Wissen Sie, was ich Ihnen nach langer Zeit immer noch schulde?
Den 24. Dezember – das letzte Türchen im Adventskalender!
Ursprünglich wollte ich das Türchen am 24.01. nachreichen. Nun ja, das klappte nicht. Der Backenzahndurchbruch des römischen Sohnes (*räusper* Signorino) kam dazwischen. Und deswegen gibt es nun das 24. Türchen am 24. des Februars. Denn Weihnachten ist nun sowas von vorbei – aber eine Bescherung gibt’s trotzdem. Dazu später mehr. 😉
Vorab möchte ich Ihnen allen fürs Mitmachen danken! Ich amüsierte mich die komplette Adventszeit über Ihre wunderbaren Einschätzungen und Anekdoten zu den Fakten. Zugegeben, der Römer war im Dezember etwas traurig, dass wir unsere aktuelle Lieblingsserie nicht weitergucken konnten, weil ich in jeder freien Minuten an meinem Adventskalender schrieb. Deswegen plane ich nächstes Jahr etwas mehr im Voraus. Obwohl… das habe ich als Schülerin auch schon immer vor Schulaufgaben gesagt und geklappt hat das nie.
Und für alle, die noch einmal wahre und unwahre Fakten nachlesen wollen oder gar Inspiration für den kommenden Urlaub suchen, habe ich eine Zusammenfassung ins Leben gerufen. Diese finden Sie hier.
Aber nun zum wichtigen Teil
Der 24.12. ist Tag der Bescherung! Und deswegen soll es auch eine geben.
Ich weiß, ich weiß. Sie haben an meinem Adventskalender mitgemacht ohne überhaupt von einer Bescherung zu wissen. Mea culpa.
Dennoch, die drei fleißigsten Rate-Bienchen waren mit einer ausgeklügelten Exceltabelle schnell gefunden:
Gestern habe ich den ganzen Tag gepackt. Signorino fand es irre lustig und packte mit großer Freude alles wieder aus.
Wir sind nun mit 5 Taschen, zwei Koffern und einem Buggy, diversen Quetschies, Riegeln (für die Erwachsenen) und Wasser ausgestattet. Denn heute ist es Zeit in die bayerische Walachei zu fahren.
Lange haben wir überlegt, zwischenzeitlich abgesagt, dann einen Anruf von Ova bekommen: „Wir sind alle gesund, in Selbstauferlegter Quarantäne seit 2 Wochen und haben keine Angst vor Ansteckungen. Bitte kommt! Papa redet seit Wochen nur noch von eurem Besuch. Und, unter uns, es wird sein letztes Weihnachten sein, wo er noch auf eigenen Beinen stehen kann.“
Da wir seit Anfang November keinen physischen Kontakt mehr zu Freunden hatten, der Römer zwar arbeiten geht, dies aber mit Maske, Handschuhen und unzähligen vorgeschriebenen Sicherheitsvorkehrungen, war die Entscheidung getroffen: Wir fahren!
Anstatt eines Fakts und einer Reise, gibt es heute nur die Reise.
Ich versuchte Sie mitzunehmen am 23.12. auf der Reise von Hessens heimlicher Hauptstadt in die Stadt zwischen Zacking und Pang. 😄
Also sein Sie auf viele verzweifelte Updates gefasst!
7:10 Uhr: Der Wecker klingelt. Ich hab Kopfweh. Das kommt von meiner Nackenverspannung, die ich bereits vor zwei Tagen mit Schmerzmitteln betäubt hatte. Klappte super – bis jetzt. Ich würde Weihnachten gerne absagen und für immer unter dieser kuscheligen Decke liegen.
8:20 Uhr Der Römer und ich haben fertig gefrühstückt. Signorino schläft noch. Den letzten Keks kauend, verkündet mir der Römer, dass er nicht davon ausgeht, dass wir vor 12 Uhr loskommen. Meine deutsche Mentalität krampft sich zusammen: Um aller-ALLER-spätestens 9 Uhr wollte ich losfahren. Realistischerweise wird das wohl nix. Ich verschiebe meine innere Uhr auf 9:30 Uhr. „12 Uhr… der hat den Schuss doch nicht gehört.“ mosere ich und erinnere mich an den straffen Zeitplan meiner Eltern für Reisen um 4 Uhr morgens nach Südtirol.
8:30 Uhr Der Römer geht duschen. Immer wieder wiederholt er sein Mantra „Con calma“ gebetsmühlenartig. Er lebt das Motto richtig. Ich husche im Haus hin u her, erledige, packe, verstaue. Wenn ich noch einmal „con calma“ höre, setze ich ihn hinter Würzburg aus.
8:40 Uhr Der Römer braucht bei so viel Stress einen zweiten caffé. Meine Nacken- und Kopfschmerzen sind weg – ganz ohne Schmerzmittel. Ich habe auch gar keine Zeit für Schmerzen. Ich bin im Stress!
9:00 Uhr Der Römer weckt Signorino. Er ist „not amused“. Wäre ich auch nicht, wenn jemand die Jalousien hochzieht und mich dann mit einem italienischen Redeschwall begrüßt. Er isst halbwegs, ist aber nicht wirklich interessiert.
9:50 Uhr Das Auto ist bepackt. Aus einer schnellen „5 Minuten Aktion“ laut dem Römer wurde eine 40-Minuten-Aktion. Tetris spielen. Jetzt ist alles verstaut. Wir sind durchgeschwitzt. Signorino gähnt vielversprechend.
10:15 Uhr Der Römer ist sauer, möchte aber vorne sitzen. Mein Hinweis, dass Signorino nach spätestens 10 Minuten alleine hinten schreit, diskutiert er weh. Ich gebe klein bei und fahre los. Automatisch mutiert der Mann ohne Führerschein zu einem Fahrlehrer erster Güte.
10:50 Uhr Signorino schreit knapp hinter der Landesgrenze zu Bayern. Der Römer ist erst verwundert, dann genervt. Ich versuche mein „Ich hab‘s dir doch gesagt.“ wegzuatmen. Es rutscht mir dennoch am nächstgelegenen Parkplatz raus. Der Römer wechselt auf den Rücksitz.
12:00 Uhr Raststätte Würzburg. Ich muss mal. Zu psychodelischen Indianerklängen pinkel ich um mein Leben. Draußen wartet Signorino und der Römer. Nun wickle ich Signorino und der Römer erleichtert sich. Wir wollen einen Kaffee kaufen, doch die Schlange ist zu lang. Corona und so. Wir fahren weiter. Der Römer versucht noch einmal sich nach vorne auf den Beifahrersitz zu diskutieren. Allerdings bin ich der eiserne Vorhang aller Fahrer, die irgendwann ankommen wollen. Er bleibt hinten.
12:30 Uhr Signorino ist hundemüde. Er schreit sich ein. Quetschi doof, Banane doof, Wasser doof, Schnuller doof. Alles doof. Nach weiteren 10 Minuten Gekreische schläft er ein. Die Autobahn ist leer. Ich drücke auf‘s Gas. Der Römer nickt weg.
14:30 Uhr Nächste Pause kurz vor‘m Ziel. Signorino ist wach. Wir fahren raus. Der Römer kann allerdings nicht beim König der Burger essen. Wir fahren weiter. Die goldene Möwe muss es sein. „Wenn ich etwas essen will, dann muss es richtig widerlich sein – wie bei der goldenen Möwe.“ Na dann.
14:50 Uhr Wir essen im Auto. Signorino bekommt Pasta mit Parmesan. Er scheint zufrieden zu sein.
15:10 Uhr Wir fahren weiter. Die Autobahn ist frei. Der Wind wird rauer bzw. die Münchner SUVs fahren in einem Affenzahn an uns vorbei. Ich bin müde und tuckere mit 120 ganz rechts.
16:00 Uhr Wir sind endlich da und werden erwartet. Alles etwas chaotisch, eiskalt hier an den Alpen, Signorino ist weinerlich und findet seinen Cousin und seine Cousine erstmal beängstigend.
16:30 Uhr Wir trinken Tee und essen Plätzchen. Dazu unterhalten wir uns angeregt. Signorino wird von seinem Cousin unter dem Esstisch gejagt.
17:00 Uhr Ovas Mann geht mit den Kleinen spazieren. Danach packen wir aus.
18:00 Uhr Ich rufe bei meinem Papa an und sage, dass wir gut angekommen sind. Er freut sich. Bis morgen!
18:30 Uhr Ova kocht vorzügliches Curry. Der Römer spielt mit den Kindern. Ich unterhalte Ova.
19:15 Uhr Wir essen. Signorino mag kein Curry und isst Joghurt. Cousine V. mag kein Brötchen und isst Joghurt. Nur Cousin B. mag sein Müsli. Immerhin.
21 Uhr Die Kinder sind müde. Wir bringen sie ins Bett. Ich mache mir Tee, Samahan*, zur Vorbeugung.
21:30 Uhr Der Römer und ich sitzen im Gästewohnzimmer und gucken, schreiben, scrollen und klicken
Was für ein Tag! Gute Nacht!
