Gleichverteilung bei Haushalt und Kindererziehung: Wie Eltern sich als Gewinner fühlen

Am letzten Tag des vergangenen Jahres brühteten der Römer und ich über einer Liste.

„Fa ridere.[Es bringt einen zum Lachen]“, kommentierte der Römer und man merkte, er stufte diese Liste und damit meine Idee als vollkommen unnütz ein.

Im Wettrennen um die beste Haushaltstätigkeit verhielten der Römer und ich uns wie diese beiden Giraffen im Frankfurter Zoo. Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Diese Liste, die ich in mühevoller Kleinstarbeit und dank des Selbsttests von Equal Care Day erstellt habe, soll eine gleichmäßige Aufgabenverteilung im Haushalt und der Kindererziehung und -erhaltung ( 😉 ) sicher stellen. Gute zwei Wochen beobachtete ich alle Tätigkeiten, die in unserem Haushalt anfielen und ergänzte damit meine Excelliste. Ein paar Anpassungen hier, ein paar Beobachtungen da, und schon stand sie:

Die Liste der anfallenden Aufgaben des Hauses Farniente. Hier können Sie einen Blick in besagte Liste werfen:

Es gab nur eine Spielregel: Eine Aufgabe wird von einer Person erledigt. Eine Tätigkeit kann nicht beiden Personen zugeordnet werden. Man kann allerdings und selbstverständlich die andere Person um Hilfe bei der Erledigung der Aufgabe bitten.

Ich ignorierte den vorherigen Kommentar des Römers und stellte die erste Aufgabenverteilung zur Debatte. Wer das Altglas zukünftig wegbringen solle, fragte ich und guckte meinen Gatten erwartungsvoll an. „Na, das kannst du machen.“, sprach der Römer und verschränkte die Arme. Dann grinste er süffisant. Warum er grinsen würde, hakte ich nach. Der Römer winkte ab. „Ist schon gut.“, lachte er. „Nein, nein, bitte teile doch deinen Humor mit mir. Ich will auch lachen.“, insistierte ich etwas geladen und mein Mann zögerte. „Vabbè, è chiaro [Nun ja, das ist klar]: Du wirst die Verliererin dieser Aufgabenverteilung sein. Ich mache so viel im Haushalt und du so wenig, dass es zu deinem Nachteil sein wird, wenn wir jetzt alle Aufgaben verteilen werden. Außerdem ist diese Liste komplett sinnlos. Du versprichst dir davon Entlastung, aber ich garantierte dir, am Ende wird es eine Belastung für dich sein. Ich will dich nur davor bewahren! Comunque sia, grazie per il tuo lavoro. Adesso mi faccio un caffé. [Wie dem auch sei, danke für deine Arbeit. Jetzt mache ich mir einen Espresso.]”, informierte mich mein Mann.

Er wollte gerade aufstehen, doch ich ließ nicht locker: „Kein Problem. Für die gerechte Aufgabenverteilung in diesem Haushalt und die endgültige Beendigung unseres Streitthemas Nummer 1, nehme ich es gerne in Kauf, die Verliererin zu sein.“ Ich schenkte ihm mein schönstes Lächeln, schließlich wusste ich, warum ich diese Liste entworfen hatte: Er würde der große Verlierer sein. Umso lieber war mir jedoch, dass er dachte, dass ich die Verliererin sein werde. Einen Teufel würde ich tun und ihn von dieser Annahme abbringen und damit meine Entlastung hinsichtlich Haushalt und Kind vereiteln.

Der Römer bestand dennoch darauf, dass er jetzt einen Espresso trinken müsse, sonst könne er sich nicht konzentrieren. Nach wenigen Minuten kam er mit zwei Espressotassen zurück. Er habe mir auch einen gebrüht, schließlich soll auch ich mich konzentrieren. Ich bedankte mich.

Leider gab es nur Kaffee, ohne Törtchen.

