Arjeta – ein goldenes Leben

[Bis der dritte Teil der Albanienchroniken fertig gestellt ist, dachte ich, dass uns ein paar leisere Töne gut tun würden an diesem Sonntag. Die Geschichte entstand vor ein paar Monaten und ich veröffentlichte sie zuerst auf story.one. Arjeta war die Lieblingstante des Römers, die plötzlich und unerwartet an einem Hirnaneurysma starb.]

„Ein gnädiger Tod.“ sagte man viele Monate später als die Tränen bei den meisten längst versiegt waren. Die Rationalität hatte wieder die Kontrolle übernommen und drängte jegliche Melancholie in den Hintergrund.

Gebetet habe sie. So wie jeden Abend vor dem Zubettgehen. Als sie die letzten Worte aussprach und sich langsam vom türkisen Gebetsteppich erhob, löste sich der Knoten des weiße Kopftuch und rutschte über ihre Stirn. Sie trug das Tuch, das ihre weißen, langen Haare bedeckte, nicht nur aus religiösen Gründen. Vielmehr trug sie es aus Pflichtbewusstsein der Tradition ihres Landes gegenüber. Mit ihren, von Pigmentflecken übersäten Händen griff sie nach dem Tuch. Doch in dem Moment, in dem sie den Knoten im Nacken festzog, fiel sie einfach um.

Eilig wurde sie ins Krankenhaus gebracht. Man versuchte gar nicht erst den Krankenwagen zu rufen, denn die Straßen sind schlecht und auf die Krankenwagen ist kein Verlass. Besim, ihr Sohn, fuhr den alten Benz. Neben ihm saß sein Vater Agron und starrte mit leerem Blick in die Nacht. Auf der Rückbank lag seine bewusstlose Frau, die schwer atmete. Ihr Kopf war im Schoß ihrer Enkelin gebettet.

Agron wollte nicht weinen, denn da, wo noch Hoffnung besteht, weint man nicht. Stakkatoartig tastete sich sein schwerer Blick an der vorbeifliegenden Umgebung voran. Wie viele Male ist er bereits mit seiner Gattin diese Straße entlang gefahren? Und wie viele Male wird er sie, mit ihrer Hand in seiner, noch entlang fahren?

Drückend still war es im Auto. Man hörte nur das Schluchzen der Enkelin, die um ihre Großmutter bangte. Immer wieder streichelte sie ihrer Oma über das weiße Haar.

Im Krankenhaus ging alles ganz schnell. Es war noch nicht zu spät. Die Ärzte handelten rasch, spritzten und verkabelten die Patientin. So lag die alternde Dame drei Tage in einem Krankenhausbett, tief versunken im Koma und überwacht von Apparaten und medizinischen Personal.

Sie lebte.

70 Jahre sei kein Alter zum Sterben, redete Agron jede Nacht aufs Neue auf Gott ein. Er lag dabei allein im großen, schweren Ebenholzbett. Ein Geschenk seiner Eltern zur Hochzeit des damals so jungen Paares. Händeringend versuchte er Erklärungen zu finden, warum die Zeit seiner Frau noch nicht gekommen sei. Nächtelang wirkte er mit akribisch ausgearbeiteten Argumenten auf Gott ein. Er sei schließlich älter als sie, erklärte er Gott in der darauffolgenden Nacht. Man solle lieber ihn nehmen. Seine Frau würde auf Erden dringender gebraucht werden als er.

Doch Agrons Gott schien nicht nach Seniorität zu handeln. Am vierten Tag nahm er seine Gattin an sich.

Fast 400 Leute kamen zur Beerdigung Arjetas, Agrons Frau. Man sagte später, dass es ungewöhnlich für eine Frau dieses Alters sei, dass so viele Weggefährten zu einer Beerdigung kommen. Normalerweise sei das nur der Fall, wenn einer von den Jungen im Viertel zu schnell fuhr und es nicht überlebte.

Doch so ungewöhnlich war es nicht. Arjeta hatte für jeden stets ein offenes Ohr. Eine mütterliche, fast schon goldene Wärme strahlte sie aus. Nie hörte man sie schlecht oder gar abfällig über jemanden reden. Sie war eine von den wenigen Personen auf dieser Welt, die so pur und rein wie frisches Bergquellwasser war.

