Das fünfte Türchen im germanoitalbanischen Adventskalender

[Die Auflösung von Tag 4 finden Sie, wie immer, ganz unten]

Fakt Nummer 5

Nach meinem ersten Jahr als AuPair in Italien sprach ich Italienisch. Dachte ich. Und dachte der Reiseveranstalter für den ich danach Gruppenreisen in Italien organisierte. Meine Aufgabe war es Reservierungen für Museen und Sehenswürdigkeiten zu machen, ich plante die Reiserouten und buchte Restaurants für unsere Reisegruppen. Meine beiden Kolleginnen waren Italienerinnen und hatten dementsprechend wenig Probleme ihre Arbeit zu erledigen. Ein bisschen schämte ich mich, immer und immer wieder bei ihnen nachzufragen, wann immer ich unsicher war, ob ich etwas auf italienisch richtig verstanden hatte oder nicht. Deswegen beschloss ich bei der Organisation der Weihnachtsreisen etwas selbstsicherer aufzutreten. Nach Hilfe fragen war nun keine Option mehr für mich. Schließlich war ich schon drei Monate in der Firma.

Höflich fragte ich per Email in einem Restaurant in Modena nach, ob wir einen Tisch (oder mehrere) für eine Gruppe von 20 Reisegästen buchen könnten. Zwei Tage später kam die conferma [Bestätigung]. Am Ende schrieb Massimo, der Chef des Restaurants, dass er am liebsten mündlich das Menü mit mir absprechen würde. Die direkte Kommunikation sei weitaus einfacher als jeden Tag verschiedene Emails hin- und herzuschicken. Ich musste ihm recht geben – und wurde panisch. Wissen Sie, mit einer Fremdsprache ist es so eine Sache: Eine Email ist geduldig. In aller Ruhe können Sie nachforschen, was einzelne Sätze bedeuten. Noch viel wichtiger ist: Sie können an Antworten stundenlang schrauben bis Sie zufrieden sind.

In einem Telefongespräch geht das leider nicht.

Doch es half nichts. Massimo rief wenige Stunden später an. „Salve Massimo.“ [Grüß Sie, Massimo] begrüßte ich ihn freudig. Nach dem üblichen Geplänkel über das Wetter in Italien, den viel zu heißen Sommer in Deutschland und die bevorstehenden, langen Ferien in beiden Ländern, gingen wir zum Geschäftlichen über.

Massimo machte es mir einfach: Er schlug große Platten voll antipasti misti [eine gemischte Vorspeisenplatte] vor. Es wäre für jeden etwas dabei und es gäbe keinen Missmut. Schön hörte sich das an. Sofort segnete ich seinen Vorschlag ab. Er ging zum Hauptgang über: Die Spezialität schlechthin sei zampone. Wer das nicht isst, der kenne seine Stadt nicht. Und er kann mir versichern: Alle seine Gäste schwärmen von seiner Zubereitung des zampone. Ich wusste zwar nicht was zampone ist, doch wenn Massimo das sagte, dann wird es schon stimmen. Das Restaurant gab es schließlich schon seit 25 Jahren. Später wollte ich noch googeln, was zampone bedeutet, vergaß es aber in der Hektik.

Die Monate vergingen. Es wurde Anfang Januar. Gut gelaunt kehrte ich aus meinem Weihnachtsurlaub zurück und guckte die Post durch. Nichts spannendes dabei. Dann ging ich zu den Emails über. Puh! 90 ungelesene Emails. Na, das kann ja was werden. Bevor ich die erste Nachricht bearbeiten konnte, klingelte schon das Telefon.

„Davide.“, stöhnte ich, „Die Diva. Na klasse!“ Ich kannte mittlerweile Davides Nummer. Er war seit vielen Jahren Reiseleiter bei uns. Noch dazu war er ein äußerst anstrengendes Exemplar. Ich hob ab und ein Schwall Worte kam mir entgegen: „Sag mal, bist du verrückt?!“ fing er an. „Grazie, Davide! Dir auch ein frohes, neues Jahr.“ antwortete ich bemüht höflich. Doch er ignorierte mich und machte unbeirrt weiter.