Auflösung Tag 22:
Ja, die Geschichte klang spanisch, ist aber wahr. Franzosen und Italiener? Pfff! Oh nein, da ist keinerlei Liebe im Spiel. Da der Römer aber albanische Wurzeln hat, die Albaner große Sympathisanten und Bewunderer Frankreichs sind, erkannte der Römer tatsächlich Kingsley Coman und Antoine Griezmann.
Wir schreiben das Jahr 2016. Ich war gefangen auf einer 5-Tages-Tour durch Europa. Gefangen deswegen, weil die Crew ganz besonders schrecklich war. Kapitänin Silke war die gute, alte Freundin von Kabinenchef Rainer. Die blonde Pummelfee Anna-Maria war die Gespielin des Co-Piloten Sebastian.
Ach, und ich. Ich war auch noch da. Dadurch, dass ich vorne keinen Schwippschwager hatte, durfte ich weit ab von der Crew hinten arbeiten.
Aufenthalt in London: Allein. Aufenthalt in Nizza: Allein.
Ich hielt es nicht mehr aus und klagte dem Römer mein Leid. Er versuchte mich zu trösten. „Kannst du nicht einfach nach Paris kommen?“ fragte ich ihn, an meinen kommenden Paris Aufenthalt denkend. „Ich hab auch bis zum frühen Abend dort frei. Bitte!“ Es war Wochenende. Wahrscheinlich bereitete er sich gerade auf eine Prüfung vor, wie ich ihn kannte. „Hm…okay. Kann ich machen.“ Wir guckten nach Flugverbindungen und buchten ihn nach Paris Orly. Er kam einige Stunden vor mir an. Somit fragte ich das Hotel, ob er bereits meine Zimmerkarte haben könne. Sie willigten ein.
Im Crew-Bus guckte ich auf mein Telefon und wollte wissen, ob alles geklappt hat. „Du glaubst es nicht! Hier ist überall Presse, alles abgesperrt, der Mannschaftsbus der französischen Fußballmannschaft steht vor der Tür!“
Ich wusste, dass gerade EM in Frankreich war, ging aber nicht davon aus, dass die Mannschaft in unserem Hotel untergebracht war.
Wir merkten es bereits einige hundert Meter vor dem Hotel. Straßensperren, unzählige Kontrollen, Polizisten überall. Es war in etwa so wie es der Römer geschildert hatte.
Wir checkten ein. Man sagte mir, dass mein männlicher Begleiter bereits auf meinem Zimmer warten würde. Vier Köpfe schnellten zu mir rüber, Fragezeichen in den Augen. „Merci!“ hauchte ich dem Rezeptionisten entgegen, „Bis morgen dann“ flötete ich der Crew entgegen und marschierte erhobenen Hauptes davon. Die Blicke der Crew spürte ich noch nachhallen.
Ich fand meinen männlichen Besuch im Bett – mit dem Großteil der Minibar vor ihm ausgebreitet. „Avevo fame!“ [Ich hatte Hunger] antwortete er einen Schokoriegel mampfend. Der Abend wurde glücklicherweise kulinarisch noch von einem netten Essen im Restaurant unweit unseres Hotels getoppt.
Am nächsten Morgen wollten wir den Aufzug nehmen um nach unten zum Frühstück zu fahren. Auf unserer Etage hielt er an, zwei Jungs waren bereits im Aufzug. Schmächtig, vielleicht 1,75 m groß. Ich stieg ein. Der Römer blieb wie angewurzelt vor dem Aufzug stehen und starrte die Jungs an. „Kommst du?“ fragte ich. Er schlich ehrfürchtig in den Lift. Der Aufzug hielt nach 7 weiteren Etagen wieder an. Die Jungs stiegen aus. Sie verabschiedeten sich sehr freundlich. Ich auch. Der normalerweise so höfliche Römer schwieg seltsamerweise. Die Tür schloss sich wieder.
Plötzlich öffnete sich ein Ventil, wie es schien, und der Römer sprudelte ohne Punkt und Komma heraus: WEISST DU WER DAS WAR – DAS WAREN DIE BEIDEN FRANZÖSISCHEN NATIONALSPIELER IM STURM – IM STURM – WAHNSINN WAHNSINN – DAS GLAUBT MIR KEINER – OH NEIN ICH HAB KEIN FOTO GEMACHT ICH DEPP – MACHT NIX – DAS WERD ICH NIE WIEDER VERGESSEN – DAS WAR DER WAHNSINN -SOLLEN WIR NOCHMALS LIFT FAHREN UND GUCKEN WER DANN EINSTEIGT
Er holte Luft. Und nun durfte ich antworten: „Lass uns doch erst einmal frühstücken, dann kannst du immer noch zwei Stunden mit dem Lift auf und abfahren, während ich mir irgendeine schöne Ecke von Paris anschaue.“
Für den Römer war es Bairam (Fest des Fastenbrechens) und Kurban Bairami (Opferfest) an einem Tag.
Was meinen Sie? Ist die Geschichte wahr oder war es doch nur eine lustige Idee, die mir heute beim Abwasch in den Sinn kam?
Reise Tag 22
Na? Wo würden Sie gerne hin? Ich ahne es, in eine Stadt, so sonnig wie Rio, so lebhaft wie New York, so entspannt wie Las Galeras.
Dann wollen wir mal los: nach Kiew!
Flugzeit (ab Frankfurt): 2 Stunden 25 Minuten
Taxikosten vom Flughafen in die Innenstadt. 550 UAH (ca. 16 Euro)
Ich bin ein großer Fan dieser Stadt am Fluss Dnepr.
Wir fangen, wie immer, mit dem Frühstück an: Wer eine gigantische Auswahl und unzählige Frühstücksoptionen haben möchte, ist im Intercontinental Kiew* richtig. Sushi zum Frühstück? Kein Problem! Champagner? Aber klar doch! American Pancakes? Sehr gerne. Hier gibt es alles, was das Herz begehrt.
Sicher gibt es deutlich günstigere Frühstücksoptionen, aber soviel Auswahl findet man selten an einem Frühstücksbuffet.
Da wir nur wenige Schritte entfernt sind, schauen wir uns das St. Michaelskloster, die Kirche der drei Heiligen und die anderen Kirchen (St. Demetrius) und Kapellen (St. Michael) an.
Danach gehen wir die Anhöhe runter zum Unabhängigkeitsplatz.
Wenn nicht gerade Eurovision Songcontest ist und Sie sich mit einem Yeti fotografieren, dann kann man den Platz auch wunderbar in Ruhe genießen. Wenige Meter weiter sehen Sie bereits das Denkmal des Gründers von Kiew.
Weiter geht es Richtung Chreschtschatyj-Park. Keuchend stolpern wir den Hügel hoch, machen eine kurze Rast am Kiewer Puppentheater* und am Museum des Wassers*. Von hier oben hat man einen schönen Blick auf den Dnjepr.
Auch der Mariinsky Park, in den der Chreschtschatyj-Park übergeht, ist sehr schön. Auf der Holzbrücke sind lauter Liebesbeweise eingraviert.
Wir steigen wieder ab und gehen zu Art Eclair* (Kostolna St, 6, Kyiv, Ukraine, 02000). Eines der süßen Teilchen verschlinge ich in zwei Bissen sofort. Das andere nehme ich mit und freue mich schon auf ein baldiges Wiedersehen in diesem Geschäft.
Weiter geht es zum goldenen Tor von Kiew. Es ist ein rekonstruiertes Stadttor aus dem Mittelalter.
Danach – vom vielen Auf- und Absteigen – brauchen wir erst einmal eine Pause.
Abends gehen wir in die Buddha Bar*, wo auch das ein oder andere Länderteam 2017 zum Eurovision Songcontest speiste. 😉
Schön eingerichtet, tolle Livemusik, sehr ansprechendes Essen und eine sehr schöne Bar!
Mal wieder waren Sie sich sicher: Quax, der Bruchpilot, war ich. Sollte ich mich angesichts ihres Urteils persönlich angegriffen fühlen? Beleidigt? Tief verletzt?
Wahrscheinlich schon, hätte ich den Unfall nie gebaut. 😉 Shit happens… und seitdem bin ich ein sehr vorsichtiger, defensiver Fahrer. Sie hatten also Recht!
[Sie kennen das Spiel: Die Auflösung von Tag 20 finden Sie ganz unten]
Fakt Nummer 21
Diese Geschichte spielt zwei Tage nach meinem 18. Geburtstag. Ich durfte nun offiziell die Straßen unsicher machen. Was war ich froh in der bayerischen Walachei nicht mehr den Bus nehmen zu müssen, der nur fünf Mal am Tag an der Kirche neben dem alten Gasthof hielt. Jetzt war ich erwachsen (dachte ich!), jetzt war ich eine mündige Person (dachte ich!), jetzt gehörte die Welt mir (dachte ich!).
Meine Eltern waren am Abend bei meiner Schwester Ova und ihrem Mann in Ingolstadt eingeladen. Ein tolles, neues Tapasrestaurant sollte ausprobiert werden.
