Das Fest der Spülmaschine

Weihnachten ist für mich das Fest der Spülmaschine. Ich räume sie ein, nur um ungeduldig darauf zu warten, sie endlich wieder ausräumen zu dürfen. Wenige Augenblicke später befülle ich sie dann erneut.

In diesen Festtagen ist es ein ständiges Ein- und Ausräumen, An- und Ausschalten der Spülmaschine. Ein Perpetuum Mobile an dreckigen und sauberen Geschirr. „Una fabbrica – eine Fabrik.“, kommentierte der Römer und ich finde, das trifft es ganz gut. Geschirr am laufenden Band, eben wie in einer Fabrik.

Einen Moment hat man nicht aufgepasst, schon stapelt sich wieder das verschmutzte Geschirr. Ungeduldig wartend, fast mahnend, türmt es sich auf und in der Spüle. „Ein Kuchenmesser?“, fragt mein Mann und streckt seinen Lockenkopf zur Küche herein. „In der Spülmaschine.“, antworte ich. Wir tauschen bedauernde Blicke aus. Einer muss jetzt dieses Kuchenmesser händisch waschen. Das wäre an sich gar kein Problem, würden sich nicht Töpfe, Pfannen und Teller in unserem Spülbecken stapeln. Bis knapp unter den Wasserhahn und wenn wir könnten auch darüber hinaus, wartet das dreckige Geschirr auf seinen Waschgang.

Chaos in der alten Küche. Analog ist es in der neuen Küche, nur dass wir weniger Platz haben.

„Es hilft ja nichts.“, seufze ich und hebe das nasse und zum Teil mit Wasser vollgelaufene Geschirr aus der Spüle, um das Messer abzuwaschen. Wo ich es in der kleinen Küche stapeln soll? Ich habe keine Ahnung. Am Ende muss eine Plastikbox vom Möbelschweden herhalten.

Ja, es ist ein ständiges Auf- und Ausräumen, eine Entscheidungsfindung zwischen „Geht der Topf noch rein?“ und ein „Ne, die Pfanne passt doch nicht. Lieber spüle ich sie mit der Hand und staple ein paar Teller mehr in die Spülmaschine.“. Ein anhaltendes Abwägen, wie man denn nun den geringsten Spül-Aufwand mit dem größten Ertrag bekommt. Und: Ein absolutes Luxusproblem.

In der vorherigen Wohnung hatten wir keine Spülmaschine. Es passte auch gar keine in die schmale Küche, die wir vom Vormieter übernommen hatten. Irgendwie hat es auch funktioniert, wenngleich der Abwasch in der eh schon intensiven Babyzeit mit Signorino durchaus ein zusätzlicher Zeitfresser war.

Weihnachten und die Tage zwischen den Jahren sind für mich das inoffizielle Fest der Spülmaschine. Und warum nicht auch im eigenen Leben mal durchspülen, mal abwägen, was noch so in einen gedanklich reinpasst und schließlich alles zum Blitzen und Brillieren bringen? Endlich kommt man etwas zur Ruhe, kann Gedanken durchspülen, prüfen, welche Eigenschaften und Glaubenssätze man lieber per Hand wäscht, weil sie für die Spülmaschine zu sperrig sind und welche man guten Gewissen in die olle Maschine stopfen kann. Nach einer Stunde und 40 Minuten, in dem mein Glaubenssatz “Bloß nicht ‘Nein’ sagen, sonst giltst du gleich als schwierige Person.” ordentlich durchgespült wurde, bin ich der Meinung, dass es im heutigen Zeitalter und gerade als Frau nicht besonders schwer ist als schwierige Person zu gelten. “Dann ist das eben so. Ein ‘Nein’ zu jemand anderen, ist eben auch ein ‘Ja’ zu mir.”, denke ich mir achselzuckend und verräume den Gedanken, gut durchgespült, in meinem Kopf.

Ja, im besten Fall bleibt ein bisschen Klarheit, ein bisschen schimmernde Transparenz und auch ein wenig Nachsicht mit sich selbst übrig: Wenn die ein oder andere Sache in meinem Leben nicht ganz so glänzend aus der Spülmaschine kommt, weil stattdessen Grapefruit-Reste daran hängen bleiben, dann spüle ich eben nochmal per Hand nach. Es ist ja kein Problem. Ich kann doch nochmal Wasser und Spülmittel darüber laufen lassen, nochmals reinigen, nochmals schrubben, bis auch das letzte Thema bereit ist in meinem Kopf ordentlich verräumt zu werden.

Mit den Gedanken ist es eh wie mit dem dreckigen Geschirr: Ständig kommt ein Gedanke nach, solange bis sich die Gedanken stapeln und ungeduldig darauf warten, abgewaschen zu werden – ob nun händisch oder in der Maschine.

20 Kommentare

  1. Uijuijui…. sag mal, wie kommt ihr denn an soooo viel Geschirr, dass die Maschine unentwegt läuft?! Muss ich mir Sorgen machen? :-D)))
    Nichts desto trotz, lasst es euch weiterhin gut schmecken!!!
    Fröhliche Grüße einer Selbstspülerin 🤗

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    • 😄😄😄 Ich glaube, es liegt daran, dass in unserer Küche nur eine schmale Spülmaschine verbaut ist. Wo eine normale 1x läuft, läuft unsere 2x. Dazu das Weihnachtsessen, bei dem der Römer und ich gleichzeitig kochten, als würden wir eine Runde Twister spielen. 🙈 Mittlerweile ist das Geschirr aber wieder abgeebbt – zum Glück!
      Ganz liebe Grüße und meine tiefste Bewunderung, dass du alles von Hand spülst (es hat ab und an ja auch was meditatives)🤩

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  2. Ich hatte in meinem Leben noch nie eine Spülmaschine. In diese Wohnung hier lebe ich nun seit über 20 Jahren und spüle noch jeden Tag.
    Glaube wenn ich dann mal eine habe, werde ich sie ehren wie sonst nichts in einer neue Wohnung 😀

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  3. Ja, ja, ja, ja, ja – das Ding ist gerade wieder voll und die Abendbrotsachen sind übriggeblieben. Wir haben auch das schmale Modell und bei Küchenexperimenten und so wird es gern mal voll. Zudem schalten wir die meist erst zum Schlafengehen an, weil sonst das Abendprogramm von der Spüli dominiert wird (offene Küche, das ist wie auf dem Meer).
    Viele Grüße
    Ilka

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    • Wie schön noch eine Leidensgenossin zu haben, liebe Ilka. 😃 Egal, wie sehr ich Spülmaschinentetris spiele, das Abendbrotgeschirr muss noch warten bis die Spülmaschine einmal durchgelaufen ist.
      Aber seh’s positiv: Meeresrauschen im Wohnzimmer dank offener Küche – andere bezahlen für dieses Geräusch viel Geld. 😄 Viele, liebe Grüße, Eva

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