Ihren Namen hatte sie ihrer Großmutter zu verdanken. Sie bestand darauf, das Kind Arjeta zu nennen. Der Name bedeutet “goldenes Leben“. Diesen Wunsch gab sie ihrer Enkelin mit auf den Lebensweg. Er ging in Erfüllung.

Warnung!

Kennen Sie das? Sie lesen ein Buch und in ihrem Kopf fügen Sie automatisch Bilder dazu ein. Die Hauptdarstellerin sieht für Sie vielleicht aus wie Grace Kelly und der widerwärtige Nebendarsteller wie ihr unsympathischer Cousin Markus mit den derben Sprüchen?

Doch dann passiert es: Einige Monate danach sehen Sie (zufällig) die verfilmte Version des Buches. Doch die Schauspieler scheinen so gar nichts gemein zu haben mit den Personen, die Sie in Ihrem Kopf in liebevoller Kleinstarbeit zusammengesetzt haben.

Sollte Ihnen das so – oder so ähnlich – schon einmal passiert sein, dann klicken Sie nun auf das kleine [X] oben rechts. Schließen Sie den Beitrag und genießen Sie den restlichen Tag.

Wenn Sie dennoch weiterlesen, dann nur auf eigene Gefahr:

Ich – in meiner damaligen, letzten Schwangerschaftswoche, gebe Ihnen nun die Möglichkeit diesen Beitrag zu schließen

Nun gut, Sie wollten es so:

Ich habe mein Personenregister (Haupt- und Nebendarsteller) überarbeitet. Schon lange war es mir ein Dorn im Auge, denn es war ein einziger Haufen hastig hingeworfener Darstellernamen. Ordnung musste endlich her!

Gesagt – getan. Und wo ich gerade dabei war, dachte ich, dass ich auch gleich das ein oder andere Bildmaterial einfüge. So kam es also, dass ich, Eva Farniente, nun gar nicht mehr so anonym durch’s Internet rausche. Auch den Römer, den Einen und den Anderen kann man erahnen.

Dennoch: Signorino, Turtle und Ova bleiben ein Phänomen. Der Erstgenannte, weil er noch so klein ist und mit 18 Jahren ganz allein entscheiden darf, welche Bilder von ihm ins Internet katapultiert werden und die beiden Letzteren, weil ich weiß, dass sie sehr verschwiegene Personen sind.

Nun denn, viel Spaß! Und kommen Sie mir hinterher nicht mit: Ich hätte Sie nicht eindringlich gewarnt!

P.S.: Da ich aber keine Influencer-Mutti bin, ist und bleibt das Fotomaterial bis auf weiteres das einzige. Es gibt keine liebevollen Insta-Stories, wo ich Ihnen Tee, Haarspülungen und Gesichtscremes aufschwatzen will (mit Rabattcode 40% günstiger!!) und es wird keine 10 Min HIT Workouts (das würde ich auch nicht durchhalten!) geben. Ich hoffe, Sie verkraften das und begnügen sich weiterhin mit den Geschichten auf meinem Blog!

Danke Ihnen!

Nach mehrmaligen Überlegen, ob ich Sie duze oder euch sieze, bin ich nun zu dem Entschluss gekommen, euch in meinen Beiträgen zu siezen.

Wissen Sie warum? Weil man mir beigebracht hat, dass man Respektpersonen zu siezen hat. Und Sie haben meinen vollsten Respekt, denn seit einem Jahr lesen Sie bereits auf diesem Blog mit (und viele von Ihnen kenne ich bereits von meinen anderen Blogs).

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich würde auch ohne Sie schreiben. Aber mit Ihnen ist es doch deutlich netter. Sie geben mir neue Ideen, waschen mir verbal den Kopf oder muntern mich auf.

Sie alle haben so wahnsinnig aufregende Lebensgeschichten, auch wenn es auf Sie nicht so wirkt und ich bin froh und dankbar, dass Sie hier sind.

Ich hebe mein Champagnerglas voll alkoholfreiem Spumante (Sie wissen ja, ich trinke keinen Alkohol) und stoße auf Sie und mit Ihnen an. Danke, dass Sie teil von diesem Blog sind.

Stößchen, cin cin, gëzuar und Prost!

P.S.: Ich duze Sie trotzdem in den Kommentaren – keine Sorge!