Mir, als nun volljähriger Tochter, vertraute man die schlumpfblaue Familienkutsche an. Ungewohnt war es schon, plötzlich nicht mehr meinen Vater als dringend notwendiges Utensil des begleitenden Fahrens neben mir zu haben. Zugegeben: Auf dem rechten Ohr war ich jedes Mal nach einer Ausfahrt taub, wenn er neben mir saß und laut: „KUUUUUURVE!!!! Zefix! Des is a Kurve!!“ schrie. Aber nun ging er mir mit seinem lauten, drohenden Organ ab.
Um den Schmerz ein bisschen zu lindern, schlug ich meinem damaligen Freund vor, er möge mitkommen. ICH würde fahren. Er, drei Jahre älter, grinste.
Wir tuckerten los über Landstraßen, gesäumt von großen, hügeligen Wiesen, Wäldern und Bauernhöfen. Stopschilder beachtete ich diesmal, auch ohne dass man mir in die Wahrnehmung schrie. Alles lief wie am Schnürchen. Ich wurde selbstbewusster und redete mir ein, eine wirklich gute Fahrerin zu sein.
Unser Ziel war ein Einkaufszentrum. Ein Paar (oder paar?) neue Schuhe sollten es werden. Galant parkte ich in der engen Parklücke mit dem riesen Van ein. Wir stiegen aus. Ich schloss stolz das Auto ab.
Nach einer kleinen Shoppingtour, ein paar (!) Schuhen später, gingen wir Richtung Auto. Es war Freitag Abend. Der Parkplatz war bis auf den letzten Platz voll.
Als guter Fahrer stieg ich selbstsicher ins Auto, schnallte mich an und parkte aus. Halbherzig guckte ich in die Spiegel, fuhr nach hinten, kurzer Blick nach hinten, Spiegel, Spiegel, KRACH!
Mein Exfreund drehte sich um. Er guckte mich schockiert an. „Häng ich jetzt in einem Auto drin? Oder hörte sich das nur so an?“ fragte ich ihn aufgeregt. Er stieg aus. Ich stieg aus.
„Jup.“ sagte er. Ich bin dem anderen Auto komplett aufgefahren. Ich zitterte. Ein 50jähriger Mann kam angerannt. „Mensch Mädel! Bist du narrisch!!“ schimpfte er mich. Meine Augen füllten sich mit Tränen.
„Du kannst doch net mei Auto kaputt fahren!“ motzte er mich an, sah dann meine Tränen, mein Schluchzen und beruhigte sich etwas. Mein Exfreund redete mit ihm – gelassen. Ich kramte mein Telefon aus der Tasche, rief meine Eltern an. Natürlich hörte keiner der beiden ihren mobilen Begleiter. Ich rief Ova an. „Der Teilnehmer ist momentan nicht erreichbar. Bitte versuchen Sie es später noch einmal.“ Letzte Chance: Ich rief Ovas Mann an. Er ging hin. Ich schluchzte wieder, aufgebracht, mit zittriger Stimme. „Ich gebe dir mal deinen Papa.“ Mein Vater meldete sich mit „Ja bitte!“. Ich heulte wieder los, erklärte, meine Stimme überschlug sich oder versagte ganz. Er sagte mir, was zu tun sei. Wir tauschten die Daten aus, Telefonnummer, Adresse, Versicherungsgesellschaft. Beide Autos waren fahrtüchtig. Es handelte sich nur um etwas zerkratztes, bisweilen verbogenes, Blech. Aber dieses Blech war der Beweis dafür, dass ich der miserabelste Fahrer auf der ganzen Welt bin. Zumindest in diesem Moment war das meine Überzeugung.
Der Mann tätschelte mir kurz die Schulter, verabschiedete sich. Ich zitterte und konnte nicht mehr fahren. Heim fuhr mich mein Exfreund. Wir schwiegen, ich schniefte, schämte mich. Daheim angekommen warteten wir auf meine Eltern. Ihr Abend war ruiniert. Nach meinem Anruf schaufelten sie den Hauptgang in rasender Geschwindigkeit in sich hinein, zahlten, setzten sich ins Auto und mein Vater heizte 100 Kilometer nach Hause.
Sie fanden mich, den Trauerkloß, am Esszimmertisch. „Keine Sorge! Kriegen wir hin.“ munterten sie mich auf. Meinen Spitznamen hatte ich die nächsten Tage weg: „Quax, der Bruchpilot.“
Mein Vater rief am Montag den netten Herren an, regelte den Unfall ohne Versicherung und ließ die Kratzer der Familienkutsche ausbessern.
Das Auto bekam ich trotzdem ab und an. Doch seitdem ist mein Fahrerselbstbewusstsein nicht mehr so selbstsicher wie es einmal war.
Und nun sind Sie gefragt: Ist die Geschichte wahr? Oder gab es diesen Blechschaden nie?
Reise Nummer 21
Heute geht es nach Johannesburg. Für mich war die Safari (neben den Schneeaffen) eine der schönsten Reisen.
Flugzeit (ab Frankfurt): 10,5 Stunden
Gebucht haben wir bei Shane* von Hiking Africa Tours*. Er ist äußerst liebenswert, erzählt spannend und interessant und man merkt, dass er es mit viel Herzblut macht. Er holt einen im geräumigen Van ab und bringt einen nach Pilanesburg. Dort geht man auf Safari.
Wir haben vorab noch einen Abstecher zum Elephant Sanctuary gemacht. Dort leben drei weibliche Elefanten: Three, die Mutter, ihre leibliche Tochter Hannah und ihre Adoptivtochter Marty. Das außergewöhnliche an diesem Gespann ist, dass Elefanten normalerweise nicht adoptieren. Da Marty aber schon ziemlich schwach war, schien das der letzte Ausweg zu sein. Und siehe da, Three adoptierte sie.
Glücklich, aber ich traue dem Frieden noch nicht ganz.Kuckuck! Wer ist da?Die Elefantenmama hat Hunger. Ganz geheuer war es mir nicht, aber Three ist eine sehr liebe, ruhige Elefantendame.
Weiter ging es in den Pilanesberg Safari Park vor den Toren Johannesburgs. Hier lasse ich am liebsten Bilder sprechen:
Unser SafariautoLöwendame am See.
Wer, wie ich, alles in einem Tag machen möchte: Nur Mut! Das klappt schon.
Tapsiger, neugieriger Babyelefant.
Wer aber den Luxus hat, sich Zeit nehmen zu können: Tun Sie das. Übernachten Sie in einer Lodge und genießen Sie eine Safari mit Ruhe und Muße. Es zahlt sich aus!
Eine spannende Frage bleibt noch: Was sollte man auf eine Safari mitnehmen?
Dicke Jacken, Decken, Schal und Mütze. Es ist wirklich frisch morgens und abends – da sind Sie froh, wenn Sie ein warmes Kleidungsstück dabei haben.
Ein Fernglas! Nehmen Sie unbedingt eins mit. So verpassen Sie keinen Moment und müssen nicht ständig um das Fernglas mit Ihren Mitreisenden rangeln.
Eine gute Kamera mit noch besserem Zoom Objektiv. Die Fotos erfreuen Sie noch Jahre später.
Dieser kleine, blonde Knopf mit der großen Brille und dem Topfschnitt soll die Nachbarschaft schlimmer beschimpft haben als es ein Erwachsener vermag? Sie glaubten nicht daran. Das würde auch nicht zu einer harmlosen Schildkröte passen.
Doch sehr zum Leidwesen und zur Scham meiner Eltern, die es auch kinderpsychologisch abklären ließen, war es tatsächlich ihre Tochter Turtle, die schlimmer fluchte als ein altbayerischer Bierkutscher.
Mittlerweile ist sie eine sehr friedliebende Person, die jeden Konflikt und jede Beschimpfung meidet.
„Du Arschloch!“, „Du Drecksack!“, „Wenn ich dich kriege, mach ich Brennholz aus dir.“, „Himmel Arsch und Zwirn. Du bist ein blöder Lackl!“
So schrie sie – Rumpelstilzchen Turtle, meine Schwester. Sie war als Kind die Königin der Schimpfwörter und schleuderte diese bereitwillig den Nachbarskindern, ihren Geschwistern und auch gerne Erwachsenen, die sie belehren wollten, entgegen. Wir, der Rest, bediente sich weitaus weniger dieser Schimpfwörter, aber Turtle fluchte und beschimpfte bereits als Kleinkind, dass unsere Eltern in Grund und Boden versinken wollten. Sie versuchten es erst mit Schimpfen, dann mit Strafen, mit Gesprächen. Am Ende dann mit Bitten und Flehen, sie möge endlich mit den wüsten Beschimpfungen ihrer Mitmenschen aufhören. Es half nichts – sie machte weiter.
In der Grundschule hörte diese Phase dann plötzlich auf – sehr zur Zufriedenheit meiner Eltern. Bekannt war Rumpelstilzchen Turtle in der gesamten Nachbarschaft wie eine bunte Schildkröte. Die Nachbarn tuschelten bereits, wenn sie sie von weitem sahen. „Du scheiß blöder Kackarsch!“ war übrigens ihre Lieblingsbeschimpfung für ihre Geschwister.
Nun sind Sie gefragt? War Turtle wirklich so ein fluchendes Kind, dass selbst die Nachbarn tuschelten? Oder war es doch nur eine erdachte Geschichte?