Wir fingen also an, die Aufgaben zu verteilen. Erst die einfachen: „Kochen?“, fragte ich und wir kannten beide die Antwort. „Vabbè, lo faccio io sempre. [Nun ja, ich mache das immer.] Schreib meinen Namen zu diesem Punkt auf.“, bestimmte der Römer. „Dann mache ich alles rund um den Punkt Wäsche? Also Wäsche sortieren, waschen, aufhängen, in den Kleiderschrank räumen und Waschmittel kaufen?“, schlug ich vor. „Ma che! [Aber was!] Machen wir doch 50:50. Mal macht es der eine, mal macht es die andere“, bot der Römer großzügig an. Ich kannte sein „50:50“ schon. Es bedeutete, dass er es theoretisch machen würde, wenn es nicht immer viel wichtigere Themen für ihn geben würde. In der Praxis sah das dann so aus, dass sein Name zwar in der Liste neben meinem stand, ich aber diese Tätigkeit ganz alleine ausführen dürfe. Darauf ließ ich mich nicht ein.

„Mit Verlaub: Das klappt nicht. Eine Aufgabe – eine Person. So sind die Spielregeln. Ich möchte nicht, dass es so ist wie jetzt.“, erklärte ich ihm. „Sei troppo tedesca. [Du bist viel zu Deutsch!]“, antwortete der Römer genervt. „Ich mache die Position Wäsche alleine.“, entschied ich. Der Römer nickte und rührte nervös seinen Espresso um, so dass der Löffel an der Innenseite der Tasse mehrmals klirrte. „Però aspetta: [Aber warte:] Ich koche sieben Tage die Woche und du machst an einem Tag der Woche die Wäsche. Da stimmt doch etwas nicht!“, monierte er.

Ich gab ihm recht. Ja, ein wenig hinkte die Aufgabenverteilung. „Okay, du kochst und ich sorge dafür, dass die Küche immer aufgeräumt und die Spülmaschine ein- und ausgeräumt ist.“, bot ich an. „Va bene. [In Ordnung.]“, freute sich der Römer über mein Angebot. „Allora? Abbiamo finito? [Nun? Sind wir fertig?]“, wollte der Römer von mir wissen. Ich guckte streng. Bis jetzt waren 2 Positionen in dieser ellenlangen Liste zugeordnet worden. „Nein.“, wandte ich knapp ein. „Weiter geht’s: Restmüll rausbringen?“

Langsam dämmerte es dem Römer, dass er nicht so schnell wie gedacht aus dieser Diskussion herauskommen würde. “Si, das mache ich.”, gab er resigniert zurück. “Gut, dann mache ich den Papiermüll.”, gab ich an und ich tippte unsere Namen in die noch leeren Felder.

Ab da ging es Schlag auf Schlag. Bis zu dem Punkt „Altkleider wegbringen“. Es herrschte Stille und keiner wollte diese Aufgabe übernehmen. Ich machte einen vorsichtigen Vorschlag: “Okay, ich bringe die Windelsäcke zum Müll, wenn du dich um die Altkleider kümmerst.” Der Römer grinste zufrieden und willigte ein. Bloß nicht die stinkenden Windelsäcke zum Müll tragen. Dann lieber die Altkleider 200 Meter die Straße entlang schleppen und dort in den Altkleidercontainer versenken. Ja, er fühlte sich wahrlich wie der Gewinner. Das sah man ihm und seinem breiten Grinsen an.

Gleichzeitig entsorgte ich lieber die Windelsäcke, denn ich musste nur zwei Stockwerke nach unten, dann nach rechts abbiegen, 20 Meter in den Innenhof und schließlich würde ich sie dort in den Mülltonnen des Hauses entsorgen. Ich war die Gewinnerin, denn schließlich musste ich die Altkleider nicht quer durchs Viertel schleppen. Ja, wir grinsten beide und jeder dachte, der andere wäre der Verlierer.

