Mahmood, der ESC und die Lega Nord

Italien ist nicht nur Sonnenschein und dolce vita. Italien ist auch ein Land, in dem Rassismus herrscht, genau wie in jedem anderen Land. Xenophobie, die Angst vor dem Fremden, ist das, was wahrscheinlich die meisten antreibt, wenn es um rassistische Sprüche oder Taten geht.

Momentan ist Mahmood der italienische Anwärter auf den ESC Titel. Mahmood, geboren 1992 als Alessandro Mahmoud, ist der Sohn einer sardischen Mutter und eines ägyptischen Vaters. In seinem ESC Song singt er herzergreifend über das Verhältnis mit seinem Vater. Ein wunderbares, abwechslungsreiches Lied – wie ich finde.

Als er das diesjährige San Remo Festival gewann und sich damit für den Eurovision Song Contest qualifizierte, twitterte der bekannte „Lega Nord Leader“ Matteo Salvini folgendes: „#Mahmood…………… mah………… La canzone italiana più bella?!? Io avrei scelto #Ultimo, voi che dite?? #Sanremo2019“ – Wörtlich übersetzt wäre die Bedeutung: „#Mahmood……….. nun…… Das schönste italienische Lied?!? Ich hätte ihn auf den letzten Platz gewählt, was denkt ihr?? #Sanremo2019.“

Vielleicht hätte man weniger in diese Zeilen interpretiert, wäre Salvini und seine Lega Nord nicht dafür bekannt, dass sie extrem rassistisch sind. Mahmood reagierte gelassen: „Es ist halt nicht sein Musikgeschmack.“ Ja, so hätte man das auch verstehen können. Klar, es ist nur eine Meinung und mit Meinungsfreiheit müsste sich der ehemalige Journalist Salvini eigentlich gut auskennen.

Ständig twittert er hetzerische Videos und die dazugehörigen, schneidigen Untertitel, die ein wahres Feuerwerk des rechten Denkens abbilden. Vielleicht hätte er sein Geschichtsstudium damals in Mailand nicht abbrechen sollen, wenn er doch anscheinend so wenig über die Immigrationsgeschichte Italiens weiß. Vielleicht hätte er sich mal fragen sollen, warum Marsala (Marsa Ali = Der Hafen Alis) in Sizilien so heißt – und zwar bis heute. Oder vielleicht sollte er sich lieber Gedanken machen wie man eine hilfreiche und humane Lösung für alle Beteiligten findet, denn ich bin mir sicher: Kein Mensch verlässt sein Land, seine Familie, sein gewohntes Umfeld um auf einer Reise quer durch die Sahara sein Leben auf’s Spiel zu setzen. Nur um dann auf einer undichten Nussschale über das Mittelmeer zu segeln.

Salvini ist für mich nichts weiter als ein Clown. Das erklärt auch, warum er ständig die Kopfbedeckungen der Carabinieri, Feuerwehrmänner oder Polizisten trägt. Vielleicht wäre ein Job im Kindergarten geeigneter für ihn. Aber dazu bräuchte man ja soziales Feingefühl.

Aber zurück zu Mahmood. Ich finde ihn ganz wunderbar. Ein aufgeweckter, junger Mann, der aus einer binationalen Ehe entstammt. Ist es nicht das, was Italien endlich braucht? Ein modernes Märchen, dass Mahmood den ESC gewinnt? Ich würde es ihm wünschen. Ihm und all den jungen Italienern, die ehrlich interessiert an der Herkunft des Gegenübers sind, dies aber nicht als Waffe benutzen. Ist es nicht die Vielfalt, egal ob religiös, kulturell oder ethnisch, die uns beim Austausch untereinander hilft?

Ich finde es ganz wunderbar, wenn ich zum Abendessen am Ende des Ramadans eingeladen werde um mit meinen Freunden und Nachbarn an großen Tafeln zu feiern. Und sie finden es wunderbar, wenn sie Weihnachten bei uns unterm Christbaum sitzen. Sollten wir nicht einfach voneinander lernen als gegeneinander zu kämpfen? Wie froh bin ich hier zu wohnen, wo ich jeden Tag auf’s Neue andersartige Geschmäcker, Gewürze und Gerichte kennen lernen darf. Wie froh bin ich, dass hier jedes zweite Kind einen Migrationshintergrund hat, denn genau das erweitert doch unseren Horizont. Wie froh bin ich, dass unser Kind genau das erleben darf. Diversifikation ist doch das, was uns neugierig macht um uns schließlich weiterzuentwickeln.

6 Kommentare zu „Mahmood, der ESC und die Lega Nord

  1. Du sprichst mir aus der Seele! 🙂
    Der ESC ist ein wunderbares Ereignis, um darzustellen, wie die Welt funktionieren kann – nämlich miteinander. Mich beschäftigt das jedes Jahr wieder, wie auch die Olympiaden. Es ist doch toll, dass junge Leute sich nicht darum scheren, was irgendwelche Politclowns an Dünnschiss absondern. Die machen einfach ihr Ding und wollen zeigen, was sie können und ihr Land vertreten. Basta. 😀

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    1. Danke für deinen wunderbaren Kommentar. Genauso sehe ich es auch. Ein toller Wettbewerb, wo jeder sich präsentieren kann wie er kann und will – ohne das die Herkunft, die Religion oder die Politik eine Rolle spielen sollten. Ein schönes Festival und ein schönes Miteinander zählt doch am Ende. 🙂 Hoffentlich denkt die Mehrheit so wie wir, damit wir noch viele tolle ESC Abende erleben können. 🙂

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      1. Die Mehrheit denkt sicher nicht so wie wir, aber einige schon, und vielleicht werden wir es mehr, wenn wir solche Impulse verbreiten. 🙂
        Ich finds schön, dass du heute etwas so Ähnliches geschrieben hast wie ich. Wir sind auf dem richtigen Weg. 🙂

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