Reise Nummer 20:
Als ich AuPair war, konnte ich mit Rom nicht wirklich viel anfangen. Meine Traumstadt war Florenz. Nicht zu groß, viel Charme, viel Kunst und Kultur. Dazu die schönsten Städte der Toskana nur wenige Bahnhöfe entfernt. Rom war mir zu laut, zu wild, zu flapsig, zu direkt. Deswegen reiste ich meist nur bis Florenz – und verbrachte einige, schöne Urlaube dort.
Davon möchte ich heute berichten.
Flugzeit (ab Frankfurt): 1 Stunde 25 Minuten
Taxikosten ab dem Flughafen Florenz in die Altstadt: 22 Euro.
Am liebsten habe ich im Gallery Café* direkt am Palazzo Pitti* gefrühstückt. Ein duftendes Croissant, einen Espresso dazu und das ganze al bancone del bar [am Tresen der Bar]. Empfohlen wurde mir auch „Caffè Pasticceria Serafini*“ – selbst ausprobiert habe ich es aber nie.
Wahllos reingewürfeltes Bild
Da wir nun schon einmal am Palazzo Pitti* sind, können wir ihn auch gleich besuchen. Besonders mag ich den Teil, wo das Museo della Moda (Mode-Museum) untergebracht ist. Und da direkt dahinter der Giardino di Boboli* anfängt, sollten wir diese auch einen Besuch abstatten.
Sie kennen mittlerweile meine zwei Leidenschaften: (botanische) Gärten und Markthallen! Und in dieser Stadt kommt man auf seine Kosten hinsichtlich meiner Steckenpferde auf Reisen.
Wahllos reingewürfeltes Bild
Langsam knurrt der Magen. Wir gehen über die Ponte Vecchio, machen einen Schlenker über die Piazza della Signoria und bewundern die David Kopie. Nach einem weiteren, minimalen Umweg über das Wahrzeichen Florenz‘, der Kathedrale von Florenz, erreichen wir schließlich, nach 30 Minuten zu Fuß, das Restaurant Natalino*. Vor vielen Jahren empfahl es mir ein Freund aus Neapel: „Iss unbedingt das Wildschwein und dann – dann iss die Tiramisu. Göttlich isst sie, das kann ich dir garantieren. Sie kommt daher wie ein Kuhfladen, aber zergeht auf der Zunge wie die Tiramisu meiner nonna. [Oma]“ Recht hat er, was Präsentation und Geschmack angeht. Dazwischen liegen mehrere Lichtjahre.
Wahllos reingewürfeltes Bild
Nachdem Mittagessen geht es weiter zur Basilica di Santa Croce di Firenze. Wir überqueren die Ponte alla Grazie und bereiten uns auf den Aufstieg vor. Die Piazzale Michelangelo ist unser Ziel. Jedes Florenzfoto mit Weitblick über die Stadt wird hier aufgenommen.
Abends geht es in meine Lieblingspizzeria: Berberè*. Mittlerweile haben sie zwei Filialen, davor gab es nur die Filiale in San Frediano. Es ist eine meiner Lieblingspizzerien in Italien. Sehr freundliche Kellner, eine exzellente Pizza und ein sehr cooles Restaurant. Eine Reservierung lege ich Ihnen ans Herz, denn die Pizzeria ist selbst um 19 Uhr knallvoll.
Nach einer Pizza sollte man ein Eis essen. So will es das italienische Gesetz. Und deswegen gönnen wir uns eine Kugel (oder drei) bei „La Sorbettiera*“ – nur wenige Meter entfernt von der Pizzeria.
Da waren Sie 100% „on the same page“ – wie man so schön sagt. Und diese Seite hatte das knallharte Urteil: Nicht verheiratet! Und damit ist die Geschichte für Sie nicht wahr.
Recht haben und hatten Sie! Der trockene Wirtschaftsinformatiker und ich – das war nur aus dem Tagebuch von Sonja kopiert. 😉
[Die Auflösung von Tag 18, Sie ahnen es, finden Sie wie immer ganz unten]
Fakt 19
Bei der Geschichte mit dem Serben war nicht nur der ruppige Heiratsantrag geflunkert, sondern auch die Tatsache, dass ich dem Co-Piloten sagte: „Ja, mein Mann aus zweiter Ehe.“ Denn genau genommen wäre es mein Mann aus dritter Ehe gewesen.
Mit 21 Jahren war ich bereits schon einmal verheiratet. Ein sehr netter Kerl, aber leider waren wir überhaupt nicht füreinander bestimmt. Wir kannten uns seit kurzem und fanden, dass wir bereit wären für eine Ehe. Doch wir sollten uns sehr schnell täuschen. Unsere Lebensstile waren zu unterschiedlich. Er, der trockene Wirtschaftsinformatik-Student. Ich, mit all den Ideen und Impulsen, die mich durch mein Leben führen und mich ständig die Richtung wechseln lassen wie ein gejagter Hase auf dem Feld.
Wir merkten recht bald, dass diese Ehe nicht für die Ewigkeit gemacht war. Nach einem gemeinsamen Urlaub auf Island entschieden wir uns für getrennte Wege. Die Scheidung reichten wir unverzüglich, in beidseitigem Einverständnis, ein und nach einem Jahr waren wir geschieden. Zum Geburtstag gratulieren wir uns immer noch. Auch zu unseren neuen Ehepartnern gratulierten wir uns herzlich und überschwänglich.
Und? Habe ich Sie auf’s Glatteis geführt? Oder ist der Römer zwar die Nummer 1 in meinem Leben, aber dennoch die Nummer 2 der Ehemänner?
Doch das nächste Abenteuer drohte bereits. Der Eine hatte eine „Überraschung“. Wir schlafen heute nicht im Hotel. Wir schlafen woanders, hab ich mir überlegt. Er grinste diabolisch.
„Bitte nicht!“ brummte ich leise vor mich hin. „Doch, doch! Los geht’s!“
Ich stieg widerwillig ins Auto. Der Eine fuhr los und der Kleinwagen schuckelte wieder über die Matschpiste wie ein geduldiges Kamel.
Als wir endlich die befestigte Straße erreichten, fuhren wir durch kleine Dörfer, Palmenhaine und nach einer Weile am Meer entlang, bevor wir wieder ins Inland abbogen.
„Ich hasse Überraschungen. Kannst du bitte einfach sagen, wo’s hingeht?“ Der Eine grinste, deutete auf eine Tasche auf der Rücksitzbank und sprach: „Du wirst es gleich sehen – aber keine Sorge: Alles, was wir brauchen, haben wir dabei!“
Wir bogen – mal wieder – auf eine Schotterpiste ein. Es schaukelte und ruckelte, während wir langsam und gemächlich bergauf bergab durch den Urwald zuckelten. Auf einem unscheinbaren Parkplatz mitten im Nichts hielt der Eine an. „Okay, bitte alle aussteigen! Die Fahrt endet hier.“ Ich hingegen blieb sitzen, guckte nach links, guckte nach rechts und wieder nach links. „Ähm….?“ war der einzige Laut, den ich herausbrachte. Wir waren weit ab von der Zivilisation.
„Nimm einfach die Tasche von der Rücksitzbank. Der Eingang müsste hier drüben sein.“ wies mich der Eine an. Ich tat wie mir geheißen (welche Wahl hätte ich auch gehabt?), schulterte die Tasche und stapfte dem Einen hinterher. „Dominican Tree House Village*?! las ich auf einem Holzschild, das direkt vor mir stand. „Jup.“ gab der Eine mir Recht und ging unbeirrt vor mir her.
Ich zeterte, erklärte, dass ich sicher nicht im Dschungel schlafe, dass mich nachts Schlangen anfallen würden, dass ich ihn eventuell vom Baumhaus schubse und es wie einen Unfall aussehen lasse. Er nickte nur müde. Nach 200 Metern bemerkte er trocken: „Es gibt einen Pool!“ Ich drehte mich nach rechts. Sah ganz hübsch aus. Gar nicht nach Campingplatz, sondern eher nach Glampingplatz.
Wir gingen weiter, folgten dem Schild „Reception“, stiegen Treppen hoch und standen in einem riesen Baumhaus.
Wow! Das sah wirklich cool aus. Ich hätte es nie gebucht, aber ich war tatsächlich froh, jetzt in dieser Lodge zu stehen.
Wir checkten ein und ein netter Mitarbeiter erklärte uns alles, während er uns zu unserem Baumhaus führte.
Hübsch sah es aus! Mit den zwei Hängesesseln, dem Bett mit dem dunklen Mosquitonetz und den roten Vorhängen. Ich war begeistert!
Abends gab es ein Buffet in der großen Lodge, man kam schnell mit anderen Gästen ins Gespräch und es wurde ein sehr netter Abend.
Nachts hatte ich, zugegeben, etwas Schwierigkeiten einzuschlafen. Ständig schreckte ich hoch, weil die Dschungelgeräusche deutlich anders waren als die gemächlichen Waldgeräusche meiner Kindheit.
Da ich nicht alleine wach sein wollte, knuffte ich den dösenden Einen immer mal wieder in die Seite, der sich mit einem „Hm.“ und „Schlaf jetzt, Ingrid!“ bemerkbar machte.