So ging das immer so weiter bis wir müde waren. Die Position „Haushalt“ war komplett markiert und mit Namen versehen. Es würde nur noch die Position „Aufgaben rund um Signorino“ fehlen. Diesen Punkt erledigten wir am ersten Tag des neuen Jahres. Da wir schon geübt waren, hatten wir die Aufgaben relativ schnell besprochen und verteilt. Ich druckte die Liste im Querformat auf 4 Seiten, versah sie mit einer Heftklammer und hängte sie als stummer Zeuge des Frankfurter bilateralen Abkommens der Farnientes an den Kühlschrank.

„Wie komme ich aus dieser Unterhaltung nur raus?“, dachte sich der Gatte. Dadurch, dass wir uns fast 10 Jahre kennen, wusste er: „Ab durch die Mitte. Wenn sich meine Frau etwas eingebildet hat, beharrt sie auch darauf.“

Seit 01.01. räume ich nach jedem Kochen die Küche auf und befülle die Spülmaschine. Den Restmüllsack stellte ich an die Türe. Schließlich bringt ihn der Römer zu den Mülltonnen im Innenhof. Das hatte er nur vergessen. Als er gerade das Haus verlassen wollte in Mantel und Winterstiefeln, hielt ich ihn auf. „Den Müllsack nicht vergessen!“, rief ich ihm aus der Küche zu. „Für dich kann ich es machen, amore mio, aber es ist nicht meine Aufgabe. Du hast auf die Liste bestanden, jetzt halten wir uns daran.“, antwortete der Römer. Ich lächelte ihn an, schnappte mir die ausgedruckte Liste und zeigte auf den Punkt „Restmüll“. „Ah, scusa, scusa! [Ah, entschuldige, entschuldige!] Du warst für den Papiermüll zuständig. Wie konnte ich das vergessen? Ich war natürlich für die Restmüll-Entsorgung eingetragen.“, bemerkte er, der Gewinner, und verabschiedete sich mit dem schwarzen Müllsack in der Hand. Ich bedankte mich und winkte zum Abschied, nur um dann die Kaffeemaschine zu reinigen. Ja, auch das war meine Aufgabe. Dafür musste ich kein Obst- und Gemüse nachkaufen, denn dafür trug sich der Römer ein. Das empfand ich als fairen Deal.

Am Ende bleibt festzuhalten: Wenn sich beide als Gewinner fühlen, dann war es eine gute Idee.

Ach, und noch etwas: Den fest zugebundenen Restmüllsack, der momentan seit zwei Tagen an der Haustüre steht, den kann ich seitdem auch viel besser ertragen. Es ist ja nicht meine Aufgabe. Und irgendwann, in seinem Tempo, wird mein Mann ihn schon entsorgen. Verantwortung abgeben und es aushalten können. Auch das gehört dazu.

16 Kommentare

    • Und am Ende summiert es sich und man denkt sich: „Ich war nur am Rennen. Was habe ich eigentlich den ganzen Tag gemacht?“
      Ich finde, diese Liste hat sich (Stand: jetzt) gelohnt. Viele Grüße an dich!

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      • Ja, stimmt. Man war nur am Rennen und kann manchmal gar nicht würdigen, was man geleistet hat, weil einem bloß die offenen Punkte auffallen. Ich glaube, ich mach das für uns auch. Die meisten Punkte kann ich gleich übernehmen.

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  1. Also nein, da verstehe ich deinen albanischen Römer sehr gut! 😉 Vier Seiten! Wie soll man sich das merken! Und jedes Mal bevor man etwas tut, schaut man auf die Liste? Sollte dieses System funktionieren, bitte ich kniefällig um Entschuldigung für meine Zweifel an der Effizienz des totalen Mangels an Flexibilität 🙂 🙂

