Sie haben den ersten Teil verpasst? Lesen Sie gerne hier nach.
Freitag, 19.08.2022
Der Teufel ist ein Eichhörnchen. Natürlich hält die Ruhe nicht an.
Landeanflug auf Tirana während das Gewitter sich hinter den Bergen staut. Leider war der Anflug ohne uns.
Das Kind fiebert nach einer langen Woche in Bayern. Bereits in der Nacht mache ich mir Gedanken, wie es mit unseren Urlaubsplänen weitergehen soll. Der Mietwagen ist seit Dezember 2021 gebucht, die Unterkunft seit Juni. Alles ist in Stein gemeißelt. Jede Änderung der Mietwagenbuchung gleicht einer Neubuchung und ist unbezahlbar und „auf Anfrage“, wie mehrmals betont wird. Gerade steige ich aus meinem Gedankenkarussell aus und will einschlafen, da weckt mich der Römer mit einem „Ehi! Il bambino sta male. [Hey! Dem Kind geht es schlecht.] Es hat Fieber. Was tun wir jetzt?“. Es war 2 Uhr nachts. Das fiebrige Kind schläft. Was soll es da schon zu tun geben? Schlaf ist schließlich die beste Medizin. Morgen würden wir weitergucken.
Fieberzäpfchen mussten wir noch nicht geben. Zum Glück.
Der Römer rollt sich zusammen und schläft laut schnarchend ein. Ich liege abermals 2 Stunden mit offenen Augen wach und denke darüber nach, wie das werden soll, fernab von daheim, in Bayern mit kranken Kind. Mit Fieber würden wir nicht reisen können – weder nach Hause, noch woanders hin. Irgendwann döse ich ein und schrecke doch wieder mehrmals hoch.
Am Morgen frühstücken wir, dann sondieren wir die Lage. Nach einem ewigen Hin und Her entschließen wir uns, die Flüge auf den nächsten Tag umzubuchen. Vielleicht wird das Fieber bis dahin weg sein? Somit verkürzt sich nur der Verwandtenbesuch in Albanien, da wir Mietwagen und Unterkunft erst für einige Tage später gebucht haben.
Hoffen wir, dass Signorinos Fieber so schnell verschwindet wie es gekommen ist.
Es ist schon ein paar Tage her, als Anke anmerkte, dass wir wohl schon zurück aus unserem Urlaub in Rom sind. „Zum Glück.“, antwortete ich. Wie holprig unsere Sommerferien verlaufen sind, möchte ich Ihnen in den nächsten Tagen und Wochen erklären. Unser Urlaub – ein Rückblick!
Geplant war: Eine Woche in Bayern bei der engsten Verwandtschaft, um von dort am Freitag nach Albanien zu fliegen, um schließlich nach einem Wochenende bei der albanischen Familie des Römers den Mietwagen zu übernehmen und die Ferienwohnung am Meer zu beziehen. Aber was sind schon Pläne?
Montag, 15.08.2022
Selten läuft der Urlaubsbeginn bei uns in solch geordneten Bahnen ab wie heute. Das brauche ich denen, die uns schon länger verfolgen, nicht zu erklären, denn Sie wissen, dass es meist ein heilloses Durcheinander bei den Farnientes ist. Schließlich ist das Unvorhersehbare das einzig Vorhersehbare bei unseren Reisen. Doch heute lief die Reisevorbereitung beinahe gespenstisch glatt ab. So glatt, dass wir uns wunderten. Ist es nur die berühmt berüchtigte Ruhe vor dem Sturm oder sind wir mittlerweile so routiniert, dass uns alles leicht von der Hand geht?
Die Abendsonne strahlt durch die Bäume. In etwa so ruhig war es.