„Bei der Antipasti Platte konnte ich noch ein Auge zudrücken. Ich erwähne bewusst nicht, dass 20 pikierte Ex-Studienräte vor großen Vorspeisenplatten saßen und sich aufführten wie die kleinen Kinder. Kennt man in deinem Alter noch Loriot? Genau so sah es aus. Ein Sketch von Loriot war das wie sie sich um den pecorino [Schafskäse] stritten und Frau Dr. Laufenstein-Schwänzl hoch beleidigt war, dass Herr Prof. Dr. Dr. Wampfl ihr die letzte, gegrillte Aubergine wegschnappte. Aber das, was du mir angetan hast! Sono senza parole! [Ich bin sprachlos!]“ Ich rollte mit den Augen. Immer dieses Drama des ehemalige Opernsängers, der nun zum Reiseleiter mutiert ist.

„Hm…?“ fragte ich ganz naiv nach. Ich hatte keine Ahnung, was er meinte. „Du hast doch zampone für uns bestellt, oder?“ hakte er in einem deutlich schärferen Ton nach. „Ja. War gut?“ gab ich kurz zurück und las währenddessen die erste Email des Tages. „Sag mal, bist du wahninnig? Zampone? Gefüllter Schweinefuß? Meinst du, das schmeckt IRGENDWEM? Frau Dr. Knilch-Butterberger musste mehrmals auf dem WC verschwinden, weil ihr beim Anblick schlecht wurde. Herr Prof. Langhofer-Wimpes hielt einen 25-minütigen Vortrag über Tierethik. Es war ein Desaster. Aber weißt du, was dann folgte?“ wollte er von mir wissen, aber ich war mir mittlerweile sicher, dass es nur eine rhetorische Frage war.

„In meiner jahrzehntelangen Reiseleiter Tätigkeit ist mir das noch nie untergekommen. Ich und meine 20 Akademiker-Gäste mussten zum Fastfood-Riesen. Kein anderes Restaurant hatte Platz für uns an Weihnachten. Nur die goldene Möwe! Verzeihen werde ich diese Schmach vielleicht irgendwann- vergessen aber nie.“ beendete er seine Brandrede. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, entschied mich dann aber für beides. Ich lachte Tränen. Davide legte eingeschnappt und mit einem Knall auf.

Minutenlang konnte ich mich nicht mehr beruhigen. Meine Kollegin Giovanna brachte mir ein Glas Wasser. Als ich endlich soweit war, erzählte ich den Mädels, was passiert sei. Auch sie lachten sich schlapp. „Ich sag‘ der Reklamationsabteilung Bescheid, dass sie vorgewarnt sind.“ schlug meine andere Kollegin Gaia schlussendlich vor. „Besser ist das. Und Eva? Bitte frag nächstes Mal, wenn du dir nicht sicher bist. Wir helfen dir gerne. Nicht, dass es dann wieder zampone gibt…“

Was meinen Sie? Bin ich tatsächlich in dieses Fettnäpfchen getreten oder war es schlichtweg erlogen?

Reise Nummer 4

Wissen Sie, was einer meiner Lebensträume war? Eine Reise nach Japan zu machen. Und zwar nur um die badenden Affen zu sehen. Die Affen kommen im Winter aus den Bergen herunter zu den heißen Onsen und wärmen sich im 42 Grad warmen Wasser auf. Dort planschen und sitzen sie den lieben, langen Tag (und natürlich nachts). Um einmal die Affen dort zu sehen, ging es für mich in den Jigokudani Affenpark*.

Flugzeit (ab Frankfurt): 11:30 Uhr

Taxikosten: 45-54 Euro vom Flughafen Haneda in die Innenstadt Tokios.

Natürlich wollte ich dieses Abenteuer nicht alleine begehen und fragte den Einen, ob er mich begleiten wolle. Da er für jede Idee offen war, flogen wir gemeinsam (und arbeitenderweise) nach Tokio. Wir hatten 48 Stunden Zeit, dann mussten wir wieder heim.

