Des einen Reise ist des anderen kulinarische Chance

Vor zwei Wochen zitterte der Römer bereits Tage vor seiner Abreise: Wird er wohl nach Rom fliegen können oder werden seine Pläne wieder durch einen der unzähligen Streiks zerschlagen? Das erste Mal nach 4 Jahren alleine in die italienische Hauptstadt zu reisen, ist ein absolutes Privileg. Ganz in Ruhe würde er Freunde treffen und in Erinnerungen schwelgen, wenn er durch die Gassen Roms schlendern wird. Er wollte es sich nicht nehmen lassen!

Und: Es hat geklappt. Pünktlich um 16 Uhr saß er im Flugzeug gen Rom. Um 18 Uhr meldete sich die Bank-App, dass er eine Fahrkarte für den Zug in die Innenstadt gekauft hat. „Dann wird er wohl angekommen sein.“, dachte ich. Im Zug meldete er sich, dass alles geklappt hat und er nun ins Hotel fährt.

In Rom wartete bereits eine Pannacotta im Glas auf den Römer. Sein Freund ist Restaurantbesitzer in Trastevere. Wie praktisch!

Daheim indessen rührte sich ein leises, längst verborgen geglaubtes Stimmchen. „Endlich! Endlich kannst du all das kochen (und essen), was schon seit langem auf deiner Liste steht.“, flüsterte dieses innere Stimmchen.

Aktuell ist meine kulinarische Leidenschaft die asiatisch angehauchte Küche. Denn, Sie wissen es ja bereits aus der Vergangenheit, ich bin kein großes Genie an Herd und Ofen, aber asiatisch inspirierte Rezepte kriege ich ganz gut hin. Deswegen kochte ich zu aller erst Reis. Mir schwebte bereits ein „Fried Rice“ mit viel Gemüse und Tofu vor.

Falls Sie sich fragen, warum ich ungern koche, wenn der Römer zu Hause ist, dann kann ich Ihnen hier die Antwort liefern: Sobald ich aus der Küche rufe, dass es heute „Dal Makhani“ oder „Glasnudelsalat“ gibt, guckt mein Gatte, als wäre er dazu verdammt bis ans Ende seiner Tage praktische Funktionskleidung und klobige Wanderstiefel zu tragen. Dabei koche ich ein exzellentes Dal Makhani und einen sehr gelungenen Glasnudelsalat.

Ein paar wenige, asiatische Gerichte kann er essen, wenn es keine Alternative gibt. Er lügt sie sich zurecht, in dem er sie ins Italienische übersetzt: Das thailändische Gericht Phat Thai nennt er tagliatelle con gamberi, also Tagliatelle mit Garnelen. Kaeng Masaman oder Masaman-Curry bezeichnet er als spezzatino di pollo con patate, also ein Hähnchen-Kartoffel-Eintopf. Gedämpfte Wan-Tan-Teigtaschen sind ravioli und damit hat sich das. So kann mein Gatte, mehr oder weniger glücklich, seine Currys und Wan-Tans essen.

Nun war er also weg und ich konnte mich in der Küche austoben, ohne dass jemand neben mir klagte, wie wenig inklusiv meine Küche wäre – besonders für einen Römer!

Ich begann mit einem Glasnudelsalat und kaufte noch die letzten Zutaten ein. Dabei war ich mir sicher, wir haben noch eine Packung Glasnudeln daheim. Wer, außer mir, sollte sie auch essen? Doch mein Gehirn spielte mir einen Streich. Es waren keine Glasnudeln mehr im Vorratsschrank. „Dann halt Mie-Nudeln.“, sprach ich und zuckte mit den Achseln. Ich briet einen großen Berg Gemüse an, rührte in der Zwischenzeit eine Saté-Sauce zusammen, kochte Mie-Nudeln und hatte einen riesen Spaß dabei. Ich, die ungern kochte! Aber meine Interpretation der asiatischen Küche war für mich gut machbar: Gemüse anbraten, mit Sojasauce ablöschen. Beilage dazu (Mie-Nudeln, Glasnudeln). In der Pfanne vermischen. Sauce darüber. Nüsse dazu. Fertig.