Ich muss Ihnen nicht sagen, dass ich kaum ein Auge zugekriegt habe, weil ich eher Typ „Hotelzimmer“ als Typ „Baumhaus im Dschungel“ bin. Dennoch war ich morgens – für meine Verhältnisse – gut gelaunt.
Wir frühstückten, trafen die nette Truppe von gestern Abend wieder und packten unsere Sachen. „Und weiter geht’s!“ rief der Eine freudig als wir im Auto saßen. „Wohin diesmal?“ fragte ich und gähnte herzhaft. „Zum Wasserfall El Limon. Schuhe hab ich dir eingepackt.“ eröffnete mir der Eine freudig.
Ich nickte resignierend. Was hätte ich auch anderes tun sollen?
Wir fuhren 45 Minuten zum Besucherparkplatz des Wasserfalls. Dort begrüßte uns eine Matschpiste.
Dagegen war die Matschstraße zur Playa Rincon ein staubtrockenes Sträßchen.
Wir schlitterten über nasse Felsen nach unten, dann wieder nach oben und gingen schließlich die letzten Stufen zum Wasserfall hoch.
Wow! Wir hatten ihn ganz für uns allein. Schön sah es aus wie sich das Wasser todesmutig über den Abgrund warf – und idyllisch war es auch. Der Eine hatte wie immer Recht. Aber freiwillig und wissend hätte er mich nie hierhin bekommen.
Nach unserem zwei-Tages-Ausflug fuhren wir wieder zurück nach Las Galeras. Nichts konnte mich mehr überzeugen als eine warme Dusche und ein frisch bezogenes, trockenes (und nicht urwaldfeuchtes) Bett.
Hat sie? Oder hat sie nicht? Zutrauen würden Sie es mir schon, aber ganz sicher waren Sie sich dann doch nicht. Aber ja, mit schamvoll rotem Gesicht, muss ich gestehen. Sie hat!
Ich verdiente mein Geld an der Stange! Wie das kam? Das ist schnell erzählt. Es war meine Dorfdisko Zeit. Ich war jung und wild (genau das Gegenteil von der biederen Hausfrau, die ich heute verkörpere 😁) Das wunderbare Dorffest kurz vor’m Oktoberfest fand wie jedes Jahr statt. Meine beste Freundin und ich tackelten uns auf. Das, was wir zu wenig hatten, pushten wir auf das Maximum im kurzen Dirndl. Das, was wir zu viel hatten, bedeckte der schmeichelnde Schnitt des Trachtenkleides. Nachdem wir im Bierzelt schunkelten, Freunde trafen und mit ihnen die unsäglichsten Partyhits gröhlten, gingen um 23 Uhr die Lichter aus. „Ach Mensch! Und jetzt?“ fragte ich Anna, die sich bereits an einem Freund abstützten musste (oder wollte). „Ins Sundance!“ lallte sie. „Super! Na, klar. Das ist doch gleich nebenan?“ stellte ich fest. Sie nickte, ihr Sichtfeld war bereits stark eingeschränkt. Über mein Sichtfeld konnte ich nicht mehr urteilen.
Wir liefen die wenigen Meter zum Sundance. Es war knallvoll. Alle Volksfestbesucher hatten die selbe Idee. Wir suchten uns ein Eckchen, es wurde gedrängelt und geschubst. Kurz: Es war zu eng. „Hey, geh doch mal an die Stange! Die ist frei.“ gröhlte Anna in mein rechtes Ohr. Unter alkoholfreien Umständen hätte ich das für eine absurde Idee gehalten. Aber der Alkohol zeigte seine Wirkung und ich fühlte mich als wäre heute NAcht alles möglich. „Yeah!“ brüllte ich, riss die Arme nach oben und bahnte mir einen Weg durch die feiernde Maße. Auf dem Podest angekommen, tanzte ich. Nicht besonders lasziv, nicht besonders ansehnlich, so wie man eben als betrunkenes Mädchen vom Dorf tanzt: schlaksig, viele, ausladende Armbewegungen und viel Hüfte! Aber gefühlt war man einer von den No Angels*.
Von unten guckte mich ein Typ an. Deutlich älter, deutlich breiter (in beiderlei Hinsicht) als ich. Er streckte mir 5 Euro entgegen. Ich grinste und nahm sie an. Dann streckte er mir wieder 5 Euro entgegen. „Na ja, gut.“ dachte ich, hielt mich mit der linken Hand an der Stange fest, drehte mich einmal an der Stange um 360 Grad und Griff den Schein mit der rechten. Sein Freund fand das irrsinnig witzig und er bot mir 10 Euro an.
So ging das eine ganze Weile. Irgendwann zog mich jemand am Rockteil des Dirndl. Bevor ich loszetern konnte, bemerkte ich, dass es Anna war. „Können wir heimgehen?“ fragte sie und wirkte schon sehr geschafft. „Na, klar.“ schrie ich gegen die Musik an. Wir stolperten Richtung Volksfest Parkplatz. Dort wartete Annas Bruder, der uns nach vorherigen Telefonat einsammelte.
Daheim angekommen, fiel ich todmüde ins Bett. Am nächsten Morgen, ich räumte meine Partytasche aus, vielen mir ungewöhnlich viele Scheine entgegen. Es dämmerte mir wieder: Ich, an der Stange, betrunken.
Ich zählte die Scheine: Insgesamt 100 Euro in diversen Stückelungen. Ich grinste – und schämte mich.
Die 100 Euro investierte ich in einen schicken Trenchcoat. Aber an der Stange tanzte ich nie wieder! Und einige Jahre später schwor ich jeglichen Alkohol ganz ab.
Konnte ich Sie in die Irre führen? Oder drehte ich tatsächlich meine Runden an der Stange für diese einzige Nacht?
Reise Nummer 18
Freuen Sie sich auf diesen Zweiteiler genauso wie ich? Gut, Sie wissen noch nicht, wo es hingeht. Deswegen fangen wir damit erst einmal an:Es geht in die dominikanische Republik!
Flugzeit nach Punta Cana (ab Frankfurt): 10 Stunden 20 Minuten
Winken Sie jetzt bloß nicht ab und murmeln etwas von All-Inclusive-Urlaub und Reiseveranstalter Ausflüge, denn ich habe dagegen einzuwenden: Mit dem Einen haben Sie gar keine Chance tagelang in einer gediegenen Hotelanlage vor sich hinzubrutzeln. Der Eine ist der Husky unter den Reisenden. Er braucht Bewegung!
Wir fuhren individuell mit dem Mietwagen über die Insel. Nachdem wir bereits eine Nacht in Las Terrenas verbrachten, fuhren wir weiter nach Las Galeras. Nicht ohne Grund, denn wir wollten die Playa Rincon sehen.
Aber nun erst einmal zu Las Galeras. Ein sehr touristischer, dennoch entspannter Ort. Das gegenwärtige Lebensgefühl ist hochansteckend und eh Sie sich versehen, sitzen Sie entspannt am Strand in der Cafeteria Cocoloco* und genießen das Rauschen der Wellen. Zwischen Einheimischen und Backpackern spielt irgendjemand auf seiner Steeldrum… Das Leben könnte nicht besser sein.
Wir checken in der Villa Serena* ein. Der Blick spricht für sich.
Doch wir sind auf einer Mission und haben keine Zeit, die Aussicht zu genießen. Schließlich ist der Eine die treibende Kraft in diesem Urlaub.
Mit dem Mietwagen soll es nach Playa Rincon gehen.
Die Straßen sind ab einem gewissen Zeitpunkt für schwere Geländewagen gemacht, aber das stört den Einen nicht.
Er steuert unseren klapprigen Kleinwagen über diese Matschpiste mit den riesen Schlaglöchern als wäre es ein Panzer. Gelegentlich ächzt das Auto oder knarzt verdächtig. Ich sehe uns schon mit gebrochener Achse irgendwo im nirgendwo. Oder – mindestens genauso – schlimm: Feststeckend im Schlamm! Doch der Eine reist mich immer wieder aus meinen Gedanken mit seinen gelegentlichen „Hups!“ oder „Hoppla!. Ab und zu würzt er seine Ausrufe mit einem gelassenen „Das war aber knapp!“ oder einem „Geht schon, Ingrid (sein Spitzname für mich)! Geht schon!“
Ich bediene mich einer Schonhaltung, die ich als Führerscheinneuling von meiner Mutter abgeguckt habe:
Die rechte Hand wandert zum Haltegriff über der Autotür und umklammert ihn fest. Die Knie sind fest zusammengepresst. Die linke Hand krallt sich an der Sitzfläche fest. Meine Atmung ist flach und wird aufgelockert durch das wiederkehrende, hastige Lufteinziehen bei jedem Schlagloch.
Irgendwann kommen wir an und es liegt ein komplett einsamer Strand vor uns. Keine Menschenseele ist hier. Nur wir, der Sand und die Wellen.