Abends gingen wir noch kurz ins Sushi Restaurant im Viertel Shinjuku. Wer im Himawari Sushi Shintoshin* [1 Chome-15-3 Nishishinjuku, Shinjuku City, Tokyo 160-0023, Japan] California Rolls mit Frischkäse erwartet, den muss ich leider enttäuschen. Die gibt es leider nicht in Japan. (Fragen Sie mal wie überrascht ich war!) Aber dafür gibt es ehrliches, leckeres Sushi. es wird direkt vor den Augen des Gastes vom Sushi Meister zubereitet.

Nach dem Essen gingen wir sofort zu Bett, da wir in aller Früh aufbrechen mussten. Eine Schlaftablette später konnte ich auch endlich einschlafen und hatte so zumindest drei Stunden Schlaf.

Von Tokio zu den Schneeaffen gelangten wir so: Wir nahmen den Hokuriku Shinkansen* von Tokio Station nach Nagano. Die Tickets kann man am Shinkansen Bahnschalter kaufen, der sehr gut ausgeschildert ist. Die Fahrt nach Nagano ab Tokio dauert zwischen 1:20 h und 1:40 h.

Am Bahnhof Nagano kauften wir uns im Untergeschoss beim Bahnschalter Nagano Dentetsu Line* den Snow Monkey 48h Pass. Der Pass gilt für den Bus, den Eintritt zum Affenpark und die Nagano Dentetsu Linie. Wir machten uns auf zur Haltestelle und guckten, ab wo der Nagaden Bus* losfährt. Nachdem wir es herausgefunden hatten (Haltestelle 18, aber es wechselt), hatten wir noch genug Zeit einen kleinen Snack im Bahnhofscafé einzunehmen. Wir wärmten uns etwas auf und gingen zurück zur Haltestelle.

40 Minuten dauerte die Busfahrt von Nagano zur Haltestelle „Snow Monkey Park*“. Dort sind wir ausgestiegen und gingen der Beschilderung nach zum Eingang des Parks.

Der Weg dorthin dauert circa 25 Minuten (1,5 km). Da es im Winter extrem rutschig ist, sind feste Schuhe auf alle Fälle ein Muss. Eine dicke Jacke übrigens auch. 😉

Nachdem wir am Kassenhäuschen unseren Snow Monkey Pass vorgezeigt hatten, bekamen wir einen Jigokudani Monkey Park Aufkleber und einen Stempel auf unser Ticket.

Nach wenigen Schritten sahen wir eine Menschentraube um einen Onsen stehen. Wir näherten uns. Unzählige kleine und große Affen badeten, tollten umher und genossen das warme Wasser.

Die Affen störte es nicht, dass lauter Menschen (mit Abstand) um sie herumstanden und fotografierten, „ah“ und „oh“ riefen und entzückt auflachten. Nach einer Stunde wurde uns dennoch kalt. Mittlerweile waren wir komplett durchgefroren und traten deswegen den Rückweg an.

Im Enza Cafe*, das am Ende des Weges lag, wärmten wir uns bei heißem Ramen und Tee auf.

Danach nahmen wir den Bus zum Bahnhof Yudanaka (Bushaltestelle: Kambayashi Onsen) und von dort den Zug zurück nach Nagano. Nach einer kurzen Wartezeit nahmen wir den Shinkansen zurück nach Tokyo.

Müde und glücklich fielen wir ins Bett. Das war ein sehr langer Tag für uns, aber auch einer, der mich tief beeindruckt hat.

Auflösung von Tag 4:

Wahr! Wahr! Sowas von wahr. In einem hoch konservativen Land wie Saudi Arabien sollte man nicht einmal an Prostitution denken, da es hart bestraft wird. Aber der ältere Herr dachte wohl: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Leider gewann er an diesem Tag nicht.

*Werbung, Werbung – alles Werbung.

7 Kommentare zu „Das fünfte Türchen im germanoitalbanischen Adventskalender

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