass er blockiert wird, wenn noch ein Kommentar in diese Richtung kommt. Meine Nerven werden Tag um Tag dünner und ich habe keine Kapazitäten mehr für Leute, die fragen, wann es denn EEEENDLICH soweit ist.

Ich – hochschwanger, wartend. (Quelle: unbekannt)

Mommy Badass

Eine Spezies, die ich vorher nicht kannte: “Mommy Badass” – die harten Kerle (oder Kerlinnen, um es korrekt durchzugendern) unter den Muttis.

Mommy Badass ist in der Lage alles zu schaffen und zögert nicht darüber zu reden.

“Alsooooo, IIIIIICH…” So fangen typische Mommy Badass Monologe an. Dazu folgt nun ein zehnminütiger Monolog wie abgebrüht dieser Typus Mutter ist.

“…bin ja zwei Tage nach der Geburt direkt Kaffee trinken mit meinen Freundinnen gegangen. Da gibt’s dieses süße Café auf der anderen Seite der Stadt… und wir waren drei Stunden brunchen. Die Kleine hatte ich natürlich schon mit dabei. Sie war ja schon zwei Tage alt. 50 Minuten mit Bus und Bahn waren auch kein Problem. Ich hatte sie im Tragetuch und fühlte mich spitze.”

Ein kleiner Tipp von mir: Machen Sie jetzt nicht den Fehler, diese Spezies mit “Ahs” und “Ohs” zu füttern. Oder noch schlimmer, fragen Sie bitte nicht: “Aber warst du nicht im Wochenbett müde von der Geburt und voll mit Hormonen?” Ich habe es ausprobiert. Es empfiehlt sich nicht.

Frei nach dem Motto “Gib dem Affen Zucker…”, fütterte ich Mommy Badass mit dieser naiven Frage meinerseits. Es schien als hätte ich ihr nicht nur ein Würfelchen Zucker hingehalten, nein, eine ganze Zuckerrohr Plantage habe ich für sie abgeholzt. Das wurde mir aber erst später bewusst. Um nicht zu sagen: „…zu spät bewusst.“

“Aaaalso IIIICH…” , fing ihre Stimme wieder an aufzuheulen, “… hatte k-e-i-n-e-r-l-e-i Probleme. Meine Geburt dauerte ja nur zwei Stunden. Durch Globuli von meiner Hebamme war sie auch ü-b-e-r-h-a-u-p-t nicht schmerzhaft. Es war wie ein langer, ruhiger Fluss. Danach sind wir sofort heim und es lief super: Stillen klappte, das Baby schlief durch, es war und ist wie Urlaub.” erklärt Mommy Badass ausführlich.

“Wow, da warst du aber ein Glückspilz!” gebe ich zurück – ignorierend, dass ich dem Affen nicht nur Zucker gegeben habe, jetzt bewerfe ich ihn auch noch mit Bananen.

“Glückspilz? Also in MEEEEINEM Bekanntenkreis gab es eigentlich niemand, der sich so gehen lassen hat nach der Geburt. Sybille war nach 5 Tagen wieder beim Yoga und Mirella bereitete alles für die große Geburtstagsfeier ihres Mannes vor. 60 Gäste – es wurde extra eine Hütte in den Alpen gemietet. Nur Rachel war gestresst, da sie alles für den zweiwöchigen Dubai Urlaub packen musste. Die war vielleicht durch!” klärt mich Mommy Badass über die anderen Rudelmitglieder ihrer Spezies auf.

“Und was machst DU in deiner Wochenbettzeit? Wellnesurlaub zu dritt? Alles für Weihnachten dekorieren und Plätzchen backen? Eine neue Sprache lernen?” fragt Mommy Badass interessiert.

“Aaaaalso IIIICH..” beginne ich den Satz genauso theatralisch wie sie. “… wollte mich einfach nur an meine Mutterrolle gewöhnen und dem Baby und uns Zeit geben, damit wir uns kennen lernen. Viel kuscheln, schlafen, wann immer es geht, mich von meinem Mann bekochen lassen,… einfach ankommen.”

Mit dieser Aussage hatte Mommy Badass wohl nicht gerechnet. Ihre Gesichtszüge entgleisten.

“Aaaber…” begann sie den Satz. “hast du denn so gar nichts vor??!” fragte sie entsetzt.

“Doch, das habe ich dir doch gerade erklärt, was ich vorhabe. Aaaaalso IIIICH will meinem Körper, meinem Baby und mir Ruhe gönnen. Froh und dankbar für dieses Erlebnis, dass wir alle durchgestanden haben.” erkläre ich ruhig weiter.