Food-Fotograf werde ich in diesem Leben nicht mehr.

Am darauffolgenden Abend machte ich den oben erwähnten Fried Rice mit Gemüse und Tofu. Er schmeckt am besten, wenn der Reis bereits einen Tag alt ist und im Kühlschrank auf seinen großen Auftritt wartet.

Der Tofu hat bei Teilen unser Familie eine schwierige Stellung. Als ich ihn das letzte Mal in einem Curry verwurstete, war der eh schon nicht glückliche Römer, noch viel unglücklicher. „Che cos‘è? [Was ist das?]“, fragte er und kaute lustlos auf den gummiartigen Würfeln herum. Man sah ihm an, dass er sie am liebsten ausspucken würde. „Tofu.“, antwortete ich knapp. „Was ist Tofu?“, fragte er mit vollem Mund zurück. „Sojabohnenquark.“, sprach ich. „Ist es wenigstens gesund?“, hakte er nach und zwang sich, den Tofu herunterzuschlucken. „Ich denke schon, ja.“, gab ich zurück. „Domanda! [Frage!]“, fing der Römer an. „Könnte man den Tofu nächstes Mal durch Feta ersetzen?“, schlug er vor. „Also nein! Also wirklich nicht.“, reagierte ich empört. „Wie soll das denn schmecken?“

Der Römer murmelte: „Immerhin würde es dann nach irgendetwas schmecken und nicht nach trostlosen Autoreifen.“

An diesem Tag endete unsere gemeinsame, asiatisch-kulinarische Reise. Seitdem freue ich mich, wenn der Römer ab und an alleine verreist und ich ganz in Ruhe all das kochen kann, dass es sonst nicht auf unseren gemeinsamen Speiseplan schaffen würde.

Solche Ausblicke und die römische Kulinarik sind doch immer eine Reise wert.

26 Kommentare

  1. Und der Ableger? Isst der gern Tofu mit Mama?
    Der Vorschlag des Römers, Tofu mit Feta zu ersetzen, erinnert mich an meinen italienischen Gatten und seine Probleme mit von mir geliebtem Kirsch- oder Pflaumenkuchen. „Wenn du das saure Obst nächstes Mal mit süßen Aprikosen ersetzt, wäre der Kuchen richtig gut.“😂

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    • Der Ableger kommt ganz nach Papa: Bitte keine „exotischen“ Dinge. 🥴

      Ich musste sehr lachen beim Vorschlag deines Gatten, liebe Anke. 😄 Aber klar, die leicht säuerlichen Kuchen (die ich liebe) muss man mögen oder zumindest gewohnt sein. 😄 Wie ist das bei deinen Töchtern? Sind sie Team „Albicocca“ oder kommen sie nach dir und mögen die leicht sauren Kuchen?

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      • Eine ist auf meiner Seite, eine beim Papa. Die italienischen Kuchen sind mir oft viel zu süß, ich mag den Kontrast mit saurem Obst.
        Deshalb kaufe ich heute (saure) Äpfel und backe einen anständigen Kuchen, als Alternative zur zuckrigen Colomba. 😊
        Hab ein schönes Osterfest, mit traditionellen und „exotischen“ Gerichten, liebe Eva!

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      • Perfekt! Besser geht es gar nicht. 😃
        Ich bin ganz auf deiner Seite. Mir sind die italienischen Kuchen und Gebäcke auch zu süß. Super, dass ihr eine Lösung gefunden habt, bei der alle auf ihre Kosten kommen.😃
        Das wünsche ich dir auch, liebe Anke und liebe Grüße, Eva

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  2. Trostlose Autoreifen 🙂

    Als mein großes Kind noch klein war, gab es erstmalig Tofu. Ess ich nicht. Ok, dachte ich, warte nur ab. Beim nächsten Besuch gab es Tofu am Stück, fein mariniert, paniert und in der Pfanne goldbraun gebraten. Hier, SchnitzelLecker, Papa Dann folge die Aufklärung und fortan wurde auch Tofu geliebt 😉

    Guten Morgen & Grüße!