Gestern bereits packten wir Signorinos Sachen. Jemand, der noch nicht einmal einen Meter groß ist, sollte, wenn man sich das logisch durchdenkt, auf deutlich weniger Platzbedarf im Koffer kommen als seine deutlich größeren Eltern. Seltsamerweise ist es genau andersherum, was vermutlich an all den „Aber wenn…“-Kleidungsstücken des Kindes liegt. „Aber, wenn wir doch drei Mal am Tag am Meer baden sollten?“ – Zack, schon landeten zwei Handtuchponchos mit lustigen Figuren und zwei Kinder-Badehosen mehr im Koffer. „Aber, wenn es doch einen Kälteeinbruch im August in Albanien gibt? Der Klimawandel ist vermutlich noch unberechenbarer als wir es uns vorstellen können.“ Und schon warf ich drei Kinder-Kapuzenpullis in den Koffer. Als ich dreiviertel des Schrankkoffers mit Kindersachen zugepflastert hatte, entfernte der Römer ein Viertel „Aber wenn“-Klamotten und so blieb für unsere Klamotten immerhin ein halber Überseekoffer übrig. Wenn Sie sich jetzt fragen, warum wir nur einen einzigen Koffer mit auf Reisen nehmen, vermag ich die Antwort recht leicht zu geben: Wir reisen gerne mit leichtem Gepäck. Das spart Energie, Zeit und Ressourcen, die wir für all die Imponderabilien auf Reisen brauchen. Gerollt, gefaltet und gestopft quetschen der Römer und ich unsere Dinge auf die verbleibende Hälfte und finden auf besagter Hälfte meist noch ein bisschen Platz für eine kleine Packung Windeln. Dann schlossen wir den Koffer mit unserem altbewährten Spruch: „Notfalls kaufen wir das fehlende Zeug eben vor Ort.“
Als der Koffer gepackt war, nahm ich mir den Kühlschrank vor. Ich guckte, was wir noch verwerten müssen, bevor es auf Reisen geht. Dazu muss ich erwähnen, dass die Einstellung Lebensmittel zu verwerten, bevor man in den Urlaub fährt, beim Römer und bei mir sehr weit auseinander klafft. Der Römer schmeißt alles weg, rigoros und ohne mit der Wimper zu zucken. Ich koche und friere ein, schichte um, und schmeiße nur unter der ernstgemeinten Androhung der Todesstrafe Lebensmittel weg. „Eier, Butter, Milch, das muss noch weg…“, zähle ich halblaut auf. „Das heißt, ich mache nachher Waffeln und friere sie ein.“ „Ma che?! [Aber was?!] Warum machst du dir denn die Arbeit?“, unterbricht der Römer jäh meinen Gedanken. „Weil ich nichts wegschmeiße.“, antworte ich trotzig. „Bratpaprika…gibt es heute noch. Die Tomaten versuche ich an unsere Balkon-Hilfe Turtle abzugeben. Dann wäre da noch das Toastbrot… ab in den Gefrierschrank. Den Feta kannst du zu den Bratpaprika essen und den Joghurt… da frage ich nochmal Turtle. Oder wir nehmen ihn mit nach Bayern? Das sollte eigentlich gar kein Problem darstellen.“, erkläre ich dem Römer meinen weiteren Kühlschrankplan. Der Römer rollt nur mit den Augen und lässt sich einen Espresso aus der Kaffeemaschine. Selbst als ich anfange Waffeln zu backen, schenkt er mir wieder einen von seinen belächelnden Blicken. Signorino, der davon Wind bekam, dass es heute Waffeln geben wird, ist so aufgeregt, dass er begeistert zwischen Küche und Wohnzimmer hin- und herläuft. Dabei jubelt er immer wieder „Waffen!!“, wobei er den Buchstaben „L“ in Waffeln einfach auslässt. Selbstredend bekommt Signorino den ersten Teller voller frisch gebackener und lauwarmer Waffeln, die er unter lauten „Mmhs“ und „Aaahs“ isst. Während ich die restlichen Waffeln ausbacke, guckt mir der Römer neugierig über die Schulter. „Come si mangia? [Wie isst man das?]“, will er von mir wissen. „Mit Puderzucker, Kompott, Apfelmus,…“, zähle ich auf und er greift zum Honig. „Ok, lo mangio con miele. [Ok, ich esse es mit Honig.]“, spricht er und nimmt sich eine Waffel vom Teller. Es war wohl doch keine so blöde Idee, die Lebensmittel zu verwerten, denn am Ende isst Signorino 1,5 Waffeln und der Gatte 3. Den Rest friere ich ein. Als ich fertig bin, schrubbe ich die Küche und mache gleich mit dem Bad weiter. „Che stai facendo? [Was machst du gerade?]“, fragt mich der Römer, während er zwei Gläser Uva-Fragola-Getränk (=alkoholfreier Sekt) in den Händen hält. „Ich putze. Das hatten wir doch abgemacht?!“, gebe ich zurück und säubere den Badspiegel. „Già. [Schon.] Wollen wir einen kleinen Aperitivo auf dem Balkon genießen?“, will der Römer von mir wissen. Ich seufze und entgegne ihm, dass ich noch eben das eine Bad fertig putzen will und wir danach gerne seinen Plan umsetzen können. Fünfzehn Minuten später sitzen wir auf dem Balkon. Das Kind pflückt mit Freude Minzblätter vom Strauch und wirft sie in unsere Getränke . Dabei ruft er ganz laut „FÜR DICH!!!“. Einmal landet auch ein Erdbeerblatt in unserem alkoholfreien Sekt, was dem Geschmack aber keinen Abbruch tut. Danach reinigt der Gatte die Böden und wir sind fertig. Es ist 18:14 Uhr und alles ist erledigt. Sehr zu unserer Verwunderung haben wir sogar die ganze Wohnung auf Vordermann gebracht. „Liegt das jetzt am Alter vom Kind oder warum sind wir plötzlich so stressfrei durchgekommen?“, hake ich etwas verwundert beim Gatten nach. Der zuckt nur mit den Schultern. Auch als wir kein Kind hatten, artete die Urlaubsvorbereitung immer in einem riesen Chaos aus.
Vielleicht sind uns die Sterne einfach wohlgesonnen oder es entwickelt sich nach beinahe einem Jahrzehnt so etwas wie eine „Routine“? Was auch immer es gewesen ist, ich hoffe, es hält an. Drücken Sie uns die Daumen.