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    • Danke, Myriade, für deinen konstruktiven Kommentar.
      Primär hilft die Liste mir, muss ich zugeben, da ich vorher 90% der Aufgaben übernommen habe. Gleichzeitig war mein Mann der Meinung, ich würde sehr wenig erledigen. Alles schwarz auf weiß inkl. zeitlichem Aufwand zu sehen, führte zu einem Aha-Effekt bei meinem Mann, obwohl er sich als Gewinner dieser Aktion sieht.
      Die Liste ist einfach aufgegliedert: Viele Dinge (Kochen, Abwasch, Brotdose bestücken) macht man täglich, d.h. die Aufgaben merkt man sich sofort. Die Dinge, die nicht alltäglich sind (Steuererklärung, Fenster putzen, Sperrmüll runtertragen, Kleinanzeigen erstellen) gucken wir nach und es gibt keine Diskussionen a la „Aber ich habe letztens erst dies und das gemacht und du machst nie etwas.“ Die Aufgabenverteilung war bei uns Streitthema Nummer 1. Deswegen musste für uns eine Lösung her.
      Doch wie immer gilt: Dem einen hilft‘s, dem anderen nicht. Alles darf, nichts muss. 😃

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      • Ja gut, konstruktiv war er nicht unbedingt 🙂 Ich wünsche euch ja, dass es funktioniert, wirklich, wirklich, ich kann es mir nur nicht vorstellen. Aber ja, ich lasse mich sehr gerne auch eines besseren überzeugen!

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      • Doch, doch! Jede Meinung, die nicht die eigene ist, bereichert und regt an, finde ich. 😃 Bis jetzt funktioniert es, aber vielleicht berichte ich nochmal am Ende des Jahres. Neue Systeme sind immer klasse bis sie alltäglich werden und ihre Schwachstellen zeigen. 😄 Liebe Grüße aus dem eisig kalten Frankfurt!

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  2. Sei troppo tedesca. Ich mache es anders: ich überlasse die meisten Arbeiten meinem Mann, weil ich Unordnung besser ertrage als er. Bei anderen Arbeiten, insbesondere Behörden, Handwerker, Putzfrau und alles, was mit Telefon zu tun hat, behaupte ich, dass er das viel besser könne als ich, Für mich bleibt vor allem das Auto, in jeder Hinsicht, da er nicht fährt. Und meistens das Katzenfüttern. Auch sorge ich am Tisch für die Unterhaltung. 😉

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    • Das ist der kluge Weg, den du gewählt hast, liebe Gerda. Schlau wie eine Eule eben! Leider hat der Römer diesen Pfad schon für sich beansprucht. 😄Das römische Argument war, dass es schließlich meine Muttersprache sei und ich deswegen so viele Aufgaben so viel besser koordinieren könne als er. Es strenge ihn an am Telefon genau hinzuhören. Damit mag er sicher recht haben, aber der Haushalt kommt zum Glück ohne Sprachbarrieren aus. 😉 Das mit der Unterhaltung ist natürlich ein unschlagbares Argument, muss ich sagen. Es wird einem sicher nie langweilig mit dir!
      Hab‘s fein, liebe Gerda!

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  3. Erst dachte ich, eure Liste sei viel zu detailliert, weil einige Tätigkeiten doch unmittelbar zusammengehören. Aber womöglich neigt dein Römer genau wie mein Vareser dazu, die Dinge nur halb zu erledigen. Soll er Müll runterbringen, ruft er mir lässig zu: „Na klar, mein Schatz. Bereitest du schon mal den Beutel vor und legst einen neuen ein?“ Er nimmt es gern wörtlich: runterbringen, und basta. Von anderem war nicht die Rede.🙈
    Ich wünsche viel Erfolg bei der Umsetzung und dass das Siegergefühl bei beiden lange anhält!

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    • Genau so ist es, liebe Anke. Er sieht das große Ganze nicht. Deswegen schrieb ich es bei manchen Positionen dazu, damit auch wirklich klar ist, dass es nicht reicht, die Brotbox zu befüllen. Dazu gehört eben auch, den Kindergarten Rucksack am Vortag leer zu machen, die Brotbox zu waschen, für Inhalt zu sorgen, etc.. Ich wollte den „Mental Load“ nicht weiterhin haben.
      Danke dir! Ich werde berichten. 😃

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