Sie schweigt. Und räuspert sich.

“Naja, jede Mutter ist anders, richtig?” versucht sie die Stille zu durchbrechen.

“Richtig!” gebe ich aufmunternd zurück und tätschel ihre Schulter, die seit meiner ehrlichen Aussage nun deutlich hängt. “Aber super, was du alles geschafft hast. Ich bewundere dich!” sage ich, wohl wissend, dass das Wort “bewundern” bei ihr Hochgefühle auslöst.

Sie lächelt stolz und bedankt sich. Im winterlichen Sonnenlicht reflektiert ihr Concealer, der ihre tiefen Schatten unter den Augen abdeckt. Sie sieht aus wie ein müder Panda. Schnell setzt sie sich Sonnenbrille auf, streicht das perfekt geföhnte Haar aus dem Gesicht und verabschiedet sich. Wir drücken uns.

“Ach Mommy Badass. Man darf sich auch mal ausruhen! Das ist keine Schande.” möchte ich ihr zuflüstern. Doch da ist sie schon weg, denn sie muss die 1 1/2jährige von der Tagesmutter abholen um sie zum frühkindlichen Japanisch Unterricht zu bringen.

Selbst japanische Schneeaffen entspannen mit ihren Babys gerne in den warmen Onsen.

Löwenmamas und Freundschaften

„Wenn es um euch Kinder geht, wird eure Mama zu einer Löwin.“ sagte meine Mama vor vielen Jahren zu uns. Ich belächelte sie damals. Aber eigentlich hätte sie mich belächeln sollen wegen meiner Torheit.

Es fehlen nur noch wenige Tage, vielleicht auch noch 1-2 Wochen bis der Bambino uns, den Römer und mich , zu Eltern macht. Und ich merke, dass ich immer gereizter werde.

Jemand stößt aus Versehen auf dem noch leeren Weihnachtsmarkt gegen meinen Bauch, weil er nicht geguckt hat? Den knöpf ich mir vor und zwar lautstark. Früher ganz schüchternes Küken – heute angehende Löwenmama. Niemand stößt gegen meinen Bauch – auch nicht aus Versehen.

Das ist auch der Grund, warum ich öffentliche Plätze mittlerweile meide oder sie nur besuche, wenn kaum Menschen dort sind. Im Weihnachtstrubel haben alle Scheuklappen auf und gucken nicht. Nein, danke! Dann geh‘ ich lieber alleine auf einen langen Spaziergang oder bleibe daheim.

Das gleiche gilt für meine Privatsphäre: Ich ziehe mich immer mehr zurück und ertrage nur noch den Römer und einmal die Woche Turtle. Der Eine hat dafür vollstes Verständnis. Der invasive Andere nicht. „Was machst du am Wochenende?“ fragt er. „Ich bin zu Hause und ruhe mich aus. Ich schlafe kaum mehr als 2 Stunden und brauche meine Ruhe.“ ist meine ehrliche Antwort. „Ah, ok. Wollen wir was am Wochenende machen? Vielleicht auf den Weihnachtsmarkt?“ bohrt er nach und ignoriert offensichtlich alles, was ich davor geschrieben habe. „Nein, danke. Ich möchte wirklich meine Ruhe.“ antworte ich knapp. „Dann komm ich einfach bei dir vorbei, okay? Ich hab nämlich am Wochenende nichts zu tun.“ schreitet er mit Scheuklappen voran. „Ich möchte meine Ruhe und mich ausruhen. Aber danke für’s Angebot.“ versuche ich es ein letztes Mal. „Okay, kein Problem. Soll ich Kuchen mitbringen?“ antwortet er.

Ich ignoriere seine Nachrichten von nun an. Wer nicht verstehen will, der wird ignoriert. Meine Nerven sind dünn – sehr, sehr dünn.

Mit Ova schrieb ich heute auch – auch wegen dem Anderen: „Dann kann er sich wenigstens auf die Zeit im Wochenbett einstellen. Da wirst du auch keine Zeit für ihn haben. Da kann er tun, was er will. Jede Stunde, die du dir zum Ausruhen gönnen kannst, ist Gold wert. Und wer kein Verständnis für schwangere Frauen oder Frauen im Wochenbett hat, der hat Pech gehabt. Das kannst du ihm von mir stellvertretend so sagen. Es geht am Anfang in erster Linie um die Bedürfnisse von Mutter und Kind. Eine gute Freundschaft hält das aus.“ erklärt sie mir.

Ja, eine gute Freundschaft hält das aus.