Wir breiten unsere Handtücher aus. Nach 20 Minuten kam aus dem Nichts ein Auto mit großer Ladefläche. Zwei Insulaner sprangen heraus mit Macheten. „Guido (mein Spitzname für ihn), jetzt bringen die uns um!“ flüsterte ich mit großen Augen. „Ach, woher! Ingrid, wir sind doch nicht im wilden Westen.“ antwortete er gelassen und lächelt die Macheten-Jungs freundlich an. „Wart doch mal ab, was die uns zu bieten haben!“ ergänzte er. „Einzelgrab oder Doppelgrab…“ gab ich ihm als Antwort und zog mir meine Tunika über. Wenigstens wollte ich nicht im Bikini sterben. Sie schrien etwas auf spanisch. Der Eine antworte: „Si, dos por favor! [Ja, zwei bitte!]“ Ich guckte den Einen an und sprach: „Wir können uns auch ein Grab teilen. Wir brauchen keine zwei.“ Er lachte laut und schallend. „Kokosnüsse! Die bieten uns Kokosnüsse an. Sie holen die Nüsse jetzt von der Palme da hinten.“ Ich zog mir schnell noch die Hotpants an. „Wind.“ murmelte ich auf den verwunderten Blick des Einen. Doch wir wussten beide, dass ich den Macheten-Männern nicht traute und am Ende nicht nur im smaragdgrünen Bikini begraben sein wollte. Die Männer brachten die Kokosnüsse zu uns. Der Eine bezahlte und hielt mir eine vor’s Gesicht. „Was es nicht alles gibt…verrückt.“ murmelte ich und trank das Kokosnusswasser.
Der Eine ging noch einmal zu den beiden. Sie unterhielten sich angeregt. Nach 10 Minuten kam er zurück. „Und? Doch ein Massengrab für uns?“ hakte ich nach. „Nein, Ingrid! Nu hör doch mal auf mit deiner kleinstädtischen Art! Sie haben gesagt, wir können nach da hinten fahren und Hummer essen. Und ihr Onkel würde uns durch die Mangroven schippern mit seinem Bötchen.“ Ich lachte schallend auf. „Ja, sicher, Guido!!! Hummer und ’ne Bootstour mitten im Nichts. So fängt doch jeder schlechte Krimi an. Als ob es hier Hummer gibt! Oder ’ne Bootstour!“ Der Eine zog sich an. „Ingrid, pack die Tasche. Wir fahren da jetzt hin.“ Ich trottete missmutig hinter ihm her zum Auto. Schmollend saß ich auf meinem Beifahrersitz. Der Kleinwagen rollte über eine Piste aus Sand. Weiter hinten konnte man mehrere Menschen erkennen. „Kein Netz.“ seufzte ich. „Dann gibt es eben keine Abschieds-SMS für meine Familie.“ Ich atmete gequält. „Och, Ingrid. Jetzt hör doch mal auf mit deinen Horrorgedanken.“
Wir kamen an. Dort, wo die Männer gesagt hatten. Und tatsächlich: Eine kleine Holzhütte mit Bänken war dort aufgebaut. Einheimische, die dort standen, tanzten, sich unterhielten. Wir gingen an die Bar, bestellten Hummer, wie die Kerle von vorhin gesagt hatten. Es wurde auf ein Holzboot gedeutet. Darin ein Herr um die 70, der ein Nickerchen hielt. Er wachte auf, blinzelte, grinste und bat uns Platz in seinem Boot zu nehmen.
Dann schipperte er uns durch den Mangroven-Wald. Ich war mit mir und der Welt im Reinen. Alvaro schien auch kein Massenmörder zu sein, sondern einfach nur Alvaro, der freundliche Bootsführer.
Nach der Mangroven Tour war unser Hummer fix und fertig gebraten. Wir bezahlten umgerechnet 10 Euro. 8 Euro für den Hummer, 2 Euro für die Getränke.
Schön war das hier, weitab von Massentourismus und All-Inclusive-Buffet.
Doch das nächste Abenteuer drohte bereits. Der Eine hatte eine „Überraschung“. Wir schlafen heute nicht im Hotel. Wir schlafen woanders, hab ich mir überlegt. Er grinste diabolisch.
„Bitte nicht!“ brummte ich leise vor mich hin. „Doch, doch! Los geht’s!“
Da waren Sie sich mal wieder einig: Die Königin der bayerischen Dorfdisko war ich. Was soll ich Ihnen sagen?
Genau so war’s. Ich habe gerade nachgelesen, dass es diese Dorfdisko seit 2016 nicht mehr gibt. An mir kann es nicht liegen: Ich habe bereits 2010 gekündigt. Aber, dass es nach mir steil bergab ging, leuchtet mir natürlich ein. 😄😉
[Ich, als queen of chaos habe leider das Bild mit der Weihnachtskugel verlegt. Deswegen reiche ich es nach!]
Fakt Nummer 17
Der heutige Fakt ist schnell erzählt:
Ich war in Ausbildung, 18 Jahre jung und ständig pleite. Da war der Gedanke schnell gefasst, dass ich mich um einen weiteren Zuverdienst zur Ausbildung kümmern musste. Meine Wahl war fix getroffen: Die Dorf-Dorf-Disko in der bayerischen Walachei sollte es sein. Genug Party-Outfits hatte ich daheim, der Verdienst war okay und nachts arbeiten machte mir nichts aus.
Der große Vorteil meines neuen Jobs war: Ich war nun nicht mehr pleite.
Aber der für mich (damals) schwerwiegende Nachteil war: Ich hatte zwar nun genug Geld, aber keine Zeit mehr, dieses auszugeben.
Meist arbeitete ich freitags und samstags und schlief dementsprechend bis nachmittags des folgenden Tages. Am Montag kam ich mit großen, dunklen Augenringen in die Ausbildungsstätte. Von einschließlich Montag bis Mittwoch musste ich mich von der Arbeit an der Bar erholen, donnerstags ging ich aus und freitags war mein Großkampftag: Morgens um 7:30 Uhr aus den Federn, ab zum Ausbildungsbetrieb. Um 18 Uhr ging es für mich nach Hause, ich duschte, zog mich um, machte mich zurecht und düste in die Dorfdisco. Meist ging ich nicht vor 8 Uhr am darauffolgenden Tag ins Bett. Mein Körper dankte es mir nach wenigen Monaten mit Haarausfall und Pickeln.
Nach acht Monaten kündigte ich. Nun genoss ich wieder mein Leben als auszubildender Pleitegeier, aber mit genug Zeit für Freunde, Familie, private Disco-Besuche und Shopping.
Was meinen Sie? War ich die Königin der Nacht und arbeitete in der bayerischen Provinz an der Bar? Oder war meine Fantasie doch nur von der Diskokugel geblendet?
Reise Nummer 17
Heute wird’s kurz und knackig: Es geht nach Oslo, Norwegen.
Flugzeit (ab Frankfurt): 2 Stunden
Taxikosten vom Flughafen in die Stadt: Es kommt natürlich sehr darauf an, wo Sie genau hinmöchten. Als Richtwert habe ich den Osloer Hauptbahnhof ausgewählt. Die Taxifahrt hierhin kostet ungefähr 720 Norwegische Kronen oder 70 Euro.
Frühstück holen wir uns im Café Fuglen*. Ab 8 Uhr (von Mo-Sa) öffnet die Filiale in Oslo. Zudem gibt es noch eine Filiale in Tokyo. Der Kaffee wird in der eigenen Kaffeerösterei selbst geröstet. Wer sich das entgehen lässt, den würde ich als grob fahrlässig handelnd bezeichnen. Und wer dort ist, aber keine Zimtschnecke probiert, für den finde ich keine Worte.
Weiter geht es zur Besichtigungsrunde: Das Osloer Königsschloss gehört sicherlich dazu.
Neben der Wachablösung gibt es im Sommer auch andere, interessante Vorstellungen.
Wer sich die Wachablösung nicht entgehen lassen will, der sollte pünktlich um 13:30 Uhr vor dem Schloss stehen. Und wer nun sagt, er würde das Schloss gerne von innen sehen, der sollte seine Reise zwischen Ende Juni bis Mitte August legen.
Nach einem ausführlichen Spaziergang durch den Park, der das Königsschloss umgibt, knurrt langsam der Magen.
Preiswert und gut isst man im nahegelegenen Tullin’s Café*. Keine außergewöhnlichen Gerichte, aber eine solide Qualität, flottes Personal und eine zufriedenstellende Präsentation der Speisen findet man hier. Bei der Rechnung freut sich der ach-so-geplagte Geldbeutel in Norwegen das erste Mal, denn er merkt: Hier isst man günstig in Oslo.
Wer die große Liebe finden will, ist hier vielleicht richtig?
Wir schlendern zum Hafen, vorbei am Osloer Dom (Oslo Domkirke), Richtung Opernhaus Oslo. Von hier ist man quasi am Hafen und genießt die frische Meeresbrise. Wir gehen weiter Richtung Festung Akershus zum Rathaus von Oslo. Von hier erreichen die passionierten Spaziergänger in 3,5 Kilometer den Frogner Park. Der Park zeichnet sich besonders durch die Vigeland-Skulpturenanlage mit zahlreichen Granit-Skulpturen des norwegischen Bildhauers Gustav Vigelan aus.
