Hausarrest für Heinz

Sonntag, 23:30 Uhr. Einer meiner Lieblingsnachbarn, Heinz, kommt gerade von der Trinkhalle heimgetorkelt. Er ist ein flotter Mitsechziger, graues, lockiges, etwas längeres Haar, schlank mit aufgesetztem Bierbauch und dabei top in Schuss. Sein Mountainbike fährt er in Frankfurt am liebsten mit passendem Fahrradtrikot und Helm aus und das meist jeden Tag.

Es ist heiß in Frankfurt, so dass wir abends die Fenster geöffnet haben, um ein paar Grad kühlere Luft ins Innere zu lassen. Ich liege auf der Couch und höre Heinz und einen Freund unten an der Straße palavern. Sie scheinen ziemlich einen Sitzen zu haben, was bedeutet, dass die Trinkhalle (frankfurterisch für Kiosk) heute wohl wortwörtlich genommen wurde. Heinz und sein Freund haben nur noch eingeschränkte Kontrolle über ihr Sprachzentrum.

Nachbarsfreund, leicht lallelnd: „Bidde schön, mein Freund. Du bisch zu Hause.“

Nachbar Heinz, ebenfalls stark lallend: „Ah ja…. [kurze Pause, aufgeregt] Ah nein, nein! Des isch des Einfahrtstor. Aber wenn ma scho mal da sind [rüttelt am Tor]… des isch zu.“

Nachbarsfreund, hickst: „Ah Heinz, du bisch ei gudde Seele! Einfach eine gudde Seele, gell? Der Robin Hood der Nachbarn mit Auto bisch du.“

Nachbar Heinz: „Na, bin ich net. Da isch mei E-Bike drin. Net, dass des wegkommt!“

Nachbarsfreund: „Auch gut, Heinz. Die nächste Ausfahrt bisch du….“

Die beiden gehen singend zur Haustüre, die fünf Meter vom Tor entfernt liegt.

Nachbarsfreund: „So, jetzt aber! Kriegsch den Schlüssel überhaupt nei?“

Nachbar Heinz: „Ja, ja, notfalls klingel ich die Helga wach.“

Nachbarsfreund, aufgeregt: Na, na, Heinz! Des machst du net. Wenn dei Frau aufwacht, kriegst wieder 4 Wochen Hausarrest, so wie beim letzten Mal. Des könn ma net riskieren!“

Nachbar Heinz: „Au ja! Kannsch du mir schnell mal mit dem Schlüssel helfe, Willi? Des Ding will und will net ins Schloss neigehe.“

Es scheint, als würden sie es mit vereinten Kräften versuchen. Irgendwann quietscht die ungeölte Eingangstür. Sie haben es geschafft.

Nachbarsfreund Willi: „Gud’ Nacht, Heinz! Hoffentlich kriegst du die Wohnungstür auf. Wenn net, schließ ich dich in mein Nachtgebet ein. Mach‘s gut, Heinzi!“

Nachbar Heinz, scheinbar noch in der Eingangstür stehend: „Willi? Du musch gradaus gehen. Net nach links! Net, dass du dich noch verläufst. Komm gut heim!“

Nachbarsfreund Willi, zurückschreiend: „Des klappt scho!“

Das wäre Heinz‘ Aussicht, falls er doch Hausarrest von Helga bekommt.

11 Kommentare zu „Hausarrest für Heinz

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