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    • Guten Morgen lieber Reiner, das war aber sehr schlau von dir! Und dem Kind hat‘s geschmeckt. Genau so muss es sein. 😃

      Ich habe hier alles schon probiert: Der Römer erkennt leider, dass es sich nicht um Fleisch sondern um Tofu-Tier handelt. Mit Feta werde ich Tofu dennoch nicht ersetzen. 😄 Liebe Grüße und einen guten Start ins lange Osterwochenende!

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    • Das ist ein sehr feiner Plan, liebe Gerda. Es gibt nichts besseres als mit Liebe gekochte Rezepte. 😋 Tofu ist ein Sojabohnenquark, der an schnittfesten Käse erinnern. Von der Konsistenz eher gummiartig. Per se schmeckt er nach gar nichts, deswegen sollte er unbedingt mariniert werden. Oftmals kann man ihn schon mariniert kaufen. Feta in asiatischen Gerichten wäre vermutlich zu würzig. Aber das müsste man ausprobieren. 😃

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  3. Liebe Eva, fein geschrieben. 🙂 Allerdings bin ich, was das Tofu anbelangt, ganz bei deinem Gatten. Nur würde ich das Tofu nicht gegen Feta tauschen, sondern gegen Fleisch. 😀
    Schöne, sonnige Feiertage für deine Familie und dich, Gruß Bea

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  4. Wieder ein herrlicher Einblick in euer Eheleben liebe Eva. Vielen Dank dafür.

    Ich bin allergisch gegen Soja. Und somit kommt Tofu mir nicht ins Haus. Feta als Ersatz schmeckt mir allerdings sehr gut und das habe ich sogar mal in einem praktischen Tipp für Allergiker gelesen ;-)

    Das Problem mit dem Kochen kenne ich allerdings sehr gut und ist auch ein Grund warum ich meine Rezeptsammlung zum größten Teil entsorgt habe.
    Im Moment probiere ich mich durch die Originalrezepte meines uralten Kochbuches durch und bislang haben sie mir ohne große Änderungen geschmeckt.

    Ich wünsche dir einen schönen Karfreitag.
    Trude

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    • Das freut mich sehr, liebe Trude. Vielen Dank!

      Das ist spannend, dass du das schreibst. Dass es also hochoffiziell als Ersatz für Soja-Allergiker geeignet ist. Musst du bereits vorsichtig sein, wenn auf einer Verpackung steht „Kann Spuren von Soja enthalten.“ oder dann wird es noch nicht dramatisch für dich?

      Das verstehe ich total. Man probiert sich so durch und muss keinen Kompromiss eingehen, wenn man für sich kocht.
      Das wünsche ich dir auch (also Karsamstag mittlerweile) und liebe Grüße, Eva

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  5. Was Tofu angeht kann ich deinen Gatten verstehen.
    Gut wenn man keine Kinder hat und jeder so wie hier sein eigenes Süppchen kocht.
    So bekommt jeder was Er will verträgt und mag.
    Aber schön, wenn Du dann glücklich kochst, wenn der Gatte gerade nicht da ist.💚

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    • Es gibt vermutlich nur zwei Lager: Entweder man mag Tofu oder er erinnert einen an Autoreifen. 😄

      Du hast absolut recht. Die ewige Stadt ist ein Traum. So viel Geschichte, so eine tolle Atmosphäre, das Licht, die Leute und nicht zuletzt die Küche! Ich drücke ganz fest die Daumen, dass es bald ein drittes Mal mit Rom klappt. 🇮🇹 Liebe Grüße, Eva

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  6. Es kommt immer darauf an, was man daraus macht. Früher, als Tofu noch nicht üblich war, habe ich bei Einladungen Tofugulasch mit getrockneten Sojawürfeln gemacht. Die Würfel habe ich vorher in herzhaft gewürzter Gemüsebrühe al dente gekocht und an Fleisches statt verwendet. Es hat allen Gästen gut geschmeckt. Asiatisch/ungarisch war ein voller Erfolg. Dein Food-Foto ist es übrigens auch. LGLore

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