Skulpturen gibt es in der ganzen Stadt wie Sand am Meer
Vom vielen Marschieren müde und hungrig geht es abends ins Restaurant FYR Bistronomi und Bar. In den Sommermonaten kann man herrlich draußen sitzen. Der schöne Garten lädt förmlich dazu ein. Aber auch der Innenbereich ist sehr geschmackvoll gestaltet.
Die norwegischen Gerichte, die hier auf den Teller kommen, sind ausgezeichnet und sehr zu empfehlen. Wer fangfrischen Fisch mit einem gewissen Twist schätzt, ist hier genau richtig.
Es war Hochsommer und dementsprechend heiß. Ein Blick in den Uniformteil meines Kleiderschranks reichte um zu verstehen, dass es heute das kurze Etuikleid sein wird, das ich zum Dienst tragen werde. „Kurzstrecke!“ dachte ich und mir wurde ganz anders beim Gedanken auf drei volle Flüge in den Sommerferien. „Na ja, was muss, das muss.“
Angekommen am Flughafen hatte ich Glück. Die Crew war nett, die ersten Witzchen sorgten für angenehmes Gelächter und der Kapitän war entspannt. „Das werden großartige drei Tage!“ ging es mir erleichtert durch den Kopf.
Wir flogen los: Es ging in die serbische Hauptstadt Belgrad. Der Flug war unspektakulär und nach 2 Stunden landeten wir auf dem dortigen Nikola Tesla Flughafen.
Der adrette, muskulöse Bodenmitarbeiter stand bereits in der Flugzeugbrücke und wartete auf die Passagiere. Alles war wie immer.
Nach kurzer Zeit stieg die neue Gästeschar, die nach Frankfurt wollte, ein. Schon beim Boarding blieb mir ein Mann im schwarzen Anzug mit schwarzem Hemd und Goldkettchen im Gedächtnis. Ein hübsches Gesicht hatte er, das musste man sagen. Die Haare hätten sicher mit weniger Gel auskommen können, aber an sich war er eine schöne Abwechslung in dieser sehr weiblichen Besetzung der Business Class.
Wir hoben ab und machten uns an den Service sobald die Anschnallzeichen erloschen waren. Mit meiner Kollegin verstand ich mich sehr gut. Wir scherzten und lachten immer wieder – auch in der Kabine. Als der Serviceteil fertig war, räumte ich die Bordküche auf, während meine Kollegin die Kabine abräumte.
Der gegelte Serbe von vorhin kam in die Küche. „Excuse me, I have to talk to you!“ [Entschuldigung, ich muss mit Ihnen reden!] fing er sehr direkt an und baute sich vor mir auf. „Och ne, der will sich jetzt beschweren… Es lief doch alles super, oder?“ fragte ich mich in Gedanken.
„Yes, Sir! How can I help you? [ Ja, der Herr! Wie kann ich Ihnen helfen?] erwiderte ich lächelnd. Er guckte mich mit seinen ernsten, braunen Augen an. „In 3….2….1…..geht der Shitstorm los.“ fing ich in meinem Kopf wieder an.
„I have to marry you! It’s the law of attraction.“ [Ich muss Sie heiraten! Es ist das Gesetz der Anziehung.] erklärte er mir mit eindringlicher Stimme. „Ääääh..Pardon me? [Entschuldigung?] stammelte ich und hoffte, dass ich ihn komplett falsch verstanden hatte.
„I said, we need to get married. Because we are meant for each other.“ [Ich sagte, wir sollten heiraten. Weil wir für einander bestimmt sind] erklärte er mir erneut mit strenger Mimik, die keine Zweifel übrig ließ.
„Okaaaay! The thing is: I’m already married. So that might be a problem.“[Okaaay! Die Sache ist die: Ich bin bereits verheiratet. Das könnte ein Problem sein.] antwortete ich lachend, weil ich die Situation so unglaublich irrwitzig fand. „Hm… indeed. That’s a problem. You should have waited for me.“ [Hm…allerdings. Das ist ein Problem. Sie hätten auf mich warten sollen.] bemerkte nun auch der Serbe. „Definitely.“ [Bestimmt.] versicherte ich ihm lachend.
Meine Kollegin kam zurück. Sie guckte erst mich irritiert an, dann den Serben, dann wieder mich. Ich erklärte ihr kurz um was es ging. Sie prustete los. „Na, dem kann ich jetzt aber keinen Entschuldigungsvoucher ausstellen für sein Problem!“ Wir lachten nun beide lauthals. Mr. Serbien stand nur da und guckte.
Dann erhob er wieder seine Stimme. „Okay, as soon as you get divorced, call me! Here’s my number.“ [Okay, sobald Sie sich scheiden lassen, rufen Sie mich an! Hier ist meine Nummer.] Er schob mir eine Visitenkarte mit seiner Nummer zu. Ich presste meine Lippen aufeinander, lachte in mich hinein und nickte. „That’s all. Thank you!“ [Das ist alles. Danke!] murmelte er und verschwand durch den Vorhang wieder in der Business Klasse. Wir Kolleginnen gackerten los.
Beim Aussteigen machte er noch einmal mit seiner rechten Hand das Telefonzeichen. Der Co-Pilot guckte mich grinsend an: „Na, wer war das denn?“ hakte er nach. „Mein Mann aus zweiter Ehe.“ antwortete ich knapp und meine Kollegin lachte schallend.
Was meinen Sie? Ist dieses serbische Liebesmärchen wirklich so passiert? Oder war der Sauerstoff dort oben im Flugzeug doch so knapp, dass ich mir diese Geschichte nur einbildete?
Reise Nummer 16
Also langsam, muss ich gestehen, gehen mir die Ideen aus. Aber bevor wir es machen wie meine Gymnasiallehrer von damals, die uns vor den Ferien Filme vorgespielt haben, weil sie nicht mehr wussten, was sie mit uns besprechen sollten, fahren wir noch einmal in die Ferne:
Mauritiusit is!
Flugzeit ab Frankfurt: 11 Stunden 45 Minuten
Taxikosten für Ausflüge auf Mauritius: Das kommt sehr darauf an, wo auf der Insel Sie untergebracht sind. Deswegen stelle ich Ihnen hier die Tagesausflugspreise pro Taxi vor: Für einen halben Tag sollte ein Fahrzeug für 1-3 Personen ca. 40-50 Euro kosten. Für einen ganzen Tag ca. 60-70 Euro. (Quelle: Hier!*)
Küstenkunde Mauritius
Welche Küste ist in Mauritius eigentlich die Beste? Wie unterscheiden sich die Küsten in Mauritius? Und wo buche ich am Besten ein Hotel auf Mauritius?
Kurz und knapp zusammengefasst, kann ich folgendes über die Küsten Mauritius sagen:
Die Nord- und Westküste sind am wärmsten und nicht so windig. Hier sind die meisten Hotels.
Ostküste: sehr windig
Südküste: auch windig, ein Hotspot für Kitesurfer.
Regenzeit ist ca. von Januar bis März. Hier muss man aber sagen, dass es nicht durchgängig ganztags regnet, sondern es, meist nachmittags, einmal kräftig für 1-2 Stunden schauert. Danach zeigt sich die Sonne wieder.
So kann die Regenzeit auf Mauritius aussehen. Es ist bewölkt, man sieht, der Sand ist noch leicht feucht, es windet etwas, aber die Temperaturen sind angenehm warm.
Bei Hotelempfehlungen gibt es nur eine richtige Antwort für den Römer: Das Dinarobin Beachcomber*. Hier fand es der Römer so ansprechend, dass er 7 Tage nicht aus dem Hotel gegangen ist. Keinen Ausflug, keinen Spaziergang aus der Hotelanlage, nichts dergleichen, wollte er machen.
Ein Glück, war ich mit dem unternehmenslustigen Einen schon Jahre vorher in Mauritius. Nicht an der Westküste, wie mit dem Römer, sondern an der Nordküste, aber es war mindestens genauso schön im Zilwa Attitude*.
Hier habe ich keinen Filter angewendet – die Farben sind so. 😃
Doch wer einen schönen Ausflug machen will, dem empfehle ich, sich einen netten Taxifahrer (das ist auf Mauritius nicht schwer!) zu suchen und sich den botanischen Garten und die siebenfarbige Erde anzusehen.
Der Sir Seewoosagur Ramgoolam Botanical Garden*, kurz SSR Botanical Garden oder auch Pamplemousses Botanical Garden liegt unweit von der Hauptstadt St. Louis entfernt. Der Garten ist bekannt durch seine riesigen Seerosen, Talipot-Palmen und Wasserlilien.
Das meist fotografierteste Motiv des botanischen Gartens ist wohl der beeindruckende Seerosenteich. Riesige Seerosen, die ursprünglich aus dem Amazonas Gebiet stammen, bedecken den rechteckigen Teich.
Der Eintritt kostet momentan (Stand 12/2020) 200 Mauritius-Rupien. Das sind etwa 4,16 Euro.
Weiter geht es zur etwa 1,5 Stunden entfernten siebenfarbigen Erde* mit den Chamarel Wasserfällen*.
Auf dem Weg dorthin halten wir kurz an einem Aussichtspunkt, dem Chamarel View Point, von dem man eine beeindruckende Aussicht über die südwestliche Küste Mauritius hat.
