
[Der erste Teil ist hier zu finden….]
„Und? Was kam raus?“ belagerte Elda den Römer. Ihre Stimme überschlug sich förmlich. „Er überlegt sich’s. Das war das Beste, was ich rausschlagen konnte.“ antwortete der Römer wahrheitsgemäß. Sie legte ihr Köpfchen mit den dunklen Locken schräg. Ihre Augen guckten nach oben. Ihren Mund verzog sie zu einem Schnütchen. Spätestens hier wusste man, warum Besnik wollte, dass seine adrette Tochter nicht ins Ausland geht.
„Na ja, aber er hat nicht jo [nein] gesagt.“ bemerkte sie. „Auch nicht po [ja], aber eben auch nicht jo [nein]!“
Der Römer musste lachen. „Wenn er etwas absolut nicht will, dann sagt er sofort nein. Du kennst ihn! Und dann ist auch nichts daran zu rütteln. Aber er sagte, er überlegt sich’s. Das ist ein gutes Zeichen. Ich werde warten bis er bereit ist. Du bist Besniks einzige Tochter. Er braucht Zeit sich an den Gedanken zu gewöhnen.“ erklärte der Römer ruhig.
Drei quälend lange Tage für Elda gingen ins Land. Sie versuchte sich abzulenken, aber man merkte ganz genau: Sie war nicht bei der Sache. Ihre Mutter vermutete, dass sie verliebt sei. In gewisser Weise stimmte das auch: Sie war verliebt in den Gedanken ins Ausland zu gehen. Womöglich nach Übersee? Singapur? Oder gar London? Sie wischte den Gedanken weg. „Bloß keine Hoffnungen machen!“ befahl sie sich. Nicht, dass sie wieder im öden Tirana fest saß. Das monotone „biep“ der Kasse, immer wenn sie einen Artikel über den Scanner zog, machte sie in diesen Tagen besonders aggressiv. Klar, es ist der Supermarkt ihres Vaters, wo sie aushalf, wann immer es ging. Aber das konnte doch wohl kaum ihr Leben sein? Sie hatte Wirtschaft studiert. Sie hatte einen Bachelor. Sie wollte raus! Raus aus Albanien. So wie die meisten ihrer Verwandten: Die Zogus haben’s gut, die sind damals nach Amerika. Die Muratis in die Schweiz. Die Xhiajs, Lilas und Kastratis sind alle gesammelt nach Italien. Nur sie, sie war gefangen in Albanien.
Nach drei Tagen klingelte das Telefon des Römers. Besnik stand in großen Lettern auf dem Display. „Alo?“ unterbrach die Stimme des Römers das Klingeln des Telefons. „Po…. Po…Po… Ciao. [Ja….Ja…Ja… Tschüss]“
„Amore mio, was hältst du davon, wenn wir heute bei Besnik essen?“ fragte er mich – pro forma. Dass das Abendessen schon längst beschlossen war, war selbst mir klar. „Kein Problem.“ gab ich grinsend zurück. „Es geht ja schließlich um Elda und ihre Zukunft.“ Der Römer musste lachen: „Esatto!“ [Genau] sagte er.
Um 20 Uhr traten wir in Besniks neugebautem Haus ein. Wir kannten es noch nicht und er führte uns stolz herum. „Hier ist die Etage von Toni [seinem Sohn] und seiner Frau.“ zeigte er uns. Wunderschön war diese. Die Innenarchitekten hatten ganze Arbeit geleistet. „Das hier ist unsere Etage. Flora [die Schwester des Römers und die Frau von Besnik] hat sich etwas florales gewünscht.“ erklärte er uns. Eine geschmackvolle Blümchentapete zierte die große Wand hinter dem gemeinsamen Ehebett. Überall waren florale Elemente eingearbeitet. Es sah bezaubernd aus. Verspielt, aber nicht zu kitschig. Wir nahmen den Lift um noch eine Etage höher zu gelangen. „Und hier ist…“ er stockte. „Eldas Zimmer…also ihre Etage…also falls sie uns mal besuchen kommt.“ Man sah ihm an, dass ihn sein eigener Satz mitten ins Herz traf. Der Römer und ich guckten verwirrt. „…Falls sie uns mal besuchen kommt.“ hallte es in unseren Köpfen nach.
„Wie? Falls?“ nutzte der Römer die Gunst der Stunde um gleich zu fragen was Sache ist. „Ich habe darüber nachgedacht. Als Vater habe ich eine gewisse Verpflichtung meiner Tochter gegenüber. Bei ihrer Geburt habe ich mir geschworen, dass sie die allerbeste Ausbildung genießen soll, die es gibt. Also ist es wohl an der Zeit, meine eigenen Interessen hinten anzustellen. Sie soll im Ausland studieren.“ erklärte er mit traurigem Blick.
„Das ist ja ganz fantastisch!“ gab der Römer zurück. „Du wirst sehen, dass es absolut die richtige Entscheidung war.“
„Wer studiert im Ausland?“ hörte man eine Stimme aus dem Off. Elda!
„Du!“ antwortete der Römer noch vor Besnik. Sie flippte aus vor Freude. Stürmisch umarmte sie ihren Vater Besnik, ihre Mutter Flora, den Römer und mich. „Ich kann es gar nicht glauben!! Papa!!! Danke!!!“ Ihre Augen schäumten über vor Freude. Flora freute sich für ihre Tochter, doch gleichzeitig liefen ihr dicke Tränen über die Wange. Ihr kleines Mädchen… ins Ausland? Wann war sie denn so schnell groß geworden?
Besnik erhob das Wort: „Es gibt jedoch eine Bedingung!“
Ich ahnte ja vorher, dass Besnik seinem Herzen einen Ruck gibt. Dabei kullerte die eine oder andere Träne aus meinen Augen ♥️
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Oh nein, das wollte ich nicht. 😕😪 Aber gut, dass er es getan hat. Seine Tochter “ziehen zu lassen” tat ihm schon sehr weh. 😕
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Die eigenen Kinder loszulassen ist wohl immer schwer. Ob Junge oder Mädchen. Ich freue mich jedenfalls auch nicht drauf.😔
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Ich weiss noch als mein grosser Bruder das Haus verlassen hat – als Erster. Meine Mutter war fix und fertig – mein Vater wochenlang im
Bastelkeller – irgendwas sinnloses zusammenschraubend. 🙁 Aber du hast noch etwas Zeit bis der Erste/die Erste bei euch aus dem Haus kommt, oder?
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Mein ältester ist dreizehn, aber die Zeit verfliegt so schnell. Das beste was ich meinen Kids mitgeben kann ist, daß unsere Tür immer offen ist.
Mal ganz nebenbei: Ich würde dich gern was fragen, aber ich will dir auf gar keinen Fall zu nahe treten, oder was fragen was eigentlich zu privat ist.
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Die Zeit fliegt… wem sagst du das. Eben noch einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand gehabt – jetzt ist fast schon unser Bambino da.
Ich finde das eine wunderbare Einstellung! Die Tür ist immer offen – besser kann man es als Eltern gar nicht machen. 😊
Schreib mir gerne eine Email, wenn du magst: ladeutschefarniente@gmail.com
Ich würde mich freuen. 😊
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