Wir begannen die Tour mit den Chamarel Wasserfällen. Es gibt auch eine 3,5 stündige Wanderung dazu, aber die sparten wir uns an diesem Tag. Schön war es trotzdem!
Die siebenfarbige Erde ist ein Naturphänomen, die durch die Umwandlung von Basaltlava in Tonminerale entstanden ist. Durch das hiesige Wetter wurden alle wasserlöslichen Bestandteile ausgeschwemmt, sodass nur noch das rötlich-schwarze Eisenoxid und das blau-violett-grüne Aluminiumoxid übrig blieben. Die Bestandteile des Lavagesteins vermischten sich und bildeten diese außergewöhnliche Erscheinung der Natur.
Man darf den Hügel auf keinen Fall betreten, da er unter strengstem Naturschutz steht. Deswegen sind auch Drohnen verboten. Um den Hügel führt ein schön angelegter Pfad.
Neben dem Hügel gibt es ein Gehege für Riesenschildkröten. Und diese hatten sichtlich zu tun.
Na? Haben Sie es dem Römer zugetraut? Ich muss gestehen, dass der Römer immer viele, schöne Ideen hat. Während ich als staubige Deutsche sage „Ach, das klappt doch eh nicht, weil dies und das und jenes…“, kommt der Römer gar nicht in Verlegenheit sich Gedanken zu machen, die ihn womöglich von seinem Vorhaben abhalten. Er geht unbedarft und kopflos an seinen Plan heran. Wenn das Auto erst einmal da ist, bleibt noch genug Zeit sich an der Umsetzung zu versuchen.
[Die Auflösung von Tag 14 finden Sie, wie immer, ganz unten]
Fakt 15
Der Römer hat keinen Führerschein. Also, doch, irgendwie schon. Doch lassen Sie mich von vorne anfangen:
Der Römer machte mit 18 Jahren seinen Führerschein. Da ihm das alles zu lange dauerte in Italien (Fahrpraxis? Theorie? Nein danke!), flog er nach Albanien und nach ein paar, wenigen Fahrstunden, einer kleinen Theorieprüfung und ein bisschen bakshish hatte er seine Fahrerlaubnis in der Hand. Danach, auch dem Umstand geschuldet, dass er in Rom kein Auto brauchte, fuhr er nie wieder.
Nun ist es so, dass albanische Führerscheine in Italien problemlos anerkannt werden.
Die Jahre vergingen. Er wurde irgendwann 30 Jahre alt ohne jemals wieder hinter dem Steuer eines Fahrzeugs gesessen zu sein. Doch die fixe Idee ein Auto zu besitzen kam ihm in den Sinn. Mit 30 Jahren wäre nun die richtige Zeit. Außerdem schien ihm die Strecke von Trastevere (sein damaliger Wohnort) nach Testaccio (zur Arbeit), dem benachbarten Stadtteil, per pedes deutlich zu weit. Er kaufte sich ein hübsches, italienisches Auto und dachte, die Fahrpraxis käme von allein. Da er dennoch einen leichten Zweifel an seiner Fahrkunst hatte, kaufte er vorsichtshalber ein Auto mit Automatikgetriebe. Das bisschen Lenken wird keine Schwierigkeit darstellen, dachte er. Zwei Mal versuchte er sein Glück und steuerte das Auto durch die holprigen Straßen Roms. Nass geschwitzt kam er im anderen Stadtteil an und hatte den ganzen Tag Angst vor der Rückfahrt. Er steuerte das Vehikel abends wieder zurück, aber fragen Sie nicht wie. Nach diesen Versuchen stand das Auto noch 6 Monate vor seiner Tür und setzte Rost an. Dann verkaufte er es.
Hier in Deutschland ist die Rechtslage so, dass ein albanischer Führerschein nur die ersten sechs Monate gültig ist. Danach muss er die Führerscheinprüfungen (theoretisch und praktisch) erneut in Deutschland ablegen. Nachdem wir drei Mal auf einem Supermarkt Parkplatz außerhalb Frankfurts geübt haben und er meinen damaligen Kleinstwagen über den Parkplatz hüpfen ließ, dazu aber dem Auto die Schuld gab, ist er nun passionierter Beifahrer. Und wie es sich für einen Beifahrer ohne Fahrpraxis gehört: Er weiß nicht wovon er redet, gibt aber gerne und oft Tipps.
Den Führerschein möchte er nicht machen. Er wartet lieber bis Deutschland seine Fahrerlaubnis irgendwann anerkennt. Wenn es soweit ist, kaufe ich ihm einen elektrisch betriebenen Krankenfahrstuhl bis 25 km/h. In mein Auto setzt sich der Kerl auf alle Fälle nicht ans Steuer!
Was meinen Sie? Ist die Geschichte wahr, dass sich jemand ohne Fahrpraxis ein Auto in Rom kauft? Oder ist die Geschichte meiner blühenden Fantasie entsprungen?
Reise 15
Weihnachten vor Jahren wurde ich aus der Bereitschaft angerufen. „Frau Farniente, Sie Glückspilz, es geht für Sie nach Nagoya, Japan. In 1,5 Stunden geht’s los. Viel Spaß!“ kündigte mir die nette Einsatzleiterin meines Arbeitgebers an. „Mensch, ich Glückspilz.“ dachte ich zynisch und zog meine Uniform an.
Heute geht es für uns nach, na? Nagoya! Genau!
Flugzeit ab Frankfurt: 11 Stunden 25 min
Taxikosten ab Nagoya Flughafen ins Stadtzentrum: ca. 14500 Yen (114 Euro circa)
Sehr schön war das Hotel Hilton Nagoya*. Die Zimmer sind für japanische Verhältnisse geräumig, die Klobrille beheizt, außerdem spielt sie Geräusche (Ich hätte tagelang auf dieser Toilette sitzen können). Sehr schön war die liebevolle Hoteldekoration zu Weihnachten. Eine riesige, winterliche Zuglandschaft wurde aufgebaut und auch hier hätte ich stundenlang Zeit verbringen können.
Da ich aber den inneren Drang hatte, auch etwas von Nagoya zu sehen, wagte ich mich aus dem Hotel. Dort werden Fahrräder kostenlos verliehen und wir düsten durch die Stadt. Unser Ziel war klar: Das Nagoya Castel*sollte es sein.
In flotten 25 Minuten waren wir dort. Zur Kirschblütenzeit wäre es sicher noch einmal ein anderes Farbenspiel und eine andere Atmosphäre gewesen, aber auch so war dieses Schloss sehr beeindruckend.
Auch die Penis Maske überzeugte mich. 😉
Übrigens, wer am Sakae Bus Terminal, Oasis 21 genannt, vorbeikommt, der kann hier wortwörtlich eislaufen gehen.
Und wo wir schon einmal hier sind, können wir gleich ins Running Sushi Restaurant NIGIRI NO TOKUBE @ OASIS 21 [Adresse: 1 Chome-11-1 Higashisakura, Higashi Ward, Nagoya, Aichi 461-0005, Japan] gehen. Ausgezeichnete Qualität, frischer Fisch, schöne Auswahl – was will man mehr?
Nachdem wir nun endgültig das kulturelle Programm abgehakt hatten, gingen wir zum angenehmen Teil über: Es ging zum 100-Yen-Laden (=1 Euro Laden) Daiso*. Hier finde ich immer etwas: von der beheizbaren Augenmaske über Geburtstagsdekoration bis hin zu schönen Tellern und Tassen. Stundenlang könnte ich hier Zeit verbringen.
Doch irgendwann habe auch ich es aus dem Laden geschafft und bin gleich wieder in den nächsten reinspaziert: Uniqlo. Was sich nach Waschräumen einer Hochschule anhört, ist ein sehr schöner Bekleidungsladen. In Japan ist die Qualität noch einmal um einiges besser als in Deutschland. Meine ultraleichten Daunenjacken habe ich noch heute. Um sich die Steuern erstatten zu lassen, würde ich Ihnen raten, ihren Reisepass immer mitzuführen.
Abends kann ich Ihnen, weit von der Stiefelspitze, ein italienisches Restaurant empfehlen: Die Antica Osteria Bacio. Ausgezeichneter Service, ansprechende Präsentation, italienischer Geschmack, der wirklich die toskanische Kochkunst nach Japan bringt. Es lohnt sich, wenn es nicht immer Sushi oder Ramen sein muss. Geführt wird die Antica Osteria von einem Italiener, der eine Japanerin geheiratet hat.
Bei mir wäre die Antwort klar gewesen: Rom statt einer Weltreise? Aber klar doch! Auch gerne ein Leben lang. 😉
Aber ist jemand noch so verrückt wie ich? Vielleicht jemand mit den gleichen Genen? Sie hatten für das Ja und Nein die tollsten Begründungen gefunden. Die Antwort lautet: Ja! Wir haben die große Rom-Leidenschaft von unserem Vater geerbt, der Rom seiner Aussage nach, vergöttert. Deswegen konnte sich Turtle von dieser Stadt auch nicht lösen. Noch heute träumt sie von ihrem Leben dort – in ihrem superattico (einer Wohnung in der obersten Etage), mit altem Lift und Dachterrasse.